FANO Teatro della Fortuna
www.teatrodellafortuna.it/
NABUCCO
Aufführung am 2.12.16
Premiere am 17.11. in Ascoli Piceno
Schwung und Eleganz
Im Vorjahr wurde Luciano Nessi Intendant des Festivals von Macerata und sorgte gleichzeitig dafür, dass sich drei Theater der Region Marken, in der Macerata liegt, für gemeinsame Produktionen zusammenschlossen: Ascoli Piceno, Fano und Fermo (wobei eines der Häuser schöner als das andere ist) bilden derzeit die „Rete lirica delle Marche“, und es besteht Hoffnung, dass weitere Häuser, etwa Jesi oder die Hauptstadt der Region, Ancona, dazu kommen.
Neben „Zauberflöte“, Bohème“ und „Gianni Schicchi“ wurde auch Giuseppe Verdis erste Erfolgsoper produziert. Als Regisseur wurde der 86-jährige, immer noch voll aktive Pier Luigi Pizzi engagiert, der eine ausgesprochen einfache, aber wunderbar ästhetische Inszenierung schuf. Als sein eigener Bühnenbildner begnügte er sich mit jeweils einem einzigen, die Szene charakterisierenden, Versatzstück, wie einem siebenarmigen Leuchter, einem Thron oder im Hintergrund einem metallenen Aufbau für den Götzen Baal, der am Schluss eindrucksvoll zusammenstürzte. Pizzi, der wie immer auch für die Kostüme verantwortlich war, kleidete die Hebräer in ihre klassischen Gewänder mit gestreiftem Schal und hatte sich für die Assyrer phantasievolle, aber historisch inspirierte Kopfbedeckungen einfallen lassen. Es mag seltsam klingen, aber die Bebilderung der in diesem Werk häufig auftretenden Marschmotive durch assyrische Krieger verkörpernde Mimen und Komparsen gelang sehr eindrucksvoll und überspielte auf diese Weise diverse statische Momente der Handlung (Assistenz bei diesen Bewegungsabläufen: Francesco Marzola). Der erwähnte Leuchter wurde während der Ouverture nach und nach entzündet, was in der Form nicht unbedingt nötig, aber auch nicht störend war.
Dieser hocheleganten szenischen Umsetzung entsprach eine musikalisch hochstehende Realisierung. Am Pult des Orchestra Filarmonica Marchigiana stand mit Matteo Beltrami ein Dirigent, der den Hörer die kleinen Banalitäten dieses Jugendwerks vergessen und die Partitur mit großem Feuer wiedergeben ließ. Es klang alles so spannend, dass man die Unterbrechung durch die Pause nach dem 2. Akt fast bedauerte. In der Titelrolle überzeugte der armenische Bariton Gevorg Hakobyan mit großer, runder Stimme, vorbildlicher Diktion, starker Persönlichkeit und lebhafter szenischer Interpretation. Ihn könnte ich mir auch sehr gut als Rigoletto vorstellen. Abigaille war Alessandra Gioia, die die stimmlichen Ansprüche der schwierigen Rolle nicht immer voll erfüllen konnte, weil ihr die Spitzentöne sehr viel Kraftaufwand abverlangten. Sie überzeugte aber mit furchtlosem Auftreten und dramatischer Gestaltung.
Der Zaccaria des Koreaners Simon Lim ließ einen Bass vernehmen, der zwar manchmal mit viel Druck eingesetzt wurde und kein besonders edles Timbre hat, aber die Stimmfarbe war für diesen Eiferer gerade richtig. Gefallen konnte auch Ivan Defabiani als Ismaele – wieder ein Tenor, bei dem zu bedauern war, dass die Rolle so relativ klein ist. Seine Fenena in Gestalt von Anna Pennisi empfahl sich mit ihrem angenehmen Mezzo gleichfalls für größere Aufgaben. Es ergänzten tadellos Alessio De Vecchis (Hohepriester des Baal), Carlo Assogna (Abdallo) und Jinkyung Park (Anna).
Ein Abend von ganz großer Wirkung, der vom vollen Haus entsprechend bejubelt wurde.
Eva Pleus 11.12.16
Bilder: Luigi Angelucci