Und das bereits seitdem sie mit 5 Jahren Mitglied eines Kinderchores wurde. Damals konnte die Leiterin dieses Chores nicht ahnen, dass sie Jahre später einmal im Zuschauerraum der Oper Dortmund sitzen und einer nun erwachsenen und zur Opernsängerin ausgebildeten Susanne Braunsteffer bei ihrem erfolgreichen Debüt als Amelia in Verdis Oper „Maskenball“ (Un ballo in maschera) Beifall zollen würde. Sowohl für die Chorleiterin aus Kindertagen, als auch für die Sängerin selbst, waren das emotionale Momente. Über all die Jahre haben beide den persönlichen Kontakt aufrecht erhalten.
Das Fundament
Im niederbayerischen Grattersdorf wurde die, noch heute, sehr naturverbundene Susanne Braunsteffer als älteste von drei Geschwistern geboren. Sie wuchs in einer musikalischen Familie auf und ihre Eltern förderten sie dahingehend, dass Frau Braunsteffer zunächst die Instrumente Klavier, Querflöte und Gambe erlernte. Doch eigentlich war das vorherrschende „Instrument“ ihre eigene Gesangsstimme. Dies blieb den Eltern und den Lehrern nicht verborgen und sie wurde früh in diesem Talent unterstützt. Bereits als Gymnasiastin nahm sie erfolgreich im Bereich „Gesang“ bei den Landeswettbewerben von „Jugend musiziert“ teil. Schon bald folgten die ersten Gesangsstunden bei Frau Prof. Kjellaug Tesaker in Passau und später in Salzburg. Nach ihrem Abitur entschloss sich Susanne Braunsteffer zunächst dazu ein Studium auf Grundschullehramt zu absolvieren, welches sie 2004 mit dem Staatsexamen abschloss. Ihr großes Ziel, das professionelle Singen, verlor sie währenddessen nie aus den Augen. Bereits zum Ende ihres Studiums bewarb sie sich am Salzburger Mozarteum um einen Studienplatz im Fach Gesang bei ihrer damaligen Lehrerin Prof. Tesaker. Auch dieses folgende Studium absolvierte sie erfolgreich im Jahre 2008 mit dem „Bachelor of Art“ mit Auszeichnung. Es folgte das erste Engagement als Sängerin in Straßburg beim dortigen Opernstudio.
Zwischen 2009 und 2011 wurde Susanne Braunsteffer an die renommierte Accademia Teatro alla Scala (Mailänder Scala) geholt, wo sie unterer anderem Meisterkurse bei Barbara Bonney, Mirella Freni und Lella Cuberli belegte. Letztere wirkte auf die junge Sopranistin besonders inspirierend ein und förderte deren Liebe zur italienischen Musik massgeblich. Zwischen beiden besteht eine weiterhin enge Verbindung. Der erste Auftritt im Rosenkavalier (Eine Modistin) an der Scala di Milano folgte. 2010 dann ihre erste Micaela (Carmen) in Belgien, 2011 stand sie im Finale des BBC Cardiff-Gesangwettbewerbs, 2012 sang sie die Marie aus der „Verkauften Braut“ am Staatstheater Braunschweig und im Dezember 2013 sang sie die Mimi aus „La Boheme“ am Theatro Municipal de São Paulo . Um hier nur einige bisherige ihrer Stationen aufzuzählen.
Stimme – Herz– Gefühl – Publikum
Diese Woche saß ich Susanne Braunsteffer in ihrer Garderobe im Opernhaus Dortmund gegenüber. Vorbereitend auf dieses Interview waren mir alle zuvor genannten Fakten bekannt und ich war bei ihren Dortmunder Premieren von Il Trovatore (Leonora) (2013) und Un ballo in maschera (Amelia) (Sept. 2014) dabei. Ihre ebenfalls in Dortmund gefeierte Elisabetta aus Don Carlo (2013) habe ich leider nicht live erleben dürfen, aber auch hier, ausschliesslich Glänzendes vernommen. In gut zwei Jahren hat Frau Braunsteffer gleich drei überaus erfolgreiche und glänzende Rollendebüts von weiblichen Verdi-Hauptrollen auf der Dortmunder Opernbühne absolviert und sich damit in der Opernszene Anerkennung, Bewunderung und Respekt erworben. Auf unser Treffen war ich demzufolge sehr gespannt.
Mir begegnete eine offene, äußerst sympathische, frei aller Divenklischees, junge Künstlerin mit einer großen positiven Ausstrahlung, die sich immer dann noch verstärkte, wenn sie von ihrer großen Liebe zur Oper, zum Gesang, und ihrer Arbeit erzählte. Sie ist in dem, was sie macht, ein Profi. Eine Professionalität aber, die auf das erforderliche musikalisch-sängerische Wissen und das bisher Erlernte fußt und sich dabei kongenial mit der von klein auf begeisterten Sängerin vereint.
Oder einfacher beschrieben: Eine Frau die ihren Beruf liebt und lebt.
Schnell führte unser Gespräch zu ihrer aktuellen Rolle als Amelia in Verdis Maskenball, welche sie derzeit sehr erfolgreich in Dortmund singt. Die glanzvolle Premiere war erst einige Tage vorbei und mittlerweile gab es schon zwei weitere Vorstellungen dieser Oper.
„Ich liebe einfach die italienischen Opern und diese Rollen.“ sagt die fließend italienisch sprechende Sängerin über ihre Rollenportraits in den vergangenen drei Verdiopern. „Wenn ein Maskenball vorbei ist, könnte ich glatt noch einen weiteren dranhängen“. Auf die Frage, wie sie mit Lampenfieber vor einer Premiere umgeht, überzeugt sie mit: „Das kenne ich nicht. Im Gegenteil, ich freue mich auf jede neue Premiere und jede Aufführung. Die Bühne ist mein zu Hause . Und nach Hause geht doch jeder stets gern?!“ Bezogen auf ihre Verdipartien erwähnt sie besonders ihre Gesangslehrerin aus Mailänder Tagen, die ehemalige Sopranistin Lella Cuberli, die gerade für sie im italienischen Fach bis heute prägend ist. Seit April d.J. arbeitet sie mit der Berliner Gesangspädagogin Frau Prof. Franz-Vetter zusammen. Frau Franz-Vetter war ebenso wie die Eltern und Freunde von Frau Braunsteffer bei der Maskenball-Premiere anwesend und begeistert. Gerade ihre Gesangslehrerinnen sind für die Sopranistin zentrale und wichtige Persönlichkeiten in ihrem künstlerischen Leben, wie sie mehrfach überzeugend erwähnt.
Realistische Ausblicke
Sie will mit ihrer Stimme und ihrem Gefühl das Herz des Publikums erreichen. Der Erfolg, besonders derzeit in Dortmund, gibt ihr dabei recht. Ihre Amelia werden im kommenden Jahr auch die saarländischen Opernfans erleben dürfen. 2015 gibt Frau Braunsteffer ihr Debüt am Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken bei der dortigen Premiere von Verdis Maskenball.
Am Dortmunder Opernhaus ist die Künstlerin seit drei Jahren als Gast engagiert. Nebenbei erwähnt, zeigte die dortige Intendanz mit der Verpflichtung von Susanne Braunsteffer eine sehr glückliche Hand.
„Als Gastsängerin habe ich mehr künstlerische und persönliche Freiräume, könnte mir aber auch ein festes Engagement an einem Haus vorstellen. Wobei ich mir auch dann die Möglichkeiten wünsche, an anderen Orten gastieren zu können“, beantwortet sie meine Frage auf ein festes Opernhausengagement. Aus unserem Gespräch heraus ist sehr deutlich geworden, dass Susanne Braunsteffer auch eine Teamplayerin ist, die das, nicht nur künstlerische, Zusammenspiel aller an einer Produktion Beteiligten, sehr schätzt.
So beantwortet sie auch die Frage auf eventuell kommende sängerische Ziele im sogen. deutschen Fach ambitioniert: „Wagner steht ganz sicher an!“ Derzeit hat die Sopranistin bereits einige Rollen aus dem Wagner-Fach einstudiert, u.a. , die Elisabeth in Tannhäuser, als auch die Elsa in Lohengrin. Hier dürfen wir auf zukünftiges gespannt sein.
Im Alter von 12 Jahren hat die damalige Schülerin Susanne zusammen mit ihrem Vater ihre erste Oper gesehen. Puccinis „Madama Butterfly“. Von diesem Abend an war sie “infiziert” von dieser wunderschönen Kunstform Oper. Und vor kurzem schrieb sie mir, dass sie die Rolle der unglücklichen Japanerin selbst gern einmal auf der Bühne singen will. Wenn das geschehen sollte, – und ich bin davon überzeugt, dass es geschieht, – würde sich für die Sängerin sicher ein ganz besonderer persönlicher Kreis schließen. Aber weitere künstlerische Kreise tun sich auf für eine hochtalentierte, selbstbewusste und charismatische Sängerdarstellerin mit bereits schon jetzt vorhandenen Opernstarqualitäten.
Detlef Obens 1.10.14
*Fotos: Privatarchiv von Frau Susanne Braunsteffer, sowie Theater Dortmund (Maskenball) ©Thomas M. Jauk / Stage Picture