THE FAIRIES
Im ausverkauften Dehnberger Hoftheater huldigt Wolfgang Riedelbauch bereits zum dritten Mal John Christopher Smith, dem Jüngeren, der nach 1750 als musikalischer Assistent von Georg Friedrich Händel großen Anteil nicht nur an Aufführungen, sondern auch an Überarbeitung der Partituren von Händels Spätwerk hatte. Jetzt fördern Riedelbauchs Ausgräber-Aktivitäten sogar eine Oper von Smith an Land – die erste Vertonung eines Shakespeare Werkes, komponiert für das Royal Theatre Drury in London, tituliert mit „The Fairies“. Aus der Feder des berühmten Shakespeare Darstellers David Garrick stammt das Libretto, das textnah „A Midsummer Night’s Dream“ folgt. Es werden 2100 Zeilen Shakespeare auf eine Textmenge von 1617 eingedampft und 27 Arien mit tänzerischen Formationen umspielt.
Beat Wyrsch führt sein prächtig kostümiertes Team mit einer keinesfalls unschlüssigen Bewegungssprache durch die kunstvoll verknüpften Handlungsstränge. Streng genommen müsste es ja in diesem Zauberwald anarchisch zugehen, gewaltsam, geradezu animalisch. Ist der „Sommernachtstraum“ nicht das erotischste aller Shakespeare-Stücke? In keiner seiner Stücke ist die Erotik so brutal dargestellt. Davon ist hier nicht viel zu spüren, allenfalls ein leichtes erotisches Wetterleuchten mit Umarmungen und sportivem aufeinander Crashen. Mit der szenischen Verwandlung zum stilisierten Wald durch zeltähnliche Gebilde gelingen Evelyn Straulino adrette Bilder – Orte der Verwicklung, die von den Feen spielfreudig, aber auch drastisch genutzt werden. Allerlei burleske Einschübe werden in diesem heillos verqueren Verwirrspiel zur Schau gestellt. Zauberhaft ist das zerstrittene Liebesquartett der affektreich agierenden Hermia von Anne Katrin Steffens und des Lysander, den der counternde Yosemeh Adjei gibt, ferner der Helena, von Ping-Chih Chi charmant und wendig dargeboten. Dieses sängerisch prächtig aufeinander abgestimmte Ensemble trägt lyrische Stimmungen, auch bestimmte Affekte wie wütendes Toben der Liebesqualen im Herzen von Hermia. Klangliche Wirkungen mischen sich mit dem Reiz des ausdrucksvoll den Elfenkönig Oberon profilierenden Markus Simon. Das hohe Paar Titania und Theseus (Corinna Schreiter und Jan Kobow) belebt mit trefflich fokussierten Stimmen die lebensvolle Komödie. Die Figur des Puck charakterisiert provokant Ruth Volpert als fröhlichen Naturgeist, während der Erzähler János Kapitány in Priesterkleidung mit aufgeschlagener Fibel die Ereignisse kommentiert. Wie ausdrucksreich, empfindsam können sich unter dem souverän führenden Wolfgang Riedelbauch diese wundervollen Arien in Tempo- und Affektwechsel entfalten. Die engagiert aufspielende Sinfonietta Franconia lässt Orchesterfarben leuchten und Bläser schmiegsam artikulieren.
Eine ideenreiche Choreographie von Tanja Halenke animiert die Tänzer des Ballettförderzentrums Nürnberg zu wieselflinken Solo- und Ensembleleistungen, welche die Geschehnisse eindrücklich illustrieren. Da dürfen solistische Elfen im verführerischen Spiel auch mal mit federleichten Figuren brillieren. Das Publikum spendete jubelnden Beifall.
Egon Bezold 19.8.15
(c) Dehnberger Hoftheater