MOSKAU/KAMMEROPER BORIS POKROVSKY
ARIADNE AUF NAXOS
Aufführung am 29.9.2016
In der Moskauer Kammeroper Boris Pokrovsky, der bekanntesten und wohl auch besten Kammeroper Russlands, inszenierte der Künstlerische Leiter und Vorstandsdirektor der Linzer Veranstaltungsgesellschaft, Prof. Hans-Joachim Frey, bereits im Juni „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss. Die Kammeroper Boris Pokrovsky war schon mehrmals beim Internationalen Brucknerfest in Linz zu Gast, stets mit sehr interessanten und erfolgreichen Produktionen. Ihr Künstlerischer Leiter ist Mikhail Kislyarov. Im September war die Inszenierung nun wieder zu sehen. Sie machte klar, mit welch begrenzten Mitteln man selbst in einer Kammeroper die „Ariadne auf Naxos“ inszenieren kann, wenn nur die Personenregie stimmt. Und das war in dieser Produktion der Fall.
Das ebenso einfache wie wirkungsvolle Bühnenbild von Viktor Volsky zeigt im 1. Akt einen schlichten Hinterhof unserer Tage in Moskau. Er wird von einer Ziegelmauer dominiert und begrenzt. Im Vordergrund steht ein alter Konzertflügel, der später zur Auftrittsfläche von Zerbinetta fungiert, aber auch die Plattform für ihre Annährung zum Komponisten wird. Der Flügel ist so etwas wie das Zentrum der Handlung, wo alle wichtigen Momente stattfinden. An den Seiten stehen die Schminktische für die Künstler zur Vorbereitung auf die Oper im Haus des reichen Mannes. Die Künstler kommen total unkonventionell und aktualisiert auf die Bühne, die Komödiantentruppe in Punkaufmachung. Sie schauen gelangweilt in ihre Handys, bevor die Intrigen in diesem schlichten Ambiente losgehen. Die Kostümbildnerin Maria Volsky hat beim Design auch der anderen Kostüme, insbesondere im 2. Akt, wo man sehr farbintensive Ausstattungen sieht, große Phantasie walten lassen. Einen interessanten Eingriff in die Dramaturgie erleben wir mit der ständigen Präsenz des reichen Mannes, der in dieser Inszenierung als russischer Oligarch den Haushofmeister ersetzt. Er beobachtet das Geschehen auf der Bühne von der Seite und interveniert gelegentlich.
Der 2. Akt stellt sich total konträr dar. Auf einer schneeweißen Bühne mit einem büstenförmigen Hinterausgang für effektvolle Auf- und Abtritte wird die Oper wie in einer Kunstausstellung gespielt, und die Sänger und Sängerinnen agieren neben ihrem hervorragenden Gesang tatsächlich äußerst intensiv. Im Vordergrund steht wieder der alte Konzertflügel, der auch hier als das Zentrum wichtiger Momente dient. In diesem Akt zeigt das Regieteam eine besonders gute Personenregie. Immer wieder wird die Komödiantentruppe effektvoll in die stark in sich ruhende Ästhetik der Oper eingeflochten, sodass die Oper sehr abwechslungsreich und spannend wird.
Die Kammeroper Boris Pokrovsky kann sich eines exzellenten Sängerensembles erfreuen. Es wurde bis auf eine Ausnahme auf sehr hohem Niveau gesungen, selbst in den vielen Nebenrollen gab es keinen Qualitätsabfall. Irina Alekseenko gestaltete die Ariadne mit einem kräftigen und leuchtenden Sopran. Die Interaktionen zwischen dem Terzett der wunderschön singenden Najade, Dryade und dem Echo gehörte zu den besten Momenten der Oper. Olga Deyneka-Boston war ein engagierter Komponist mit einem durchschlagskräftigen Mezzo und großer darstellerischer Intensität. Ekaterina Ferzba, die den 2. Preis bei der Competizione dell´Opera in Linz 2014 gewonnen hatte, sang mit ihrem klaren lyrischen Sopran und mit viel Koketterie die Zerbinetta, auch mit ihrer berühmten Arie total höhensicher. Allein der Bacchus von S. Kowalew ließ mit einem etwas zu engen Tenor Wünsche offen. Der Musiklehrer Alexej Morosow wartete mit einem kräftigen Bariton auf und konnte ebenso wie der Tanzmeister Alexej Sulima mit seinem gut geführten Tenor überzeugen. Beide lieferten auch interessante Charakterstudien ihrer Rollen ab. Zu erwähnen sei noch der exzellente Harlekin von Roman Bobrow, der nicht nur viele Facetten bei seiner Rollengestaltung zeigte, sondern auch einen klangvollen Bariton hören ließ. Der russische Oligarch alias Haushofmeister, Alexander Polkownikow, agierte mit viel Eleganz und Bestimmtheit was das Geschehen auf der Bühne anging, vor allem in der Oper.
Das kleine Orchester der Kammeroper Boris Pokrovsky wurde sehr umsichtig vom jungen Dirigenten Aleksej Vereschagin geleitet, der sehr auf die ebenfalls jungen Sänger und Sängerinnen einging und mit großer Lebendigkeit dirigierte. An diesem Abend zeigte die Kammeroper Boris Pokrovsky ihre außergewöhnliche Qualität, die sich an diesem Abend auch aus der gelungenen Inszenierung heraus entwickelte.
Im Rahmen einer exklusiven Kultur- und Netzwerkreise des Internationalen Kultur- und Wirtschaftsforums Linz nahmen 35 Gäste aus Österreich an der Aufführung teil.
Klaus Billand 19.10.16