DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
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Essen Aalto-Theater - WA

Das vielleicht schönste und akustisch beste Opernhaus Deutschlands

www.aalto-musiktheater.de

(c) Der Opernfreund

 

 

 

 

La Bohème

WA am 20.12.2019

Ach, wie weihnachtlich schön...

Es gibt sie also doch noch, die Inszenierungen, die sich mehr als 20 Jahre im Spielplan halten und das ohne Namen wie Otto Schenk oder Jean-Pierre Ponelle auf dem Abendaushang zu finden wären. In Essen gibt es so eine „unverwüstliche“ Bohème, die nun schon seit zahlreichen Spielzeiten immer wieder aufs Neue ihr Publikum findet und es wahrlich weihnachtlich werden lässt. Manchem ist der tschechische Märchenfilm „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ in der Weihnachtszeit heilig, dem Opernfreund ist es sicherlich die Bohème und das zu Recht in dieser wunderbaren Produktion.

Regisseur Silviu Purcarete und sein Ausstatter Johannes Leiacker haben sich für eine Lesart entschieden, die ohne Plüsch und allzu pittoreske Bildwelten auskommt. Die Ausstattung ist – man möchte sagen „erfrischend“ - dezent und schafft immer einen klaren Rahmen in dem die Handlung stringent erzählt wird. Charmant sind dabei etwa die angedeuteten Pariser Hausdächer, die beim Verlassen der Dachmansarde gen Schnürboden schweben, die berühmte „längste Theke der Welt“ im Café Momus oder ein versteckter Schneemann der auch im dramatisch-ruppigen Finale des 3. Akts beim Publikum noch für ein kleines Schmunzeln sorgt. Und gerade dies ist eine Stärke der Produktion: Eine Leichtigkeit, eine prise Humor zwischen aller Dramatik.

Mit der Besetzung zeigt das Essener Haus wieder einmal, auf welch hohem Niveau es arbeitet. Carlos Cardoso in der Partie des Rodolfo ist mit viel Agilität ein eifersüchtiger Liebhaber und leidender Liebender wie er im Buche steht. Gerade seine Arie im ersten Akt singt er mit einer solchen Energie, dass langanhaltender Szenenapplaus einsetzt. Ein bisschen mehr Dezenz in den piani würde man sich gelegentlich wünschen, aber wer so einen strahlkräftigen Tenor besitzt, der möchte ihn wohl auch zeigen. Ihm zur Seite steht Jessica Muirhead, die mit unglaublicher Genauigkeit die mal leichten und dann wieder schweren Momente ihrer Partie klug auslotet. Muirhead schafft es mal zart und dann wieder dramatisch alle Facetten der sterbenskranken jungen Frau zu zeigen und präsentiert ein Rollenportrait, das unter die Haut geht. Die Partie des Marcello ist mit dem Essener Urgestein Heiko Trinsinger etwas reifer besetzt als üblich und auch als der Rest der Künstler-WG. Das wirkt im ersten Moment etwas eigenartig, jedoch ändert sich dieser Eindruck schlagartig, wenn man die Beziehung von Marcello und Musetta unter diesem Gesichtspunkt sieht oder auch das Gespräch zwischen Rodolfo und Marcello im dritten Akt. Da kommt auf einmal neben allem Stürmen und Drängen des Marcello deutliche Zeichen  von Lebensweisheit ins Spiel – eine nicht uninteressante Facette. Trinsinger singt die Partie souverän, bleibt im Spiel aber oftmals sehr verhalten. Hier klafft zu seinen Mitstreitern doch eine spürbare energetische Lücke. Als Schaunard ist Martijn Cornet zu erleben, der die Partie klangschön und mit viel Spielfreude füllt. Beniamin Pop ist ein Bass, der große Agilität besitzt und der Partie des Colline vollkommen zurecht Szenenapplaus für die Mantel-Arie im vierten Akt bekommt. Dieser junge Bass ist ein wahrer Glücksfall für diese Rolle und empfiehlt sich mit gesanglichen und szenischen Qualitäten durchaus auch für große Partien. Maartje Rameloo gibt eine charmante Musetta, die ihre szenisch gar nicht so einfache Partie souverän zwischen aufgedrehtem Vamp und mitfühlender Freundin gestaltet und auch alle musikalischen Tücken exzellent meistert. Die Partien des Benoit und Alcindoro bleiben beide in der Gestaltung von Karel Martin Ludevik ausgesprochen blass und lustlos – das ist schade.

Der Essener Chor und ganz besonders der Kinderchor leisten Großes. Im zweiten Akt zeigen beide Klangkörper mit viel Verve und mit exzellentem Klang, wie lebendig Puccinis Musik ist.

Am Pult der Essener Philharmoniker zaubert Giuseppe Finzi einen wunderbaren Puccini, der die Partitur in allen Feinheiten erfasst. Finzi entlockt den Essenern dynamisch stets perfekt ausgewogen einen Sound, der das Lyrische nie aus den Augen verliert, der immer einen großen Bogen atmet, der nie übertrieben ist, sehr wohl aber den Hörer von der Leichtigkeit der heiteren Momente mit auf den dramatischen Boden der Tatsachen nimmt, wenn es um die großen Gefühle, oder eben das Sterben Mimis im vierten Akt geht.

Diese Produktion ist – gerade in der Vorweihnachtszeit – ein Opernabend, der neben exzellentem musikalischen Leistungen der Seele guttut. Schön, dass es solche Abende gibt.

 

Sebastian Jacob, 23.12.2019

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Ein Inszenierungs-Juwel seit 21 Jahren !

LA BOHEME

Wiederaufnahme 2018 / Dernière am 15. Dezember

Schöner kann man Puccini nicht in Szene setzen...

Wenn man sich gerade über einige Premiere schwarz, grün und blau geärgert hat, weil Regisseur/in meint, man habe übergreifende Aufgaben bei einer Operninszenierung, nämlich Belehrung, politisches Mandat oder die eigene wirre Meinung zu propagieren, dann hört es auf. Dann muß man flüchten, wie Kollege Zimmermann gerade in Wuppertal bei Luisa Miller.

Jüngstes Beispiel dafür ist der letzte Freischütz am Aalto, wo die Regisseurin äußert, daß es in einem Land, welches den Zweiten Weltkrieg verloren hat, natürlich kein Happy End bei Webers Oper geben kann.

In diesem Rahmen des tristen oft deprimierenden Kritikerlebens freut man sich doppelt und dreifach über auch die 21. Wiederaufnahme einer Trauminszenierung, die alles hat, was eben gute Oper-Produktion ausmacht. Aber ist solche Normalität eigentlich mittlerweile die Ausnahme? Scheint so...

Zu berichten ist von einer Inszenierung, die nach 21 Jahren immer noch Spaß macht. Eine exemplarische Produktion, die das Publikum auch emotional mitnimmt und zeigt, daß der Regisseur nicht nur die Oper ernst nimmt, sondern auch das Stück liebt, welches er inszeniert. Jeder kleinste szenische Einfall ist musikalisch unterlegt und sinvoll begründet. Ach wie schön kann Oper sein, wenn man die Bühne als Zauberkasten beherrscht und liebt.

Ich spreche über die gestrige LA BOHEME in der maßstäbesetzenden Inszenierung von Silviu Purcarete. Sie ist ein Juwel, ein Kleinod, welches seit mittlerweile bald einem Viertel Jahrhundert stets pünktlich zur Weihnachtszeit in der Wiederaufnahme im Aalto Alt und Jung begeistert, erfreut und in Weihnachtsstimmung versetzt.

Das ist Puccini at his best! Lucevan le stelle...

Oper, die unser Seelenheil erfreut und nicht beschädigt. Musiktheater, wie es sein sollte. Werktreu und dennoch modern. Ewig schöner Puccini - wie die 70 Jahre alte Wallmann-Tosca in Wien - der zu Herzen geht, ohne emotional allzu kitschig zu triefen. Man müßte diese Produktion verfilmen oder zumindest an Hochschulen mit dem hauseigenen Video in der Ausbildung junger Regisseure und Bühnenbildner arbeiten.

Kommen wir sofort zum zweiten Brillanten, nämlich dem einst wirklich begnadet und fantasiereich arbeitenden Bühnenbild von Johannes Leiacker. Damals gab man sich noch Mühe, und es wurde jeder Akt mit einem anderen Szenerie aufwendig untermalend mit handwerklicher Tiefe gestaltet, was natürlich neben der Hauptpause immer zwei kleine Lichtpausen erfordert und personenaufwendige Bühnenarbeit zwischen den Akten. Bei Leiacker öffnete sich der Zauberkasten, den wir Opernbühne nennen, noch auf brillante Art und Weise und läßt das Publikum stellenweise mit offenem Mund und Augen staunen.

Wenn sich bei Mimis großer Arie an der genau richtigen Stelle zu ma quando vien lo sgelo im großen Orchesterausbruch - dem Höhepunkt der Arie - die schmale, puristische Studentenbehausung breitwandig öffnet und den Blick auf in den Himmel unter Schneefall schwebende alt-pariser Modellhäuser freigibt, dann zeigt dies, wie liebevoll das Regieteam diese Oper behandelt und wie emotional ergreifend man das umsetzen kann. Da hat nicht nur der vielgeplagte Kritiker Tränen in den Augen, sondern auch das Publikum ist hingerissen und bewegt wie bei Butterflys Selbstmord

Hier paßt alles. Das ist Werbung für die Gattung Oper, und gerade für das noch zu erschließende jüngere Publikum eine Einladung, sich mit diesem Genre mehr zu beschäftigen. Merke: nicht mit modernem Firlefanz, Sex & Crime, rüder Brutalität oder Mülldekor gewinnt man eine neue, junge Operngeneration - die wir dringend nötig haben ! - sondern mit ehrlich inszenierter Begeisterung fürs Werk.

Puccini ist ganz große Oper und benötigt daher konzentriert aufspielende Musiker und einen Dirigenten mit Verve und großem Herzen für Italianita. Das ist Andrea Sanguineti, das sind die Essener Philharmoniker, die einen flüssigen, modernen und nicht allzu rubatohaft süßlichen Klang evozieren. Ohnehin kann man sagen, daß dieses Essener Orchester eigentlich nie schlecht spielt, jedenfalls habe ich es niemals so erlebt, sondern sein sehr hohes Qualitätsniveau schon jahrzehntelang hält. Auch zeigt der wunderbare und bewegungsfreudige Chor, daß man auch in Nach-Eberle-Zeiten weiterhin zu den Top-Ensembles in Deutschland gezählt werden muß. Passabler Respekt gebührt weiterhin dem Kinderchor des Aalto-Theaters.

Wenn die Stimmen des Studentenquartetts nicht zusammenpassen, kann man eine Boheme vergessen. Umso erfreulicher, daß auch dieser gesangliche Bereich vom eigenen Team wieder bestens abgedeckt wurde. In Essen gibt es sie noch, die Ensemble-Pflege, die fast überall in Richtung Stagione-Betrieb abgebaut wird - was ich persönlich als Schande empfinde, denn nichts ist doch schöner, als wenn das Publikum über die Jahre zu seinen Helden noch eine einigermaßen persönliche Beziehung und Wiedererkennungsmentalität aufbauen kann.

Wobei ich auch in 2018 wieder pars pro toto den Dienstältesten  Heiko Trinsinger der seit bald zwanzig Jahren stets in Hochform allabendlich das Publikum begeistert, besonders aus dem ansonsten durchweg guten Zirkel der Studenten Martijn Cornet/Chaunard, Sebastian Pilgrim /Colline - heraushebe. Nicht in der Laudatio zu vergessen die Musetta von Maria del Mar Humanes. 

Gefeiert und bejubelt wurden natürlich die Mimi von Jessica Muirhead, sowie der kraftvolle Tenor von Carlos Cardoso (Rodolfo). Beide durchkämpfte die enormen Hochschwierigkeiten dieser großen Partien wacker und tragend.

Die diesjährige szenische Leitung der Wiederaufnahme hat Sarah Wieners bis auf I-Tüpfelchen akurat erstellt. Brava! Alles stimmte wie bei der Premiere.

Leider klatschte das enthusiasmisierte Publikum auch dieses Jahr ungehemmt in die Aktschlüsse rein, was anscheinend nur den Kritiker störte.

 

Peter Bilsing 16.12.2018

Bilder (c) Saad Hamza / Aalto

 

P.S. Ceterum censeo:

Leider ist immer noch die Foto-Auswahl ausgesprochen bescheiden und sagt fast gar nichts über diese tollen Bühnenbilder aus, die einen wesentlichen Reiz der Inszenierung ausmachen. Das ist auch in diesem Jahr wieder ärgerlich, weil ich den optischen Eindruck, den ich im Herzen trage, gerne den Lesern vermitteln würde. Und was sagt mehr aus als Bilder? Schade.

So frage ich wie letztes Jahr: Warum verkauft man so ein Juwel auf der Homepage des Theaters optisch so unter Wert? Warum gibt keine Bilder von den tollen Aktschlüssen, dem traumhaften Paris-Panorama, der riesigen Sonnenblume, dem Vorstadt-Ambiente der Müllkehrer, der schlittenfahrenden Kinder, der Breitwandbar oder den sich in den Himmel erhebenden Modell-Dächern?

Immerhin ist ja gerade diese Sonneblume, die auf den Fotos nirgendwo zu sehen ist (!), tragend sinnfälliges Stilelement, quasi der Fil Rouge der Inszenierung. Denn die kleine Sonneblume, die Rodolfo seiner Geliebten im ersten Akt schenkt, ist am Ende - liebevoll von der Requisite in Palmengröße gefertigt - zentraler Blickfang auf der großen leeren Bühne. Es ist jene Sonnenblume, die am Anfang Mimis Herz erwärmt und welche am Schluß wie ein kleiner Pavillon zurückkehrt, unter der nun ihr Herz zu schlagen aufhört.

 

 

 

 

Vom Skandal zum Klassiker

Premiere: Dezember 1989

Besuchte Vorstellung: 20.10.2018

 

Inszenierungen, die sich heute noch 30 Jahre im Spielplan eines Opernhauses halten können sind eine Seltenheit geworden. Einzelne unverwüstliche Hänsel und Gretel-Inszenierungen schaffen es, einige Produktion an den großen Staatsopern – aber an einem Haus, das es gerade erstmal 30 Jahre gibt – da ist so etwas mehr als bemerkenswert.

Und vermutlich ist es neben der Tatsache, dass Verdis Aida ein Publikumsmagnet ist, auch die mittlerweile scheinbar zeitlose Lesart des damals noch bilderstürmerischen Dietrich Hilsdorf, der 1989 mit dieser Inszenierung nicht nur auf Gegenliebe seitens des Publikums stieß. Das Musiktheater hat sich weiterentwickelt und was ist heut schon noch skandalös? So hält sich diese Produktion wacker im Essener Spielplan und mag hoffen, dass sie auch in der Zukunft noch ihren Platz dort behält.

Dabei erzählt Hilsdorf das Drama um Aida, Pharaonentochter Amneris und den Feldherrn Radames absolut stringent. Neben einer klaren Personenführung und einer Fokussierung auf das menschliche Drama der Protagonisten schafft er es aber auch das Monströse einer immergleichen Kriegsmaschinerie zu zeigen, die zu einem bedrückenden, bildgewaltigen Rahmen wird. Johannes Leiacker hat hierzu ein geniales Bühnenbild geschaffen. Ein sich scheinbar in die Unendlichkeit ergießender Trichter wird immer wieder durch Versatzstücke zur Matrix für menschliche Schicksale und das bitterböse Treiben der Kriegsgewinnler. Und gerade mit denen geht auch die Regie ins Gericht: Der Triumphmarsch wird zum Defilee kriegerischer Abgründe. Dieser Triumphzug ist nur vordergründig eine Siegesfeier, denn es verfremden ihn fröhlich winkende Krüppel als Veteranen aus den letzten Kriegen, freizügig tänzelnde „Memphis-Twins“ kokettieren um die Wette und Witwen, die ihre Kinder dem kommenden Krieg weihen säumen den Weg – sicherlich plakativ, aber dennoch wirkungsvoll.

Erfreulich ist dabei, dass diese Inszenierung eigentlich komplett auf altägyptischen Kitsch verzichtet, wie man ihn in vielen Inszenierungen des Pharaonendramas findet, aber dennoch das Stück nicht seiner Spannung und seiner mystischen Momente beraubt. Aber vielleicht macht das auch gerade die beschriebene Zeitlosigkeit aus, denn das, was der Zuschauer mitnimmt, ist das menschlich so berührende Drama zwischen einer Liebe, der Missgunst und Hass Steine in den Weg legen, bis zum bitteren Ende. Und gerade das Ende ist – nicht zuletzt wegen der sensationellen optischen Raffinesse der Bühne – in dieser Produktion so unglaublich berührend.

So fulminant, bildgewaltig und berührend die Inszenierung auch sein mag, so gelingt die musikalische Seite leider in der Wiederaufnahme nur durchwachsen und vermag nicht an bereits gesehene und gehörte Vorstellungen anzuknüpfen. Gaston Rivero gibt einen ausgesprochen kraftvollen Radames. Voller Strahlkraft meistert er Arien gibt aber oftmals einfach zu viel Gas. Das ist um so bedauerlicher als dass er an vielen Stellen Klangschönheit zeigt, aber im forte mit einer Kraftmeierei unterwegs ist, die den ansonsten (auch szenisch) guten Eindruck eintrübt.

Gabrielle Mouhlen meistert die Aida souverän. Stimmlich vermag sie aber auch nicht durchweg zu überzeugen: in den Höhen blitzen immer wieder Schärfen auf, die der Rolle nicht dienlich sind. Ihr „tu sei felice“ im Duett im Amneris im zweiten Akte verschenkt sie fast vollkommen und mag hier – an einer sonst so ergreifenden Stelle – fast gar nicht zu berühren. Das ist schade, denn eigentlich singt Mouhlen die Rolle mit viel Verve und vermag sie auch szenisch zu füllen, aber es sind dann eben doch ein paar Feinheiten, die der Sache einen Abbruch tun.

Ihre Kontrahentin Amneris wird von Agnieszka Rehlis gesungen, die keine Wünsche offenlässt. Szenisch mal Biest, mal leidendes Wesen vermag sie alle menschlichen Tiefen dieser Figur auszuloten. Glühend, fließend, mal kraftvoll lodernd, mal zurückhaltend und voller Emotion wie in ihrem „pace t’imploro“ am Ende der Oper.

Heiko Trinsinger ist als Amonasro eine hervorragende Besetzung. Mit viel Feuer gibt er den Äthiopier, vermag das Mitfühlende des Vaters und das Rebellische des Herrschers gleichermaßen mit facettenreichem Spiel und einer wandlungsfähigen Stimme, die egal ob in den piani oder im forte stets exzellent klingt, hervorragend umzusetzen.

Tijl Faveyts ist mit seinem sonor tönenden Bass ein respekteinflößender Hohepriester, der seine Figur im Gefüge der Inszenierung bestens ausfüllt. In den kleineren Rollen bleibt Baurzhan Aderzhanov als König eher blass und zurückhaltend. Rainer Maria Röhr als Bote und Liliana de Sousa als Tempelsängerin singen ihre kurzen Partien indes hervorragend. Jens Bingert hat die Chöre des Aalto-Theaters hervorragend einstudiert. Klanggewaltig, teilweise im Saal verteilt, liefern sie satten Verdi-Sound.

Das Dirigat von Friedrich Haider hingegen ist das einzig wirkliche Ärgernis des Abends. Der Einstieg ins Vorspiel geschieht schon ohne jegliche Emotion – eine Tatsache, die sich leider an vielen Stellen des Abends wiederholt. Wenig Verdi-Klang im Orchester, wenig Nuancierungen, wenig Esprit – das ist leider überhaupt nicht begeisternd. Und dabei muss Haider zu allem Überfluss oftmals auch heftig rudern, damit ihm die Szene nicht zerfällt – nicht nur einmal ist der Chor hintendran, das Orchester nicht so sauber, wie man es in Essen schon gehört hat. Das ist schade, denn eigentlich lohnt sich diese Produktion sehr.

Nichts desto trotz ist der Abend empfehlenswert, denn die Inszenierung vermag trotz ihres Alten absolut zu überzeugen und ist einfach ein zeitloser Klassiker geworden. Musikalisch hat der Abend sicherlich den ein oder anderen Schönheitsfehler ist aber unterm Strich immer noch gelungen und in vielerlei Hinsicht auch hörenswert.

Besonderer Dankman Hamza Saad (c) für die aktuelle Bilder

Sebastian Jacobs, 22.10.2018

 

 

 

 

TRISTAN UND ISOLDE

25.02.2017

Wagner-Glück im Aalto-Operntempel

Wer dem jecken Treiben in den karnevalistischen Hochburgen entgehen wollte, der fand im Aalto-Theater in Essen eine kontrastreiche, Emotionen und Leidenschaften nicht weniger aufwühlende Kontrastveranstaltung. Barrie Koskys gefeierte Inszenierung von Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“, die schon 2006 in Essen Premiere hatte, erlebte eine mehr als erfolgreiche Wiederaufnahme.

Die Inszenierung des australischen Regisseurs hat auch über die Jahre nichts an ihrer suggestiven Wirkung verloren. „Tristan und Isolde“ erscheint in dieser Deutung als ein ungemein intensives und verstörendes Beziehungsdrama, für das Klaus Grünberg geradezu klaustrophobische Bühnenbilder geschaffen hat. Auf der schwarz verhängten Bühne stellt ein zentral positionierter Kasten im 1. Aufzug die enge Schiffskabine dar, in der Isolde wie ein eingesperrtes Tier die Überfahrt nach Kornwall zu König Marke erdulden muss. Den Kopf ihres von Tristan erschlagenen Verlobten Morold hat sie in einem Glasgefäß, das auch als Sitzgelegenheit herhalten muss, Unheil verkündend gleich mitgeführt. Isolde und Brangäne sehen sich den üblen Späßen und sexuellen Übergriffen von Tristans Kumpanen ausgesetzt, die in bester Sektlaune ihren Brautwerbungscoup feiern.

Der von Brangäne vertauschte Liebestrank beendet Isoldes Rachephantasien abrupt, dafür ergibt sich nun für Isolde ein neuer Albtraum in Weiß: Kurwenal holt aus einem Schrank einen endlos langen Brautschleier hervor, der Isolde ihr Schicksal einer auferzwungenen Heirat mit König Marke auf beklemmende Weise verdeutlicht.

Im 2. Aufzug mutiert die Schiffskabine zu einem leeren, ebenfalls beengten Raum, der nur durch einige Wandornamente und die Blumenschale im Vordergrund eine Auflockerung erfährt. Der Clou in dieser wohl berühmtesten Liebesszene der Opernliteratur besteht aber darin, dass Kosky den Zimmerwürfel sich um die eigene Achse drehen lässt. Isolde und Tristan müssen deshalb dieser Rotation durch ständige Positionswechsel mal liegend, mal stehend begegnen. Sie haben in sinnfälliger Weise keinen festen Boden unter den Füßen, eine mehr als deutliche Metapher für das „Löse von der Welt mich los“- Motiv dieses überirdischen Liebesduetts, aber auch für die aus der Balance geratene Beziehung der beiden Liebenden, die nur tragisch enden kann.

Im dritten Aufzug wandelt sich der Raum der Liebesbegegnung in eine Folter- und Todeszelle, in der Kurwenal die sich nicht schließen wollenden Wunde Tristans in einer für den Zuschauer nur schwer zu ertragenden Drastik zuzunähen versucht und dadurch seinem Herrn ungewollt weitere Qualen zufügt. Tristan sehnt Isolde und den Tod herbei, um von seinen Qualen erlöst zu werden. Das Ende bleibt in Koskys Inszenierung ambivalent. Isoldes Liebestod ereignet sich auf nun leerer, dunkler Bühne in desillusionierender Einsamkeit. Doch dann legt sich Isolde doch ganz eng neben den toten Tristan, der im Hintergrund der Bühne wieder erscheint. Also doch die Vereinigung der Liebenden im Tod, wie sie Gottfried von Straßburg im Prolog seines Epos mit der rhetorischen Figur des Chiasmus so wunderbar beschworen hat:„Ein man ein wip, ein wip ein man,/Tristan Isolt, Isolt Tristan“?

Musikalisch bescherte die Aufführung Glücksgefühle pur! Jeffrey Dowd ist mittlerweile zu einem großartigen Tristan herangereift. Im ersten Aufzug hält er sich noch zurück, wohl wissend, welche mörderischen Anforderungen der 2. und vor allem 3. Aufzug für ihn bereithalten. Die Stimme Dowds ist in der Mittellage deutlich gegenüber früher baritonal eingefärbt, was gerade auch im großen Liebesduett des 2. Aufzugs zu einer fast balsamisch zu nennenden Gestaltung führt. In den Fieberphantasien des Schlussaktes, an denen sich auch die größten Tenöre die Zähne ausgebissen haben, läuft er zu ganz großer Form auf und singt mit nie nachlassender Intensität und Stimmschönheit.

Die eigentliche Entdeckung des Abends ist aber Dara Hobbs als Isolde, die diese Partie bereits an mittleren Häusern wie Chemnitz oder auch Bonn gesungen hat. Die von der FAZ als „phantastische Brünhilde“ apostrophierte Sängerin bleibt der Partie der Isolde nichts schuldig. Geradezu mühelos strahlt ihre Stimme auch in den höchsten Aufschwüngen des 1. Aufzugs. Wie sie zwischen Pianissimo und Fortissimo im Liebesduett des 2. Aufzugs variiert und diese Liebesbegegnung mit ihrem herrlich geführten, gerade auch in der Mittellage warmen „erotischen“ Sopran musikalisch zu einem Gänsehaut fördernden Ereignis werden lässt, verdient höchste Anerkennung. Selten hat man auch Isoldes Liebestod „Mild und leise“ so eindringlich und in den großen Steigerungen so mühelos „jubilierend“ gehört wie in der Interpretation von Dara Hobbs. Es bedarf keiner prophetischen Gabe, der amerikanischen Sängerin gerade in dieser Partie eine große Karriere vorauszusagen.

Heiko Trinsinger sang mit ungeheuer vitalem, strömenden und wohlklingendem Bariton die Partie des Kurwenal, der er im letzten Aufzug auch darstellerisch in der Sorge um den geliebten Herrn ungemein berührende Akzente verlieh. Als Brangäne stellte sich in Essen mit der schwedischen Mezzosopranistin Martina Dike eine altbekannte, renommierte Vertreterin dieser Rolle vor. Sie ist eine stimmgewaltige Antipodin ihrer Herrin, die sie vor allem im ersten Aufzug mit ihrer vokalen Potenz sogar übertrumpft. Auf manch scharfen Spitzenton hätte man als Zuhörer gerne verzichtet. Tijl Faveyts verfügt über einen voluminösen, sehr schön dunkel gefärbten Bass, bleibt aber in der Interpretation des Marke dieser Figur an Gebrochenheit und Trauer vieles schuldig. Entschuldigend muss man allerdings auch anmerken, dass Barrie Kosky mit der Figur des Marke selbst nicht viel anfangen kann und mit seiner Regie dem Sänger keinerlei Hilfe bei der Ausgestaltung dieser Rolle bietet.

Nach Stefan Soltesz und dem Bayreuth erfahrenen Peter Schneider wird diese Wiederaufnahme nun von Frank Beermann, dem Generalmusikdirektor des Chemnitzer Theaters geleitet, der aber bereits an zahlreichen großen Häusern wie Dresden, Berlin, Hamburg, Frankfurt oder München als Gastdirigent gefeiert wurde. Ihm wurde jüngst von der Kulturjournalistin Eleonore Brüning attestiert, einer „der besten Wagner-Dirigenten weit und breit“ zu sein. Man kann dies nach der Tristan-Aufführung nur bestätigen. Die „schwebende Tonalität“ (Arnold Schönberg) der Partitur realisierte er mit den überragenden Essener Symphonikern in Vollendung. Beermann setzt auf einen durchsichtigen, geschmeidigen Klang mit ruhigen Tempi, die den Sängern im wahrsten Sinne des Wortes Zeit zum Atmen geben. Welch seidigen Klang Beermann allein den Streichern entlockt, wie präzise und konturscharf er die Bläser spielen lässt, wie souverän er die Koordination des riesigen Orchesterapparats mit den Akteuren auf der Bühne herstellt, das alles verdient ungeteiltes Lob und Anerkennung.

Fazit: Eine wunderbare, musikalisch tief berührende Wiederaufnahme des Tristan, die sich kein Wagner-Enthusiast entgehen lassen sollte
(weitere Aufführungen: 05./18.03.2017)

Norbert Pabelick 27.2.17

Bilder teilweise von der PR 2006 (c) Aalto

 

 

DER ROSENKAVALIER

Aufführung am 28.01.2017

„Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein…“ 

Diese Worte im herrlichen Schlussduett Octavians und Sophies in Richard Strauss „Komödie für Musik“ stehen unfreiwillig Pate für den Inszenierungsansatz Anselm Webers, der schon 2004 mit seiner Deutung des „Rosenkavaliers“ in Essen nicht gerade Begeisterungsstürme ausgelöst hatte. Er verlegt die Handlung in ein Museum, in der die handelnden Figuren aus der Zeit Maria Theresias als Exponate einer längst vergangenen Epoche in Vitrinen schlummern und durch den Wächter des Museums als dessen Traumfiguren wieder zum Leben erweckt werden. In diesem Traumspiel reserviert er für sich selbst die Rolle des Ochs und schlüpft dabei in die barocke Kostümierung mit Perücke und Gehrock, während die große Brille und der knallrote Schlips seine eigentliche Herkunft immer wieder dem Zuhörer vor Augen führen.

Das Spiel mit den verschiedenen Zeitebenen zieht sich durch die ganze Inszenierung, so wenn etwa im 2. Akt für das Palais Faninals ein offensichtlich noch unfertiger Museumsraum - mit Leiter und Farbeimer als ins Auge stechenden Requisiten - herhalten muss, der die beginnende Industrialisierung des 19. Jahrhunderts thematisiert (Bühne: Thomas Dreißigacker). Faninal und Sophie steigen aus einem Schaukasten, der als Hintergrund Menzels berühmtes Gemälde „Das Eisenwalzwerk“ enthält. Im 3. Akt wird dann sogar die Brücke in die bundesrepublikanische Nachkriegszeit geschlagen, wenn Ochs‘ sittenwidrige Anmache von Mariandel durch einen bundesdeutschen Streifenpolizisten in grüner Uniform ein Ende bereitet wird. Diese in den meisten Rosenkavalier-Inszenierungen im luxuriösen Sèparée eines Wiener Wirtshauses angesiedelte hochkomödiantische Szene verlagert Weber in die schäbige Umkleidekammer des Museums, in welcher der Wächter, also Ochs, seinen Mittagsschlaf hält. Am Ende findet er sich eingesperrt in einer Vitrine des Museums wieder, er ist zum Gefangenen seiner eigenen Träume geworden, ein gescheiterter, kleinbürgerlicher Angestellter, der einem Theaterstück von Thomas Bernhard entsprungen sein könnte.

Nichts also von einer verklärenden, rückwärts gewandten Sicht in selige K.u.K.-Zeiten, statt dessen eine nüchtern-sezierende Betrachtung menschlicher Eitelkeiten und Unzulänglichkeiten, aber auch großer tragischer Gefühle, die den Zuhörer durch die zahlreichen Brechungen und Verfremdungen zum kritischen Betrachter machen will, der das Gesehene und Gehörte auf sich selbst bezieht. Bei der Wiederaufnahme erregt diese desillusionierende Sichtweise keinen nennenswerten Widerspruch mehr im Publikum, man lacht höchstens über den Einfall des Regisseurs, die Oper mit einem überfallartigen Besuch einer japanischen Touristengruppe im Museum beginnen zu lassen, bei dem sich der Wächter mit dem Fotografierverbot im Museum vor eine unlösbare Aufgabe gestellt sieht. Der wunderbare Text von Hugo von Hofmannsthal, vor allem aber die Klangseligkeit der entrückenden Musik von Richard Strauss tun das Ihrige, die sperrige Inszenierung vergessen zu machen.

Essens Generalmusikdirektor Thomás Nepotil entfaltet mit den wunderbar aufspielenden Essener Philharmonikern besten Strauss-Sound, zügig in den Tempi, durchsichtig im Klang, schwelgerisch und auftrumpfend in den Rosenkavalier-Walzern, verinnerlicht und geradezu schwebend etwa in der großen Monolog-Szene der Marschallin im ersten Akt: „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding.“ Diese Auseinandersetzung mit der Zeit-Problematik, die für Hofmannsthals Dichtung so eine herausragende Bedeutung hat, gestaltete Michaela Kaune als Feldmarschallin mit herrlich geführtem Sopran und großer innerer Emotion. Kaunes Stimme ist eher lyrisch, sie reiht sich damit aber durchaus in die großen Interpretinnen der Feldmarschallin wie Elisabeth Schwarzkopf oder Lisa Della Casa ein, denen eine fast liedhafte Gestaltung dieser Partie so überaus wichtig war. Bemerkenswert auch, dass man so gut wie jedes Wort verstehen konnte. Das ist im heutigen Opernbetrieb alles andere als selbstverständlich.  Das Publikum feierte jedenfalls Michaela Kaune zu Recht mit standing ovations.

Karin Strobos gab einen stürmischen, auch stimmlich hoch emotionalen Octavian. Der Stimme fehlt vielleicht etwas die Tiefe, Frau Strobos prunkt dafür jedoch mit einer leuchtenden Höhe und einer wunderbar strömenden Mittellage. Die in der Inszenierung geradezu kindlich angelegte Figur der Sophie gestaltete Elizabeth Cragg in Spiel und Gesang seltsam zurückgenommen. Frau Cragg verfügt sicherlich über schönes Material und vor allem funkelnde Spitzentöne, über weite Strecken singt sie aber so leise, dass man selbst in der 11. Parkettreihe Mühe hat, sie herauszuhören. Das herrliche Schlussduett im 3. Akt mit Octavian  „Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein“ ging allerdings unter die Haut, hier klang die Stimme wie befreit. Die eher undankbare Rolle von Sophies Vater Herr von Faninal wertete der beim Essener Publikum so beliebte Bariton Heiko Trinsinger mit einer schauspielerisch und sängerischen Glanzleistung ungemein auf. Abdellah Lasri sang die Arie des Sängers mit Verve und großer Strahlkraft, auch alle anderen Nebenpartien waren rollendeckend besetzt.

Die Palme an diesem Abend gebührte indes Karl-Heinz Lehner als Ochs auf Lerchenau. Der waschechte Österreicher bringt nicht nur das unverwechselbare wienerische Idiom von Natur aus mit, sein voluminöser Bassbariton spricht auch in jeder Lage mühelos an und übertrumpft das Orchester auch an exponierten Fortissimostellen. Dazu spielt er die Doppelrolle des spießigen, kleinbürgerlichen Museumswächters und des großspurigen Möchtegerns, des verarmten und heruntergekommen Baron Ochs auf Lerchenau, einfach großartig. Man kann verstehen, dass Karl-Heinz Lehner mittlerweile nicht nur in Bayreuth, sondern auch an den Opernhäusern in Hamburg, Berlin oder Frankfurt ein gern gesehener Gast ist. Das Publikum feierte alle Beteiligten recht kurz, dafür aber umso lautstärker.
Fazit: Eine szenisch zwiespältige, musikalisch aber überwiegend überzeugende Wiederaufnahme des „Rosenkavalier“ mit einem großartigen Karl-Heinz Lehner als Baron Ochs auf Lerchenau.

Norbert Pabelick 30.1.2017

Bilder (c) Aalto

 

DIE LIEBE ZU DEN DREI ORANGEN

Wiederaufnahme am Samstag, den 11.12.2016

Premiere am 21. November 2015

Sterneabend auf allen Ebenen - und wo bleibt das Essener Publikum?

TRAILER

Einmal wieder - und das gleicht eigentlich das magere Angebot von nur fünf echten Premieren aus - muß der Kritiker konstatieren, daß eine Wiederaufnahme (deren es 13 in dieser Saison immerhin gibt!) schon fast besser ist, als die Ur-Premiere: Nun ist diese ja auch gerade erst ein Jahr her, aber daß man mit solchem Ergeiz, Fleiß und Akribie (Leitung der szenischen Einstudierung Frederic Buhr), sowie fulminante hochqualitativer neuer Rollenbesetzung das Werk wiedersieht, ist unglaublich.

Die Essener Philharmoniker unter Jannis Pouspourikas spielen nicht nur premieren-, sondern sogar schallplattenreif auf. Die frappierende Rhythmik von Prokofjews hinreißender Musik mit ihren vielen karikierenden und zitierenden Effekten, als auch die Schönheit in den impressionistischen Stellen, gelingen vorbildlich. Besser, schöner und auch rasanter kann man diese Musik kaum spielen - ein Ohrenschmaus erster Güte. Und auch hier beweist sich wieder, daß die Essener Oper heute einen sicheren Platz unter Deutschlands TOP Five hat, im illustren Kreis von Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart. Ein Qualitätsabfall, den viele nach dem Weggang von Stefan Soltesz befürchteten, ist keineswegs eingetreten - im Gegenteil!

Daher verwundert die doch sehr magere Anteilnahme des Essener Opernpublikums. Oft werden scheinbar komische Opern heutzutage billig verhunzt. Bestes aktuelles Negativ-Beispiel sind die "3 Orangen" die gerade in Wuppertal Premiere hatten, mit Spagettiwerferei und Tortengeklatsche; dazu mit dümmlichem Slapstick, infantilem Klamauk und derbem RTL-Witz überzogen, weil man offensichtlich denkt, dies sei der Humor der heutigen Zeit und man müsse sich da anpassen.

Nein, liebe Opernschaffende, Prokofjews feinsinniger Witz, politischer Sarkasmus und bissige Ironie hat, trotz aller grotesken Komik, Niveau; ein hohes Niveau. Der Humor ist doppelbödig; das ist kein Millowitsch-Schwank auch keine Kölner-Karnevals-Klamotte. Geht die Vorlage doch auf keinen Geringeren als Carlo Gozzi zurück

Nicht ohne Grund verschwand die Oper nach ihrer Bolschoi-Premiere 1927 aus Stalins Spielplänen, da sie den Vorstellungen des Massenmörders von "sozialistischem Realismus" widersprach. Zwar war Prokofjew nicht so bedroht, wie Dmitri Schostakowitsch, der ja immer seinen Koffer unter dem Bett gepackt hatte aus Angst vor Deportation; seit Stalin-Pamphlet "Chaos statt Musik" zu seiner Lady Macbeth von Mzensk. Aber Prokofjew stand enbenso unter geheimdienstlicher Beobachtung und wurde mehrfach zu "größerer Volkstümlichkeit" aufgefordert bzw. stand in ständiger Kritik wg. vorgeblich "formalistischer Tendenzen" in seiner Musik.

Regisseur Laurent Pelly (auch verantwortlich für die tollen Kostüme), dessen Inszenierung eine Übernahme von der Nationalen Oper Amsterdam (2005) war, gehört zu den anerkannten Spitzenregisseuren Europa. Er ist ein Könner seines Faches. Sein Gespür für den feinen Witz, gerade in den fast kolportagehaft filmisch schnelle Szenenfolgen, liegt ganz im Rhythmus der Musik. Seine Regie ist originell, unterhaltsam und so werktreu, wie anspruchsvoll zeitgemäß.

In kongeniale Zusammenarbeit mit Chantal Thomas (Bühne) und Laura Scozzi (Choreographie) entstand ein Abend, den man sich durchaus mehrfach anschauen kann. Aufgrund seiner Kurzweiligkeit und den eindrucksvoll phantasiereichen Bildern ist diese Produktion auch als echte "Familienoper" geeignet.

Selten habe ich diese Oper in so ausgeglichener Besetzung in praktisch allen der vielen Partien erlebt. Man bietet fast alles auf, was das Aalto zu bieten hat. Daher findet sich hier nur ein Pauschallob, denn die einzelnen Würdigungen würden unseren Textrahmen für WAs sprengen. Dennoch gebe ich dem toll facettenreichen und spielfreudigen Tenor Martial Defontaine (Prinz), dem souveränen König von Tijl Faveyts und dem omnipräsenten Truffaldino von Rainer Maria Röhr noch einen Stern mehr als den anderen hervorragenden Rollenbesetzungen. Es ist wirklich erstaunlich, was dieses Haus für fabelhafte Kräfte in seinem festen Team hat. Lang lebe das Ensemble-Theater!

Fazit und Aufruf zugleich: Liebe operninteressierte Familien! Bitte streichen Sie doch diesmal den obligatorischen alljährlichen Hänsel-und-Gretel-Besuch. Bilden Sie sich und ihre Kinder musikalisch weiter. Laden Sie auch Oma & Opa ein - denen wird es sicherlich auch gefallen ;-)

Sie werden ein Juwel an Oper erleben, in einer Inszenierung, die auch aufgrund der bühnentechnischen Zauberkasteneffekte alle beeindrucken wird. Fünf Sterne vom OPERNFREUND! Fahren Sie nach Essen - auch weitere Anreisen lohnt das Werk.

Peter Bilsing 11.12.16

Bilder (c) Aalto

 

Besetzung

 Der König Treff Tijl Faveyts

 Der Prinz Martial Defontaine

 Die Prinzessin Clarisse Bettina Ranch

 Leander Heiko Trinsinger

 Truffaldino Rainer Maria Röhr

 Pantalon und Zeremonienmeister Martijn Cornet

 Der Zauberer Tschelio Bart Driessen

 Fata Morgana Annette Seiltgen

 Linetta Marie-Helen Joël

 Nicoletta Christina Hackelöer

 Ninetta Christina Clark

 Die Köchin Baurzhan Anderzhanov

 Farfarello und Herold Georgios Iatrou

 Smeraldina Liliana de Sousa

 Tänzer Michael Schnitzler

 Tänzer Gino Abet

 Tänzer Juan Bockamp (Dance Captain), Floris Dahlgrün, Raymond Liew, Hauke  Martens, Carlos Martínez Paz, Roberto Junior, Claudio Romero

 

Letzte Termine !!!

So 18. 12. 2016 16:30 - 19:00 Uhr

Sa 14. 01. 2017 19:00 - 21:30 Uhr

So 26. 02. 2017 19:00 - 21:30 Uhr

Karten

 

 

 

Il Barbiere di Siviglia

WA Aalto am 30.10.16

Premiere im Juni 2016

Eine Sterne-Produktion wird wieder aufgenommen

Zur Premiere vergaben wir unseren raren OPERNFREUND STERN und ich schrieb damals: Was Philipp Gloger und sein Team im Zusammenwirken mit dem tollen Nachwuchsdirigenten Giacomo Sagripanti (Namen bitte unbedingt merken) da auf die Bühne des Aalto zaubern bzw. hören und sehen lassen, ist ein Rossini-Traum vom Feinsten. Locker perlen die Champagnerklänge aus dem angehobenen Orchestergraben, hier wird musiziert mit einer Leichtigkeit und dennoch Akkuratesse, wie ich sie seit der legendären Kleiber-Fledermaus nicht mehr gehört habe. Dazu ein Feuerwerk an witzigen (nicht platten oder seichten) Ideen in der Szene, viel Ironie, schöne Gags, auch die Gattung Oper wird durch den Kakao gezogen und es gibt guten Gesang.

Soviel scheinbare Leichtigkeit des Seins und des feinen Humors erforderte sicherlich höchste Anstrengungen und viel Arbeit in der Vorbereitungsphase. Daher ein dickes BRAVI vom OPERNFREUND für alle! Auch eine außergewöhnliche musikalische Interpretation. Ich werfe meine alten Platten alle auf den Müll und höre mir diesen beispielhaften lockeren Rossini sicherlich noch ein paar Mal an, schon allein wegen der hundert prozentigen guten Laune-Evokation, die hier garantiert ist. ;-)))) Hinfahren, hinfahren, hinfahren...“

Wieder bestätigte sich, daß man am Essener Haus sich grundsätzlich viel Mühe mit Wiederaufnahmen gibt. Sie haben fast immer Premierenniveau und sind deshalb (ganz im Gegenteil zu den unzähligen WAs der Nachbarhäuser, wo man leider beobachten muß, daß Produktionen von Jahr zu Jahr mehr herunterkommen) für den OPERNFREUND immer im Focus der Berichterstattung.

Bitte lesen Sie unseren recht langen Premierenbericht.

Peter Bilsing 3.11.16

 

Das schreiben die Kollegen

MERKER-online (Wien)

OPERNETZ (Düsseldorf)

 

 

 

(c) Peter Klier

 

UN BALLO IN MASCHERA

Aufführung am 27.11.2015

Premiere einer Wiederaufnahme aus 1999

Ein Regisseur und sein Dramaturg glauben nicht an Verdi

Oscar, der Page, mit dem der König die Nacht verbracht hatte...

Ulrica, die harmlose Herumtreiberin...

(Riccardo) reagierte wie ein trotziges Kind, fiel auf die Knie, bemitleidete sich selbst, jammerte...

Auch die Dame war nicht von der Leiter zu kriegen...

Schließlich hatten (die Verschwörer) eine Frau zuhause, und wusste man denn, was die gerade machte?

Die Tatsache, dass eine ganze Familie zwangsweise ins Ausland geschickt werden sollte, wurde von (Riccardo) nur als Aufopferung seines Liebesanspruchs verstanden...

Diese Zitate stammen aus der (während der Vorstellung in Übertiteln projizierten) Inhaltsangabe eines Werks, dem der Regisseur noch die Untertitel „Ein Terrorist der Leidenschaft“ oder „Der König als Regisseur“ gegeben hat. Auf dem Besetzungszettel wird Riccardo als „König von Neapel“ bezeichnet, Renato hat den Familiennamen Fogazzaro hinzubekommen (F. lebte von 1842 bis 1911 und hat ein paar in Italien sehr populäre Romane geschrieben), sein (auf der Bühne auftretender) Sohn heißt Andrea. So weit, so seltsam.

Dass Regisseur Dietrich W. Hilsdorf und sein Dramaturg Norbert Grote keinen Augenblick an Verdi und seinen Librettisten Antonio Somma glauben, ist nicht nur obigen (vom Publikum teilweise mit Kichern aufgenommenen) Zitaten zu entnehmen, sondern durch die gesamte Charakterisierung Riccardos als selbstverliebtem Gockel, der keines tiefen Gefühls fähig ist. Nun ist es aber so, dass Verdi diese Figur auch musikalisch als absolut noble Seele gezeichnet hat, die sich den Verzicht auf die geliebte Amelia abringt. Hier hingegen muss er, für den Maskenball als Frau verkleidet, richtig „gerne“ sterben und sich nach seinem Tod erheben, weil er dem Publikum für seine Zustimmung zu diesem so schön traurigen Tod danken will.

Da stürmen Tom und Sam aus dem Zuschauerraum herbei und erschießen ihn wirklich... Dass ihm Amelia keine Warnung zukommen lassen darf, sondern diese von Oscar verfasst wird, ist ebenso sinnstörend (was soll dann Riccardos Frage „Sei quella dello scritto?“) wie seine Verkleidung als „Mönch“ für die Ulrica- und die Galgenszene und die ganze Komödie um Ulrica, die zu ihren Weissagungen gezwungen wird, weil der König das lustig findet. Es gäbe noch auf viele unsinnige Szenen hinzuweisen, doch ist eine solche Aufzählung ohnehin sinnlos, denn schon diese wenigen Zitate sollten geklärt haben, in welche Richtung diese Interpretation geht (was mich am meisten wurmt, ist, dass das wunderbare Liebesduett, eines der schönsten der gesamten Opernliteratur, in solchem Rahmen seinen Sinn verliert).

Ein Beispiel für unsinnige „Einfälle“ will ich noch geben: Im 1. Akt treten die Verschwörer als Damen verkleidet mit Lockenperücken und Krinoline auf, was natürlich nicht gleich zu erkennen ist: Man stelle sich die Wirkung vor, wenn aus den über großzügigen Dekolletees gelagerten Mündern bassestiefe Klänge kommen... (Und ich will nicht erklärt bekommen, dass die Rhythmen dieses Bildes mit Offenbach oder überhaupt Operette zu tun haben, dem ist nämlich nicht so).

Musiziert wurde zum Glück auf hohem Niveau: Matteo Beltrami hatte die hervorragend disponierten Essener Philharmoniker auf Original-Verdistil eingeschworen und entlockte dem Orchester die spritzig-süffigen Klänge des Beginns ebenso wie den sinnlichen Ton des Liebesduetts und die herzzerreißend schmerzliche Einleitung zu Riccardos großer Verzichtsarie. Der von Patrick Jaskolka einstudierte Chor des Hauses schlug sich wacker (die einzige wirklich gut gemachte Szene zeigt die Verschwörer, die sich langsam und bedrohlich der verängstigten Amelia nähern). Hier soll auch Carolin Steffen-Maaß lobend erwähnt werden, die die szenische Leitung der Wiederaufnahme hatte. Bühnenbild und Kostüm des vielbeschäftigten Johannes Leiacker waren in diesem Rahmen nicht sonderlich originell (höchstens, wenn man es originell findet, dass neben dem in Damenkleidern sterbenden Riccardo Amelia als Mann verkleidet steht).

Als Riccardo machte Michael Wade Lee tapfer alle Zumutungen der Regie mit und holte aus seinem nicht gerade edel timbrierten Material das Maximum heraus. In Katrin Kapplusch hatte Amelia eine sehr versierte Interpretin mit vor allem schön timbrierter Mittellage und Höhe gefunden, die nur in extremen Lagen leicht schrill wurde. Luca Grassi litt darunter, dass sich der Regisseur offenbar nur für Riccardo interessiert hatte, sodass seine Darstellung recht unscheinbar ausfiel. Seine stimmliche Leistung war solide und konnte auch durch einen „Frosch“ in den einleitenden Takten von „Eri tu“ nicht wesentlich getrübt werden. Christina Clark war ein szenisch und stimmlich wendiger, sympathischer Oscar. Als Silvano fiel Georgios Iatrou positiv auf; sicher und gut aufeinander abgestimmt erklangen die Stimmen von Bart Driessen (Sam) und Baurzhan Anderzhanov (Tom). Der Ulrica Ieva Prudnikovaite hatte die Regie jegliche Möglichkeit der Profilierung genommen; stimmlich bot sie eine anständige Leistung. Es ergänzten René Aguilar als Primo Giudice und Sang Yun Lee als Diener Amelias. Während des Balls drehte der golden bemalte Tänzer Nour Eldesouki unter der Bezeichnung „Il divino con la palla“ seine unerklärlichen Runden.

Das Publikum reagierte stoisch auf die Regie, sehr herzlich gegenüber den Sängern und einigen Bravorufen für den Dirigenten.

Eva Pleus 16.12.15

Bilder: Saad Hamza / Aalto-Musiktheater

 

 

MADAMA BUTTERFLY

WA 5.9.2015

Exemplarisch spannende Kult-Inszenierung

VIDEO

Es gibt Inszenierungen, da hat man das Gefühl, daß die Ratten und Mäuse auf der Bühne direkt dem Delirium Tremens eines provozieren wollenden Regisseurs entsprungen zu sein scheinen. Wenn sich nach Jahren dann das Publikum nicht mehr ärgert und auch die obligaten Buhrufe ausbleiben, sprechen nicht wenige Kritiker dann von "Kult" - es gibt aber auch Produktionen modernen Regietheaters, die von hinten bis vorne - also bis ins kleinste Detail fein ausziseliert - durchdacht und wirklich "werktreu" sind. Sie blühen oft im Verborgenen, wie z.B. die kongeniale AIDA von Dietrich Hilsdorf, die im Essener Aalto schon seit über 15 Jahren im Repertoire ist und wie ein guter Rotwein eigentlich von Jahr zu Jahr wertvoller wird und immer noch sowohl von den Fans, als auch den Newcomern und jungen Operngehern herzlich bejubelt wird. Bitte liebe Musiklehrer, schickt Eure Schüler in diese Produktion, ein besseres und überzeugenderes Beispiel für exemplarisches Musiktheater gibt es kaum hierzulande.

Gleiches gilt für Tilmann Knabes einfach begnadet gute Produktion von Puccinis  MADAMA BUTTERFLY (Premiere 21.April 2011) - immer wieder sehenswert.

Sie wird zu Recht als "Kult" nicht nur gepflegt, sondern auch vom Publikum (selbst dem konservativen) mittlerweile anerkannt. Ein Juwel, geradezu ein Kleinod von gelungenem Musiktheater; spannend von der ersten bis zur letzten Minute (was bei einer Butterfly zugegebener Maßen sehr selten erlebbar ist), wobei sogar das Finale nach dem Selbstmord der Butterfly hier noch nicht endet; alles Bilder, die sich ins Gedächtnis einbrennen.

Lassen Sie sich diesen tollen Abend nicht entgehen, auch wenn Ihnen als "Insider" vielleicht der Name des Regisseurs ein wenig Schauder über den Rücken jagt  auch angesichts der letzten WA in Essen mit seiner blutrünstigen Turandot. Ich verspreche Ihnen, liebe Opernfreunde, das ist die mit Abstand beste Inszenierung, die Tilmann Knabe auf die zurecht so genannten Bretter, welche immer noch die Welt bedeuten bisher gesetzt hat.

Sie ist gerade durch ihre Modernisierung nicht nur berührend und ergreifend, sondern gerade in unseren heutigen Tagen immer noch mehr als aktuell. Möge sie uns noch lange erhalten bleiben, trotz der etwas zurückhaltenden Besucherzahlen der WA, aber so etwas ist in Essen Usus. Die Ruhrgebietler sind ein tolles Publikum, aber bis sie ihre tollen Opernhäuser wieder in altgewohnter Manier stürmen, braucht es nach den Theaterferien immer eine gewisse Augfwärmzeit. Ich hoffe inbrünstig, daß meine ausgesprochen euphorische Besprechung diese etwas verkürzen kann...

Musikalisch und gesanglich ist ein besonderes Qualitätskriterium des Aalto Theaters, daß man auch die Wiederaufnahmen stets hegt und pflegt und nicht, wie an anderen Häusern öfter erlebt, lieblos dahinschludert.

Mit Matthew Halls debütiert quasi - obwohl er schon Ariodante dirigiert hat - ein vielversprechendes englisches Dirigententalent, das sich schon in jungen Jahren internationalen Ruhm erworben hat. Er ist eine verheißungsvolle Entdeckung ebenso, wie die Besetzung der Suzuki, die Niederländerin Karin Strobos, eine kultivierte Stimme mit viel Potential; man sollte sich ihren Namen merken.

Von der alten Premierenbesetzung (die man dankenswerter weise noch auf der letzten Seite des schönen Programmheftes, mit vielen Bildern, abgedruckt hat) blieben anno 2015 noch zwei großartige Musiktheaterdarsteller GsD erhalten; beides nicht nur langjährige zuverlässige Stützen des Aalto, sondern hier in dieser Inszenierung auch von tragender Rollenfunktion.

Zum ersten Rainer Maria Röhr, der den Goro als dermaßen schmierigen Zuhälter darstellt, daß ich ihn höchst qualitätssteigernd in dieser Rolle auch in jedem Tatort einsetzen würde und der grandiose Mikael Babajayan >>>>>>

als versoffener Konsul mit Herz. Beide mit nicht nur wunderbarer Stimmführung, sondern auch exemplarische Musiktheater-Darsteller. Es würde sich ein besuch des Abends schon alleine für diese beiden tollen Künstler lohnen...

In den Hauptpartien erlebt man mit Sandra Janusaite (Cio-Cio-San) eine selbst im dramatischen Fortissimo Puccinischer Höchstanforderungen stimmsichere Nachwuchs-Dramatische, die sich in Essen schon als Jenufa, Mimi, Tatjana und Liu bewährt hat - demnächst werden wir sie auch als Rusalka sehen.

Mit der Besetzung des gerade einmal dreißigjährigen russisvchen Tenortalents Alexey Sayapin zeigt das Besetzungsbüro nicht nur ein glückliches Händchen, sondern auch Mut zu Neuem, denn für den jahrelang überragenden schon fast idealen Puccini-Tenor Zurab Zurabishvilli einen gerechten Nachfolger zu finden, war sicherlich kein leichtes Unterfangen - gehören selbige doch heutzutage zu einer raren Spezies. Sayapins noch sehr metallischer klingender aber schon recht höhen- und fortissimo-sicherer Tenor ist noch ein vielversprechendes work in progress. Die Comprimarii überzeugen ebenso, wie der gewohnt sehr gut geführte Opernchor des Theaters (Alexander Eberle).

Die szenische Leitung der Wiederaufnahme, Marijke Malitius, hat hervorragend gearbeit, denn in den vier Jahren seit der Premiere ist fast kein wichtiges Detail verloren gegangen. Das vergessene Einbringen der Gucklöcher in den Paravant, während des Summchores, fiel nur dem Kritiker auf ;-)...

Ein schöner Saisonbeginn in Essen, wobei der Blick auf die 12 WAs eine schöne Perspektive auch abseits der nur fünf Premieren bietet. Essen scheint auch in dieser Saison immer eine Opernreise (auch für opernfrustrierte Kölner ;-) wert.

Peter Bilsing 6.9.15

Bilder noch von der 2011-er Premiere (c) Aalto

 

 

 

DIE WALKÜRE

WA am 21.2.15

Hilsdorfs Kammerspiel

Video

Nach der von der Presse hoch gerühmten Inszenierung von Richard Wagners Oper Die Walküre 2009 durch Dietrich W. Hilsdorf am Aalto-Musiktheater Essen war am vergangenen Samstag eine umjubelte Wiederaufnahme zu erleben. Damals noch unter der musikalischen Leitung des langjährigen Generalmusikdirektors Stefan Soltesz. Jetzt – sechs Jahre später – hat eine neue Generation die Geschicke des Hauses in die Hand genommen. Wer wollte, konnte das auch hören.

Wiederaufnahmen haben in der Regel vor allem deshalb einen besonderen Reiz, weil neben den altbewährten aus der alten Inszenierung nun neue Stimmen zu hören sind. Der  Reiz dieser Stimmen muss sich aber auf der Wideraufnahmebühne und im Orchestergraben neu beweisen. Jung und neu allein reicht nicht aus.

Die Aufführung schloss nicht nur in applaudierender Zustimmung dort an, wo sie zur Premiere vor Jahren aufgehört hatte. Unter der musikalische Leitung von Generalmusikdirektors Tomáš Netopil war eine vom Orchestergraben ausamtende, konzise Klangdynamik bis auf die Bühne zu den Sängern und Sängerinnen zu spüren und zu hören. Brauchte das Orchester einige Zeit, um aus einem eher schwerfälligen Tempo aufzuwachen, glänzte es danach mit temperiertem Charakter, insbesondere mit subtil intonierter Wotan-Motiv-Hintergründigkeit.

Jeffrey Dowd (Siegmund) und  Egils Silins (Wotan) als Premiere-Protagonisten bildeten zusammen mit den Neuen, den Wiederaufnahme-Sängern  Katrin Kapplusch (Sieglinde), Tijl Faveyts (Hunding), Rebecca Teem (Brünnhilde) und Ursula Hesse von den Steinen (Fricka) eine überzeugende Wagner-Gesangs-Gemeinschaft.

Das ist insofern durchaus bemerkenswert, weil Hilsdorfs kammerspielartige Inszenierung eine dramaturgisch zweigeteilte ist. Bis Mitte des zweiten Aktes hat sie eher den Charakter einer konzertanten Aufführung. Einzig das aktionistische Hin und Her von Hunding mit seinem Gewehr belebt und entlastet die spielerisch karge Wagnersche Opernvorlage. In langen, rezitativ-ähnlichen Gesangspartien wird die dramatische Walküren-Geschichte in Wagners  eigenartig und eigensinnig verschrobelter Textsprache erzählt.

Das inszenatorische Angebot bis dahin vertraut überwiegend auf die Gesangskultur der Stimmen. Die Konzentration auf die Musik von Orchester und Solisten ist auch das Grundmoment der Inszenierung. Diese sängerisch dominante Phase der Inszenierung bot die Möglichkeit, die einzelnen Stimmen ohne Wenn und Aber zu hören. Der Bass von Tijl Faveyts hatte eine auch in den tiefen Lagen hellgefärbte, in den Mittellagen gleichwohl klare Artikulation. Faveyts Bass hat eine voluminöse Klangschönheit, die alleinstellungsverdächtig ist.

Strahlend mit sonorem Timbre sang Egils Silins die umfängliche Partie des Wotan,  nicht nur ohne Konditionsmängel zu offenbaren, sondern bis zur abschließend behaupteten Kampfbereitschaft (an Loge) mit großer Überzeugungskraft: Wer meines Speeres Spitze fürchtet, durchschreite das Feuer nie!

Souverän entlarvte Ursula Hesse von den Steinen mit ihrem dunklen, warmen Mezzosopran Fricka, die sich in ihrem gnadenlosen Handeln göttlich legitimiert fühlt, als Überzeugungstäterin.

Die Sopranistinnen Rebecca Teem als Sieglinde und Katrin Kapplusch als Brünnhilde verkörperten zusammen die Frauen in ihrer von Wagner zugedachten, funktionalen Reduktion im Machtspiel der Götter: Mittel zum Zweck zu sein.

Mit Siegmunds ahnungsvollem Blick in die Zukunft am Ende des ersten Aktes So blühe denn Wälsungen-Blut! nimmt die Geschichte, von manchem auf ein Inzestspektakel verkürzt, ihren mythisch überhöhten Lauf. Natur und Kultur, zwischen Fricka und Wotan dialektisch verschränkt,  werden zu Fixpunkten, an denen sich die Machtgeister und damit Wagners Implikationen des Freien scheiden.

Nach dem konzertanten Anlauf nahm mit der zweiten, dramaturgisch spielerischeren Phase die Inszenierung Fahrt auf. Hilsdorf hielt sich dabei wortgetreu nahe den dramaturgischen Hinweise, die Wagner der Partitur vorangestellt hat: Rechts auf der Bühne ein Herd; eine Esche, die ein Dach stützt; im Hintergrund eine Eingangsthüre; links die Thüre zu einem inneren Gemach.

So detailgenau der Bühnenaufbau (Bühne: Dieter Richter) Wagners Anweisungen folgt, so gegenwärtig ist seine Wirklichkeit nach Hilsdorf. Der Stamm der Esche wird nach oben zu einer tragenden Säule. Statt eines schlichten Wohnraums ist eine heruntergekommene Eingangshalle einer Industriellenvilla zu sehen. Hunding schwingt kein Schwert mehr; dafür aber ein Gewehr. Die ganze Zeit waberte über die Bühne Unheil verheißender Nebel. Der Todeshauch der Götter-Walküren-Welt erreichte die Gegenwart.

Als Opfer der gehabten Machtspiele bleibt der Mensch Hundig, als Toter wie in einem Wachsfigurenkabinett auf der Bank mahnend und beobachtend bis zum Schluss sitzen. Als ob sich Wotan seine dunkle Ahnung In eigner Fessel fing ich mich: ich unfreiester Aller (2.Akt) selbst bestätigten wollte, setzte er sich im Angesicht des Brandfeuers, das er um Brünnhilde verdammend entzündet hatte, den Schlapphut Hundings im Abgang auf.

Nachdem er Brünnhilde aus dem Walküren-Clan verstoßen hatte – Walküre bist du gewesen; nun sei fortan, was du so noch bist -, wurde ihm klar, selbst zum Opfer in einem bösen Spiel instrumentalisiert worden zu sein.

Wenn die Kunst genau da an fängt, wo das Leben aufhört, wo nichts mehr gegenwärtig ist, wie Wagner in einem Brief an Liszt formuliert und weiter argumentiert, da rufen wir in der Kunst: ich wünschte…, dann hat Hilsdorf mit seiner Inszenierung dahin gezielt, wo es weh tut. In einer komplex organisierten und global und medial vernetzten Welt sind die Übergänge vom Täter zum Opfer und umgekehrt fließend. Sei fortan, was du so noch bist. Wie, muss jeder für sich herausfinden.

Peter Rytz 24.02.2015

Bilder : Thilo Beu

 

 

TURANDOT

als beklemmend aktuelles faszinierendes Musiktheater

WA-Premiere am 17.1.15 (UA-Premiere am 23.9.2007)

Kultinszenierung von Tilmann Knabe

(Bilder von der UA-Premiere)

Gut Ding will Weile haben - sagt ein deutsches Sprichwort. Also musste die TURANDOT-Inszenierung von Tilmann Knabe aus dem Jahre 2007 eine recht lange Zeit reifen. Reifen in Vergessenheit. Reifen, wie ein guter Rotwein, dessen Qualität man erst nach Jahren zu schätzen weiß. (Ich denke da auch an den Jahrhundertring von Patrice Chereau!) Die Essener hatten damals die hochspannende Geschichte noch teilweise ausgebuht; zu blutig, zu brutal, zu aktuell schien sie für einige gewesen zu sein. Blutige Lemuren geistern alptraumhaft durch die Katakomben des Olympiastadions - oben wird gefeiert, unten wird gemordet und gefoltert. Wer schöngeistiges Folklore-China oder Märchenhaftigkeit erwartete, wurde brutal enttäuscht.

Obwohl sie schon damals - ein Jahr vor den Olympischen Spielen in China - ziemlich brisant und zeitkritisch war, hat die Produktion heuer nichts an Spannung und fast atemberaubender Aktualität verloren; daher wurde die gestrige Wiederaufnahme (schon in der Pause!) bejubelt, als habe Conchita Wurst gerade den Grand Prix fürs Essener Aalto gewonnen. Völlig zurecht, denn was man da im Essener Opernhaus mit einem Riesenaufwand, großem Engagement und wieder detailreich bis in die letzte Puccini-Note feinsinnig umgesetzt, nach den vielen Jahren des Vergessens, wieder ausgegraben hatte, war einfach grandios. Daher erst einmal ein dickes Lob an die Regieassistenz (ein Stern für Carolin Steffen-Maaß und ihr Team ;-) und alle anderen, die hier mit soviel Liebe dieses Werk neu aufleben ließen. Was für ein grandioser Chor & Extrachor! Bravo, bravissimo. Auch Chorleiter Alexander Eberle hatte mal wieder Großes geleistet. Selten empfindet man als Kritiker an Opernhäusern, daß eine WA vielleicht sogar noch besser wirkt, als die UA.

Mit Sicherheit lag es auch mit an dem tollen Sängerteam, welches einfach diesen schwierigen Puccini nicht nur beseelt sängerisch, sondern auch famos darstellerisch (was bei solch einer Rampen-Stehoper schon einer Quadratur des Kreises gleichkommt) rüber bringt:

Katrin Kapplusch (Turandot) und Michael Wade Lee (Kalaf) erklimmen relativ sicher höchste Höhen und brillieren immer noch einigermaßen textverständlich. Beides eigentlich mörderische Partien für Sangsmonster, mit denen man, ohne Stimmbänder aus Stahl und intelligent eingesetzter Technik, seine Stimme eigentlich nur ruinieren kann - besonders, wenn das erschlagende Orchester auch noch im Fortissimo alles zudröhnt. Dieses lag GsD bei Yannis Pouspourikas in einfühlsamen Händen, so daß selbst das gekürzte Alfano-Finale bei den Essener Philharmonikern nicht in Solistenstimmen-mordenden Radau & Lärm ausartete, sondern auch für zarte Seelen und Ohren noch durchhörbar blieb; ohne auf Grandezza und finale Jubelpracht allzu sehr zu verzichten. Eine solch - im positivem Sinne gemeint - ausgesprochen sängerfreundliches Dirigat dieses Werkes hört man selten.

Auch habe ich selten ein so gutes und gesanglich perfekt zusammenpassendes Ping-Pang-Pong-Trio erlebt, wie es Roberto Accurso, Roberto Covatta und Michael Smallwood bildeten. Sie waren wirklich Träger der Handlung. Und wenn sie nach dem Tod der Liu und dem Fallen des Vorhangs auf der dunklen Vorderbühne in herrlichem Italienisch parlierend über den Fortgang der Oper, wie Fußballfans über ein Spiel von Inter Mailand debattieren (Nieder mit Toscanini! - wir wollen weitermachen! - das Publikum wünscht es! - Blödsinn! -her mit Alfano! - Oder besser Berio? - Nein Buh! - aber welchen Alfano? - natürlich den großen! - das ist zuviel für die Sänger! - dann eben den kleinen - das ist zuwenig!...) wo sich dann der Dirigent stringent einmischt "Wir spielen jetzt den gekürzten Alfano - Basta!" dann ist das einfach ein köstliches verbales Zwischenspiel, so brillant wie unterhaltsam.

Weiter ergänzen diese tolle Sängergarde mehr als überzeugend Nicolai Karnolski (Timur) und John Pickering (Altoum) - last but not least feierte das Publikum Sandra Janusaite zurecht als eine in jedem Detail überzeugende Liu.

Zur Inszenierung möchte ich wg. der Hochspannung nicht allzu viel verraten, aber wer eine bunte Ausstattungsorgie im märchenhaften Seidenkleiderambiente oder gar ein kindisches Märchen erwartet, dem sei vom Besuch abzuraten - dafür gibt es auch heute immer noch die Arena di Verona, die MET oder die Wiener Staatsoper - um nur einige Opern-Museumstempel zu nennen.

Noch eine Bitte, liebe Operneltern, dies ist kein Kinderstück! Kein Kindermärchen! Das sind nebenbei bemerkt natürlich die Splatter-Märchen der Brüder Grimm im Original auch nicht, wo Menschen verstümmelt, verbrannt, ihrer Gliedmaßen amputiert oder brutal getötet werden. Also jammern und schimpfen Sie bitte an der richtigen Stelle. Merke: Die meisten Märchen waren ohnehin für Erwachsene geschrieben bzw. erfunden worden.

Tod unterm Olympiastadion hatte ich damals, ein Jahr vor den Olympischen Spielen in China, meine Kritik betitelt. Sie ist heute noch unter die Haut gehend aktuell, denn auch im heutigen China werden noch die meisten Todesstrafen dieser Welt vollstreckt (Amnesty International spricht von vierstelligen Zahlen), vegetieren hunderttausende in Arbeitslagern, werden Menschen zwangsausgesiedelt, gefoltert oder verschwinden spurlos. Nur heute gilt China eben nicht mehr als "Schurkenstaat", weil sich die meisten unserer erstklassigen hochwertigen Autos verkaufen. Ohne China-Exporte wären BMW, Mercedes und VW längst pleite! Also bitte ruhig Blut verehrte Gutmenschen und Moralapostel!

Warnung: Bitte lesen Sie jetzt nicht weiter, wenn Sie die Produktion noch besuchen wollen, denn es folgt ein kleiner Spoiler, den ich aber nicht unterdrücken kann, um meine Kritik gebührend abzuschließend.

Immerhin findet Tilman Knabe eine überzeugende, schon fast geniale Lösung für das alte Turandot-Finaltrauma. Zum choralen Volks- und Jubelgesang "Amor! O sole! Vita! Eternità! Luce del mondo e amore! Ride e canta nel sole l'infinità nostra felicità! Gloria a te! Gloria a te! Gloria!" hält Kalaf seinen gerade geborenen Sprössling, wie weiland Mufasa im König der Löwen, mit ausgestreckten Armen der jubelnden Menge entgegen, der Chor hat sich unters Auditorium gemischt (!), während die junge Mutter Turandot - nun definitiv bezwungen - dem Wahnsinn verfällt. Wow! Was für ein begnadetes Ende! Was für eine hochqualitative Aufführung!

Peter Bilsing 18.1.15

Bilder: Aalto Essen / Jörg Landsberg 2007

 

P.S.1

Leider gibt es nur noch zwei Termine, nämlich 1./6. Februar, wenn sich die Direktion nicht erbarmt... Und das ist traurig, denn diese Inszenierung geriert zum KULT. Man muß sie einfach noch weitere Jahre pflegen, wie die legendärer Hilsdorf-Aida.

P.S.2

Wir werden dieser exemplarischen Musiktheater-Produktion natürlich den Opernfreund-Stern verleihen, wenn Kollege Steinbach dem noch ergänzend zustimmt

 

 

 

L’ELISIR D’AMORE

Wiederaufnahme 16.1.2014   (Premiere 2.7.2011)

Sanatorium für Nemorino

Dem in den letzten Jahren immer stärker gewordenen Zwang zur Verlegung des originalen Opernplots in ein unvorhergesehenes Ambiente wollte sich Regisseur Andreas Baesler offenbar auch nicht entziehen, und so fand die in bäuerlichem Milieu spielende Geschichte des Meisterwerks von Gaetano Donizetti in einem Sanatorium statt. Die Marschrichtung der Produktion wird durch die Umbenennung des dramma giocoso in opera comica schon vorgegeben, denn Blödelei steht in dieser Auslegung weit über Poesie und auch Dramatik. Baesler hatte seine Inspiration aus dem Roman „Willkommen in Wellville“ von Thomas Coraghessan Boyle bezogen, in dem das von John Harvey Kellogg (dessen Name als Erfinder der Cornflakes in die Geschichte der menschlichen Ernährung eingegangen ist) in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts gegründete „Sanitarium“ (sic!) „Battle Creek“ beschrieben wird.

So hat hier der (von Alexander Eberle ausgezeichnet einstudierte) Chor als Sanatoriumsgäste Turnübungen und Wassertreten auszuüben, Belcore ist ein in Adina, die Besitzerin des Instituts, verliebter Gast, Dulcamara hält einen Vortrag über das von ihm gebraute Colagetränk. Grundsätzlich kann das funktionieren, aber Witz und Esprit fehlen, wenn die erheiternden Momente aus einem Belcore in langen Unterhosen oder einer Giannetta bestehen, die sich von einem Drachen von Krankenschwester in ein Pinup-Girl in rotem Body verwandelt; ebenso übertrieben wird die Wirkung eines Elektroschocks (der bei Kellogg tatsächlich zum Einsatz kam) an Nemorino dargestellt. Besonders geschmacklos sind die Nachttöpfe, die Nemorino einzusammeln und vor der sich ekelnden Adina zu schwingen hat. Umgekehrt wird die zum Schmunzeln einladende Barkarole Dulcamara-Adina zu Beginn des 2. Akts völlig verschenkt. Das Bühnenbild von Harald Thor zeigt die Eingänge verschiedener Gästezimmer und lässt sich elegant verschieben. Die Kostüme (Gabriele Heimann) entsprechen dem jeweiligen Stand der Figuren (Nemorino ist als Liftboy gekleidet). Für recht stimmungsvolles Licht sorgte Manfred Kirst, Sascha Krohn hatte die szenische Leitung dieser Wiederaufnahme inne.

Stimmlich waren Tenor und Sopran trotz kleiner Einschränkungen ihren Bariton- bzw. Basskollegen vorzuziehen. Der Marokkaner Abdellah Lasri verfügt über auffallend schönes Material, das er auch geschmackvoll einsetzt. Zu wünschen wäre ein abwechslungsreicherer Umgang mit der Phrasierung und das Vermeiden unpräziser Einsätze. Was seinem Nemorino an Charme fehlte, hatte die Adina der Slowakin Simona Saturová reichlich. Ihre Koketterie war nie verletzend, und recht rasch wurde ihr klar, welchen Schatz sie in ihrem naiven Anbeter hatte.

Gesungen hat Saturová mit recht geläufiger Gurgel, aber leider völliger Textunverständlichkeit. Das war aber nichts im Vergleich zu der Behandlung, die Heiko Trinsinger (Belcore) der italienischen Sprache angedeihen ließ. Ist im Aalto-Theater dafür gar kein Coach vorgesehen? Ansonsten donnerte der Bariton einen gut aufgelegten Sergeant. Als Dulcamara war der Russe Roman Astakhov in letzter Minute eingesprungen (in eine Inszenierung, die ihm allerdings bekannt war). Er spielte den Quacksalber sehr wendig und im Grunde sympathisch, hielt sich stimmlich bis zum Schlussbild recht gut, um schließlich vokal und musikalisch recht unpräzise zu werden. Als übereifrige Giannetta neigte Christina Clark zu übertriebenem Klamauk.

Am Pult der Essener Philharmoniker stand erstmals der junge Italiener Matteo Beltrami, der vorführte, was solides Handwerk ist, indem er die diversen Ausrutscher seiner Sänger souverän abfing und den Stellen, an denen es keine Probleme gab, mit Hilfe des ausgezeichneten Orchesters, aus dem ich vor allem die Holzbläser hervorheben will, verführerischen Glanz verlieh.                                                                                                          

Eva Pleus  20.1.14                                          Bilder: Aalto Theater

 

 

 

 

TRISTAN UND ISOLDE

10. November 2013

Meisterdirigent mit Weltkarriere wieder in NRW

Am Aalto-Theater in Essen, seiner langjährigen erfolgreichen Wirkungsstätte, hat Stefan Soltesz alle Gastengagements abgesagt, auch für drei Aufführungen von „Tristan und Isolde“ in der hochgelobten Inszenierung von Barrie Kosky  aus Dezember 2006. Da war es für das Theater und die Besucher gleichermassen ein grosses Glück, daß Peter Schneider die musikalische Leitung dieser Aufführungen übernahm. Älteren ist er noch von seiner Tätigkeit an der Deutschen Oper am Rhein bekannt, vor allem mit Mozart und Wagner, inzwischen hat er an den meisten grossen Opernhäusern dirigiert und ist Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper.  Bayreuth-Besucher erinnern sich unter anderem dankbar, wie  sein mitreissendes Dirigat von „Tristan und Isolde“ der spröden Inszenierung von Marthaler musikdramatisches Profil verlieh.  Dies wußten grosse Teile des Publikums der ersten dieser Vorstellungen in Essen am vergangenen Sonntag  zu schätzen, denn der Begrüssungsapplaus für Peter Schneider dauerte ungewöhnlich lang.

Gleich das Vorspiel – erfreulicherweise bei geschlossenem Vorhang – geriet zu einer symphonischen Dichtung, behutsam langsam beginnend, sehr transparent für alle sogenannten „Nebenstimmen“, dynamisch sich steigernd  bis zum grossen leidenschaftlichen Höhepunkt, um dann zum Beginn des I. Aktes bereits jetzt fast hoffnunglos mit den tiefen Streichern zu enden. Als weitere Beispiele seien genannt das markante Staccato der Bläser im I.Akt nach „Herr Tristan trete nah“ sowie die rauschhafte Tempo- und Ausdruckssteigerung bereits zum Ende dieses Aktes. Rhythmisch sehr exakt spielten die Hörner der Jagdgesellschaft zu Beginn des II. Aktes. Und natürlich genoß man  „liebestraumhaft“ das grosse Duett im II. Akt. Ganz sonor und volltönenend klangen die Streicher zu Beginn des III. Aktes  mit der folgenden nötigen Rücknahme des Klangs  für die Darstellung der Weite des Meeres. Auch der Übergang von der ausdrucksvoll vom Englisch-Hornisten Andreas Gosling gespielten „alten Weise“  zu den tiefen Streichern war ein kleiner musikalischer Höhepunkt.   Selten hörte man die Streicher so leise wie nach Tristans „göttlich ewges Urvergessen“, da Wagner hier das einzige ppp im Tristan vorschreibt. Die  Essener Philharmoniker folgten bestens, auch in allen Soli, den Anregungen des Dirigenten.


Wo notwendig dämpfte er den Sängern zuliebe den mächtigen Orchesterklang. Das nutzte  vor allem dem Tristan von Jeffrey Dowd. Seit er vor sieben Jahren, obwohl kein eigentlicher Heldentenor, sich zum ersten Mal an die Partie wagte, hat er enorm an Sicherheit und Einteilung seiner stimmlichen Mittel zugelegt. Natürlich schonte er seine baritonal timbrierte Tenorstimme im I. Akt und, soweit mit einer Isolde wie Evelyn Herlitzius  möglich, auch im II. Akt. Das lohnte er mit schönen Legatobögen etwa im II. Akt „Das Land das Tristan meint“ oder im III. Akt „Wie sie selig..“ So planvoll dosiert blieb ihm genügend Stimmkraft , um die Fieberausbrüche Mitleid erregend und treffsicher in den Spitzentönen zu bewältigen. Wie gewohnt hochdramatisch in Gesang und Darstellung ging Evelyn Herlitzius völlig in der Gestaltung der Isolde auf, gleich im I. Akt legte sie richtig los, Wut, Verzweiflung, Enttäuschung, aber auch Ironie ausdrückend. Dabei klang ihre Stimme am schönsten in der Mittellage und, wenn gefordert, darunter, während bei Spitzentönen ihr Temperament sie manchmal zum Forcieren verleitete.

Der  Kurwenal von Heiko Trinsinger ist schon soviel bewundert worden, daß man nur bestätigen muß, in Gesang, Textverständlichkeit und Spiel kann man sich diese Partie nicht besser vorstellen. Während die erwähnten drei Sänger seit der Premiere 2006 dabei waren,  übernahm die Brangäne nunmehr Martina Dike, die die Partie treffsicher in Spitzentönen, gut fokussiert in der Mittellage und weitgehend textverständlich gestaltete. Wunderschön gehalten sang sie die „Hab Acht“ - Rufe Vom Timbre her war ihre Stimme dem Sopran von Isolde sehr ähnlich, was bei den Duetten der beiden die unterschiedlichen Charaktere ein wenig verwischte.  
Ante Jerkunica sang mit gut fokussierter sonorer Baßstimme den König Marke, die grosse Verzweiflung über Tristans angeblichen Verrat glaubte man ihm aber nicht so ganz,  Mateusz Kabala sang genau und spielte bösartig den Melot. Die kleineren Partien waren rollengerecht besetzt, wie in der Premiere sang Thomans Sehrbrock den Steuermann, war Rainer Maria Röhr.  eine Luxusbesetzung für den „jungen Seemann“ . Den Hirten sang passend Albrecht Kludszuweit. Der Männerchor, einstudiert von Alexander Eberle, tönte mächtig und rhythmisch exakt aus der Höhe, in dem kleinen nach vorne offenen Würfel, in dem sich bis kurz vor Schluß das Geschehen abspielt, hätte er ja auch keinen Platz gefunden.

In diesem Würfel (Bühne Klaus Grünberg) wird es ohnehin eng, wenn mehr als zwei Personen  auftreten, seinen eigentlichen Sinn erfährt man im grossen Liebesduett des II. Akts, wo er sich erst langsam und dann immer schneller dreht, bis er bei „Rette dich Tristan“ auf dem Kopf zum Stehen kommt. Da die Sänger der beiden Hauptpartien nach so vielen Aufführungen dabei  singend  auch perfekt die körperliche Balance halten konnten, mußte man wieder diese Idee bewundern, wurde hier doch ein sehr passendes Bild für die gemeinsame „Entindividualisierung“ der beiden Liebenden  getrennt von der übrigen Welt gefunden. Überflüssig oder sogar ärgerlich erschien immer noch das Hin- und Hertragen von Morolds abgeschlagenem Kopf im I. Akt – Salome läßt grüssen – oder die Schäfchen zu Beginn des III. Akts. Isoldes Liebestod auf der dann ganz leeren weiten Bühne (ohne Würfel), wenn so dargestellt wie von Herlitzius, war  der rauschhafte  Abschluß dieser grossartigen Aufführung.

Wenn man bedenkt, daß am Morgen desselben Tages in der Philharmonie Tzimon Barto Bachs Goldberg-Variationen spielte, und dort gleichzeitig zum „Tristan“ das London Symphony Orchestra unter Valery Gergiev Berlioz spielte, spricht es schon für die Musikbegeisterung der Gegend, daß dieser „Tristan“ fast ausverkauft war. Nach dem verklärenden Schluß und einer Schweigeminute dankte starker Beifall, auch stehend, den Künstlern mit Bravos für die vier Hauptpersonen und natürlich für Meisterdirigent Peter Schneider.

Sigi Brockmann / 12. November 2013                              Fotos: Matthias Jung

 

  

 

TANZHOMMAGE AN QUEEN

WA am 12.10.13

Uraufführung: Staatstheater Wiesbaden 2004               Premiere Essen 2009

"Nichts ist schöner für Tänzerinnen und Tänzer als vor vollem Haus zu tanzen und ein glückliches Publikum zu erleben. Wenn die Menschen auf der Bühne und im Zuschauerraum zusammen harmonieren, ist das auch mein Erfolg."(BvC)

Ach würden alle Choreografen nur so an ihr Publikum denken! Ben van Cauwenberghs wirklich tolle und mitreißende Choreografie - mittlerweile in die halbe Welt verkauft - ist zeitloser Kult. Man wird sie noch in 20 Jahren bringen können, ohne das irgendetwas langweilig, überholt, staubig vermottet oder deja vue wirkt. Dazu ist die Musik zu großartig und die Bildgewalt zu mächtig. Es wird Zeit das Ballett für die Ewigkeit auf DVD zu dokumentieren; vielleicht jetzt, wo die Essener-Ballett-Compagnie sich in einem fabelhaften Zustand befindet. Sehr glaubwürdig und hoch-engagiert realisieren sie in begnadeter Qualität sowohl modernen Tanz, als auch klassisches Ballett, Artistik und das alles noch höchst humorvoll ergänzt mit prachtvollen 50-er Jahre Standart-Tanznummern.

Eine geniale Choreografie, die sich dem Phänomen Queen und ihrem superben und gleichzeitig oft auch skurril outrierenden charismatischen Sänger Freddie Mercury nicht nur auf höchst sensible Weise nähert, sondern ihm geradezu ein Denkmal in Musik und Tanz mit großer Empathie setzt. Die 31 Nummern vergehen, wie im Flug und man könnte nach den knapp zwei Stunden das Ganze gleich nochmals, höchst euphorisch, sich zu Gemüte führen.

Bei "Who wants to live forever" - ein quasi memento mori - bekommen nicht nur sensible Fans feuchte Augen angesichts Mercurys tragischen Endes. Auf geradezu wunderbare Art und Weise skizziert Cauwenbergh die Lebenslinie dieses Mannes, in Liebe, Leid, Trauer, Aufbegehren, Verrücktheit, Groteske und musikalischer Genialität. Da bricht der Good Old Rock´n Roll heraus aus den bürgerlichen Szenarien der Spießergesellschaft, ironisch wird die Krimi-Atmosphäre alter Edgar-Wallace-Filme zitiert oder der Teeni-Weenie-Tanzsalon im Schleuder-Rock´n Roll der Elvis-Zeit; und immer wieder wird auch das Thema der Homosexualität, wie z.B. in einem grandiosen Männer-Pas-de-deux liebevoll ausgetanzt - in hoch-ergreifenden sensiblen Bildern.

Am Ende ragt der Sänger in typischer Pose als gigantisches steinernes Monument aus dem Bühnenboden, als könne der Rocksuperstar die Erdoberfläche noch einmal durchbrechen und aus dem Grabe wieder auferstehen. Was für eine grandiose Bühne hat Bühne Dmitrij Simkin da geschaffen...

Freddie Mercury war ein Idol und ist es geblieben. Idole sterben nicht; vor allem wenn ihnen in dieser Form die Ehre zukommt, zumindest musikalisch, neu zu erwachen.

Was für ein Ballett-Abend! Grandios und sicher mehr als zählbare Sterne wert...

Peter Bilsing /  13.10.13                                            Bilder: Aalto Theater

 

 

 

DIE FRAU OHNE SCHATTEN 

am 21. Juli 2013

Abschiedsvorstellung von Stefan Soltesz

Nun will ich jubeln, wie keiner gejubelt“. Mit diesen Worten stimmt Barak in „Frau ohne Schatten“ die Finalszene der Oper an. Für zwei Aufführungen wurde dieses Werk, welches 1998 am Essener Aalto-Musiktheater in einer malerisch-statischen Inszenierung FRED BERNDTs Premiere hatte, nach etlichen Wiederaufnahmen in den vergangenen Jahren nochmals auf den Spielplan gesetzt. Man darf dahinter einen persönlichen Wunsch von STEFAN SOLTESZ vermuten, denn nach 16 Jahren als GMD und Intendant in Personalunion sollte es wohl ein besonders starker Abgang sein. Obwohl immer die Vielseitigkeit dieses Dirigenten (nota bene auch mit Sympathie für die Operette) hervorgehoben wird, sind es doch vor allem zwei Komponisten, die ihn reiz(t)en: Wagner und Strauss. Letzterer wurde in Essen sogar mit Daphne“ und „Ägyptische Helena“ berücksichtigt.

Stefan Soltesz bezeichnet sich als Fan von „Frau ohne Schatten“. Er brachte auch diesmal das Wohlklängige der Musik zu intensivem Farbglühen und wuchtete die Keikobad-Akkorde mächtig auf. Das Orchester leuchtete. Da der Spieler der Glasharmonika im 3. Akt auf der Seitenbühne postiert war, konnte man den Einsatz dieses höchst seltenen Instruments einmal wirklich akribisch verfolgen. Soltesz bei seinem gestisch prägnanten, dabei stets feinfühligen Dirigat zu beobachten, war ein eigener Genuss. Der Youtube-Mitschnitt einer Konzertaufführung durch das Essener Ensemble 2010 in Garmisch-Partenkirchen lässt das vielleicht ein wenig nachvollziehen.

Etliche Premierensänger waren noch dabei. SILVANA DUSSMANN bot die heiklen Auftritts-Staccati der Kaiserin ausgesprochen locker und ließ ihre vielen Kantilenen nur so dahin gleiten; JEFFREY DOWD, weiterhin unverzichtbarer Tenorrecke am „Aalto“, war als Kaiser neuerlich imponierend. HEIKO TRINSINGER, ALMAS SVILPA und RAINER MARIA RÖHR verkörperten Baraks lärmende Brüder, MARCEL ROSCA – erkennbar ein Publikumsliebling – hatte für den Geisterboten immer noch eine imposante vokale Statur. Die Färberin wäre als Charakter sicher etwas differenzierter vorstellbar als wie bei CAROLINE WHISNANT, aber die Sängerin vermochte eine bestechend gleißende Stimme ins Feld zu führen. Die stärksten Eindrücke indes: DORIS SOFFEL als fast brünnhildenhafte Amme und FRANZ GRUNDHEBER (76), der als Barak mit seiner baritonalen Potenz noch so manchen jungen Kollegen aus dem Felde schlägt. Besonderer Beifall galt natürlich Stefan Soltesz, der sich nach der Vorstellung im Foyer mit einer kurzen, unsentimentalen Ansprache von seinem Publikum verabschiedete. Als Gast wird er dem Hause verbunden bleiben.

Ein Rückblick …Wie weit auch Lust an der Macht im Spiele war, dass Stefan Soltesz gut anderthalb Jahrzehnte an ein und demselben Ort wirkte, bleibe einmal dahin gestellt. In erster Linie dürft ihn das Doppelamt aus künstlerischen Gründen gereizt haben. Es gibt einen Interviewsatz von Soltesz, der sein „Ego“ am konzentriertesten spiegelt: „Ich bin hauptberuflich Dirigent, aber in erster Linie Theatermensch.“ Das lässt auch verstehen, warum er als junger Mensch mit dem Gedanken spielte, Schauspieler zu werden. Aber die Weichen wurden schließlich doch in Richtung Musik gestellt.

Wenige Jahre nach der Geburt von Stefan Soltesz (1949) übersiedelte die Familie von Ungarn nach Wien. Hier erhielt Soltesz sehr bald Klavierunterricht, studierte später an der Musikhochschule der Stadt, u.a. Dirigieren bei Hans Swarowsky. Wichtig wurde auch die Mitgliedschaft bei den Sängerknaben. Die Karriere als Kapellmeister begann 1971 im Theater an der Wien, verlief dann über die Staatsoper (samt den obligaten Aufgaben als Korrepetitor) und Gastauftritten in Graz bis zu den Salzburger Festspielen, wo Soltesz Assistent u.a. von Karl Böhm und Herbert von Karajan war. Seine erste GMD-Stelle fand er in Hannover, woran sich eine Tätigkeit an der Flämischen Oper Antwerpen/Gent anschloss. Danach kam Essen.

In seinem ersten Amtsjahr dirigierte Stefan Soltesz fünf von sieben Produktionen, darunter Ludwig van Beethovens „Fidelio“. Wolf-Dieter Hauschild, bis dahin Chef am Aalto, mochte die provokante Inszenierung von Dietrich Hilsdorf nicht, Soltesz holte sie in den Spielplan zurück. Der Regisseur besitzt in Essen übrigens längst Heimatrecht, seine Arbeiten sind im Laufe der allerdings Jahre milder geworden. Aber das passt durchaus zum Stil des Hauses, denn Soltesz lässt auch die sogenannten „Altmeister“ bei sich arbeiten (Adolf Dresen, Johannes Schaaf, Nikolaus Lehnhoff), obwohl er auf der Bühne grundsätzlich gerne für frischen Wind sorgt. „Nach meiner Erfahrung wurde gerade die Opernszene am pfiffigsten und nachhaltigsten von Quereinsteigern befruchtet.“ Ein solcher war Stefan Herheim nun gerade nicht, gleichwohl ein extrem unorthodoxer Deuter (Bellinis „Puritani“ sowie Mozarts „Don Giovanni“, in Sonderheit zugeschnitten auf die Zerlina der reifen Helen Donath). Auch „Provokateure“ der älteren Generation (Hans Neuenfels, Peter Konwitschny) haben bei Soltesz gearbeitet. Noch bei seiner letzten Premiere am Aalto, Wagners „Parsifal“, unterstrich der Intendant sein künstlerisches Credo mit der Wahl Joachim Schlömers als Regisseur.

Einmal in all den Jahren sah sich Stefan Soltesz genötigt, im Rahmen der allseits grassierenden Finanzkrise das Wort zu ergreifen. Das war 2010. Einer seiner Vorwürfe lautete, dass die Politik „künstlerische Betriebe [allzu sehr] mit kommerziellen Unterhaltungsstätten“ verwechsle und einen „unmittelbaren Zusammenhang zwischen Kulturförderung und Haushaltskrise“ suggeriere. Doch längst steht die Oper in Essen wieder blendend da. Das optisch ungemein attraktive Aalto-Haus (akribisch gebaut nach den ursprünglich schon begrabenen Plänen des finnischen Architekten Alvar Aalto, 1898-1976) kann auf eine kontinuierlich hohe Platzausnutzung verweisen. Das mag weitläufig auch damit zusammenhängen, dass das Publikum mit zeitgenössischem Musiktheater nicht über Gebühr konfrontiert wird. Doch immerhin: bei herausragenden Produktionen in diesem Bereich stand Soltesz persönlich am Pult: Bergs „Wozzeck“ und „Lulu“, Reimanns „Lear“ und Christian Josts „Arabische Nacht“. Diese Uraufführung holte sich Regisseur Anselm Weber 2008 als damaliger Schauspielintendant in den Grillo-Bau, wo die Oper früher einmal beheimatet war.

Die Arbeit von Stefan Soltesz in Essen erfreute sich nicht nur extremer Publikumsgunst (auch von Zugereisten), sondern schlug sich auch in Höchstbewertungen durch die Presse nieder. Immer wieder erhielten Aufführungen, Sänger, die Essener Philharmoniker und nicht zuletzt Soltesz selber „Best“-Noten. Solche Qualitätsspitze konnte freilich nur durch harte Arbeit erreicht werden, was naturgemäß nicht immer in einer entspannten Probenatmosphäre vonstattenging. Soltesz weiß selber um sein mitunter etwas cholerisches Temperament: „Um es mit dem großen George Szell zusagen: Du kannst kein guter Dirigent sein und zugleich ein netter Kerl.“ Nun denn, das ist ein weites Feld. Relevant für den Musikfreund ist letztlich die künstlerische Leistung, und die war in all den Soltesz-Jahren durchwegs exemplarisch (wobei die Konzertauftritte in der dem Aalto benachbarten Philharmonie an dieser Stelle nicht einmal beleuchtet werden konnten).

Attraktiv am Essener Theater war stets das Sängerangebot. Soltesz zog sich ein wunderbares Ensemble heran. Pars pro toto und quer durch die Stimmlagen: Zsuzsanna Bazsinka, Ildiko Szönyi, Jeffrey Dowd, Károly Szilágyi, Marcel Rosca. Hinzu kamen für spezielle Partien namhafte Sänger. Die bereits erwähnte Helen Donath gab nicht nur die Zerlina, sondern darüber hinaus die Aithra in der „Ägyptischen Helena“ an der Seite von Luana DeVol, die auch als Elektra, Färberin und – eigens für Essener Konzertaufführungen einstudiert – Bellinis Norma er erleben war (diese Partie übernahmen auch Karine Babajanian, Michèle Crider und Iano Tamar). Bei Wagners Sachs wechselten sich Franz Hawlata, Wolfgang Brendel, Oskar Hillebrandt, Jan-Hendrik Rootering und Wolfgang Schöne ab. Man könnte seitenlang fortfahren.

Obwohl Stefan Soltesz durchaus Gastspiele annahm und auch häufig im Plattenstudio arbeitete: sein Stammhaus ging ihm vor. Seine Dauerpräsenz am Pult der Essener Philharmoniker war nachgerade unglaublich. Anders hätte die von ihm angestrebte Qualität aber auch kaum gehalten werden können. Und nicht zuletzt dieses hohe Arbeitsethos dankt man Stefan Soltesz. Es wird schwer fallen, sich das Essener Musikleben künftig ohne ihn vorzustellen.

Christoph Zimmermann

 

 

 

TRISTAN & ISOLDE

20. Mai 2013
 
Tristan - vom Tenor zum Bariton
 
Zugegeben – ein Stück Neugier war schon dabei, sich trotz derzeit zahlreicher anderweitiger Aufführungen auch den Tristan in Essen anzuschauen und anzuhören. Spannende insofern, als dass die Premiere von Ende 2006 von der Kritik sehr divergierend beurteilt wurde. Aber immerhin stand der Chef Stefan Soltesz persönlich am Pult, den man ja nicht mehr so häufig in Essen erleben wird.  
So gab es für das volle Haus auch mehr zum Zuhören denn zum Schauen. Klarer Gewinner des Abends waren die grandiosen Philharmoniker, mit vielschichtigem intensivem Wagner-Klang und ausgezeichneten Bläsern; das ist kaum besser zu machen.

Der zweite Star war Heiko Trisinger als Kurwenal, der seine wohlklingend voluminöse Stimme subtil einzusetzen vermochte. Auch Evelyn Herlitzius, weltweit wagnererfahren, konnte mit ihrer hochdramatischen sicheren Stimme schon begeistern, wenngleich ihr etwas weniger Metallklang frommen würde.  

Martina Dike als Brangäne fügte sich kraft- und klangvoll in das Team ein; auch die kleineren Rollen waren stimmlich angenehm besetzt. Klar unterlegen war Jeffrey Dowds als Tristan, der kräftemäßig anfangs noch leidlich mithalten konnte, aber zunehmend von Isolde und im dritten Akt von Kurwenal an die Wand gesungen wurde. Stimmlich von einem engen tenoralen Schmelz zum Bariton-Klang gleitend hatte er Mühe, die Partie durchzustehen; dies auch, weil der Maestro am Pult volle Lautstärke weiterspielen ließ.

 Eher enttäuschend auch die Inszenierung. Das kleine Kästchen mag ja als Schiffskabine durchgehen, aber bei dessen kontinuierlicher 360-Grad-Drehung im zweiten Akt erwischte sich der Rezensent ständig bei der Überlegung, wie die Akteure sich wohl als nächstes bewegen würden oder gar hinknallen, anstatt dass er der Musik zuhörte. Schwach auch das Finale: Tristan in schmutziger Unterwäsche, Isolde muss noch einmal quer über die Bühne rennen, um sich sterbend neben ihre Geliebten zu schmeißen. Dennoch - jubelnder Applaus. Wagner kommt halt immer gut, wenn der Klang stimmt, egal wie!

Michael Cramer                                                      Bild: Aalto Theater

 

Die Hilsdorf-AIDA

WA am 30.4.13

24 Jahre nach der Premiere immer noch aktuell spannend und faszinierend

Wenn sich eine relativ moderne Inszenierung nun bald ein Viertel-Jahrhundert auf dem Spielplan hält, dann kann man, muß man von KULT sprechen. Der immer noch begeisterte Kritiker bestätigt, daß diese tolle Produktion auch nach 24 Jahren nichts von ihrer wirklich sensationellen Bildgewalt und überragend akustischer Wirkung in Form seiner einmaligen Raum-Klang-Installationsverloren hat.

Immer noch verblüfft Leiackers optisch brillante Raumperspektive, die das Innere eine liegenden Pyramide mit fast unendlicher Bühnentiefe suggeriert. Optischer Wahnsinn! Aber auch das perfekte Arrangement dieses Triumpfmarsches von nie dermaßen erlebter Vielfältigkeit und subtil kritischer bösartiger Gesellschaftskritik, kann man einfach nicht vergessen.

So ist diese Produktion nicht nur ein Meilenstein in der Rezeptionshistorie der Oper an sich, wo ich sonst nur noch Neuenfels (Aida, Frankfurt 1980) einordnen würde, sondern auch ein Stück Aalto-Operngeschichte, denn sie ist jetzt schon in die künstlerische Historie dieses Opernhauses eingegangen.

Daß die Memphis-Twins diesmal keinen Sekt mehr an die Zuschauer der ersten Reihe ausschenkten ist in Zeiten knapper Kassen verständlich.

Aus der guten Sängerriege, die jede Essener Wiederaufnahme auszeichnet, möchte ich allerdings Adina Aaron (Aida) herausheben, die für mich am Anfang einer echten Welt-Karriere steht. Schon in Köln erhielt sie minutenlange Standing Ovations - heuer in Essen nahmen die Brava-Rufe und Jubelstürme auch wieder kein Ende. Wer sie noch nicht gehört hat, sollte unbedingt die wenigen restlichen Aufführungstermine nutzen ums diese Traumstimme noch erleben zu können.

Peter Bilsing 

 

 

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