CIMAROSA:

Besuchte Aufführung am 12.08.18 (Premiere am 10.08.18)
Munteres Sommervergnügen
Alle Jahre wieder gräbt die Britzer Sommeroper eine Rarität eines Mozart-Zeitgenossen aus, dieses Jahr besann man sich Domenico Cimarosas. Der Neapolitaner Komponist gehört zu den wenigen Musikschöpfern der Mozart-Zeit, die durch die Jahrhunderte nie ganz aus den Spielplänen verschwanden, allein durch seine ganz inspirierte Opera Buffa "Il matrimonio segreto/Die heimliche Ehe" (1792). Auf Schloss Britz hatte man sich für ein, damals sehr erfolgreiches, Frühwerk "Die Italienerin in London" entschieden, das über mehrere Jahrzehnte über Europas Bühnen tobte; und wohl noch Rossini zu seiner "Italienerin in Algier" inspiriert hatte. Die Handlung ist eine typische Buffa: Die Genueserin Livia ist ihrem englischen Geliebten Lord Aspirin nach London gefolgt, wo sie in der Gastwirtschaft der Madame Brilliant bescheiden lebt.

Zwei weiter Verehrer, der Holländer Mijnheer Sumers und der Spanier Don Pomodoros, bringen neue Turbulenzen, in die sich die gewitzte Wirtin ebenfalls einbringt. Cimarosas Musik erfreut durch sehr viele Ensembles und geht deutlich über jedes barocke Schema heraus. Man spielt die neue Übersetzung von Bettina Bartz und Jürgen Hinz, die vom Sanglichen nicht unbedingt überzeugt, da einige der modernen Worte durch germanische Konsonantenballungen für die Sänger unpraktikabel klingen.
Ansonsten hält man sich in Britz an bewährte Künstler: Stefan R. Kelber sorgt mit dem Festivalorchester für einen beschwingten, reibungslosen Ablauf aus dem Hintergrund der Bühne. Oliver Trautwein inszeniert in der stringenten, wie schlichten Ausstattung von Alexander Martynow, die dabei zweckdienlich und schön anzusehen ist. Trautwein verlegt das originale Wirtshaus der Handlung an einen heutigen Bahnhof, wo die vielen Menschen verschiedener Nationen aufeinandertreffen. Madame Brilliant betreibt hier eine Art Bistro, viele kleine Details unterstützen das moderne Multikulti, was sehr gut zu der turbulenten Handlung passt. Die Personenregie gerät mitunter etwas überdreht, die Gags kommen nicht immer direkt aus dem Geschehen, sondern es wird durchaus nicht an Klamotte und Slapstick gespart; was immer wieder für Lacher aus dem Publikum sorgt.

Perfekt für so ein intimes Sommerfestival ist die Personnage der Oper, die nur aus fünf Figuren besteht, hier ergänzt durch den Schauspieler Björn Wunsch, der in immer neuen Auftritten weitere Lacher provoziert, vom Bobby und dem indischen Strassenkehrer bis zu Harry Potter und der Queen. Die Sänger sind alles gute Bekannte bei der Britzer Sommeroper, man darf nicht gerade die Berliner Staatsoper erwarten, aber die gesanglichen Leistungen überzeugen für diesen Rahmen. Was aber vor allem überzeugt, sind die darstellerischen Qualitäten der Künstler, die sich mit enormer Verve in die teilweise gymnastischen Einlagen schmeissen. Katharina Ajyba gefällt als tugendhafte Italienerin Livia voller Anmut, ihr Sopran gefällt mehr in den tiefen und mittleren Lagen, die Höhen spreizen sich manchmal aus der Intonation heraus. Exzellent die Madame Brilliant von Andrea Chudak, einer Komödiantin vor dem Herren, bombensichere Höhen bei etwas spilleriger Stimmfülle. Der larmoyante Liebhaber, Lord Aspirin, ist nicht unbedingt eine sympathische Figur, was Andreas Elias Post gut abfängt, sein angenehmer Bariton strömt sehr gleichförmig.

Julian Rohdes Tenor hat vielleicht keine großen Dimensionen, doch weiß als Holländer Sumers zu gefallen. Der beste Sänger des Abends ist für mich der Bassbariton Tobias Hagge, der mit sonorem, sicheren Klang überzeugt und zudem ein ganz hinreißender Bassbuffo ist, eine echte "Rampensau", was als Kompliment gemeint ist, dazu. Großer Beifall für ein leichtes Sommervergnügen von (inklusive Pause) zweieinhalb Stunden, genau das richtige für einen heißen Sommernachmittag, zumal man wieder eine unbekannte Repertoirelücke füllen konnte. Nächstes Jahr gerne wieder in Schloss Britz.
Martin Freitag 17.8.2018
Fotos (c) Britz Sommeroper