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11. April 2022    Großes Festspielhaus Salzburg

Christian Thielemann dirigiert Bartok und Strauss

Die Sächsische Staatskapelle spielt im Großen Festspielhaus“mit Antoine Tamastit

Im Symphoniekonzert der Salzburger Osterfestspiele 2022 kam die Fassung des Bartók Bratschenkonzertes von Dellamagiore und Neubauer zur Aufführung. Der Capell-Virtuose der Staatskapelle Antoine Tamastit hatte seine wunderbare, 1672 von der Werkstatt Antonio Stradivaris (um 1644—1737) geschaffene Mahler-Stradivari, nach Salzburg mitgebracht.

 

 

Antoine Tamastit und die Stradivari-Viola mit ihren dunkelfarbigen Tönen sind zweifelsfrei die ideale Kombination für eine Darbietung der Bartók-Intuitionen.

Vor allem mit ihnen können wir uns eine mit derartiger Energie so hinreißend hingebungsvolle Vermittlung von Bartóks Klangwelten vorstellen. Im Zusammenwirken mit der Staatskapelle Dresden zeichnete Tamastit mit diesem Instrument die aufeinanderfolgenden Form- und Satzteile als faszinierende Klangbilder und Stimmungen, verleiht damit seinem Vortrag eine enorme Spannung. Das Orchester unter Christian Thielemann erwies sich als kongenialer Partner des Solisten, auch wenn gelegentlich der Eindruck entstand, dass Dirigent und Solist im Wettbewerb über die Hoheit der Tempi ständen. Im Finale des Allegro moderato begeisternden die triumphierenden Blechbläser, während im zweiten Satz „Lento“ die Solo-Viola Tamastits über den delikat hauchenden Orchester-Streichern spielend, eine regelrechte Spiritualität erzeugte.

ES wirkte wie eine Erlösung, als gegen Ende des dritten Satzes folkloristisch Inspiriertes in einen furiosen Reigen des Wechsels zwischen dem tänzerischen Solisten und dem Orchester zur Schluss-Ekstase führte.

Als Zugabe spielte Tamastit mit dem Konzertmeister Matthias Wollong eine Caprice für Violine und Viola.

 

 

Im zweiten Teil des Konzertes dirigierte Christian Thielemann „Eine Alpensinfonie“ von Richard Strauss.

Anders als in der symphonischen Musik vorherrschend, hörten wir zum Finale der Alpensinfonie keinen Jubelhöhepunkt, sondern einen bitter anmutenden melancholischen Schmerzpunkt. Das macht mich schon seit längerer Zeit misstrauisch, wenn ich die Strauss-Komposition höre.

Auch ein Zitat, aus einem Beitrag „Alpenidylle oder Antichrist“ zur Entstehung der Komposition: „Doch jetzt mal realistisch: als vielgefragter und extrem beschäftigter Komponist verschwendet man doch nicht vier Jahre seines Lebens, um einen Ausflug in die Alpen zu beschreiben. Da steckt doch mehr dahinter“, hatte mich nachdenklich gemacht.

Selbst das nunmehrige Hören der hervorragenden Interpretation Christian Thielemanns der Alpensinfonie mit der Sächsischen Staatskapelle im Festspielhaus 2022 brachte mich nicht weiter, ist doch bekannt geworden, dass Strauss die Künstlertragödie des Porträtmalers Karl Stauffer (1857-1891) als Komponist offenbar beschäftigt hatte und er diese bereits um 1900 zum Gegenstand einer Komposition machen wollte. Zwischen 1909 und 1911 waren bereits vier Skizzen entstanden, die zunächst die Begeisterung Stauffers für das Bergwandern thematisierten.

Der aus der Schweiz stammende Karl Stauffer, genannt Stauffer-Bern, machte sich in einem Berliner Atelier einen Namen als erfolgreicher Porträtmaler, Radierer und Kupferstecher. Dabei war er sich bewusst, dass er nicht wirklich ein großer Maler ist. Deshalb begann er, sich 1886 mit der Bildhauerei zu beschäftigen.

Auch unterstützte er seinen Schulfreund Friedrich Emil Welti (1825-1899) und dessen Frau Lydia Welti-Escher (1858-1891) beim Aufbau einer Sammlung moderner Kunstwerke. Lydia war die Alleinerbin des einflussreichen Schweizer Politikers und Eisenbahnpioniers Alfred Escher und damit zu dieser Zeit die reichste Frau des Landes.

Dank der finanziellen Unterstützung durch das Ehepaar Welti-Escher konnte Stauffer 1887 nach Florenz und Rom gehen, um unter anderem auch bei Paul Klinger die Bildhauerei zu erlernen.

Im Oktober 1889 übersiedelten auch die Welti-Eschers nach Florenz. Das kunstsinnige Paar wirkte als Mäzen des Malers und wollte ihm eine breite künstlerische Arbeit in Italien ermöglichen.

Aus geschäftlichen Gründen reiste Herr Welti bereits nach kurzer Zeit in die Schweiz zurück und ließ seine ohnehin etwas vernachlässigte Gattin in der Obhut Stauffers zurück.

 

 

Karl Stauffer war damals 32 Jahre alt, während Lydia das 31 Lebensjahr erreicht hatte. Die Begeisterung für Stauffer und seine künstlerischen Projekte rissen Lydia regelrecht aus dem tristen Ehealltag. Beide wurden ein Paar. Frau Welti-Escher wollte sich scheiden lassen und Stauffer heiraten.

Das Paar floh nach Rom. Nun ließ der mächtige Bundesrat Emil Welti und Vater des noch Ehemanns Lydias seine Beziehungen zugunsten des Sohnes spielen und sicherte sich die Hilfe der Schweizer Gesandtschaft in Rom.

Lydia Welti-Escher wurde mit der Diagnose des „systematisierten Wahnsinns“ in einem römischen Irrenhaus interniert. Karl Staufferwurde verhaftet, zunächst der Entführung und des Diebstahls, später noch der „Vergewaltigung einer Irrsinnigen“ beschuldigt.

Nach Entlassung auf Kaution, wieder Einkerkerung und Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt, unternahm Stauffer im Juni 1890 einen Selbstmordversuch.

Lydia Welti- Escher wurde nach einem viermonatigen Aufenthalt im Irrenhaus vom „Ehegatten“ nach Zürich gebracht, wo sie als Preis der Scheidung einer Entschädigungszahlung in Höhe von 1,2 Mio. Franken an Welti zustimmte.

Von der Züricher Gesellschaft geächtet, bezog Lydia in die Nähe von Genf ein Haus und nutzte ihr noch immer beträchtliches Vermögen zum Aufbau der „Gottfried-Keller-Stiftung“, die „des Selbstständigmachens des weiblichen Geschlechts, zumindest auf dem Gebiet des Kunstgewerbes“, dienen sollte.

Am 28. Januar 1891 gelang dann Karl Stauffer der Suizid. Er starb an einer Schlafmittel-Überdosis. Lydia Escher beendete am 12. Dezember 1891 ihr Leben durch einen Gasvergiftungs-Suizid.
Über die Gründe, warum die beiden vorher nicht wieder zueinandergefunden hatten und stattdessen den Freitod wählten, gibt es nur Vermutungen.

Bereits im Jahre 1900, dem Todesjahr Nietzsches plante Richard Strauss eine sinfonische Dichtung über das Schicksal Karl Stauffers. Nun wäre es doch unwahrscheinlich gewesen, wenn der Komponist die tragische Liebe Stauffers zu Lydia Escher dabei unbeachtet gelassen hätte. Möglicherweise hatte er auch in der Zeit um 1902 bereits Aspekte des Beziehungsdramas skizziert.

Ichkönnte ich mir vorstellen, dass Strauss aber zu der Erkenntnis kam, dass die Tragödie Lydia- Karl wohl eher ein Opernstoff wäre, und dann mehr für Komponisten vom Schlage Puccinis oder dAlberts, um einige zu nennen.

Folglich wurde nur noch von „Einer Künstlertragödie“ gesprochen und die Komposition an der Bergwanderbegeisterung von Karl Stauffer festgemacht. Aber lassen nicht zahlreiche Motive selbst unter der Bezeichnung „einer Alpensinfonie“ Assoziationen einer leidenschaftlichen Beziehung zu. Vor allem in „Gewitter und Sturm“ erkenne ich doch die römischen Ereignisse der Katastrophe des Paares.

Professor Gerhard Widmann, mit dem ich meine Zweifel diskutiert habe, führte zu Recht aus, dass Strauss den Tod kaum jemals eindrucksvoller wie im letzten Teil der Alpensinfonie dargestellt hat. Das passt aber wohl kaum zu einer glücklichen, wenn auch erschöpften, Rückkehr aus den Bergen.

Es ist auch überliefert, dass Strauss mit dem mehrfach unterbrochenen Fortgang der Kompositionsarbeit die Figur Karl Stauffers mit der Person Nietzsches und dessen Philosophie zunehmend verquickt hat, was auch letztlich zum Arbeitstitel „Antichrist“ und dann zu “Der Antichrist- eine Alpensinfonie“ geführt hatte.

Der Königlich Preußische Generalmusikdirektor Richard Strauss konnte schon aus religiösen Gründen diesen Titel nicht aufrecht halten und so ist die Musikwelt in der Partitur-Reinschrift mit „Eine Alpensinfonie“ beglückt worden.

Das Werk, beginnend mit dem Aufstieg und endend mit dem Abstieg, sollte als ein Leben mit allen seinen Freuden und Strapazen interpretiert werden.

Seit am 28. Oktober 1915 Richard Strauss seine Komposition bei der Dresdner Hofkapelle zum ersten Mal dirigierte, gehört das Werk zum Standardrepertoire des Orchesters. Auch mit der traditionsbewussten, pragmatischen Interpretation Christian Thielemanns konnten wir die Tondichtung mehrfach hören. Immer wieder begeistert uns, wie der hochsensible Vollblutmusiker die Feinheiten der Motive auskostet, dabei eine betörende Balance aus Rasanz und Ruhe findet.

Besonders unterstützten die strahlenden, legato fähigen Bläser und der voll und seidig glänzende Streicherteppich der „Dresdner“, den emotionalen Spannungsbogen auszukosten.

Für uns war dieses Konzert ein Abschied von Salzburg. In den zurückliegenden Jahren hatten wir vor allem Generalproben der Osterfestspiele besucht, so dass deshalb nicht darüber berichtet werden konnte.

 

Bildrechte: Sächsische Staatskapelle Dresden © OFS/

Thomas Thiemeann, 13.4.22

 

 

 

 

10. April 2022   

Großes Festspielhaus Salzburg 

Sokhiev dirigierte Schostakowitschs „Leningrader

Tugan Sokhiev debütiert bei der Staatskapelle Dresden bei den Salzburger Osterfestspielen.

Tugan Taimurasowitsch Sokhiev, wurde 1977 in Ordshonikidse (heute wieder Wladivaskas= Tor zum Kaukasus) in Ossetien, einer südrussischen Region zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer, geboren und im Konservatorium St. Petersburg ausgebildet worden. Eigentlich hatten wir die Interpretation der „Symphonie Nr. 7 C- Dur Leningrader“ von Dmitri Schostakowitsch mit Tugan Sokhiev bereits im Dezember 2021 im 4. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle in Dresden hören wollen. Die Corona-Einschränkungen verweigerten uns damals das Debüt des mit seinen klaren Ansagen bekannten und gelegentlich als „Dirigenten-Wunderwaffe“ bezeichneten Musikers.

 

 

So waren wir erfreut, dass das Konzert im Programm der Osterfestspiele in Salzburg angeboten wurde und wir sein „wirkliches Debüt“ bei der Sächsischen Staatskapelle erleben durften. Umweht doch Schostakowitschs Opus 60 mit seinem „ich widme meine siebte Symphonie unserem Kampf gegen den Faschismus, unserem unabwendbaren Sieg über den Feind und Leningrad, meiner Heimatstadt“ und die daraus resultierende Benennung „Leningrader“ eine besondere Aura.

Dazu trägt auch die legendäre, von Karl Eliasberg dirigierte Aufführung vom 9. August 1942 im seit September 1941 belagerten Leningrad, bei. Mit einem aus fünfzehn überlebenden Mitgliedern des Leningrader Rundfunkorchesters, komplettiert mit von der Front abgestellten Musikern, war dieses propagandistisch zweifelsfrei wichtige Konzert durchgesetzt worden. Die Dramatik der „Leningrader Blockade“, die bis zum Januar 1944 während 871 Tage dauerte und etwa eine Million verhungerter Zivilisten zur Folge hatte, erreichte erst in der Folgezeit ihr tatsächliches Ausmaß.

 

Ohnehin lässt sich die Bindung der Komposition an die Blockade nicht aufrechterhalten, denn der Komponist hatte den ersten Satz von 1939 bis zum August 1941, damit vor dem Kriegsausbruch, geschrieben. Im schon belagerten Leningrad komponierte er den zweiten und dritten Satz, bevor er im Oktober 1941 nach Kuibischew evakuiert, die Fertigstellung der Partitur vornehmen konnte.

Bekanntlich hatte Stalin die Partitur in die Welt versenden lassen und propagandistische Aufführungen, unter anderem von Arturo Toscanini, befeuert, was dann selbst Schostakowitsch peinlich war. Unter diesen Umständen gestalten sich aktuelle Bezüge einer Aufführung des Werkes eher schwierig.

 

 

Mit seinem Dirigat betonte Sokhiev die musikalische Substanz der Komposition, indem er Details nuancenreicher ausmusizieren ließ. Der Anfang des ersten Satzes gestaltete er sehr zurückhaltend, den Mittelteil, ein eigentlich banales Thema, wurde vom gleichbleibenden Trommelrhythmus bis zum katastrophalen Höhepunkt getrieben, ohne dass Sokhiev auch nur einen Moment lockerte. In gefühlten elf Variationen steigerte er immer drängender den Druck, ohne dabei die Feinheiten der Balance aus dem Blick zu lassen. Im zweiten Satz, dem Moderato, führte er diese Dramatik weiter, indem er die Musiker mit Streichergesten über bedrohliche Rhythmuskaskaden regelrecht am Abgrund musizieren ließ. Das „Adagio“ mit dem einleitenden Bläserchoral schien zunächst Hoffnung spenden zu wollen. Aber spätestens mit dem kriegerischem Finale machte Sokhiev alle Hoffnungen, seine Zuhörer versöhnt und entspannt aus dem Großen Festspielhaus zu entlassen, zu nichte. Die „Dresdner“ agierten mit der gewohnten Klangqualität und hervorragenden Solistenleistungen.

 

Erschöpfte Zuhörer spendeten heftigen und zu großem Teil stehenden Beifall. Wir hoffen, den Dirigenten Tugan Sokhiev künftig häufig mit der Staatskapelle auch in Dresden erleben zu dürfen.

 

 

© Marco Borggreve

Thomas Thgielemann, 11.04.22

 

 

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