DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
Dies ist das OPERNFREUND-Archiv
Alle neuen Kritiken erscheinen ab sofort auf unserer neuen Website
Startseite
Unser Team
Impressum/Copyright
---
Alle Premieren 22/23
Kontrapunkt
Die OF-Schnuppe :-(
Der OF-Stern * :-)
OF Filmseite
Silberscheiben
CDs DVDs
OF-Bücherecke
Oper DVDs Vergleich
Musical
Genderschwachsinn
Oper im TV
Nachruf R.i.P.
Et Cetera
-----
Aachen
Aarhus
Abu Dhabi
Bad Aibling
Altenburg Thüringen
Altenburg Österreich
Amsterdam DNO
Amsterdam Th. Carré
Amst. Concertgebouw
Andechs
Annaberg Buchholz
Ansbach
Antwerpen
Arnheim
Aschaffenburg
Athen
Athen Onassis Cultur
Augsburg
Avignon
Bad Hersfeld
Bad Ischl
Bad Kissingen
Bad Lauchstädt
Bad Reichenhall
Bad Staffelstein
Baden bei Wien
Baden-Baden
Badenweiler
Baku
Bamberg
Barcelona
Basel Musiktheater
Basel Sprechtheater
Basel Ballett
Bayreuth Festspiele
Bayreuth Markgräfl.
Pionteks Bayreuth
Belogradchik
Bergamo
Berlin Livestreams
Berlin Deutsche Oper
Berlin DO WA
Berlin Staatsoper
Berlin Staatsoper WA
Berlin Kom. Oper
Berlin Kom. Oper WA
Berlin Neuköllner Op
Berlin Konzerte
Berlin Sonstiges
Berlin Ballett
Bern
Bern Sprechtheater
Biel
Bielefeld
Bochum Ruhrtriennale
Bochum Konzerte
Bochum Sonstiges
Bologna
Bonn
Ära Weise 2003-2013
Bonn Sonstiges
Bordeaux
Bozen
Brasilien
Bratislava
Braunschweig
Braunschweig Konzert
Braunschweig openair
Bregenz Festspiele
Bregenz Sonstiges
Bremen
Bremen Musikfest
Bremerhaven
Breslau
Briosco
Britz Sommeroper
Brixen
Brühl
Brünn Janacek Theate
Brünn Mahen -Theater
Brüssel
Brüssel Sonstige
Budapest
Budap. Erkel Theater
Budapest Sonstiges
Buenos Aires
Bukarest
Burgsteinfurt
Bytom Katovice
Caen
Cagliari
Casciana
Chemnitz
Chicago Lyric Opera
Chicago CIBC Theatre
Coburg
Coburg Joh. Strauss
Coesfeld
Colmar
La Coruna
Cottbus
Crevoladossola
Daegu Südkorea
Darmstadt
Dehnberg
Den Haag
Dessau
Dessau Weill Fest
Detmold
Dijon
Döbeln
Dornach
Dortmund Ballett
Dortm. Konzerthaus
Dortmund Sonstiges
Dresden Semperoper
Dresden Operette
Dresden Sonstiges
Dresden Konzert
Duisburg
Duisburg Sonstiges
MusicalhausMarientor
Düsseldorf Oper
Rheinoper Ballett
Düsseldorf Tonhalle
Düsseldorf Sonstiges
Schumann Hochschule
Ebenthal
Eggenfelden
Ehrenbreitstein
Eisenach
Ekaterinburg
Enschede
Erfurt
Erl
Erlangen
Essen Aalto Oper
Essen Aalto Ballett
Essen Aalto WA
Essen Phil 2
Essen Phil 1
Essen Folkwang
Essen Sonstiges
Eutin
Fano
Fermo
Flensburg
Florenz
Frankfurt
Frankfurt WA
Bockenheimer Depot
Frankfurt Sonstiges
Frankfurt Alte Oper
Frankfurt Oder
Freiberg
Freiburg
Füssen
Fürth
Fulda
Sankt Gallen
Gelsenkirchen MiR
Genova
MiR Ballett
Genf
Gent
Gera
Gießen
Glyndebourne
Görlitz
Göteborg
Gohrisch
Gotha Ekhof-Festsp.
Graz
Graz Styriarte
Graz Konzerte NEU
Graz Sonstiges
Gstaad
Gütersloh
Hagen
Halberstadt
Halle
Halle Händelfestsp.
Hamburg StOp
Hamburg StOp Wa
Hamburg Konzert
Hamburg Sonstige
Hamm
Hanau Congress Park
Hannover
Hannover Sonstiges
Heidelberg
Heidenheim Festsp.
Heilbronn
Heldritt
Helgoland
Helsinki
Hildesheim TfN
Hof
Hohenems
Gut Immling
Ingolstadt
Innsbruck Landesth.
Innsbruck Festwochen
Jekaterinburg
Jennersdorf
Kaiserslautern
Karlsruhe
Karlsruhe Händel
Opera Europa Bericht
Kassel
Kawasaki (Japan)
Kiel
Kiew
Klagenfurt
Klosterneuburg
Koblenz
Köln OperStaatenhaus
Wa Oper Köln
Köln Konzerte
Köln Musical Dome
Köln Sonstiges
Konstanz Kammeroper
Kopenhagen
Kosice
Krummau a.d. Moldau
Krefeld
Krefelder Star Wars
Kriebstein
Landshut
Langenlois
Bad Lauchstädt
Lech
Leipzig Oper
Leipzig Mus. Komödie
Leipzig Ballett
Leipzig Konzert
Leipzig Sonstiges
Lemberg (Ukraine)
Leoben
Leverkusen
Lille
Linz/Donau
Linz Sonstiges
Ljubljana/Laibach
Loeben
London ENO
London ROH
London Holland Park
Lucca
Ludwigshafen
Luisenburg
Lübeck
Lübeck Konzerte
Lübecker Sommer
Lüneburg
Lüttich/Liège
Liege Philharmonie
Luxemburg
Luzern
Luzern Sprechtheater
Luzern Sonstiges
Lyon
Maastricht
Macerata
Madrid
Magdeburg
Mahon (Menorca)
Mailand
Mainz
Malmö
Malta
Mannheim
Mannheim WA
Mannheim Konzert
Maribor/Marburg
Marseille
Martina Franca
Massa Marittima
Meiningen
Melbourne
Meran
Metz
Minden
Mikulov
Minsk
Miskolc
Modena
Mönchengladbach
Mörbisch
Monte Carlo
Montevideo
Montpellier
Montréal
Moritzburg
Moskau Bolschoi N St
Moskau Sonstige
München NT
München Cuvilliés
MünchenPrinzregenten
München Gärtnerplatz
München Ballett
München Sonstige
Münster
Münster Konzerte
Muscat (Oman)
Nancy
Nantes
Neapel
Neapel Sonstiges
Neuburger Kammeroper
Neuburg/Donau
Neustrelitz
Neuss RLT
New York MET
Nizhny Novgorod
Nordhausen
Novara
Nürnberg
Nürnberg Konzerte
Oberammergau
Oberhausen
Odense Dänemark
Oesede
Oldenburg
Ölbronn
Oesede (Kloster)
OperKlosterNeuburg
Oslo
Osnabrück
Ostrau
Palermo
Palma de Mallorca
Paraguay
Paris Bastille
Paris Comique
Paris Garnier
P. Champs-Elysées
Théâtre du Châtelet
Paris Ballett
Paris Philharmonie
Paris Versailles
Paris Sonstiges
Paris Streaming
Parma
Passau
Pesaro
Pfäffikon
Piacenza
Pisa
Pforzheim
Plauen
Posen
Potsdam
Prag Staatsoper
Prag Nationaltheater
Prag Ständetheater
Radebeul
Raiding
Rathen Felsenbühne
Recklinghausen
Regensburg
Reggio Emila
Reichenau
Remscheid
Rendsburg
Rheinsberg
Rheinberg
Riga
Riehen
Rosenheim
Rouen
Rudolstadt
Ruhrtriennale
Saarbrücken
Saint Etienne
Salzburg Festspiele
Salzburg LT
Salzburg Osterfestsp
Salzburg Sonstiges
San Francisco
San Marino
Sankt Margarethen
Sankt Petersburg
Sarzana
Sassari
Savonlinna
Oper Schenkenberg
Schloss Greinberg
Schwarzenberg
Schweinfurt
Schwerin
Schwetzingen
Sevilla
Singapur
Sofia
Solingen
Spielberg
Spoleto
Staatz
Stockholm
Stralsund
Straßburg
Stuttgart
Stuttgart Ballett
Sydney
Szeged (Ungarn)
Tampere (Finnland)
Tecklenburg
Tel Aviv
Teneriffa
Toggenburg
Tokyo
Toulon
Toulouse
Tours
Trapani
Trier
Triest
Tulln
Turin
Ulm
Utting
Valencia
Valle d´Itria
Venedig Malibran
Venedig La Fenice
Verona Arena
teatro filarmonico
Versailles
Waidhofen
Weimar
Wels
Wernigeröder Festsp.
Wexford
Wien Staatsoper
Wien TadW
Wien Volksoper
Wien Kammeroper
Wien Konzerte
Wien Ballett
Wien Sonstiges
Wiesbaden
Wiesbaden Wa
Wiesbaden Konzert
Bad Wildbad
Winterthur
Wolfenbüttel
Wolfsburg
Wunsiedel
Wuppertal
Würzburg
Zürich
Zürich WA
Zürich Ballett
Zürich Konzert
Zwickau
---
INTERVIEWS A - F
Ablinger-Sperrhacke
Martin Achrainer
Laura Aikin
Aris Agiris
Roberto Alagna
Ivan Alexandre
Alain Altinoglu
Jan Amman
Marion Amman
André Barbe
Sebastian Baumgarten
Tanja Baumgartner
Piotr Beczala
Andreas Beck
Giuliano Betta
Olga Bezsmertna
Nic. Beller-Carbone
Mizgin Bilmen
Marcus Bosch
Florian Boesch
Rebecca S. Bräm
Susanne Braunsteffer
Michelle Breedt
Daniel Brenna
Ingela Brimberg
Irina Brook
G. Garcia Calvo
Frederic Chaslin
Evan-Alexis Christ
Max Emanuel Cencic
Arturo Charcón-Cruz
Jorge De Leon
Almerija Delic
Joyce DiDonato
Johanna Doderer
Oliver von Dohnanyi
Alexandre Duhamel
Agneta Eichenholz
Peter Eötvös
Eheleute Eröd
Christoph Eschenbach
Hila Fahima
Daniela Fally
Gabriel Feltz
Gerald Finley
Nikisha Fogo
Juan Diego Florez
Christian Franz
Albin Fries
Julie Fuchs
INTERVIEWS G - K
INTERVIEWS L - P
INTERVIEWS Q - Y
---
DIVERSITA:
YOUTUBE Schatzkiste
HUMOR & Musikerwitze
Opernschlaf
Facebook
Havergal Brian
Korngold
Verbrannte Noten
Walter Felsenstein
Unbekannte Oper
Nationalhymnen
Unsere Nationalhymne
Essays diverse
P. Bilsing Diverse
Bil´s Memoiren
Bilsing in Gefahr

 

Interview mit dem Dirigenten Evan-Alexis Christ

(Berlin und Sofia im November 2020)

 

Schon lange kenne ich Evan-Alexis Christ. Da war er Generalmusikdirektor am Staatstheater Cottbus, wo er einen neuen „Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner einstudierte und mit großem Erfolg eines mit hohem Einsatz an diese Mammutaufgabe herangeführten und dann beeindruckend aufspielenden Cottbuser Orchesters mehrmals zur Aufführung brachte. Das war in den Jahren 2012-2014, als Evan-Alexis dort in der Mitte seiner zehnjährigen Amtszeit als GMD war und „Weltläufigkeit …, Charisma und Enthusiasmus“ in das Theater brachte, wie ein Musikkritiker schrieb. Dieses Engagement, die Emotionalität, mit der er sein musikalisches Konzept auf das Orchester übertrug, spürte ich damals auch sofort. Von den Cottbuser Bürgern wurde er 2010 zum Cottbuser des Jahres gewählt.

 

Schöne Erinnerungen verbinde ich mit jener Zeit, und so war es eine gute Gelegenheit, Evan-Alexis bei einem Besuch in Berlin, wo er mit seiner kleinen Familie lebt - seine Frau ist Geigerin - zu interviewen. Danach erlebte ich ihn in Ingolstadt bei der Einspielung eines Konzerts mit Musik von Jenö Takacs (1902-2005) mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt. Auch hier zeigte sich das Orchester begeistert von seiner Art zu dirigieren, seinem persönlichen Engagement und von seinem Eingehen auf einzelne Musiker in den Proben. Sie gaben ihm nach Abschluss des Konzerts stehenden Applaus! Ich konnte das Interview nun in Sofia abschließen, wohin er von der Sofia Oper und Ballett zur Einstudierung und Premiere der bulgarischen Erstaufführung der „Elektra“ von Richard Strauss in der Inszenierung von Plamen Kartaloff, dem Generaldirektor des Hauses, eingeladen wurde.

 

1.      Zur Pandemie

Zunächst drückt Evan-Alexis seine große Besorgnis darüber aus, wie sehr die Corona-Krise im Laufe des Jahres 2020 den Kunstsektor und besonders die Oper getroffen hat, und hier wiederum die freischaffenden

Künstler. Oft müssen sich nun sogar fest engagierte Musiker im Orchester mit Kurzarbeit und einer halben Gage zufrieden geben. „Ich mache mir als Dirigent von Herzen Sorgen um die Orchesterlandschaft in Deutschland, die als Folge der möglicherweise noch anhaltenden Krise signifikant auseinanderfallen könnte.“ Und das hätte dann besonders starke Konsequenzen für die kleineren Operntheater. „Das Wichtigste ist für mich momentan, dass die symphonische Musik erhalten bleibt“ sagt er mit dem Brustton der Überzeugung eines Musikers, dem die Musik alles bedeutet. Und dazu hat Evan-Alexis Christ auch selbst schon einen Beitrag geleistet. Durch einen guten Kontakt zur Präsidentin der Humboldt-Universität Berlin gründete er vor kurzem das Mendelssohn Festival Orchester Berlin als Projektorchester, das eine Reihe von Projekten der Uni begleitet. „Und die Musiker werden bezahlt, was mir sehr wichtig ist.“ Man hat bereits den „Sommernachtstraum“ von Mendelssohn in Bearbeitung von Andreas N. Tarkmann aufgeführt.

 

 

2.      Sein Werdegang, und wie es zum Dirigenten kam

Evan-Alexis Christ kommt aus einer sehr musikalischen Familie, geboren in Los Angeles und aufgewachsen in Las Vegas. Der Vater, Oboist und mittlerweile schon 83, hat über 50 Jahre die CD-Firma Crystal Records aufgebaut, die eine Nische des CD-Marktes bedient, für Blech- und Holzbläser, Solo-Kammermusik, mittlerweile über 200 CDs. Keine Opern, nur wenig Orchestermusik. Er führt diese Firma heute noch als Eigentümer und ist ihr Präsident. Die Mutter von Evan-Alexis, der übrigens am 24. Dezember zur Welt kam und „dazu noch mit dem Namen Christ“ wie er verschmitzt meint, war Konzertmeisterin des MGM Grand Celebrity Room Orchestra Las Vegas, einem der berühmtesten Hotels mitten auf dem Strip. Sie begleitete viele der klassischen Künstler wie das Rat Pack, Elvis, Liberace etc. Evan-Alexis entschied sich recht früh, dass er Dirigent werden wollte, obwohl der Anspruch bei solchen Eltern hoch und ihm durchaus als Herausforderung bewusst war, auch in finanzieller Hinsicht. Nicht zuletzt deshalb studierte er an der Harvard Universität neben Komposition auch Mathematik. Er war der Beste seines Jahrgangs. Nebenher nahm er immer privat Klavier- und Oboen-Unterricht, denn an Harvard lernt man kein Instrument an sich. Er spielte dennoch auch im Orchester als Solo-Oboist. Als Uni-Abschluss hatte er ein Stück komponiert und selbst dirigiert. Dirigieren studierte er allerdings später an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig, nachdem er eine Zeitlang mit einem Stipendium in Budapest verbracht hatte, um weiter Klavier und Gehörbildung zu studieren. Schon früh also manifestierte sich bei Evan-Alexis der Wunsch nach Internationalität.

 

3.      Sein Credo der Musik

Folgendes kommt mit einer entwaffnenden Überzeugung: „Erst mal ist der musikalische Aufbau wichtig: Was sind die Unterschiede in der Reprise zur Exposition, spielen in der Reprise andere Instrumente bei denselben Tönen? Was bedeutet das, was waren die Beweggründe der Komponisten? War es Instinkt? Aber das macht die Musik aus! Und in der Oper: Haben die Instrumente eine symbolische Rolle? Wenn das Englischhorn spielt, eh selten genug, was hat das für eine Bedeutung? Was haben die Wagnertuben für eine Bedeutung in den Partituren Wagners, oder die Kontrabassposaune? Man muss diese Struktur studieren und verstehen, um die richtige Interpretation zu finden.“

 

 

4.      Wie wurde es international?

Evan-Alexis hatte früh schon ein großes Organisationstalent, organisierte Konzerte des Bläserquintetts, in dem er Oboe spielte, aber auch Sporttreffen. Dann gründete er das Las Vegas Summer Orchestra und besorgte selbst auch die Sponsoren.

In seinem Leben hat er viermal etwas gegründet. Nach der Gründung des Las Vegas Summer Orchestra, der schwersten von allen, gründete er in Leipzig das

Mendelssohn Kammerorchester mit Unterstützung der Musikhochschule, was es immer noch gibt, wenn auch in anderer Form. In Würzburg gründete er das Ensemble Apart am Main-Franken-Theater, um etwas andere Musik zu machen.

Und nun eben das Mendelssohn Festival Orchester Berlin als Projektorchester.

Evan-Alexis kam relativ spät zu Oper. Nach einem kurzen Aufenthalt im Jahre 2003 als Studienleiter an der Oper in Portland assistierte er Will Humburg bei „Macbeth“ von Verdi in Münster und dirigierte dort mit etwa 25 Jahren dann auch seine erste Oper. Am Mainfranken Theater Würzburg war er von 2003-2005 Erster Kapellmeister und kommissarischer GMD. Von 2005-2008 war er Erster Kapellmeister der Wuppertaler Bühnen. Von da an ging es kontinuierlich weiter mit der Karriere. In Cottbus als Generalmusikdirektor entwickelte er ab 2008 mit dem Orchester viele neue Stücke, unter anderem 60 Uraufführungen, und ging auch zum ersten Mal mit ihm auf internationale Tourneen. Dazu kam die Einstudierung aller Beethoven- und Mahler-Symphonien. Bisher hat Evan-Alexis über 50 Opern dirigiert.

Einige der Uraufführungen sind von Salvatore Sciarrino „Perturbazione nel settore trombe“; von Georg Katzer „An Louise“ (Maschinentanz); von Sydney Corbett „Among the Lemmings“; von Atli Ingolfsson „Mani“ und von Philippe Mansouri „Melancholie“ - Figuren mit Arditti Quartet. Einige wurden auch wieder aufgeführt, „Mani“ sogar in Island. 

 

 

5.      Seine weitere Tätigkeit als Dirigent

Evan-Alexis Christ hat international mit weit über 50 Orchestern und Opernhäusern gearbeitet. Trotz der Corona-Pandemie dirigierte Evan-Alexis Christ zu Anfang der Saison 2020/21 die 150. Saisoneröffnung mit den Zagreber Philharmonikern, das Georgische Kammerorchester

Ingolstadt in einer Konzertserie inklusive CD-Einspielung, die NDR Radiophilharmonie für eine Filmproduktion und das Orchestra Classica da Madeira sowie die bulgarische Erstaufführung der „Elektra“ von Richard Strauss an der Sofia Oper und Ballett.

Frühere Engagements führten zu einer Zusammenarbeit mit dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt/Main, dem Orchester der Deutschen Oper Berlin, dem Deutschen Sinfonie-Orchester Berlin, den Bremer Philharmonikern, der Nordwestdeutschen Philharmonie, dem Sinfonieorchester des Südwestrundfunks Stuttgart, der Anhaltischen Philharmonie Dessau, dem Israel Symphony Orchestra Rishon LeZion Tel Aviv, dem Orchestre Symphonique du Mulhouse und dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg. Er gastierte auch am Aalto Theater Essen, an den Staatstheatern Wiesbaden, Hannover und Kassel, am Theater Bonn, am Nationaltheater Mannheim und am Theater St. Gallen und wirkte beim Immling Festival mit. Bei den Salzburger Festspielen gab er 2011 sein Debut am Pult des Klangforum Wien mit Salvatore Sciarrinos Oper „Macbeth“. Sein umfassendes Opernrepertoire reicht von allen großen Opern Mozarts über Verdi, Wagner, Strauss und Puccini bis zur zeitgenössischen Oper.

 

 

6.      Seine Meinung zu Richard Wagner und Erfahrung mit dem Komponisten

„Meine erste Berührung mit dem ,Ring‘ von Richard Wagner war mit 20 Jahren 1991 an der Seattle Opera. An drei Tagen fuhr ich mit meiner Stiefmutter 1 1/2 Stunden hin und 1 1/2 Stunden zurück nach Seattle, um ,Die Walküre‘, dann ,Siegfried‘ und schließlich ,Götterdämmerung‘ zu erleben“ erinnert er sich noch ganz genau. Sie war ein großer Wagner-Fan und kannte sich schon sehr gut aus. Wir haben die gesamten Autofahrten benutzt, um über die Opern zu sprechen. Sie hat mir alles erzählt, natürlich reichte die Zeit nicht im Geringsten, aber es war für mich trotzdem ein wunderbarer Anfang. Ich hatte die jeweiligen Libretti am Haus dann gekauft und mehrmals durchgelesen, auf Englisch, denn damals konnte ich noch nicht Deutsch.“ Es gab damals ein Interview mit dem Dirigenten Hermann Michael im Radio. „Er erzählte, wie er die Partituren einrichtete - mit Farben für die verschiedenen Motive usw."  Evan-Alexis war sehr fasziniert und hätte nie gedacht, dass er selbst eines Tages den kompletten „Ring“ dirigieren würde - in Deutschland! Er wollte aber mehr hören und fuhr 1992 von Boston (Harvard Universität) nach New York, um „Das Rheingold“ und „Die Walküre“ an der Metropolitan Opera unter James Levine zu sehen/hören. „Es war fantastisch, wie es gemacht wurde!“ ruft er aus! 

„Es gibt ein paar Komponisten, für die man eine gewisse Reife braucht, um sie zu dirigieren", meint Evan-Alexis. Johannes Brahms gehöre dazu, Richard Wagner auch. Sein erster Wagner war das Jugendwerk „Die Feen“ (komponiert in Würzburg). Er dirigierte die Würzburger Erstaufführung 2005 mit sehr guten Rezensionen dir. Und als er den GMD-Posten in Cottbus angeboten bekam, war ihm ein „Ring“ so wichtig, dass er darauf bestand, die Cottbuser „Ring“-Produktion mit in seinen Vertrag zu schreiben. „Die Walküre“ war so seine erste Produktion überhaupt in Cottbus, mit um die 23 Orchesterproben. „Aber es hat sich sehr gelohnt! Dieser ,Ring‘ klang am Ende wie die besten Aufnahmen am Markt. Es war ein sehr großes Erlebnis!“

 

 

7.      Wie war seine Erfahrung mit der bulgarischen Erstaufführung der „Elektra“ von R. Strauss an Sofia Oper?

Was nun kommt, ist so eindrucksvoll, dass ich es im O-Ton belassen möchte.

„Es ist mir ein großes Vergnügen, die bulgarische Erstaufführung von Richard Strauss’ „Elektra“ mit der Sofia Opera einzustudieren.  Das ist eines der größten Opern-Meisterwerke aller Zeiten und ein Leuchtturm des Deutschen Repertoires. Strauss macht Modernismus auf einer neuen Ebene, er benutzt Kontrapunkt und Bitonalität auf höchstem Niveau. Technisch ist eine der schwersten Opern zu meistern, die Orchestermusiker und Sänger hier in Sofia sind sehr engagiert. Es hat eine große Freude gemacht, die intensiven und hochkonzentrierten Proben zu leiten. 

 

Maestro Plamen Kartaloff hat eine historische und wunderbare Regie geführt, und die schon beeindruckende Geschichte wird so noch stärker gemacht. Es ist ein Privileg, gerade in diesen schwierigen Zeiten, die Möglichkeit zu haben, ein solch grandioses Projekt zu stemmen. Wir waren die ganze Zeit auf Distanz (auch das keine leichte Übung!) und haben alles getan, um gesund zu bleiben. Und am Ende war es möglich, etwa 200 Menschen pro Aufführung im Publikum zu inspirieren.  

 

Es gibt in Sofia einen mystischen Geist, reich an Kultur. Man kann diese Energie durch die Musiker spüren, und das ist sehr belebend.“ 

 

8.      Was sind seine weitere Pläne?

 

Die nächsten Engagements 2021 sind Sinfonie-Konzerte mit den Nürnberger Symphonikern und den Sarajevo Philharmonikern, ein Konzert im Concertgebouw Amsterdam mit den Duisburger Philharmonikern, eine CD-Produktion für Sony Classical mit dem Madeira Classical Orchestra, und Wiedereinladungen zu Operneinstudierungen bei der Sofia Opera und Ballett sowie dem Immling Festival.

 

Fotos: Walter Schönenbröcher, Peter Adamik, Klaus Billand (4-6 „Elektra“ in Sofia)

 

Klaus Billand

 

www.klaus-billand.com

DER OPERNFREUND  | opera@e.mail.de