DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
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www.staatstheater-braunschweig.de/

 

 

Nachruf Stephan Soltesz

 

Auch in Braunschweig ist der so plötzlich verstorbene Ehrendirigent des Staatsorchesters Braunschweig Stefan Soltesz (1949-2022) immer noch in sehr guter Erinnerung. Besonders das Orchester hat dem Braunschweiger Generalmusikdirektor (1988-1993) nicht nur zu verdanken, dass es auch seinem Drängen zuzuschreiben ist, dass es den begehrten A-Status erhalten hat, sondern er hat ihm nach der überlangen Zeit unter seinem Vorgänger, dem Zuchtmeister Heribert Esser, den Elan und die Musizierfreude wiedergegeben, die man zuvor so manches Mal vermisst hatte. Aber auch nach seinem Ausscheiden hat Soltesz das Orchester während einer Vakanzzeit im Konzertbereich und bei zahlreichen Gastdirigaten nachhaltig geprägt, zuletzt 2012 und 2015 mit den fulminanten, begeistert gefeierten Interpretationen von Mahlers dritter und zweiter Sinfonie, letztere mit seiner Frau, der Mezzosopranistin Michaela Seliger.

Legendär waren seine „Luftsprünge“, die man bei seinen programmatisch breit gefächerten Sinfoniekonzerten und spektakulären konzertanten Opern-Aufführungen in der Braunschweiger Stadthalle erleben durfte, wie „Salome“ (mit Mara Zampieri), dem Verdi-Requiem oder „Aida“ (mit Stefania Toczyska als Amneris). Gast-Engagements anderer Prominenter waren auf seinen Einfluss zurückzuführen, wie Agnes Baltsa als Octavian, Gabriele Maria Ronge (Marschallin, Kaiserin), Sharon Sweet (Desdemona, Verdi-Requiem), Heinz Kruse (Parsifal, Kaiser), Jacek Strauch (Jago, Falstaff, Barak) oder Siegfried Vogel (Gurnemanz).

Mit seiner offenen, oft undiplomatischen Art machte Stefan Soltesz sich in Braunschweig nicht nur Freunde im Ensemble und bei den Orchester-Mitgliedern; wie man hörte, gab es bei den Proben so manchen Zoff. Aber typisch Soltesz: Bei den Vorstellungen war alles vergessen; immer gelang es ihm, alle Mitwirkenden zu ihren jeweiligen Bestleitungen zu animieren, so dass es zu Publikum und meist auch die Kritik begeisternden Wiedergaben kam. So erinnert man sich gern an mitreißende Opern-Aufführungen unter Soltesz‘ animierender Leitung wie den „Rosenkavalier“, „Figaros Hochzeit“ (mit der jungen Michelle Breedt als Cherubino), „Falstaff“, „Parsifal“, „Otello“ oder „Die Frau ohne Schatten“. Und mehr als nur bedeutsam: Soltesz gehörte zu den heute selten gewordenen Dirigenten, bei denen die Bühne stets Vorrang gegenüber dem Orchester hatte, er also immer ausgesprochen sängerfreundlich dirigierte.

Sein viel zu früher Tod ist für das Musiktheater ein wirklich herber Verlust!

Marion und Gerhard Eckels 23. Juli 2022

 

 

 

SAISONVORSCHAU 2022 / 23

Die nächste Saison wird ganz wesentlich von einem „Ring“-Projekt unter dem Titel „Ausweitung des Ringgebiets“ bestimmt (Anspielung auf die Braunschweiger Stadtteile Östliches und Westliches Ringgebiet, die ihre Namen in den 1880er Jahren erhielten, als begonnen wurde, eine Ringstraße um den historischen Stadtkern zu bauen). Dazu hat das Staatstheater mitgeteilt:

Eine spartenübergreifende Neuinterpretation von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“, wie sie noch kein Theater zuvor versucht hat, steht im Mittelpunkt der Spielzeit 2022/2023. Das Musiktheater, das Staatsorchester, das Schauspiel, das Tanztheater und das JUNGE! Staatstheater bündeln ihre Kräfte. Während das Musiktheater eine Neuinszenierung von Wagners „Rheingold“ erarbeiten wird, präsentiert das Schauspiel eine Uraufführung der Autorin Caren Jeß für das Schauspiel-Ensemble, für Instrumentalisten und einen Sänger, die sich mit dem „Walküre“-Stoff auseinandersetzt. Auch der „Dritte Tag des Bühnenfestspiels“ wird eine Transformation erfahren, nämlich in der Uraufführung von Steffen Schleiermachers „Siegfried – Eine Bewegung“, choreografiert von Gregor Zöllig in Zusammenarbeit mit dem Tanzensemble. Bei der „Götterdämmerung“

schließlich kommen alle Sparten des Hauses zusammen und erforschen neue Potenziale des kollektiven Arbeitens. So wird zwar die gesamte Musik der „Götterdämmerung“ mit Staatsorchester, Sängerinnen und Sängern erklingen, aber mit unterschiedlichen ästhetischen Sprachen und Sichtweisen inszeniert, choreografiert und erforscht.

Ausweitung des Ringgebiets:

         Das Rheingold – Premiere am 08.10.2022

         (Dirigent: Srba Dinić, Inszenierung: Isabel Ostermann)

        

Siegfried – Eine Bewegung – Tanztheater von Steffen Schleiermacher (Komposition) und Gregor Zöllig (Choreografie)

Uraufführung am 29.10.2022

         (Choreografie: Gregor Zöllig, Dirigent: Sraba Dinić)

        

Die Walküre (Schauspiel von Caren Jeß) – Uraufführung am 16.03.2023

         (Inszenierung: Alexandra Holtsch)

 

Götterdämmerung – Premiere am 03.06.2023

(Dirigent: Sraba Dinić, Inszenierung: Isabel Ostermann, Dagmar Schlingmann, Gregor Zöllig)

 

Cloclo (Operette von Franz Lehár) – Premiere am 3.12.2022

(Dirigent: Mino Marani, Inszenierung: Dirk Schmeding)

Der hinkende Teufel (Komische Oper von Jean Francaix)/Die Geschichte vom Soldaten (Musiktheater von Igor Strawinsky) – Premiere am 4.2.2023

(Dirigent: Mino Marani, Inszenierung: Jessica Schauer)

Dog Days (Oper in drei Akten von David T. Little) – Premiere 11.2.2023

(Dirigent: Alexis Agrafiotis; Inszenierung: Balázs Kovalik)

Dante (Oper von Benjamin Godard) – Premiere am 1.4.2023

(Dirigent: Mino Marani, Inszenierung: N.N.)

Annie (JUNGES! Musiktheater: Musik von Charles Strouse) – Premiere am 29.4.2023

(Musikalische Leitung: Mike Darling, Inszenierung: Markus Schneider)

 

 

Wiederaufnahme: Die Zauberflöte

 

 

 

Gerhard Eckels 31. Mai 2022

DEAD MAN WALKING

Besuchte Vorstellung am 29. April 2022

Premiere am 22. Januar 2022

Tief beeindruckend

Isabel Stüber Malagamba/Michael Mrosek

 

Mit der 2000 in San Francisco uraufgeführten Oper Dead Man Walking von Jake Heggie wird den Zuschauern einiges zugemutet. Es geht um die Todesstrafe allgemein und um die Problematik der Vollstreckung in den Vereinigten Staaten. Die Oper beruht auf dem Buch der Ordensschwester Helen Prejean, die bis heute eine der einflussreichsten Aktivistinnen gegen die Todesstrafe ist. Ihr Buch trägt ebenso wie der entsprechende Film von 1995 mit Sean Penn und Susan Sarandon den Titel „Dead Man Walking“; das wird in US-amerikanischen Gefängnissen gerufen, wenn ein zum Tode Verurteilter seinen letzten Weg zur Hinrichtung gehen muss.

Zum Inhalt der Oper: Joseph de Rocher ist wegen Vergewaltigung und Mord, zum Tode verurteilt. Als besonders harter Auftakt wird das Verbrechen gezeigt: Unbemerkt von einem jungen Liebespaar schleichen sich die Brüder Joseph und Anthony De Rocher heran und vergewaltigen das Mädchen. Anthony erschießt den Jungen mit einem einzigen Kopfschuss. Als das Mädchen zu schreien anfängt, greift Joseph nach einem Messer und erdolcht sie. Im Todestrakt hatte er bisher schon brieflichen Kontakt mit Sister Helen. Als der Tag seiner Hinrichtung näher rückt, bittet er sie um ein persönliches Treffen. Diese Bitte beschäftigt sie, während sie mit Kindern aus armen Familien das Kirchenlied „He will gather us around“ einstudiert. Gegen den Rat ihrer Mitschwester Rose und später des Gefängnis-Geistlichen Father Grenville (klarstimmig Fabian Christen) sowie des Direktors George Benton (prägnant Rainer Mesecke) sucht sie den Verurteilten auf. Im Todestrakt bittet Joseph sie um Unterstützung beim Begnadigungsausschuss, seiner letzten Chance. Als er seine Unschuld beteuert, erklärt ihm Helen, dass es nicht ihre Aufgabe sei, über seine Schuld zu urteilen. Während der Anhörung beim Begnadigungsausschuss in Gegenwart Helens sowie der Familien der Mordopfer fleht Josephs Mutter um Gnade für ihren Sohn. Im Gespräch mit Joseph über die Ablehnung seiner Gesuche beim Ausschuss und auch beim Gouverneur versucht Helen vergeblich, ihn davon zu überzeugen, seine Schuld zuzugeben, damit er Vergebung erlangen könne. Später gesteht Joseph gegenüber Helen doch seine Schuld ein. Unmittelbar vor der Hinrichtung bittet er die Eltern seiner Opfer um Vergebung; die Oper endet mit Josephs Tod und als versöhnliches Zeichen mit dem von Helen gesungenen „He will gather us around“, das in Braunschweig leider gestrichen ist.

 

Maximilian Krummen/Ekaterina Kudryavtseva

 

„Dead Man Walking“ ist inzwischen eine der meistgespielten neueren amerikanischen Opern; international wurde sie bis heute von mehr als 70 Opernhäusern aufgeführt. In Deutschland gab es sie nach der Dresdener Erstaufführung 2006 in Hagen, Schwerin, Bielefeld, Erfurt, Oldenburg und 2022 in Koblenz und Braunschweig. Das Orchestervorspiel besteht aus einem langsamen fugierten Motiv, das stetig an Intensität gewinnt und im weiteren Verlauf der Oper mehrfach wieder auftaucht. Typisch amerikanische Stilelemente wie Blues, Rock oder Gospel kennzeichnen die Komposition ebenso wie die differenzierte Charakterisierung der verschiedenen  Personen in Ariosi und Ensembles. Auch nicht-musikalische Klänge  wie das Öffnen und Schließen der Türen oder Josephs Herzschlag während der Hinrichtung verstärken die Dramatik des Stücks. Neben den sehr komplexen, teilweise allzu massigen, vielstimmigen Teilen wie beispielsweise im 1. Akt das wie ein großes Opern-Finale wirkende Sextett mit den beiden Protagonisten, den Eltern der Opfer und Chor sprechen die leiseren Szenen unmittelbar an. So tauschen Helen und Joseph in ihrem letzten Gespräch Erlebnisse mit Elvis Presley aus, wo dann natürlich auch entsprechende Zitate von dessen Songs erklingen.

 

Rowan Hellier/Kwonsoo Jeon

 

In Braunschweig gibt es kein naturalistisches Gefängnis mit Todes-Zellen, sondern die nur äußerst sparsam möblierte Bühne wird durch hohe, eher abstrakte und durch die Drehbühne veränderbare Gitter beherrscht (Ausstattung: Adriane Westerbarkey), in denen sich die à la Guantanamo gekleideten Gefangenen bewegen. Ein besonderes Licht auf die Eintönigkeit des Gefängnisalltags wirft der im Hintergrund sich fast ständig auf einem Laufband bewegende namenlose Gefangene. In der kargen Umgebung erwies sich die Kunst der Regisseurin Florentine Klepper, alle sehr glaubwürdig und nachvollziehbar agieren zu lassen. Gerade in den schon erwähnten leiseren Abschnitten zeigte sich das herausragende Vermögen des gesamten Ensembles. So fesselten die Gespräche von Sister Helen und dem Todeskandidaten Joe über die bevorstehende Hinrichtung und das von Helen immer wieder erbetene Geständnis in besonderer Weise. Mit ihrem großvolumigen, sicher durch alle Lagen geführten Mezzosopran und einer gut nachvollziehbaren Darstellung bewältigte Isabel Stüber Malagamba die große, ungemein fordernde Partie der in ihrer hoffenden Zuversicht auf Gottes allen vergebende Güte unermüdlichen Helen. Joseph war Michael Mrosek, der einen stets durchschlagskräftigen Bariton hören ließ und die Nachdenklichkeit des Todeskandidaten differenziert gestaltete.  

Milda Tubelytė, eine der Braunschweiger Publikumslieblinge, zeichnete ein anrührendes Porträt von Josephs Mutter. Wie sie unerschütterlich an ihren Sohn und dessen Unschuld glaubte und dies mit ihrem schönstimmigen, kultivierten Mezzo verdeutlichte, das hatte ganz hohes Niveau. Als Sister Rose war für Jelena Bankovic die norwegische Sopranistin aus Kassel Margrethe Fredheim eingesprungen, die mit vollem, höhensicherem Sopran gefiel.

 

Milda Tubelyte

 

Jeweils ansprechend charakterisierend und sängerisch überzeugend waren Ekaterina Kudryavtseva und Maximilian Krummen sowie Rowan Hellier und Kwonsoo Jeon als die Eltern der Opfer. In weiteren kleineren Rollen ergänzten ohne Fehl neben einer ganzen Reihe von Chorsolisten Zachariah N. Kariithi als Polizist und 1. Gefängniswärter sowie Ross Coughanour als 2. Gefängniswärter.

Mit dem in allen Gruppen ausgezeichneten Staatsorchester war Braunschweigs 1. Kapellmeister Mino Marani am Pult den Sängerinnen und Sängern eine durchgehend zuverlässige Stütze. Klangvolles leisteten der Chor (Georg Menskes, Johanna Motter) und der von Mike Garling einstudierte Kinderchor.

Das tief beeindruckende Musiktheater-Erlebnis ließ auch im Publikum offenbar niemanden unberührt, was sich in begeistertem, lang anhaltendem Beifall mit Bravo-Rufen für alle Mitwirkenden zeigte.

 

Fotos: © Thomas M. Jauk

Gerhard Eckels 30. April 2022

Weitere Vorstellungen: 18.+25.5.2022

 

DER WILDSCHÜTZ

Premiere am 12. März 2022

Temporeich

 

Lortzings Spielopern sind leider seit geraumer Zeit aus den Spielplänen verschwunden, wohl weil sie als verstaubt und rückständig angesehen werden. Dabei muss man jedenfalls beim „Wildschütz“ nur etwas genauer hinsehen, um zu entdecken, dass hinter der biedermeierlichen Fassade doch etwas mehr steckt als nur heiter-harmlose Unterhaltung. Im wie in allen seinen Opern von ihm selbst verfassten Libretto nimmt Lortzing Bezug auf das 1815 entstandene Lustspiel „Der Rehbock oder die schuldlosen Schuldbewussten“ von August von Kotzebue, das damals als bissiger Zerrspiegel der Gesellschaft galt. Dies hat Lortzing wohl auch wegen der damaligen strengen Zensur deutlich abgemildert, ohne die Spitzen gegen den Adel, der um jeden Preis unter sich bleiben wollte, zu eliminieren; auch die Pikanterien des Verwechslungsspiels blieben aufrecht erhalten.

Richtigerweise ist das Regieteam um Andrea Schwalbach mit der Neuinszenierung in der Zeit der Entstehung, im Biedermeier, geblieben, als der so genannte Vormärz unter der äußerlichen „Biederkeit“ schon heftig brodelte. Sie ließ sich bei ihrer sehr lebendigen Personenführung offensichtlich von der hohen Dynamik in den vielen, auch musikalisch hochwertigen Ensembles leiten, so dass es niemals Ruhepausen oder gar Langeweile gab. Im Gegenteil, es ging Schlag auf Schlag und Gag um Gag voran, bis sich die Missverständnisse im Finale in Wohlgefallen auflösten. Dass das Biedermeier auf der Bühne allgegenwärtig war, lag an der Vielzahl der Bühnen-Prospekte, die mit Gemälden von Carl Spitzweg bemalt waren, besonders „Der Sonntagsjäger“ beherrschte die Szene (Stephan von Wedel); ein großes Lob gilt dem Malersaal für die sehr ansehnlichen Bilder – eine aufwändige, tolle Arbeit! Ebenso gelungen waren die prächtigen Kostüme und Frisuren mit ihren zeitgerechten Schnörkeln und Übertreibungen von Pascal Seibicke.

 

Rainer Mesecke/Jelena Bankovic

 

Von Beginn an lief in dieser aufgepeppten biedermeierlichen Atmosphäre die im Ergebnis doch harmlose Verwechslungsgeschichte in rasanter Turbulenz ab, die vom Braunschweiger Opernensemble viel abverlangte. Dass alle mit unbändiger Spiellaune bei der Sache waren, begeisterte das Publikum zu Recht. Das hohe Tempo wurde auch dadurch erreicht, dass die Rolle des Haushofmeisters Pankratius, der im Original nur im 2. Akt auftritt, stark aufgewertet war. Denn Mike Garling wuselte als „Mädchen für alles“ und eine Art „Strippenzieher“ ständig über die Bühne; dabei verzichtete man auf das sonst für Pankratius typische Sächsisch (Uraufführung war in Leipzig), sondern verortete ihn sprachlich in den Norden. Der Gipfel des turbulenten Treibens war in dem berühmten „Billard-Quintett“ im 2. Akt erreicht, als man alles noch dadurch veralberte, dass die Beteiligten auf verschiedenen Instrumenten (Gitarre, Blockflöte, Triangel, Mundharmonika) „Kein schöner Land“ intonierten. Für Spaß über das Libretto hinaus war jeweils gesorgt! Eine weitere gute Idee war, die Arien durch darstellerische Beteiligung anderer aufzulockern: So kommunizierte Rainer Mesecke als Schulmeister Baculus mit seinem flexiblen Bass über den erwarteten Geldsegen von „5000 Talern“ nicht nur mit dem Publikum, sondern auch mit Pankratius.

 

Rainer Mesecke/Mike Garling

 

Ein eitler, der Weiblichkeit der „unteren“ Ebene nachstellender Graf von Eberbach war Maximilian Krummen, dessen abgerundeter, höhensicherer Bariton zur Partie bestens passte. Er wurde bei „Heiterkeit und Fröhlichkeit“ von etwas zu laut rollenden Büschen „begleitet“, die von den Mädchen des Ortes gesteuert waren. Einziger Gast war als Baronin Freimann Sieglinde Feldhofer aus Graz, die mit temperamentvollem Spiel und einem volltimbrierten, schön aufblühenden Sopran gefiel. Baron Kronthal war Kwonsoo Jeon, dessen nun auch im piano gut geführte, charakteristische Stimme in den Ensembles tenorale Glanzpunkte setzte. In den 1840er-Jahren war Leipzig von einem wahren Sophokles-Fieber erfasst, dem Isabel Stüber Malagamba als Gräfin Eberbach mit gespieltem, großem Ernst witzigen Ausdruck gab, wozu auch ihr charaktervoller Mezzo beitrug.

 

Kwonsoo Jeon/Sieglinde Feldhofer/Mike Garling/Isabel Stüber Malagamba/Maximilian Krummen

 

Es bleiben noch die kleineren Rollen: Das manchmal auch heftig keifende Gretchen gab Jelena Banković mit klarem Sopran, während man den schönen Mezzo von Milda Tubelytė als Kammermädchen Nanette gern länger gehört hätte. Die lebendig agierenden Choristinnen und Choristen hatten darstellerisch viel zu tun und klangen in der Einstudierung von Johanna Motter durchweg ausgewogen. Am Pult des am Premierenabend ausgezeichneten Staatsorchesters stand Braunschweigs neuer 1. Kapellmeister Mino Marani, der mit klarer Zeichengebung für den nötigen Schwung sorgte, was vorzüglich mit dem temporeichen Spiel auf der Bühne korrespondierte.

Das Premierenpublikum war voller Begeisterung und bedankte sich bei allen Mitwirkenden mit starkem, lang anhaltendem Beifall, der erst endete, als ein Zwischenvorhang mit dem blau-gelben Staatswappen der Ukraine fiel. Vor Beginn hatte Generalintendantin  Dagmar Schlingmann zu Spenden für Ukraine-Hilfen aufgerufen.

 

Fotos: © Joseph Ruben

Gerhard Eckels 13. März 2022

Weitere Vorstellungen: 18.3.,21.4.,8.+20.+29.5.,4.+11.6.2022    

 

 

DIE ZAUBERFLÖTE

Besuchte Vorstellung am 8. Januar 2022

Premiere am 4. Dezember 2021

Viele Fragezeichen

 

Nach wie vor führt Mozarts „Zauberflöte“ jede Liste der beliebtesten und meist gespielten Opern weltweit an, was neben der genialen Musik Mozarts trotz überkommener Frauenfeindlichkeit wohl an der Mischung humanistischer Ideale und tief empfundener menschlicher Gemütszustände mit den volkstümlichen Spielelementen der Hanswurst-Ebene liegt. So kann einen die Märchenoper in ihren Bann schlagen, selbst wenn man sie schon x-mal gesehen hat. Das gelingt allerdings nur, wenn die Inszenierung stimmt und auch sonst alles zusammen passt – und das war in Braunschweig leider nicht der Fall.

Zwar kann das Ende durchaus überzeugen, wenn die jungen Paare Pamina/Tamino und Papagena/Papageno die alten Systeme Sarastros und der Königin der Nacht hinter sich lassen und zuversichtlich Neues wagen. Aber der Weg dahin ist alles andere als einsichtig, weil in der Neuinszenierung der Generalintendantin Dagmar Schlingmann den vielen Rätseln im Libretto der „Zauberflöte“ noch weitere hinzugefügt werden: So sind die Anhänger Sarastros durchweg sehr alte, meist gebrechliche Männer; auch die Chordamen stecken in entsprechender Kleidung (Kostüme: Inge Medert). Die drei Knaben sind kleine Teufelchen, die die Zauber-Instrumente (die Querflöte als Leuchtschwert und das Glockenspiel als kleine Klaviatur) nur dann zureichen, wenn sie gebraucht werden. Die Drehbühne von Sabine Mader hat mit den großen, durch Treppen verbundenen Kästen, einer großen Blume und den herumliegenden überdimensionalen Pilzen so gar nichts Märchenhaftes. Auch sonst gibt es allerlei, das zum Teil witzig (Tamino fällt beim Anblick der ansehnlichen drei Damen erneut in Ohnmacht), teilweise auch nur albern (als wilde Tiere erscheinende kleine Flusskrebse und ein hässlicher Fantasievogel zur Tamino-Arie über den „Zauberton“ der Flöte, die Pizza für Pamina und Papageno) oder schlicht überflüssig ist, wie die Porträt-Videos  von Sarastro und der Königin der Nacht. Warum zur zweiten Strophe der Hallen-Arie fünf Choristen der geduldig zuhörenden  Pamina immer mehr auf die Pelle rückten, hat sich nicht erschlossen.

 

 

Jisang Ryu/Choristen/Ekaterina Kudryavtseva

 

Kommen wir zur musikalischen Seite der Repertoire-Vorstellung, die insgesamt nur als solide gewertet werden kann. Das im Ganzen zuverlässige, wie schon bei „Alcina“ allzu bläserlastige Staatsorchester brauchte unter der antreibenden und dabei präzisen Leitung von Christine Strubel einige Zeit, um sich zu finden; erst im zweiten Teil der flott musizierten Ouvertüre gelang der nötige Zusammenhalt. Woran es lag, dass der aus dem Off gesungene Schlusschor fast auseinander fiel und die beiden Solisten am Ende der Feuerprobe gesanglich reichlich ins Straucheln gerieten, konnte nicht festgestellt werden. Sonst gefielen die durchaus ausgewogenen Chöre; besonders klangschön gelang den Herren „O Isis und Osiris“ (Georg Menskes, Johanna Motter). Ob die Pamina – hier zunächst als Jugendliche in Jeans und weitem Pullover – das Richtige für die in Braunschweig beliebte Sopranistin Ekaterina Kudryavtseva ist, bezweifle ich. Die durchgehend lyrische Tessatura beherrscht sie natürlich, wie sie mit der ansprechend interpretierten g-Moll-Arie „Ach, ich fühl‘s“ bewies. Aber so manche unreinen Töne im Höhenbereich ließen zweifeln, ob sie nicht doch den rein lyrischen Partien allmählich entwachsen ist. Leider konnte sie im schönen Terzett mit Tamino und Sarastro „Soll ich dich, Teurer, nicht mehr sehn“ nicht glänzen, weil dies dem Strich zum Opfer gefallen war. Dadurch war übrigens Paminas zum Suizid-Versuch führende Verzweiflung zu wenig glaubwürdig. Der Gast aus Leipzig Patrick Vogel als Tamino hatte sich gut in die Inszenierung eingefunden, sang aber mit einer nicht immer angenehmen Lautstärke, lyrische Tongebung war seine Sache nicht.

 

Ekaterina Kudryavtseva/Alina Wunderlin

 

Jisang Ryu als Sarastro gefiel mit seinem sonoren Bass nur in den beiden Arien und den übrigen Gesangsteilen; die wie üblich stark gekürzten Sprechtexte waren für den Koreaner sehr problematisch. Als Königin der Nacht im Glitzergewand trat die junge Alina Wunderlin auf, die die extremen Spitzentöne bewundernswert sauber und wie gestochen ablieferte; im lyrischen Teil der ersten Arie „O zittre nicht, mein lieber Sohn“ blieb ihre eher kleine Stimme zu blass, was durch die schlechte Positionierung auf der Bühne noch unterstrichen wurde. Zachariah N. Kariithi machte zur berechtigten Freude des Publikums mit munterem Spiel und seinem prächtigen, flexiblen Bariton viel aus der Paraderolle des Papageno. Besonders schön erklang das Duett mit Pamina „Bei Männern, welche Liebe fühlen“, das hier die Liebe über „Mann und Weib“ hinaus verallgemeinerte. Seine Papagena war Anne Martha Schuitemaker als Gast, die wirbelig und klarstimmig positiven Eindruck hinterließ.

 

Milda Tubelyte/Nina-Maria Fischer/Zachariah N. Kariithi/Isabel Stüber Malagamba

 

Die drei ansehnlichen, heftig mit Tamino flirtenden Damen Nina-Maria Fischer, Milda Tubelytė und Isabel Stüber Malagamba, passten stimmlich recht gut zueinander, obwohl streckenweise die stimmstarke 1. Dame zu sehr dominierte. Als Sprecher und 2. Geharnischter bewährte sich Rainer Mesecke; dass er als Sprecher mathematische Formeln wie z.B. die von Pythagoras an die Tür schreiben musste, ist ihm nicht anzulasten – ein weiteres Beispiel für die Rätselhaftigkeit der Inszenierung. Fabian Christen gab sicher den Monostatos natürlich nicht als schwarzen, sondern als in der Altherrengesellschaft des Sarastro unterdrückten weißen Sklaven. Über das inakzeptable, unsaubere Singen der drei Knaben sei schnell der gnädige Mantel des Vergessens gebreitet. In kleineren Rollen bewährten sich die Chorsolisten Sungmin Kang (Erster Geharnischter), Steffen Doberauer als Priester und Peter Fontaine sowie Andreas Sebastian Mulik (zwei Sklaven).

Das Publikum spendete allen Mitwirkenden starken und lang anhaltenden Beifall.

 

Fotos: © Thomas M. Jauk

Gerhard Eckels 9. Januar 2022

 

Weitere Vorstellungen: 14.,29.1.+2.,13.,27.2.2022            

 

ALCINA

Premiere am 16. Oktober 2021

Barockes - stark gekürzt

Ekaterina Kudryavtseva/Milda Tubelyte/Statisterie

 

Es ist schon sehr lange her, dass es im Staatstheater eine szenische Aufführung einer Händel-Oper gab. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass nun der Spielplan um die 1735 am Londoner Covent Garden uraufgeführte „Alcina“ bereichert wurde. Die Geschichte um die Zauberin Alcina, die nach zahlreichen sexuellen Abenteuern mit auf ihre Insel gelockten Männern diese, wenn sie ihrer überdrüssig geworden ist, in Tiere, Pflanzen oder Steine verwandelt, nun aber erstmals wahre Liebe empfindet, ist Ludovico Aristos „Orlando furioso“ zuzuordnen. Das seit dem 16. Jahrhundert in ganz Europa bekannte Epos enthält innerhalb der Rahmenhandlung, dem Kampf der Christen gegen die Heiden, zahlreiche selbstständige Einzelepisoden, die von den Taten fahrender Ritter und ihren Liebesabenteuern handeln. Eine dieser Episoden berichtet von der Zauberin Alcina: Der auch für das Bühnenbild verantwortliche Regisseur Ben Baur lässt deren Reich statt auf der märchenhaften Zauberinsel des Librettos in einem Pariser Edelbordell um 1900, einem so genannten „Maison close“, spielen. Dies gab der Kostümbildnerin Julia K. Berndt die willkommene Gelegenheit, in der Kleidung der Jahrhundertwende zu schwelgen – ein klarer Pluspunkt der Produktion.

 

Isabel Stüber Malagamba/Jelena Bankovic

 

„Alcina“ ist eine Zauber- und Tanzoper, die anschaulich das Zusammenspiel aller barocken Künste vor Augen führt; dabei bestechen die Gesangspartien, die von virtuoser Bravourarie bis zu lyrischen Szenen alles enthalten, was große Oper ausmacht. Nun hat das Regieteam in Braunschweig das Ganze von sonst weit über drei Stunden auf gut zwei Stunden gekürzt und war dabei noch nicht einmal konsequent: In Alcinas „Etablissement“ ist nichts so, wie es scheint; Ruggiero, der eigentlich mit Bradamante verlobt ist, hat unter Alcinas Einfluss sein früheres Leben völlig vergessen. Um Ruggiero zurückzugewinnen, begibt sich Bradamante – verkleidet als ihr Zwillingsbruder Ricciardo – gemeinsam mit Ruggieros früherem Erzieher Melisso in Alcinas „Haus“. Dort gilt es, nicht nur Alcinas mächtige Magie abzuwehren. Denn Alcinas Schwester Morgana fühlt sich zu „Ricciardo“ so hingezogen, dass sie ihren Liebhaber Oronte verlässt, was diesen zu eifersüchtigen Intrigen veranlasst. Eine der „Damen“, die junge Oberta (im Original der Knabe Oberto), sucht ihren vermissten Vater. Der Schluss in Braunschweig bleibt für alle offen: Oberta erhält keine Antwort auf ihre Fragen (wie auch z.B. in Bremen hätte diese Figur entfallen können.), das Paar Morgana/Oronte trennt sich, Ruggiero und Bradamante gehen wohl ebenfalls getrennte Wege, weil er sich nicht recht entscheiden kann, und Alcina bleibt allein zurück.

 

Ekaterina Kudryavtseva

 

Schon zum Orchestervorspiel wurde deutlich, dass „Alcina“ auch eine Tanzoper ist; denn das Personal des „Maison close“ stellte sich choreographisch (Robina Steyer) vor. Allerdings hätte man das zusammenhanglose, merkwürdige Ballett der Statisterie mit Palmwedeln kurz vor der großen Szene der Alcina am Schluss des 2. Aktes getrost streichen können. Insgesamt fiel die sinnfällige Personenführung des Regisseurs überaus positiv auf, indem er die nicht konfliktfreien Beziehungen der Personen zueinander auch während der nur durch Rezitative unterbrochenen, aneinander gereihten Arien deutlich herausarbeitete. Das gelang natürlich auch durch das darstellerische Können aller Beteiligten. Hier ist an erster Stelle Ekaterina Kudryavtseva in der vielschichtigen Titelrolle zu nennen. Die von mir nach wie vor sehr geschätzte Sängerin stellte die verschiedenen Seiten der Alcina durchweg überzeugend heraus. Besonders den dramatischen Passagen der anspruchsvollen, virtuosen Partie wurde ihr kräftiger Sopran voll gerecht, was in gleichem Maße für die vielen Läufe und Koloraturen galt. Leider machten sich in den ruhigeren, langsamen Tonfolgen Unsauberkeiten in der Intonation störend bemerkbar, was aber den positiven Gesamteindruck nur wenig schmälerte. Wie so oft begeisterte Milda Tubelytė als Ruggiero: Wie sie den jungen Mann mit seinen teils unbekümmerten, dann aber hin und her gerissenen Gefühlen gestaltete, hatte großes Format. Damit korrespondierte die fast schon perfekte Führung ihres abgerundeten Mezzosoprans durch alle Lagen, wobei die lockeren Koloraturen stets von einer Klarheit ohnegleichen waren.

 

Milda Tubelyte

 

Als Bradamante trat Isabel Stüber Malagamba auf, die mit ihrem charaktervollen Mezzo mit den hohen Anforderungen der barocken Singweise angemessen zurechtkam, wenn ihr auch die vielen Koloraturen nicht immer wie selbstverständlich gelangen. Das weitere Paar Morgana/Oronte gaben Jelena Banković mit etwas undifferenziertem Sopran und Joska Lehtinen mit schlank geführtem Tenor. Schließlich ist noch als Oberto Veronika Schäfer zu nennen, die klarstimmig aus ihrer zweiten Arie ein kleines Kabinettstückchen machte; sicher ergänzte als Melisso Rainer Mesecke, der trotz Indisposition die Premiere rettete.

Die musikalische Leitung des überwiegend mit Streichern besetzten Staatsorchesters hatte die Braunschweiger Kapellmeisterin und Maestro suggeritore Christine Strubel. Sie sorgte mit klarer Zeichengebung für stringent schlanken Klang und unterstützte so mit der kompetenten Continuo-Gruppe von Violoncello, Theorbe, Kontrabass und Cembalo die Akteure auf der Bühne.

Das Publikum war zu Recht begeistert und dankte allen Mitwirkenden und dem Regieteam durch starken, lang anhaltenden Beifall.

 

 

Fotos: © Thomas M. Jauk (3), Bettina Stoess (1)

Gerhard Eckels 17. Oktober 2021

 

Weitere Vorstellungen: 20.,22.,28.10.+12.11.+18.,25.12.2021 u.a.

 

 

RUSALKA

Wiederaufnahme am 25. September 2021

 

Hohes Niveau

 

 

Julie Adams

 

Die traurige Geschichte der Wassernixe Rusalka konnte man bisher nur im Streaming und in wenigen Aufführungen am Schluss der vergangenen Spielzeit sehen. Jetzt ist sie wieder häufig live im Spielplan zu erleben, was ja erhebliche Vorteile hat, weil die Stimmen unverfälscht zu hören und die gesamte Bühne zu sehen ist, während sich im Streaming die Kamera viel zu oft auf einzelne Akteure richtet. Aber in Pandemie-Zeiten gibt es leider weiterhin gewisse Einschränkungen, angefangen mit der Begrenzung der Zuschauerzahlen. Auch sind die Chorszenen beim großen Fest im 2. Akt ebenso wie die kleine Rolle des Kochs gestrichen. Wieder gibt es nur die in der Orchesterbesetzung reduzierte, reichlich bläserlastige Fassung von Marián Lejava. Das Staatsorchester ließ sich dadurch jedoch in keiner Weise irritieren, sondern sorgte unter der sicheren, wie immer präzisen und differenzierten Stabführung von Braunschweigs GMD Srba Dinić für die von Antonin Dvorak beschworene romantische, atmosphärereiche Stimmung der Elfenwelt. Gut, dass das so ist, denn auf der Bühne muss man darauf weitgehend verzichten. Obwohl Regisseur Dirk Schmeding mit Bühnenbildner Ralf Käselau und Kostümbildnerin Julia Rösler das Märchenhafte des Stücks beibehält, setzen sie doch einen völlig anderen Akzent, als der Komponist und sein Librettist Jaroslav Kvapil beabsichtigt haben. In der zugleich modernen wie märchenhaften Neuinszenierung gibt es wenige im Ansatz atmosphärisch dichte Momente. So, wenn die Nixe mit ihrer großen Schwimmflosse in einer vermüllten Wasserlache auf Grund sitzend den auf dem Wassertank reflektierten und erglühten Mond wie in einer Traumwelt ansingt. Auch das starke Schlussbild in dem nebelverhangenen Waldsee mit der im Hintergrund schwankenden Schilfwand (Video: Johannes Kulz) ist stimmig. Dass der aus einem riesigen Abflussrohr kletternde Wassermann als hinkender Lurch und die Hexe als Lumpen sammelnde Obdachlose daherkommen, ernüchtert dann ebenso wie der „Prinz“, ein Surfer, der mit seinem Cabrio im Sumpf steckenbleibt. Offenbar bezweckt das Regieteam als Grundidee, dass sich Rusalka, zusätzlich durch den Betrug des geliebten Prinzen angetrieben, durch dessen Tötung letztlich an der gesamten Menschheit rächt, weil diese die Natur so rücksichtslos zerstört.

 

 

Julie Adams/Ekaterina Kudryavtseva

 

Musikalisch und stimmlich wurde in der Wiederaufnahme ein beachtlich hohes Niveau gezeigt. Als Rusalka konnten die Braunschweiger die amerikanische Sopranistin Julie Adams gewinnen. Sie gab der sich in die Menschenwelt hinein sehnenden Nixe glaubhaft Gestalt und überzeugte sängerisch mit ihrer in allen Lagen bis in die sicheren Höhen ausgeglichenen Stimme. Ihre Vorzüge erwiesen sich besonders in den ruhig und geradezu anrührend ausgesungenen lyrischen Passagen wie im berühmten „Lied an den Mond“ und in der großen g-Moll-Arie nach der Rückverwandlung in ihre Nixengestalt, wobei insgesamt auch prachtvoller dramatischer Impetus nicht fehlte. Der sonore und zugleich flexibel mit vorbildlichem Legato geführte Bass von Jisang Ryu passte bestens zum besorgten Wassermann, dem die große Klage um die seiner Welt verloren gegangene Rusalka ergreifend gelang. Den zunächst unbekümmerten Prinzen, der am Schluss seinen großen Fehler erkennt, stellte Joska Lehtinen glaubwürdig dar. Seiner klaren, prägnanten Stimme fehlte etwas der nötige tenorale Glanz.

 

 

anderer Prinz/Julie Adams

 

Die fremde Fürstin ist hier eine ansehnliche Strandschönheit aus einer großen Delial-Werbestellwand, die Ekaterina Kudryavtseva mit ihrem starken, deutlich ins schwerere Fach weisenden Sopran sehr gut ausfüllte. Edna Prochnik gab die mysteriöse Hexe Jezibaba mit sicherem, durchdringendem Mezzo und ausgeprägter Bühnenpräsenz.

Was der Heger (Zachariah N. Kariithi mit charakteristischem Bariton) und der Küchenjunge (mit wie immer kultiviertem Mezzo Milda Tubelytė) eigentlich treiben, wird nicht so ganz deutlich; sie kamen wie lustlose Arbeiter der städtischen Müllabfuhr daher, die an den Rändern des ausgetrockneten Teichs Müll einsammeln müssen. Die drei Waldelfen, die geradezu lustvoll im Müll herumwühlen, waren Jelena Banković, Annika Westlund  und Zhenyi Hou, deren klare Stimmen gut zueinander passten.

Das Publikum bedankte sich für die sehens- und hörenswerte Produktion mit starkem Beifall bei allen Mitwirkenden.

 

Fotos: © Thomas M. Jauk

Gerhard Eckels 26. September 2021

 

 

 

 

Weitere Vorstellungen: 1.,3.,7.,14.,31.10.+7.,20.,28.11.+8.,27.12.2021

 

MADAMA BUTTERFLY

Premiere am 3. Juli 2021 + Vorstellung am 4. Juli 2021 (Open Air auf dem Burgplatz)

Stark berührend

Julie Adams/anderer Pinkerton

 

Wie fast alle Open-Air-Events fiel im vorigen Jahr auch Puccinis Oper in Braunschweig der Pandemie zum Opfer. Jetzt aber konnte die traurige Geschichte von der mit dem amerikanischen Marine-Offizier „verheirateten“ Geisha aufgeführt werden, wenn auch nur – noch immer notwendig – mit eingeschränkter Besucherzahl. Es leuchtet nicht unmittelbar ein, dass die im fernen asiatischen Osten beheimatete Oper in das einmalige historische Ambiente neben dem romanischen Dom Heinrichs des Löwen passt. Dennoch ist dem Leitungsteam (Regie: Andrea Schwalbach, Bühnenbildner Stephan von Wedel und Kostümbildner Pascal Seibicke) eindrucksvolles, stark berührendes Musiktheater gelungen. Auf Elemente, die auf ein freundliches Japan mit lieblichen Gartenlandschaften voller Kirschblüten hinweisen, oder auf ein buntes Häuschen mit den im Text angepriesenen, verschiebbaren Bambuswänden, musste man allerdings verzichten. Vielmehr herrschten zunächst dunkle schwarz-rote Farben auf den zum zentralen Podest aufsteigenden Spielflächen vor. Erst zur Hochzeitsfeier gab es mit ausladenden, fernöstlich anmutenden Gewändern und riesigen Kopfmasken (ein besonderes Lob für die Masken-Abteilung!) so etwas wie eine folkloristische Atmosphäre. Zugleich wurde überdeutlich, dass diese Hochzeit eine Farce war, die der amerikanische Marineoffizier Pinkerton bezahlt hatte. Dass sich Cio-Cio-San völlig von den Traditionen, sogar von der hergebrachten Religion, losgesagt und sich allein auf ihn eingelassen hat, das konnte er nicht ahnen; erst Jahre später, wenn er seiner amerikanischen Ehefrau Kate alles zeigen will, wird ihm die ganze Tragweite bewusst.

All das kam durch lebhafte, stets glaubwürdige Personenführung der Protagonisten durch die erfahrene Regisseurin wirkungsvoll zur Geltung. Einige der Inszenierungsideen seien beispielhaft hervorgehoben: So tritt der Konsul Sharpless deutlich angeheitert auf, was sich im weiteren Verlauf von selbst erklärt; denn wie viele solcher Schein-Hochzeiten seiner Landsleute mag er schon erlebt haben; das ekelt ihn alles an, und er kann es nur mit Alkohol ertragen.

Ein deutlicher Hinweis darauf, dass Cio-Cio-San sich bereits aus den starren japanischen Konventionen entfernt hat, zeigt sich, wenn sie sich nach den Hochzeitsformalitäten des mit übertrieben vielen Rüschen in Bonbonfarben versehenen Kleides entledigt und ein elegantes Faltenkleid westlichen Zuschnitts zum Vorschein kommt.

 

Christiana Oliveira/Angelos Samartzis

 

Als die Zeremonie beendet, Onkel Bonze seinen Fluch los geworden und das Paar allein ist, stört die anfangs merkwürdig albern auftretende Suzuki die beiden in ihrem wunderschönen Liebesduett, indem sie Stühle rückt und auch sonst herum wieselt; das passt nicht und ist überhaupt nicht witzig. Im zweiten Teil liegt die bei der Hochzeitszeremonie am Boden ausgebreitete amerikanische Flagge verdreckt auf der Spielfläche herum; auch beschädigte Masken zeigen, dass es Cio-Cio-San zunehmend schlechter geht. Jetzt wird deutlich, dass Suzuki nicht die Dienerin der früheren Geisha, sondern eine Vertraute ist, die sich z.B. um das Kind im besonderen Maße kümmert. Anders als im Libretto ist dieses Kind jetzt ständig auf der Bühne; dabei wird die Annäherung zwischen ihm und Kate Pinkerton (Jelena Banković/Milda Tubelytė) sehr plausibel dargestellt. Der Schluss allerdings vermag nicht zu überzeugen, wenn Pinkerton nach seiner „Selbstmitleids“-Arie „Addio, fiorite asil“ nicht die Bühne verlässt, sondern mit anhört und sieht, was Cio-Cio-San zu sagen hat. Dass sie u.a. erklärt, sie werde ihm das Kind übergeben, wenn er zu ihr kommt, passt dann überhaupt nicht zum gesungenen Text. Aber das mögen Kleinigkeiten sein, die den großartigen Gesamteindruck nicht mindern.

 

 anderer Pinkerton/Isabel Stüber Malagamba/Julie Adams/Jelena Bankov

 

Dass das Ganze an beiden Abenden einen so nachhaltigen Eindruck hinterließ, lag natürlich auch an dem darstellerischen und stimmlichen Vermögen des Ensembles: So war in der Premiere die Amerikanerin Julie Adams als Cio-Cio-San eine Spitzenbesetzung; bereits als Rusalka hatte sie mit ihrem äußerst differenziert eingesetzten Sopran auf sich aufmerksam gemacht. Auch jetzt führte sie ihre ausgeglichene Stimme intonationsrein und höhensicher durch alle Lagen, wobei sie über perfektes „mezza voce“ und über auftrumpfende Dramatik verfügte; ihre Sehnsuchts-Arie am Beginn des 2. Akts war ein wahres Highlight. Isabel Stüber Malagamba gab mit ihrem volltimbrierten Mezzo und lebhaftem Spiel eine Suzuki, die zumindest in der ärmlichen Umgebung des zweiten Teils eine zuverlässige Stütze ihrer Freundin war. Leider war sie beim „Blumen-Duett“ wegen unglücklicher Aussteuerung kaum zu hören.

In der zweiten besuchten Aufführung erlebte man die portugiesische Sängerin Cristiana Oliveira als intensiv gestaltende, leidenschaftliche Cio-Cio-San. Ihre Stärken erwiesen sich in den wunderbar weich ausgesungenen lyrischen Passagen der Partie, ohne dass sie es an der nötigen Durchschlagskraft an den dramatischen Stellen fehlen ließ; leider waren einige der Spitzentöne ein Spur zu tief. Die Mezzosopranistin Zhenyi Hou gab mit ausdrucksstarker Stimme eine temperamentvolle und zugleich liebenswerte Suzuki.

In beiden Vorstellungen trat als Pinkerton der Grieche Angelos Samartzis aus dem Saarbrückener Ensemble auf; mit gut durchgebildetem Tenor verließ er sich nicht allein auf seine Stimmstärke, sondern sang schön auf Linie und zeichnete auf diese Weise ebenso wie durch seine glaubhafte Gestaltung ein angemessenes Porträt des zunächst so unbekümmerten und leichtlebigen Offiziers.  Als mitfühlender Konsul Sharpless machte Maximilian Krummen in der Premiere erneut mit seinem abgerundeten, tragfähigen Bariton positiven Eindruck. Gemeinsam mit der unglücklichen Butterfly war das Duett im 2. Akt, wenn er versucht, den Brief Pinkertons zu verlesen, ein darstellerisches Glanzstück. Am nächsten Abend war in dieser Partie Zachariah N. Kariithi zu erleben, der mit glaubwürdigem Spiel und seinem wohlklingenden, apart timbrierten Bariton für sich einnahm.

 

Jelena Bankovic/anderer Pinkerton/Julie Adams

 

In der Premiere fiel als Goro Joska Lehtinen mit flexiblem Tenor auf, während der klarstimmige Fabian Christen darstellerisch eher blass blieb. Stimmstark gab Jisang Ryu Onkel Bonze, was vom russischen Bass Valentin Anikin mit Stentor-Tönen noch übertroffen wurde. Mit jeweils angenehmem Tenor waren Sunguk Choi und Yuedong Guan der um Cio-Cio-San vergeblich werbende Fürst Yamadori. Die vielen weiteren kleineren Rollen waren in Doppelbesetzung tüchtigen Chorsolisten anvertraut. Alle Akteure ließen sich am zweiten Abend vom teilweise starken Regen, der etwa eine halbe Stunde vor Schluss einsetzte, in keiner Weise irritieren.

Die musikalische Leitung hatte an beiden Abenden Braunschweigs GMD Srba Dinić, der mit gewohnt präzisem Dirigat alle Akteure sicher durch die Partitur führte. Dass das Staatsorchester in der verkleinerten Instrumentierung von Ettore Panizza spielte, wirkte sich durch die technische Verstärkung klanglich nicht negativ aus. Angemessen erfüllte der von Georg Menskes einstudierte Chor seine wenigen Aufgaben.

Das Publikum war an beiden Abenden hellauf begeistert und spendete allen Mitwirkenden starken, lang anhaltenden Applaus.

 

Fotos: ©Bettina Stoess

Gerhard Eckels 5. Juli 2021

Weitere Vorstellungen: 6. bis 21. Juli 2021 täglich außer montags

 

 

SAISONVORSCHAU 2021 / 22

Alcina Premiere am 16.10.2021

(Dirigent: NN, Inszenierung: Ben Baur)

Die Zauberflöte Premiere am 4.12.2021

(Dirigent: Srba Dinić, Inszenierung: Dagmar Schlingmann)

Dead Man Walking (Jake Heggie) – Premiere am 22.1.2022

(Dirigent: N.N., Inszenierung: Florentine Klepper)

Wie dem Herrn Mockinpott das Leiden ausgetrieben wird (Stefan Litwin) – Uraufführung am 05.03.2022

(Dirigent: Alexis Agrafiotis, Inszenierung: Christoph Diem)

Der Wildschütz – Premiere am 12.3.2022

(Dirigent: N.N., Inszenierung: Andrea Schwalbach)

Das große Heft (Sidney Corbett – Premiere 14.5.2022

(Dirigent: N.N., Inszenierung: Isabel Ostermann)

 

Wiederaufnahmen: Rusalka, The Last Five Years

 

Gerhard Eckels 10. Juni 2021

 

 

RUSALKA

Streaming ab 5. März 2020

Die Rache der Wassernixe

 

Julie Adams

 

Nun hat die Möglichkeit, Aufführungen zu streamen, auch das Braunschweiger Theater erreicht. Die Bühnenpremiere von Antonín Dvořáks Oper wurde im November vom zweiten Lockdown gestoppt. Jetzt konnten Regisseur Dirk Schmeding und GMD Srba Dinić die Probenarbeit mit dem Sängerensemble und einer aufgrund der Hygienevorschriften reduzierten Orchesterbesetzung zu Ende führen.

Nur selten kann mich ein modernes Konzept überzeugen, weil es meistens dem Original etwas überstülpt, das nicht passt. Anders ist bei der Neuinszenierung des „Lyrischen Märchens“, wie es Antonín Dvořák und sein Textdichter Jaroslav Kvapil bezeichnet haben. Die Geschichte von einer unmöglichen und dennoch bedingungslosen Liebe zwi­schen zwei Wesen, die verschie­denen unvereinbaren Welten ange­hören, zählt natürlich wie der Wassermann, die Hexe, die Elfen sowie die Schauplätze – der mondbeschienene Wald und das Schloss – zum Bereich des Märchens. Im fein ausdifferenzierten Charakter der Titelfigur und ihrem Verhalten anderen gegenüber geht die Oper jedoch weit über Märchenhaftes hinaus und markiert den Übergang von der Märchenoper zum symbolistischen Musikdrama. Zu dem etwas sperrigen Libretto hat Dvorak eine immer wieder anrührende, atmosphärereiche Musik geschaffen, die voll von romantischem Zauber ist.

 

Julie Adams, Ekaterina Kudryavtseva, Kwonsoo Jeon

 

Dieser Zauber stellt sich in der Braunschweiger Produktion nun wirklich nur in der Musik ein. Allerdings gibt es auch in der zugleich modernen wie märchenhaften Neuinszenierung ansatzweise atmosphärisch dichte Momente. So, wenn die Nixe mit ihrer großen Schwimmflosse in einer vermüllten Wasserlache auf Grund sitzend den auf dem Wassertank reflektierten und erglühten Mond wie in einer Traumwelt ansingt. Dass der Wassermann als hinkender Lurch und die Hexe als Lumpen sammelnde Obdachlose daherkommen, ernüchtert dann ebenso wie der „Prinz“, ein Surfer, der mit seinem Cabrio im Sumpf steckenbleibt. Das alles passt aber gut zu der Grundidee, dass sich Rusalka, zusätzlich durch den Betrug des geliebten Prinzen angetrieben, durch dessen Tötung letztlich an der gesamten Menschheit rächt, weil diese die Natur so rücksichtslos zerstört. Schon das Video zum Vorspiel, in dem unzählige Plastikteilchen eine Zellteilung – trotz allem entsteht neues Leben – umwabern, macht deutlich, um was es dem Regieteam geht. Dazu passen gut die realistisch gestaltete Bühne von Ralf Käselau und die fantasiereichen Kostüme von Julia Rösler.

 

Julie Adams, Jisang Ryu

 

Die musikalische Verwirklichung hat beachtliches Niveau, wenn auch zu beklagen ist, dass nur die reduzierte Fassung von Marián Lejava gespielt werden konnte. Aber in dieser schwierigen Zeit gilt weiter der Grundsatz: Lieber das als gar nichts. Das in allen Instrumentengruppen ausgezeichnete Staatsorchester ist in der Aufnahme in guter Form, kostet den romantischen, vielfarbigen Zauber gekonnt aus und bildet für das Sänger-Ensemble eine sichere Grundlage, wofür Srba Dinić souverän mit seinem bekannt präzisen, aber auch inspirierenden Dirigat gesorgt hat.

Dem Spiel der Sängerinnen und Sängern merkt man die plausible, jederzeit nachvollziehbare Personenführung des Regisseurs Dirk Schmeding an, der hier bereits 2019 mit seiner fulminanten „Passagierin“ Aufsehen erregt hatte.

Als Rusalka konnten die Braunschweiger die amerikanische Sopranistin Julie Adams gewinnen. Sie gibt der sich in die Menschenwelt hinein sehnenden Nixe glaubhaft Gestalt und überzeugt sängerisch mit ihrer in allen Lagen bis in die sicheren Höhen ausgeglichenen Stimme. Ihre Vorzüge erweisen sich besonders in den ruhig und geradezu anrührend ausgesungenen lyrischen Passagen wie im berühmten „Lied an den Mond“ und in der großen g-Moll-Arie nach der Rückverwandlung in ihre Nixengestalt, wobei insgesamt auch prachtvoller dramatischer Impetus nicht fehlt. Ihr „Prinz“ ist Kwonsoo Jeon, der den zunächst unbekümmerten Draufgänger gibt, später aber deutlich macht, wie sehr er unter seinem Fehltritt leidet. Außerdem gefällt er durch schönes Legato und angemessenen tenoralen Glanz.

 

 

Kwonsoo Jeon, Julie Adams

 

Der sonore und zugleich flexibel geführte Bass von Jisang Ryu passt bestens zum besorgten Wassermann. Die fremde Fürstin ist in der Neuinszenierung eine ansehnliche Strandschönheit aus einer großen Delial-Werbestellwand, die Ekaterina Kudryavtseva mit ihrem deutlich stärker ins schwerere Fach weisenden Sopran ausfüllt. Edna Prochnik gibt die mysteriöse Hexe Jezibaba mit höhensicherem, dramatischen Mezzo und ausgeprägter Bühnenpräsenz. Was die Figuren des Hegers (Maximilian Krummen mit wohlklingendem Bariton) und des Küchenjungen (prägnant und gewohnt kultiviert Milda Tubelytė) eigentlich treiben, wird nicht so ganz deutlich; mir kamen sie wie lustlose Arbeiter der städtischen Müllabfuhr vor, die an den Rändern des ausgetrockneten Teichs Müll einsammeln müssen. Die drei Elfen, die eher lustvoll im Müll herumwühlen, sind Jelena Banković, Isabel Stüber Malagamba und Zhenyi Hou, deren klare Stimmen bestens aufeinander abgestimmt sind.

Zusammenfassend halte ich die im Ganzen gelungene Produktion in jeder Beziehung für ausgesprochen hörens- und sehenswert.

 

Fotos: © Thomas M. Jauk

Gerhard Eckels 6. März 2021

 

Weitere Vorstellungen: Kostenloses Streaming über www. staatstheater-braunschweig.de bis 4. April, danach Übernahme ins Programm von www.operavision.eu

 

FIDELIO

Besuchte Vorstellung am 1. November 2020

Premiere am 10. Oktober 2020

Mit Corona-Einschränkungen

Eigentlich sollte Beethovens einzige Oper im Mai 2020 Premiere haben; Corona ließ das nicht zu. Das Bestreben der Intendantin und Regisseurin Dagmar Schlingmann war darauf gerichtet, „Fidelio“ auf jeden Fall noch im Beethoven-Jubiläumsjahr stattfinden zu lassen, was angesichts der Abstandsregeln in diesen Zeiten schwer zu verwirklichen war, weil nicht das gesamte Orchester in den Graben passte und die vielen Choristen nicht auf die Bühne durften. Und alle täglich zu testen, wie es andernorts geschah, war im Etat des Hauses nicht drin. Da mussten also Ersatzlösungen her: Zum wohl schwierigsten Problem, der orchestralen Verwirklichung, hatte der Bibliothekar des Staatstheaters Thomas  Krümpelmann die zündende Idee: Er fand eine „Fidelio“-Harmoniemusik von Wenzel Sedlák (1776-1851), die Beethoven selbst abgesegnet hatte, um – wie es damals durchaus üblich war – seine Oper in weiteren Kreisen bekannt zu machen. Da diese Harmoniemusik für lediglich doppelt besetzte Oboen, Klarinetten, Hörner und Fagotte konzipiert war und außerdem nur etwa 50 Prozent der Oper enthielt,  nahm man noch die Harmoniemusik vom Hof des opernverliebten Fürsten zu Hohenlohe-Oehringen hinzu, so dass das Ensemble mit Flöten, Trompeten, Pauken und Posaune ergänzt wurde. Aus beiden Fassungen wurde eine neue Harmoniemusik erstellt, wobei wesentlich war, die Teile der Instrumentenstimmen, die den Gesang übertragen bekommen hatten, wieder zu tilgen, da die Oper ja wieder mit Sängern aufgeführt werden sollte. Schließlich wurde das Bass-Fundament des Ensembles durch einen Kontrabass erweitert.

Susanne Serfling

 

Auch auf der Bühne musste es Corona-Zugeständnisse geben: So wurde Einiges gestrichen, um auf eine pausenlose Fassung zu kommen. Die zuvor aufgenommenen Chorstellen wurden eingespielt, die Dialoge entfielen weitgehend, und das große Finale, hier ohne den gütigen Minister, war stark gekürzt worden. Natürlich entfiel nicht die immer wieder hoffnungsfroh stimmende idealistische Utopie der Befreiung von Willkür und Gewaltherrschaft. Zum besseren Verständnis der Handlung sprach die Schauspielerin Silke Buchholz Teile des Dialogs und passende Texte von Ernst Bloch, Walter Jens, Bertha von Suttner u.v.a. mit stimmiger Prägnanz.

Am letzten Tag vor dem erneuten Lockdown konnten wir in einer Nachmittagsvorstellung die „Corona-Fassung“ von Beethovens Meisterwerk erleben.

Sabine Mader hatte eine halbrunde weiße Gefängnis-Mauer auf die Bühne stellen lassen, in der Zimmer derjenigen eingelassen waren, die auch dort lebten, also Rocco, Marzelline, Jaquino und Leonore. Außerdem hing ein großer würfelförmiger Kasten wie ein Container vom Schnürboden herab, der – wie sich später herausstellte – das Verlies Florestans war. Die Kostüme von Inge Medert waren nicht aus dem 19. Jahrhundert, sondern eher zeitlos modern. Der Regie von Dagmar Schlingmann waren auch mit Hilfe von Video-Szenen (Alexandra Holtsch) eindrucksvolle Szenen gelungen, wenn man von allzu unruhigen Video-Verdopplungen bei „Mir ist so wunderbar“ einmal absieht. Besonders der Gefangenenchor ging unter die Haut, als ununterbrochen bekannte Namen von Verfolgten und Unterdrückten aufgezählt wurden und eine Fülle von Augenpaaren von der weißen Mauer aus ins Publikum blickte.

Valentin Anikin/Susanne Serfling/Rainer Mesecke

 

Von der musikalischen Seite ist weitgehend positiv zu berichten: Braunschweigs GMD Srba Dinić leitete mit gewohnt präziser Zeichengebung das ausgezeichnete Bläserensemble, wenn es auch einige Holprigkeiten gab, bei der Ouvertüre und im Zusammenklang mit den eingespielten Chorstellen, vor allem im Finale. Die Instrumentalisten im Graben, die ja alle solistisch und jeweils ohne richtige Pausen durchspielen mussten, hatten durchweg so hohes Niveau, dass kaum mehr auffiel, dass die Streicher fehlten.

Vom Sängerensemble ist zuerst Susanne Serfling als eine Leonore zu nennen, die sich in glaubhafter Darstellung nicht nur für ihren Mann, sondern für alle Unterdrückten einsetzte („Wer du auch seist, ich will dich retten!“). Sie führte ihren durchschlagskräftigen, abgerundeten Sopran intonationssicher durch alle Lagen und hatte mit den Höhen der Partie keinerlei Probleme. Das war leider beim Florestan von Marc Horus ganz anders: Sein Tenor klang nur in den lyrischen Passagen einigermaßen ruhig; wenn es dramatisch wurde, traf er die jeweilige Tonhöhe nicht, sondern ging meistens mit starkem Tremolo darüber hinaus.

Susanne Serfling/Marc Horus

 

Don Pizarro war gestalterisch bei Valentin Anikin aus dem Braunschweiger Ensemble gut aufgehoben. Die für einen Bass wie ihn hohen Tessitura seiner Rolle machte ihm nicht zu schaffen. An das mulmige Timbre und die merkwürdigen.Vokalverfärbungen des russischen Sängers kann ich mich allerdings nicht gewöhnen.

Der markante und zugleich sympathische Bass von Rainer Mesecke passte bestens zum Rocco; er hatte zeitweise jedoch Probleme, sich gegenüber den Bläsern aus dem Graben durchzusetzen. Wie immer gefiel als Marzelline Ekaterina Kudryavtseva durch reizende Darstellung und ihren intonationsrein und schön aufblühend geführten Sopran. Joska Lehtinen gab den Jaquino mit klarem, sauberem Tenor.  

Der Chor aus dem Off in der Einstudierung von Johanna Motter und Georg Menskes hörte sich klangvoll und ausgewogen an; stimmschön sang Sunguk Choi den ersten Gefangenen. 

Im umständehalber kläglich besetzten Haus gab es starken Applaus für alle Beteiligten; sicher war man froh, überhaupt Oper erleben zu dürfen – frei nach dem Motto: Lieber das als gar nichts!

 

Fotos: © Björn Hickmann / Stage Picture

Gerhard Eckels 1. November 2020

 

Weitere Vorstellungen: 5.,17.,26. 12. 2020

 

 

The Last Five Years

Premiere am 17. Oktober 2020

Schwungvolles Kammermusical

Auch in Braunschweig setzt man Corona-bedingt auf kleinformatige Werke. Da kam das Kammermusical von Jason Robert Brown für 2 Personen und kleine Band sehr gelegen, der darin das Scheitern seiner ersten Ehe verarbeitet hat. 2001 in Chicago uraufgeführt, erlebte es seine deutsche Erstaufführung vier Jahre später in Wuppertal, hatte aber nie so anhaltenden Erfolg wie andere Stücke dieser Gattung. Das mag an dem ungewöhnlichen Umgang mit einem doch so bekannten Thema liegen: Zwei junge Leute treffen aufeinander und verlieben sich, Jamie, ein schon mit 23 Jahren erfolgreicher Autor, und Cathy, die immer wieder vergeblich um ein Engagement in New York kämpfende Schauspielerin. Es kommt zur Hochzeit, und danach geht es mit der Beziehung allmählich bergab bis zur Trennung nach 5 Jahren. Brown lässt Jamie die Geschichte chronologisch erzählen, während Cathy sie vom Ende her aufrollt, wobei die Beiden nur einmal, nämlich bei der Hochzeit nach 2 ½ Jahren, direkt kommunizieren.

Im Kleinen Haus des Staatstheaters setzte Jessica Schauer die Handlung gelungen in Szene. Dazu baute ihr Julia Burkhardt, die auch ausgesprochen gut passende Kostüme gewählt hatte, einen leichten Treppenaufbau auf die Bühne, der sich drehen ließ, um verschiedene Szenarien anzudeuten und variablere Auftrittsmöglichkeiten zu bieten. Durch eine große Scheibe getrennt waren auch die sechs Musiker des Staatsorchesters Braunschweig noch auf der Bühne platziert: 2 Gitarristen, 2 Cellisten, 1 Geigerin und die Pianistin Johanna Motter, die die musikalische Einstudierung und Leitung des Abends mit Schwung, aber auch nachdenklichen Tempi versah.

Als Cathy begeisterte Sophia Gorgi, die in der letzten Spielzeit schon als Roxie Hart in „Chicago“ Furore gemacht hatte. Es ist ja nicht so einfach mit dem Schluss zu beginnen, aber sie traf diesen speziellen Ton einer tief verletzten, gerade verlassenen Frau mit I’m Still Hurting ebenso sicher wie später das schwärmerische The Next Ten Minutes oder das jugendlich positive I Can Do Better Than That. Musikalisch und  darstellerisch gelang ihr neben den traurigen Momenten die Szene besonders gut, in der sie sich selbst in verschiedenen Rollen sieht und dazu unterschiedliche Requisiten benutzt. Auch ihre Audition Sequence, in der sie gedanklich immer wieder von ihrem Song abschweift, ist ein Highlight.

Mit Markus Schneider – nach einem Festengagement in Braunschweig bis 2017 ebenfalls als Billy Flynn in „Chicago“ dabei – war ein idealer Jamie. Sein Shiksa Goddess läutete die kontrastreichen Stimmungswechsel der gegenläufigen Berichte ein. Gleichermaßen beweglich in Stimme und Gestaltung war sein Schmuel Song ein Höhepunkt des Abends, mit dem er Cathy nach den Absagen ihrer Bewerbungen wieder aufbauen wollte. Jungenhafter Übermut und überschäumende Freude über die gut laufende Karriere mit all ihren Anfechtungen, leichte Zweifel schon bei der Hochzeit (er redet nur immer von den nächsten 10 Minuten) sowie Reue und Schuldgefühle nach der ersten Nacht mit seiner Lektorin Elise werden wahrhaftig über die Rampe gebracht. Konsequent ist er dann der Auslöser der Trennung, mit der der Abend begann.

Szenisch sind die Wechsel zwischen den beiden Strängen auch mithilfe schnellen Kleiderwechsels sehr gut gelöst worden. Von den Zuhörern wird jedoch höchste Konzentration gefordert, um die jeweiligen textreichen Songs und die  Befindlichkeit der Protagonisten in den Ablauf einzuordnen. Spannend gemacht ist es auf jeden Fall.

Das Corona-reduzierte Publikum spendete allen Akteuren starken, lang anhaltenden Beifall.  

 

Marion Eckels 18. Oktober 2020

Fotos: © Thomas M. Jauk

 

Nächste Vorstellungen: 21. Oktober, 04., 07., 08. +11. November u.a.

 

 

 

Es geht wieder los!

Auch in Braunschweig beginnt nach halbjähriger Corona-Pause wieder der Spielbetrieb, allerdings mit den inzwischen allseits bekannten erheblichen Einschränkungen. Das Staatstheater hatte erfreulicherweise die Tradition beibehalten, die neue Saison mit einem Theaterfest zu eröffnen, bei dem alle Sparten vor und im Großen und Kleinen Haus Einblicke in das neue Programm ermöglichten. Für uns begann es mit Kostproben aus dem Musiktheater; die Dramaturginnen Sarah Grahneis und Theresa Steinacker führten kurz in die Vorhaben ein, wie sie aus der unten aufgeführten Saisonvorschau ersichtlich sind. Aus „Fidelio“ sang Ekaterina Kudryavtseva mit anrührendem Ausdruck Marzellines Arie „O wär‘ ich schon mit dir vereint“. Ihr folgte Markus Schneider mit einem Ausschnitt aus „The Last Five Years“, dem Kammer-Musical von Jason Robert Brown, das um eine gescheiterte Beziehung geht, gesehen aus den unterschiedlichen Perspektiven der beiden Protagonisten. Mit angemessenem Tenorstrahl versah Kwonsoo Jeon eine Arie des Prinzen aus Dvoraks Oper „Rusalka“, die im tschechischen Original aufgeführt wird. Das neue Ensemblemitglied Isabel Stüber Malagamba sang mit volltimbriertem Mezzo etwas aus Jake Heggies Oper „Dead Man Walking“, die die Begleitung eines zum Tode verurteilten Mörders durch Schwester Helen zum Inhalt hat. Schließlich erfreute Maximilian Krummen als Papageno, der sich „ein Mädchen oder Weibchen“ wünschte. Jeweils sicher begleiteten die neuen Korrepetitoren Eleonora Siciliano und Sangho Lee.

Mit ausgesprochen launiger Moderation stellte die Dramaturgin des Tanztheaters Ira Goldbecher die beiden genannten Pianisten sowie vier neue Mitglieder des Tanztheaters vor. Neben kurzen Gesprächen zeigten Fenia Chatzakou, Yuri Fortini, María Gabriela Luque und Nils Röhner, teilweise das Publikum zum Mitmachen animierend, ihre große Beweglichkeit und Ausdrucksstärke. Ein besonders schönes Schmankerl war der aparte, von Isabel Stüber Malagamba gesungene Song der mexikanischen Komponistin Maria Grever (1885-1951), den María Gabriela Luque mit geschmeidiger Eleganz interpretierte.

Den vielseitigen Einblick in die neue Spielzeit beschloss das Staatsorchester Braunschweig unter der Leitung von Generalmusikdirektor Srba Dinić. Entgegen der Ankündigung gab es keine Vorschau auf die neue Konzertsaison, sondern ein festliches Konzert in kleiner Besetzung vor dem Eisernen Vorhang, in dem fast ausnahmslos Barockes musiziert wurde. Nach Charpentiers „Tedeum“ zur Eröffnung erklangen virtuose Händel-Arien, mit denen sich die koloratursichere Jelena Banković, Ekaterina Kudryavtseva mit einer ausdrucksintensiven Arie aus „Alcina“ – ab Januar 2021 auf dem Spielplan – und Maximilian Krummen mit prägnantem Bariton präsentierten. Außerdem hörte man Sätze aus barocken Solokonzerten, in denen Konzertmeister Joachim Heimbrock, Soloflötist Jürgen Westenberger sowie Orchesterdirektor und Solotrompeter Martin Weller ihr beachtliches Können zeigen konnten.

Insgesamt hat dieses Theaterfest neugierig auf die neue Spielzeit gemacht. Außerdem bewährte sich hier das von der Theaterleitung entsprechend den Vorgaben ausgeklügelte Hygienekonzept, dem sich das Publikum durchgehend widerspruchslos fügte und dadurch zeigte, dass man sich die Theaterbesuche durch die leider notwendigen Einschränkungen offenbar nicht vermiesen lassen will.

 

Gerhard Eckels 7. September 2020

 

Liederabend „An die Hoffnung“

Dachterrasse des Kleinen Hauses am 5. Juli 2020 

Anspruchsvoll

Am Ende der durch Corona stark beeinträchtigten Spielzeit, in der das Staatstheater mit verschiedenen Online-Angeboten und vor allem mit der begeistert aufgenommenen Aktion „Wir kommen zu Ihnen“ den Kontakt zum Braunschweiger Publikum aufrecht erhielt, gibt es vier Liederabende auf der Dachterrasse des Kleinen Hauses des Staatstheaters mit der Mezzosopranistin Dorothea Spilger, die Christopher Lichtenstein am Klavier begleitete. Am späten Nachmittag des 5. Juli 2020 hatte sich eine wegen Corona nur kleine Schar von nicht mehr als 30 Personen auf der reichlich windigen Dachterrasse des Kleinen Hauses eingefunden. Gegen den Straßenlärm und vor allem das durch den starken Wind verursachte Blätterrauschen anzumusizieren, war gewiss nicht einfach. Dennoch gelang es den Künstlern fast immer, die nötige Spannung aufzubauen. Das gewählte Programm war für einen Sommer-Nachmittag sehr anspruchsvoll, weil weitgehend ernste und traurige Lieder erklangen. Es begann mit dem titelgebenden Beethoven-Lied „An die Hoffnung“, dem zehn Lieder von Johannes Brahms folgten. Durchgehend führte die das Braunschweiger Ensemble am Ende der Spielzeit verlassende Sängerin ihren volltimbrierten, tragfähigen Mezzo kultiviert und sicher durch alle Lagen und gestaltete die Lieder klug dem jeweiligen Inhalt nachempfunden. Mit vorbildlicher Diktion verfügte sie über den nötigen langen Atem (z.B. „An eine Äolsharfe“, „Der Tod, das ist die kühle Nacht“ oder „Auf dem Kirchhof“). Ihre ausgeprägte Gestaltungskraft gefiel besonders in den Liedern mit stärkerem dramatischem Zugriff wie in „Liebestreu“ oder „Madrigal“, „Lob des Leidens“ und „Aus den Liedern der Trauer“ aus den fünf frühen Liedern op.15 von Richard Strauss. Am Klavier war Braunschweigs 1.Kapellmeister ein zuverlässiger, partnerschaftlich auf die Sängerin eingehender Begleiter. Mit der den Rahmen des Liederabends sprengenden Erzählung Sieglindes aus dem 1. Akt von Richard Wagners „Walküre“ und dem schlichten, die Gemüter wieder beruhigenden Brahms-Volkslied „Da unten im Tale“ bedankten sich die Künstler für den lang anhaltenden Applaus des sehr angetanen Publikums.

 

Foto: © Staatstheater Braunschweig

Weitere Vorstellungen: 7. und 8. Juli 2020

Gerhard Eckels 6. Juli 2020

 

 

SAISONVORSCHAU 2020 / 21

Nach wie vor ist völlig offen, ob und wenn ja mit welchen konkreten Einschränkungen die Häuser des Braunschweiger Staatstheaters bespielt werden dürfen, wie die Generalintendantin Dagmar Schlingmann in der heutigen Pressekonferenz zum Programm der nächsten Saison betonte. Das ist anders als beispielsweise im Nachbarland Sachsen-Anhalt, wo inzwischen Kultureinrichtungen natürlich mit Corona-Auflagen wieder geöffnet werden dürfen. Unter diesem Vorbehalt sind die unten aufgeführten Musiktheater-Pläne des Staatstheaters zu sehen, die allerdings für 2020 mögliche Einschränkungen teilweise bereits mitberücksichtigen:

 

Fidelio, eine Bearbeitung der Oper, die auf der von Beethoven selbst autorisierten „Harmoniemusik“ von Wenzel Sedlák (1776-1851) basiert – Premiere am 10.10.2020

(Dirigent: Srba Dinić, Inszenierung: Dagmar Schlingmann)

The Last Five Years, Musical von Jason Robert Brown - Premiere am 17.10.2020

(Dirigent: Johanna Motter, Inszenierung: Jessica Schauer)

Rusalka – Premiere am 28.11.2020

(Dirigent: Christopher Lichtenstein, Inszenierung: Dirk Schmeding)

Alcina Premiere am 16.1.2021

(Dirigent: Christopher Lichtenstein, Inszenierung: Ben Baur)

Dead Man Walking (Jake Heggie) – Premiere am 27.2.2021

(Dirigent: Christopher Lichtenstein, Inszenierung: Florentine Klepper)

Die Zauberflöte Premiere am 10.4.2021

(Dirigent: Srba Dinić, Inszenierung: Dagmar Schlingmann)

Hanjo (Toshio Hosokawa) – Premiere am 22.5.2021

(Dirigent: Alexis Agrafiotis, Inszenierung: Isabel Ostermann)

Madama Butterfly – Premiere auf dem Burgplatz am 3.7.2021

(Dirigent: Srba Dinić, Inszenierung: Andrea Schwalbach)

 

Wiederaufnahme: Hänsel und Gretel      

 

Gerhard Eckels 8. Juni 2020

 

 

ANGELS IN AMERICA

Premiere am 29. Februar 2020

Starkes Musiktheater

Joska Lehtinen/Rik Willebrords/Milda Tubelyte/Rainer Mesecke

Die 2004 in Paris uraufgeführte Oper „Angels in America“ des ungarischen Komponisten Peter Eötvös (Jahrgang 1944) hat es schnell in die Spielpläne auch mittlerer und kleiner Häuser geschafft. Der Oper liegt das gleichnamige, für das Libretto stark gekürzte fünfstündige Schauspiel des Amerikaners Tony Kushner zugrunde. Das seit Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts überaus erfolgreiche, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Theaterstück ist eine bittere Abrechnung mit dem bigotten Amerika der ausgehenden 80er-Jahre und die Aufarbeitung der apokalyptischen Gewalt der Aids-Epidemie, die damals und leider auch heute noch die Stigmatisierung von Menschen mit HIV bewirkte. Inzwischen ist die Katastrophe zwar medizinisch gebannt, aber Kushners Stück und ihm folgend die Oper von Eötvös haben ihre Wirkung nicht verloren. Denn es geht dabei um Krankheit und die daraus resultierenden Folgen bis hin zum Tod, also zutiefst menschliche Probleme, nun auch durch das Corona-Virus leider hochaktuell.

Im Libretto von Mari Mezei werden in einer Art Collage verschiedene Geschichten und Personen rund um die Homosexualität und deren Problematik in der Gesellschaft miteinander verbunden: Louis trennt sich aus panischer Angst von seinem an Aids erkrankten Freund Prior, der in halluzinatorischen Visionen Besuch von einem Engel erhält, der ihn als Propheten anspricht und ihn mit dem „großen Werk“ der Rettung der Erde beauftragen will, weil Gott die Engel und den Himmel schon lange verlassen habe. Die Ehe von Harper und ihrem Mann, dem Mormonen Joe, zerbricht an dessen zunächst nicht eingestandener Homosexualität; Harper flüchtet sich in Valium-Trips, während der sie verschiedene Halluzinationen erlebt. Der Rechtsanwalt Roy M. Cohn, die einzige historische Figur des Dramas, ist ein vehementer Schwulenhasser, der mit Männern schläft; als sein Arzt ihm mitteilt, er habe Aids, beharrt er darauf, nicht schwul zu sein, sondern an Leberkrebs zu leiden. Seinen Aids-Tod begleitet ein Racheengel, der Geist von Ethel Rosenberg, die er 1953 mit einer falschen Anklage wegen Spionage auf den elektrischen Stuhl gebracht hatte. Priors Visionen kulminieren schließlich in einem großen Engelsensemble mit apokalyptischen Prophezeiungen zum Ende der Menschheit – hier wird die Tschernobyl-Katastrophe problematisiert. Die Engel wollen Prior davon überzeugen, das „große Werk“ fortzusetzen, was er jedoch ablehnt: Er will von ihnen nur gesegnet werden und mehr Zeit bekommen. Dann legt er symbolisch das Buch des Propheten nieder und lebt mit dem Willen weiter, sich gegen die Diskriminierung von Homosexuellen und damit wohl auch anderen Minderheiten mit dem Ausruf „Ich will mehr leben!“ zur Wehr zu setzen.

Joska Lehtinen/Christian Miedl

Eötvös reizte in besonderer Weise, die jeweiligen Gemütszustände und die im Stück allgegenwärtigen Visionen und Halluzinationen im Gegensatz zu den realen Geschehnissen in Musik umzusetzen. Um typisch amerikanischen Sound zu erreichen,  ließ er sich stark von amerikanischer Unterhaltungsmusik beeinflussen und integrierte deshalb Jazz-, Rock- und Musical-Elemente. So nähert er sich in der Ausführung Broadway- und Musical-Aufführungen an, indem alle Sänger Mikroports tragen, was bei den zahlreichen Sprechtexten durchaus angemessen ist. Auch das Orchester mit rund dreißig Instrumentalisten ist verstärkt; im Zusammenklang mit Alltagsgeräuschen werden originale jiddische und auch mormonische Gesänge eingebaut; darüber hinaus sorgt ein ins Orchester integrierte Vocal Trio für passenden Hintergrund-Sound. Aber auch moderne Stilmittel wie Bitonalität kennzeichnen die verschiedenen Ebenen Realität und Halluzination. Die Stimmbehandlung ist vielfältig, indem sie im Parlando-Ton vom freien Sprechen bis zu opernhaften Koloraturgesängen der Engel reicht.

Maximilian Krummen/Zhenyi Hou

Die Neuinszenierung in Braunschweig setzte dies alles sehr geschickt um, indem die vielen Szenenwechsel mit Hilfe der Drehbühne auf einer großen Freifläche mit Blick auf die Skyline von New York erfolgten; die jeweiligen Spielorte wurden durch wenig Mobiliar nur angedeutet. Auf der rechten Seite führte vor älteren Hochhäusern eine Stadtautobahn vorbei (Ausstattung: Adriane Westerbarkey). Das Regieteam um Florentine Klepper ließ den zweiten Teil des Abends nach der großen Zäsur des Anschlags auf das World Trade Center im September 2001 spielen und stellte damit sinnfällig die Verbindung zur Jetztzeit her. Spektakulär krachte vor der Pause das Gebäude mit gewaltigem Getöse und einem Feuersturm zusammen, dessen Trümmer danach auf der Bühne herumlagen. Flott und reibungslos ließen drei Damen und fünf Herren, die mit Ausnahme von Prior und „seinem“ Engel mehrere Rollen zu spielen haben, die vielen Szenen mit den zahlreichen Kostümwechseln, z.B. in das schrill-bunte Engels-Outfit, ablaufen. Man konnte sich gut vorstellen, wie viel Probenarbeit dazu erforderlich war, zumal die Regie offensichtlich ebenso großen Wert darauf gelegt hatte, die unterschiedlichen Charaktere der handelnden Personen sorgfältig nachzuzeichnen.

Milda Tubelyte/Maximilian Krummen 

Die darstellerisch und stimmlich hohen Anforderungen ihrer Partien erfüllte das Opernensemble ausgezeichnet. Da ist zunächst Christian Miedl mit gut nachvollziehbarer Gestaltung des leidenden Prior zu nennen; anfangs gefiel besonders, wie weich, geradezu zärtlich er seinen flexiblen Bariton führte, um später in der großen Anklage über die Zustände in der Welt höhensicher und dramatisch aufzutrumpfen. Ebenso halsbrecherisch ist die Partie „seines“ Engels angelegt, mit der sich Jelena Banković glänzend präsentierte. Als drogensüchtige und der zerbrechenden Ehe nachjammernde Harper beeindruckte Milda Tubelytė, die auch den Geist von Ethel Rosenberg mit einiger Dämonie versah. Dabei fiel positiv auf, wie gut ihre Textverständlichkeit war; ihren wie immer erfreulich kultivierten Mezzo setzte sie gekonnt unterschiedlich in den beiden Rollen ein. Eine starke Szene gab es, als sich Harper und Prior in ihren jeweiligen Träumen/Halluzinationen begegneten.

Maximilian Krummen gab Harpers Ehemann Joe als stets ein wenig zweifelnden, braven Biedermann, zu dem sein ausgeglichener Bariton gut passte.

Strotzend vor Selbstgefälligkeit war der korrupte Anwalt Roy Cohn von Rainer Mesecke, dessen starker Bass rollengerecht Eindruck machte. Priors Lebensgefährte Louis, der dessen Krankheit nicht ertragen konnte und dies mit aufgesetzter Munterkeit zu überdecken suchte, war bei Joska Lehtinen und seinem prägnanten Tenor gut aufgehoben. Auffällig war die Variationsbreite, mit der Zhenyi Hou und Rik Willebrords  ihre unterschiedlichen Partien zu gestalten wusste. Die Altistin war mit guten Höhen und ebenso überzeugenden Tiefen der skurrile Rabbi Chemelwitz, der ernste Arzt Henry und die besorgte Mutter von Joe, in dessen Wohnung sie erstmal für Sauberkeit sorgte. Als Krankenpfleger Belize, der seine Mühe mit den beiden Aids-Kranken Prior und Roy hatte, als Harper eine touristische Reise in die Antarktis versprechender Mr. Lies und als obdachlose Pennerin setzte der Counter seine klangvolle Stimme passend zur jeweiligen Charakterisierung ein.

Jelena Bankovic/Christian Miedl

Die musikalische Gesamtleitung hatte Braunschweigs 1. Kapellmeister Christopher Lichtenstein, der den vielschichtigen Apparat gut im Griff hatte. Mit präziser Zeichengebung sorgte er zuverlässig dafür, dass das blendend disponierte Staatsorchester, die eingespielten Großstadtgeräusche, ein Terzett des NDR-Chores Hamburg sowie die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne stets zusammen blieben.

Fazit: Eine in allen Bereichen gelungene Premiere starken Musiktheaters der Moderne, dem viele gut besuchte Nachfolge-Vorstellungen und Neuproduktionen zu wünschen sind.

Das Premierenpublikum spendete reichlich Beifall für alle Mitwirkenden einschließlich des anwesenden Komponisten.

 

Fotos: © Thomas M. Jauk

Gerhard Eckels 1. März 2020

 

Weitere Vorstellungen: 3.,8.,13.,18.,25.3.+16.4.2020

 

 

Zum Zweiten

EUGEN ONEGIN

Vorstellung am 21. Februar 2020

Premiere am 17. Januar 2020

Alternativbesetzung

In der Inszenierung mit sparsamster Ausstattung und nicht immer einsichtigen Regieeinfällen der Braunschweiger Operndirektorin Isabel Ostermann konnte man jetzt die Alternativbesetzung in den Hauptpartien erleben. Bei dem Ablauf der „Lyrischen Szenen“ irritierten wieder die Auftritte des Fürsten Gremin in den ersten Bildern, der merkwürdige maskenhafte Auftritt von Triquet, die Alpträume Tatajanas („Kinderhochzeit“) und Onegins („Herumtanzen“ mit Lenski nach dem Duell) sowie die durchgehend schwarze Kostümierung der Choristen in Festtagskleidung aus verschiedenen Jahrhunderten (vgl. Besprechungen unten).

Milda Tubelyte/Kwonsoo Jeon/Ekaterina Kudryavtseva/Zachariah N. Kariithi

Dagegen war auch die Alternativbesetzung darstellerisch und stimmlich von achtbar hohem Niveau; es ist schon erstaunlich, dass wie in der Premiere die Protagonisten mit Ausnahme der Larina (Edna Prochnik mit starkem, in vielen dramatischen Partien gestähltem Mezzo) aus dem Haus besetzt werden konnten. Zachariah N. Kariithi aus Kenia gab den Eugen Onegin nach Vorgabe der Regie als freundlichen, unkomplizierten Nachbarn und nicht als arroganten Schnösel, was vielleicht glaubhafter erscheinen ließ, dass sich Tatjana so unsterblich in ihn verliebt. Stimmlich kam er vor allem am Schluss bei den dramatischen Steigerungen an seine Grenzen; vielleicht kommt der Onegin für den jungen Sänger doch noch zu früh. In den lyrischeren Teilen allerdings konnte sich sein farbenreicher Bariton deutlich besser entfalten. Tatjana war Ekaterina Kudryavtseva, die  in dieser dankbaren Partie beweisen konnte, dass sie nach der Mimi nun endgültig ins jugendlich-dramatische Fach hinein gewachsen ist. Sie gestaltete das schüchterne, schwärmerische Mädchen ebenso glaubwürdig wie später die gestandene, zu ihrem Ehemann haltende Frau. In der berühmten Briefszene berührten einen besonders die wunderbaren Piani; außerdem gelangen ihr die dramatischeren Passagen höhensicher und ungemein ausdrucksstark. In der Rolle des unglücklichen Lenski überzeugte mit glaubhafter Darstellung Kwonsoo Jeon, der seinen charakteristischen Tenor mit dem erforderlichen Glanz versah und sich in der traurigen Abschiedsarie klug zurückhielt.

Zachariah N. Kariithi/Ekaterina Kudryavtseva/Jisang Ryu

Die kleine Partie des Fürsten Gremin, der die wohl bekannteste Arie über die Liebe zu singen hat, war Jisang Ryu anvertraut, der mit in allen Lagen gleichmäßig fülligem Bass aufwartete. Erneut erfreute Milda Tubelytė als Olga durch ihre Munterkeit im Spiel und ihren in allen Lagen ausgeglichenen Mezzosopran. Als gebrechliche Amme Filipjewna war auch Zhenyi Hou wieder dabei, deren voll timbrierter Mezzo die Rolle gut ausfüllte. Schließlich ergänzten solide Sungmin Kang als erneut ausgesprochen stimmschöner Triquet, Rainer Mesecke (Saretzki) und Peter Hamon (Hauptmann).

Wenn auch der von Georg Menskes und Johanna Motter einstudierte Chor im Walzer bei Tatjanas Namenstagfest etwas wackelte, beeindruckte ansonsten die Ausgewogenheit und Fülle des Klanges. Am Pult des an diesem Abend vor allem im ersten Teil wegen einiger ungleichmäßiger Ansätze bei den Holzbläsern und Horn-Problemen nicht durchweg überzeugenden Staatsorchesters stand erneut Braunschweigs GMD Srba Dinić, der alles souverän zusammenhielt und deutlich auf Dramatik setzte, was man sonst in den „Lyrischen Szenen“ so nicht hört.  

Das Publikum im leider viel zu dünn besetzten Haus spendete lang anhaltenden, starken Applaus.

 

Fotos: © Björn Hickmann

Gerhard Eckels 22. Februar 2020

 

 

 

EUGEN ONEGIN

Besuchte Aufführung am 24.01.20 (Premiere am 17.01.20)

Lethargische Leere

Es liegt weitgehend an der szenischen Umsetzung von Isabel Ostermann, daß Tschaikowskys "Eugen Onegin" am Staatstheater Braunschweig eine recht halbgare Geschichte geworden ist. Schon der helle Rundhorizont von Stephan von Wedel, der jeweils mit wenigen Requisiten( Grabstein, Zelt, Laub, die handelsüblichen Stühle, Lampions für das Larina-Fest, Lüster für Petersburg) umdekoriert wird, was zudem durch unterbrechende Umbaupausen ohne wirklich großen szenischen Mehrwert den Fluß der Vorstellung ins Stocken bringt. Die Bühne auf der Bühne des letzten Bildes hätte man sich dann auch sparen können. Die Solistenkostüme von Julia K.Berndt sind in ihrer "Modemarke Desigual goes Russia"-Attitude und ihrer exquisiten Farbgebung schön anzusehen, der Chor lässt leider in einem "Alles in Schwarz aus dem Fundus", weder eine Zeitverortung, noch die in der Oper wichtigen sozialen Sphären zu. Dazwischen viele klein, oft unnötige "Ideen", wie der fußballspielende Neffe der Amme, die merkwürdige Kinderhochzeit, die Chorführung, die mal auf antike Tragödie deutet, sich dann doch irgendwie zu einem Tänzchen (nicht originelle Choreographie von Markus Schneider) bequemt. Das Allerschlimmste jedoch ist die darstellerische Umsetzung, oft mit starrem Blick frontal ins Publikum oder auf den Dirigenten, das gibt dem Abend so etwas von einer semikonzertanten Aufführung. Auch die versuchte szenische Klammer einer geschminkten Maske; a la "Joker" aus "Batman", die verschiedene Protagonisten dämonisch wechselt ( Vorsänger Erntechor, Triquet, Duellant und schließlich Gremin) und wohl eine Art Fatum vorstellt, kann da nichts retten. Letztendlich glaube ich in fast keinem Augenblick dem Dargestellten. Soviel zur Szene.

Musikalisch fängt natürlich Tschaikowskys hochemotionale Musik in ihrer Umsetzung den Abend auf. Ivi Karnezi ist eine wunderbare Tatjana, die mit eigen leuchtendem Sopran bezaubert, manchmal jedoch einen Hauch unter der Intonation liegt, ihr gelingt in der finalen Auseinandersetzung mit Onegin eine ganz wunderbar berührende Stelle. Maximilian Krummen trägt mit substanzreichem Bariton gesanglich die Titelpartie, vokal bewegt er sich meistens im Mezzoforte und lässt wenig Zwischentöne hören, irgendwie habe ich den Eindruck, daß er sich in der Partie, noch nicht, ganz wohl fühlt. Joska Lehtinen gibt vor allem in der Abschiedsarie einen überzeugenden Lenski mit feinem, lyrischen, noch etwas weißen Tenor, im Ensemble mit der Duellforderung muss er achtgeben, das er in seiner unteren Lage den Stimmsitz behält. Milda Tubelyte singt mit prächtigem Mezzo die Olga scheinbar mit "links". Fürst Gremin mit herrlich satter Tiefe und etwas gaumigem Klang wird von Valentin Anikin gut gestaltet. Edna Prochnik muß als Gutsbesitzerin Larina Laub fegen, gefällt jedoch, ebenso wie Zhenyi Hou als Amme mit üppigem Stimmmaterial. Bei der Njanja/Amme wirkt es sehr skurril, daß eine so offensichtlich junge Sängerin "einen auf alt und hinfällig" machen muß, immerhin darf sie dann im Finale des Landfestes tot umfallen. Sungmin Kang muß seinen Triquet als dämonischen Pantomimenpierrot , bereits erwähnt Hybris, spielen, lässt aber mit interessantem Tenor aufhorchen. Rainer Mesecke und Ross Coughanour ergänzen solide als Saretzki und Hauptmann.

Srba Dinic lässt, was man heutzutage selten hört, einen recht dramatischen "Onegin" aufrauschen, kleine Wackler (Erntechor) hat er stets schnell wieder in Griff. Später bei den Gustostückchen, Triquet-Couplet und Gremin-Arie, pflegt er recht langsame Tempi, die es den Sängern nicht gerade einfach machen. Der Chor und das Staatsorchester liefern sehr ordentliche Leistungen ab, ohne diesmal ganz das Niveau zu erreichen, was man sonst in Braunschweig gewohnt ist. Ein szenisch sehr lauer Abend, der zumindest das Stück nicht kaputt macht, mit musikalischen Meriten.

 

Martin Freitag, 29.1.2020

Bilder siehe Premierenbesprechung unten!

 

 

THE TELEPHONE/ TWICE THROUGH THE HEAR

Besuchte Derniere am 22.01.20
(Premiere am 27.10.19)

Kleines Haus - immer spannend

Für die Neugierigen unter den Opernfreunden sind die kleinen, aber feinen Abende im Kleinen Haus des Staatstheaters Braunschweig eigentlich immer spannend; kann man doch Formate des Musiktheaters erleben, die auf einer großen Bühne untergehen würden oder durch ihren kammermusikalischen Duktus einfach besser auf eine Kammerbühne passen. So auch die beiden englischsprachigen Werke, die auf den ersten Blick nicht so viel miteinander zu tun haben: Gian Carlo Menottis "Das Telefon oder Liebe zu Dritt" für zwei Sänger und die Dramatische Szene "Zweimal durchs Herz" von Mark-Anthony Turnage. Beide jeweils halbstündigen Werke werden direkt hintereinander gespielt. Menottis Opera Buffa um die Schwierigkeit eines jungen Mannes, einen Heiratsantrag zu machen, weil immer das Telefon klingelt, so daß der Antrag schließlich über das Telefon erfolgt, ist in unserem heutigen Kommunikationsdschungel aktueller denn je. Die Regisseurin Eva-Maria Weiss rückt ihn durch Einbeziehung von von Alexa und Videostreaming, die Oper ist von 1946, direkt in die Heimmedien und verpasst dem kurzweiligen Werk die Optik eines Videoclips, schön bunt und etwas schräg.Lisa Fütterer hat die effektvolle Ausstattung des Abends entworfen.
Der zweite Teil ist deutlich ernster: eine Art Liederzyklus um eine Gattenmörderin, die nach Jahrzehnten psychischer und physischer Gewalt keinen Ausweg sah, sich aus ihrer Ehehölle zu befreien, als ihrem Mann zweimal durchs Herz zu stechen. Die interessanten Hintergründe um Rechtssprechung haben zwar mit dem Stück nicht direkt zu tun, sind aber lesenswert. Auch hier das Thema Kommunikationsschwierigkeiten. Weiss lässt die Opfer/Täter-Protagonistin ihr Martyrium einer Videokamera erzählen, eine sehr schöne Klammer mit dem ersten Teil. Turnages Musik ist modern, doch direkt emotional berührend, denn sie hat  musikalisch durchaus Rückgriffe auf die Spätromantik. Zwischen den einzelnen Liedern oder Szenen sind wunderbar orchestrierte Zwischenspiele, die selbst in der Kleinteiligkeit des Stückes auch an bißchen an die "Interludes" von Brittens "Peter Grimes" erinnern, die die Szenen der großen Oper miteinander verbinden. 
Jelena Bankovic und Zachariah N.Kariithi als Lucy und Ben singen mit lockerem Sopran und Bariton den heiteren Ton der komischen Oper und gefallen mit engagiertem Spiel, während Dorothea Spilgers apart goldfarbener Mezzosopran mit manchmal fast zuviel Tongebung die Soloszene erfüllt, hier eine starke Verinnerlichung des Charakters. Alexis Agrafiotis findet für beide sehr unterschiedlichen Musiksprachen den jeweils richtigen Ton und das Kammerensemble aus dem Staatsorchester Braunschweig klingt einfach prächtig. Optisch versuchte die Regisseurin eine enorme Abwechslung in die Stunde zu fassen, weniger wäre vielleicht mehr,gerade für den zweiten Teil, obwohl es wirklich gut gemacht war. Denn weniger für die Augen, heißt manchmal mehr für die Ohren. Trotzdem ein toller Musiktheaterabend in all seiner Kürze.
 
Martin Freitag, 28.1.2020
Bilder siehe premierenbesprechung weiter unten
 

 

 

EUGEN ONEGIN

Premiere am 17. Januar 2020

Karge Sparsamkeit

Joska Lehtinen/Maximilian Krummen/Milda Tubelyte/Ivi Karnezi/Edna Prochnik

Um deutlich zu machen, dass „Eugen Onegin“ keine herkömmliche Oper ist, nannte Tschaikowsky seine Vertonung des Versromans von Alexander Puschkin „Lyrische Szenen“. Er wollte „…vor allen Dingen keine Könige, keine Volkstumulte, keine Götter, keine Märsche, kurz nichts von alledem, was zu den Attributen der ‚grande opéra‘ gehört. Ich suche ein intimes, aber erschütterndes Drama, welches auf dem Konflikt solcher Situationen basiert, die ich selbst durchgemacht oder gesehen habe, und welche mein Herz zu rühren imstande sind.“ Diese in einem Brief an seinen Schüler Serge Tanejew ausgeführten Gedanken scheint die Regisseurin Isabel Ostermann geradezu wörtlich genommen zu haben. Denn Kulissen, die den Namen verdienen, und opernhafte Ausstattung gibt es in ihrer Neuinszenierung überhaupt nicht. Man wurde den Eindruck nicht los, dass die Braunschweiger Operndirektorin vormachen wollte, dass man Opernaufführungen auch sparsam angehen kann. So hatte Bühnenbildner Stephan von Wedel vor einem hellen, kahlen Rundhorizont im 1. Bild, auf dem Landgut Larinas, lediglich Andeutungen aufgestellt: Ein Grabstein (Larinas Ehemann?), ein paar Klappstühle, ein kleines Zelt und dazwischen aufgehäuftes Herbstlaub, mit dem sich später Tatjana und Olga neckisch bewarfen. Und das ging so weiter mit der kargen Ausstattung, wenn in Tatjanas Namenstagsfest vom Schnürboden herabgelassene bläuliche Lampions die Szene beleuchteten; die Duellszene fand auf gänzlich leerer Bühne statt; irgendwie inkonsequent war die letzte Szene, in der sich Tatjana und Onegin vor einem golden umrahmten Eingang auseinandersetzten. Lediglich bei den historisierenden, farbenfreudigen Kostümen (Julia K. Berndt) erlaubte sich das Regieteam etwas mehr Ausstattung, wenn man auch Tatjana und Olga beim Fest im 2. Akt jeweils ein anderes Kleid als das, in dem sie im Laub gespielt haben, gewünscht hätte.

Valentin Anikin/Edna Prochnik/Ivi Karnezi/Milda Tubelyte

Die Choristen, durchweg in festliches Schwarz gekleidet, wurden meist nebeneinander hinten am Rundhorizont aufgestellt, wenn sie nicht bei besagtem Fest Walzer tanzten oder beim Fürsten Gremin mit lächerlichen Karnevalshütchen auf dem Kopf herumalberten. Nicht erkennen konnte man, dass es eigentlich Bauern nach eingebrachter Ernte oder Beeren pflückende Mädchen sind. Opernhafte Effekte gab es trotz der Bühnenkargheit dann doch, und zwar Alpträume, die Tatjana und Onegin jeweils heimsuchten, Tatjana am Morgen nach der Briefszene, wenn sie zum Chor der Mädchen anknüpfend an Filipjewnas Erzählung aus ihrer Jugend eine Trauung von Kindern ansehen musste, sowie Onegin, der zur vom Orchester gespielten Polonaise nach dem Duell den getöteten Lenski „zum Leben erweckte“ und mit ihm über die Bühne tanzte; die homoerotische Andeutung findet im Libretto keinen Anhaltspunkt.

Durch die äußerliche Kargheit kommt die Regisseurin dem angestrebten Ziel Tschaikowskys entgegen, die Beziehungen der handelnden Personen und deren Konflikte in den Vordergrund zu stellen. Auch dadurch, dass die Protagonisten oft an der Bühnenrampe standen und ihre Gedanken ins Publikum sangen, wurden die inneren Vorgänge der handelnden Personen sinnfällig verdeutlicht. Manches erschloss sich allerdings nicht so recht: Fürst Gremin hatte bereits in den ersten beiden Akten stumme Auftritte, offenbar als Larinas Verehrer; in der Duellszene stand am Anfang nicht etwa Olga, von der ja Lenski so herzzerreißend innerlich Abschied nimmt, sondern Tatjana links vorn am Bühnenrand.

Ivi Karnezi/Zhenyi Hou

Über die oft trostlose Optik half wieder einmal die Musik hinweg, und das lag auch am energiegeladenen, präzisen Dirigat von GMD Srba Dinić, der mit dem weitgehend aufmerksamen, am Premierenabend nur solide musizierenden Staatsorchester alle Facetten der vielschichtigen Partitur angemessen ausdeutete. Vom Sängerensemble ist Erfreuliches zu berichten: An erster Stelle ist  Ivi Karnezi als Tatjana zu nennen, die die zurückhaltende, schwärmerische Jugendliche und später die gereifte, treue Ehefrau glaubhaft gestaltete. Sie führte ihren ausdrucksvollen Sopran sicher von den ruhigen, lyrischen Passagen bis in  leidenschaftliches Forte. Maximilian Krummen gab den Onegin anfangs weniger als arroganten Schnösel, wie man es oft erlebt, sondern eher als netten harmlosen Mann aus der Nachbarschaft. Der junge Sänger mit in allen Lagen abgerundetem Bariton kam erst ganz am Ende der Oper an seine stimmlichen Grenzen, als es doch sehr dramatisch wurde. Ihm nicht anzulasten war, dass er in der Solo-Szene nach der Polonaise zeitweise wegen des zu stark aufspielenden Orchesters kaum zu hören war.

Valentin Anikin/Ivi Karnezi/Maximilian Krummen

Mit engagiertem Spiel gefiel als Lenskij Joska Lehtinen, der mit klarem, prägnantem Tenor beeindruckte. Olga war Milda Tubelytė, die einmal mehr durch munteres Spiel und kultiviertes Singen für sich einnahm. Mit starkem, an hochdramatische Partien gewohntem Mezzo füllte Edna Prochnik Larina aus.  Zhenyi Hou hatte die Amme Filipjewna als gebrechliche alte Frau zu geben, was zu ihrem jungen, charaktervollen Mezzo nicht so recht passen wollte. Mit mulmiger, nicht immer intonationsreiner Führung seines voluminösen, etwas hohlen Bass wartete Valentin Anikin als Fürst Gremin auf, der im letzten Akt wegen seiner im Libretto genannten Kriegsverletzung auf den Rollstuhl angewiesen war. Die kleineren Partien waren mit Rainer Mesecke (Saretzki), Sungmin Kang (als stimmschöner Triquet) und Peter Hamon (Hauptmann) rollengerecht besetzt. Wie gewohnt entwickelte der von Georg Menskes und Johanna Motter einstudierte Chor prächtigen, ausgewogenen Klang; allerdings klapperte es ein wenig im Bauernchor des 1. Bildes.

Das Publikum im für eine Premiere nur mäßig besetzten Haus bedankte sich bei allen Mitwirkenden der Produktion mit starkem Beifall, der beim Regieteam, dass sich einige Buh-Rufe gefallen lassen musste, deutlich verhaltener war.

 

Fotos: © Björn Hickmann

Gerhard Eckels 18. Januar 2020

 

Weitere Vorstellungen: 24.1.+2.,9.,21.2.+22.,27.,29.3.+21.4.+9.,22.5.2020

 

 

Neujahrskonzert

in der Stadthalle am 2. 1. 2020

Beethoven satt

Diesmal gab es wegen des beginnenden Beethoven-Jahres eine von den bei Neujahrskonzerten üblichen Werken abweichende Programmfolge. Unter dem Motto „Durch Nacht zum Licht“ erklangen (fast) ausschließlich Werke von Ludwig van Beethoven. Dabei setzte Braunschweigs Generalmusikdirektor  Srba Dinić – wie von ihm gewohnt – auf äußerst kontrastreiches Musizieren. In der Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 waren es die gewählten Tempi, die für spannende Kontraste sorgten; im Finale der wie in der 5. Sinfonie ebenfalls den Weg durch Nacht zum Licht nachzeichnenden Ouvertüre führte das aberwitzig schnelle Zeitmaß die sonst zuverlässigen Violinen des Staatsorchesters fast an ihre Grenzen. Im folgenden 3. Klavierkonzert erlebte man Braunschweigs „artist in residence“ Olga Scheps, die im partnerschaftlichen Zusammenspiel mit dem Staatsorchester eine begeisternde, die verschiedenen Stimmungen des Konzerts intensiv ausdeutende Interpretation präsentierte. In besonderem Maße imponierte die spannungsreiche Dichte, die die Musiker im Largo trotz mancher Unruhe im Publikum durchhielten. Wie die russische Pianistin ihre hohe technische Perfektion und Virtuosität durchgehend dem Ausdruck unterordnete, das hatte herausragendes Niveau.

Überraschend gab es nach der Pause zunächst ein Werk des 1962 geborenen deutsch-serbischen Schlagzeugers und Komponisten Nebojsa Jovan Zivkovic. Mit teilweise ohrenbetäubenden Trommelwirbeln servierten die drei Musiker des Staatsorchesters Matthias Lang, Jörg Oesterle und Kai Fassbinder mit spektakulärer Schlagtechnik „Trio per Uno“. Warum dieses effektvolle, bravourös gespielte Stück in die Programmfolge eingebaut wurde, konnte auch  Orchesterdirektor Martin Weller mit diesmal etwas langatmigen Erläuterungen nicht in nachvollziehbarer Weise begründen. In der anschließenden 5. Sinfonie von Beethoven, die durch Beifall nach den einzelnen Sätzen einige Spannungsverluste erleiden musste, gab es wieder reichlich Kontraste, zu denen Srba Dinic die Musiker mit schwungvoller, stets präziser Zeichengebung animierte. Da erklangen die berühmten Schicksalsschläge des Anfangs ebenso wirkungsvoll wie das drängende Andante con moto, nach dem das wunderbar filigrane Scherzo direkt in das jubelnde C-Dur-Finale überleitete. Hier bestätigte das Staatsorchester seinen guten Ruf in Norddeutschland.

Wohl um dem Publikum nun doch noch ein bisschen „richtige“ Neujahrskonzert-Stimmung zu bieten, gab es als Zugabe Johann Strauß‘ „schöne blaue Donau“, die sehr schön differenzierend dargeboten wurde, allerdings zum Beethoven-Programm nicht so recht passen wollte. Anstelle des sonst üblichen „Radetzky-Marschs“ wurde zum endgültigen Abschluss Beethovens 1808 komponierter Militärmarsch Nr.1 gespielt, der später zu Ehren des preußischen Generals Ludwig Yorck von Wartenberg „Yorckscher Marsch“ genannt wurde. Hier durfte das begeisterte Publikum nun auch ordentlich mitklatschen.

 

Fotos: © Staatstheater Braunschweig

Gerhard Eckels 3.1.2020    

 

 

CHICAGO

Premiere am 30. November 2019

Bombenerfolg

Sophia Gorgi/Ensemble

Am 3.April 1924 erschoss die verheiratete Beulah Annan ihren Liebhaber in Chicago: Sie stellte sich nach ihrer Verhaftung den Fotografen und machte den Gerichtssaal zu ihrer Bühne. Als das Interesse der Öffentlichkeit abzunehmen drohte, erklärte sie, schwanger zu sein, wohlwissend, dass Schwangere in Illinois nicht hingerichtet werden durften. Nach dieser Eröffnung sorgte ihr Rechtsanwalt dafür, dass der Prozess beschleunigt abgewickelt wurde; mit Hilfe der Presse wurden Lebenslauf und Tathergang so geschönt, dass die Angeklagte schließlich freigesprochen wurde.

Die junge Reporterin Maurine Dallas Watkins erhielt von der „Chicago Tribune“ den Auftrag, eine Serie über Frauen zu schreiben, die ihren Mann oder Liebhaber getötet hatten. Sie verfasste daraus ein Schauspiel, das am 30.Dezember 1926 in New York uraufgeführt wurde und 172 Aufführungen erreichte, bevor es in Chicago nur neun Wochen Laufzeit hatte. 1927 folgte ein Stummfilm, 1942 ein Tonfilm mit dem Titel „Roxie Hart“ und Ginger Rogers in der Hauptrolle. Aber erst nach dem Tode der Autorin wurde die Freigabe des Stoffes für ein Musical erteilt. Fred Ebb und Bob Fosse schrieben das Buch, Ersterer auch die Liedtexte, die John Kander mit Musik unterlegte. Es entstand eine bitterböse Satire auf die amerikanische Justiz und deren Verfahrensweisen. Am 3.6.1975 fand die Musical-Premiere in New York statt und hatte mit 923 Vorstellungen eine der längsten Laufzeiten überhaupt; Deutschlandpremiere war 1977 in Hamburg. Im Laufe der Jahre kam es u.a. über München, Berlin und Stuttgart nun auch nach Braunschweig, mit deutschem Text und englischen Songs.

Markus Schneider/ Ensemble

Die Regie lag in den Händen von Matthew Wild, der mit feiner Hand und sicherem Gespür für Effekte eine fortlaufende Revue kreierte mit einem bis auf einen Sänger des Hauses eigens zusammengestellten Musical-Ensemble. Entscheidende Mithilfe kam von Louisa Ann Talbot, die eine spannungs- und abwechslungsreiche Choreografie erdacht hatte. Conor Murphy (Ausstattung) hatte dazu eine schlichte, etwas erhöhte Spielfläche auf der Bühne entworfen, die sich wunderbar bespielen ließ. Einzige Requisiten waren Stühle, die schnell und einfach bewegt werden konnten; die 20er-Jahre-Kostüme passten hervorragend. Die geschickte Lichtregie von Katharina Möller unterstrich die wechselnden Stimmungen.

Sophia Gorgi/Marion Campbell/Markus Schneider/ Victor Petersen/ Ensemble

Die 14-köpfige Jazzband spielte mitreißend und fetzig unter der straffen Leitung von Georg Menskes, fand aber auch den richtigen Drive für die verhaltenen Passagen. Mit Sophia Gorgi als Roxie Hart hatte man eine quirlige Vertreterin gefunden, die als naive Blondine ihre Songs mit klarer Stimme brachte und das Bild einer intelligent ihr Mäntelchen nach jedem Luftzug drehenden Frau köstlich ausspielte. Ihre Knastkonkurrentin Velma Kelly war bei Fleur Jagt bestens aufgehoben: Es war eine besondere Augenweide, wie sie sich tanzend bewegte. Darstellerisch als große Schwarzhaarige war sie auch optisch ein Gegenpart zu Roxie. Der von beiden umworbene Rechtsanwalt Billy Flynn wurde von Markus Schneider gespielt, der umrahmt von jungen Damen mit überdimensionierten Spielkarten durch seinen Song “All I Care About is Love” schon zu Beginn klarmachte, dass „Love“ für ihn nur Geld und Anerkennung bedeutet. Dafür erfindet er erfolgreich die tollsten Geschichten für seine Klientinnen vor der Presse und dem Gericht. Marion Campbell als herrische, geldgierige Aufseherin „Mama“ Morton war seine Verbindungsperson zum Frauenknast; gegen Dollars hatte sie ein Herz für ihre Mörderinnen und verschaffte ihnen Vorteile u.a. durch Begegnungen mit Anwalt und Presse.

Als Amos Hart, betrogener Ehemann von Roxie, machte Mike Garling beste Figur. Er gab Hart, offenbar dem einzigen echt Liebenden des Abends, die nötige Tristesse mit, als dieser erkennen musste, dass er betrogen wurde, bzw. dass er nicht Vater wird. Mit weichem, klangvollem Tenor drückte er mit „Mister Cellophane“ die ganze Last und Unsichtbarkeit seines schweren Lebens aus. Eine überwältigende Persiflage der Klatschreporterin Mary Sunshine lieferte mit großer Opernstimme Victor Petersen; als Conferencier führte Rachel Colley mit guten Überleitungen durch den Abend. Entscheidenden Anteil an dem Erfolg des Abends hatte das zwölfköpfige Ensemble, das die einfallsreichen Tanzszenen mit Schwung und Akrobatik.

Das Publikum war begeistert und machte sich durch lang anhaltendes, lautes Kreischen, Pfeifen und Klatschen sowie Standing Ovations wie bei einem Teenie-Konzert Luft. Für das ehrwürdige Staatstheater war das wohl doch etwas Neues.

 

Marion Eckels 1. Dezember 2019

Fotos: © Björn Hickmann

 

Weitere Vorstellungen:

5., 11., 20., 31.12.2019 / 12., 16.1.2020 und weitere Termine bis Mai 2020

 

 

 

TELEPHONE/TWICE THROUGH THE HEART

Premiere am 27. Oktober 2019

Packend

In den letzten Jahren hat sich das Staatstheater immer wieder der kleineren Form des modernen Musiktheaters angenommen; so auch jetzt mit der 1947 uraufgeführten Kurzoper „The Telephone“ von Gian Carlo Menotti (1911-2007) und dem Monodrama „Twice Through the Heart“ von Marc-Anthony Turrnage (geboren 1960), das 1997 beim englischen Aldeburgh Festival uraufgeführt worden ist.

Jelena Bankovic/Zachariah N. Kariithi

Menotti schuf „The Telephone“, eine knapp halbstündige „opera buffa“, als so genannten „curtain riser“ zum psychologisierend durchdrungenen „Medium“. In dem heiteren Stück versucht Ben, Lucy einen Heiratsantrag zu machen, wird aber dauernd durch das Klingeln ihres Telefons unterbrochen. Entnervt verlässt er schließlich ihre Wohnung, während sie noch telefoniert, und ruft sie von der nächsten Telefonzelle aus an; so erreicht er sie endlich. Lucy nimmt den Heiratsantrag freudig an, ermahnt ihn aber sofort, sich ihre Telefonnummer gut zu notieren.

Dieser heute in unserer Medien-beherrschten Welt immer noch aktuelle Stoff fand in der lebendigen Inszenierung von Eva-Maria Weiss eine adäquate Deutung, indem die Telefongespräche über Skype geführt wurden. Entgegen der Idee des Komponisten, die Gesprächspartner mit der Musik des Kammerorchesters zu charakterisieren, erschienen diese auf zwei großen Bildschirmen und Leinwänden (Ausstattung: Lisa Fütterer). Dies nahm am Schluss überhand, als bei der Annahme des Heiratsantrags per Telefon ein Video ablief, das das Paar in inniger Umarmung zeigte. Das alles sollte wohl unsere übermäßige Abhängigkeit von den modernen Medien deutlich machen. Musikalisch wurde man nicht enttäuscht: Jelena Banković war eine lebhafte, allzu gern telefonierende Lucy; ihr höchst flexibel und in allen Lagen, auch in den extremen Höhen, sicher geführter Sopran gefiel einmal mehr. Der junge Kenianer Zachariah N. Kariithi, neu im Braunschweiger Ensemble, gab Lucys Geliebten Ben mit munterem Spiel und klangvollem Bariton.

Zachariah N. Kariithi/Jelena Bankovic

Nun zum völlig gegensätzlichen zweiten Stück des Abends: „Twice Through the Heart“ des amerikanischen Komponisten Turnage: Seine „Dramatische Szene für Mezzosopran und sechzehn Instrumentalisten“ beruht auf der wahren Geschichte um Amelia Rossiter, die 1988 für den Mord an ihrem Ehemann zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Nach vier Jahren wurde sie entlassen, nachdem aufgrund einer britischen Rechtsänderung die Verurteilung wegen Mordes in Totschlag umgewandelt worden war. Die schottische Autorin Jackie Kay verfasste 1992 über diesen Stoff einen Gedichtzyklus und ein Fernseh-Drehbuch, das anschließend gemeinsam mit Turnage zur halbstündigen Kammeroper umgeformt wurde. Hier reflektiert eine Frau mit dem anfangs immer wieder kehrenden Refrain „There’s no way out“ im Gefängnis ihr Schicksal. Sie musste sich vor Gericht dafür verantworten, ihren Mann mit einem Küchenmesser erstochen zu haben, „zweimal durchs Herz“. Statt einer kaltblütigen Mörderin ist sie Opfer eines Mannes, der sie jahrelang missbraucht hat. Dies offenbart sie im Gerichtssaal nicht; statt auf Notwehr zu plädieren, ergibt sie sich ihrem Schicksal; erst später wird sie gestehen, dass sie aus Scham geschwiegen hat. Das positive Ende, die spätere Entlassung, klingt in den „Dramatischen Szenen“ nicht an.

Dorothea Spilger

Dieses zum „Telephone“ in krassem Gegensatz stehende Monodrama schloss sich unmittelbar an, nachdem Techniker die Andeutung einer Gefängniszelle und eine Reihe von Scheinwerfern und eine Kamera aufgebaut hatten. Jetzt zeigte sich die Verbindung der beiden Werke, die das Regieteam vorgenommen hatte: Die Gedanken und Reflektionen der Verurteilten wurden so wie bei Fernseh-Dokumentationen aufgezeichnet. Dazu wurden Sitzpositionen geändert, später das Oberteil der Frau mit Blut beschmiert, als sie an die Tötung zurückdachte. Diese Verbindung der beiden Stücke wirkte dann doch allzu krampfhaft und willkürlich. Allerdings hatte das keinen wesentlichen Einfluss auf die Leistung von Dorothea Spilger: Sie lieferte ein ungemein packendes Psychogramm der Frau, die in neun, nicht chronologischen Abschnitten ihre Leidensgeschichte reflektierte. Da gab es viele stark durchdringende Tonfolgen wie Schreie, aber auch – besonders bei den positiven Erinnerungen – wunderbar ruhige, lyrisch eingefärbte Passagen.  All das gestaltete die Mezzosopranistin, die am Anfang des Jahres bereits in der „Passagierin“ Furore gemacht hatte, mit ausgesprochen vielschichtigem Ausdrucks.

In beiden Stücken zeigten sich die Musiker des Staatsorchesters gut vorbereitet, die unter der souveränen Leitung von Alexis Agrafiotis die sichere Grundlage für die Protagonisten auf der Bühne bildeten.

Starker Beifall des sehr angetanen Premierenpublikums belohnte alle Mitwirkenden.

 

Fotos: © Björn Hickmann

Gerhard Eckels 28. Oktober 2019

 

Weitere Vorstellungen: 7.,10.,20.11.+1.,4.,13.12.2019+22.1.2020

 

 

 

DER OPERNFREUND  | opera@e.mail.de