NAPOLI MILIONARIA
Aufführung 18.6.2014 (Gastspiel)
Neapel begeistert die Ungarn
Das seit Jahren in der rund 180 km nordöstlich von Budapest gelegenen Stadt Miskolc stattfindende Bartók Plus Opera Festival schreibt jährlich einen Kompositionswettbewerb aus und veranstaltet zahlreiche Kammerkonzerte und Liederabende, die (auch) seinem Namensgeber gewidmet sind. Daneben werden – wie der Name schon sagt – auch Opernproduktionen eingeladen; heuer kam es zu einer konzertanten Aufführung von Korngolds „Toter Stadt“, der Wiedergabe von „Aida“ durch die Budapester Oper und zu einem Gastspiel des Teatro del Giglio aus Lucca. Auf seiner Suche nach geeigneten Titeln hatte der künstlerische Leiter des Festivals, Gergely Kesselyák, die Produktion der Oper von Nino Rota in Puccinis Heimatstadt entdeckt und war sofort in Verhandlungen für eine Einladung getreten. In ihrer Einfachheit (Regie: Fabio Spervoli, Ausstattung: Alessandra Torella) war die visuelle Wiedergabe von Nino Rotas 1977 bei der Uraufführung in Spoleto von der Kritik von oben herab beurteilte Oper für einen Transport und Aufbau auf einer anderen Bühne bestens geeignet. (Das auf Eduardo De Filippos berühmter Tragikomödie beruhende Werk scheint, nachdem es in Martina Franca aus der Versenkung geholt wurde, eine kleine, überaus berechtigte Renaissance zu erfahren).
In der ungarischen Stadt fand die Vorstellung in dem Freilichttheater statt, das dem Nationaltheater Miskloc angeschlossen und seit acht Jahren auch überdacht ist, so daß auch bei Schlechtwetter Vorstellungen gegeben werden können. Die rund 700 Sitze waren ausverkauft und das Publikum – dem selbstverständlich Übertitel zur Verfügung standen – gespannt und konzentriert. Da es das Werk naturgemäß nicht kannte, wagte es zunächst keinen Szenenapplaus, aber zwei sowohl szenisch wie musikalisch besonders temperamentvolle Momente wurden bei fortschreitendem Abend spontan beklatscht. Am Ende ergoß sich dann lauter Jubel über Ensemble, Regisseur und den Dirigenten, alle blieben sitzen und klatschten mit großer Ausdauer.
Ein Riesenerfolg also für diese Gemeinschaftsproduktion von Lucca mit Livorno und Pisa im Jahr 2013, in der sich die jungen Sänger des Operastudio weitere Bühnenerfahrung holen konnten und die im Mai desselben Jahres den angesehenen Preis „Franco Abbiati“ des Verbands der italienischen Musikkritiker erhalten hatte. Wieder war es Matteo Beltrami, der den tragischen wie den lebhaften bis komischen Szenen dieser Oper das rechte Gewicht verlieh und dem sauber und engagiert spielenden Ungarischen Symphonieorchester Miskolc überzeugende Italianità entlockte. Genannt seien zumindest die Vertreter der Hauptrollen: Der aufrechte Gennaro Iovine von Giampiero Cicino, der seine düstere Niedergeschlagenheit nach der Rückkehr aus dem Krieg sehr schön interpretierte; seine geschäftstüchtige, flatterhafte Frau Amalia erschien in der Gestalt von Gaia Matteini; ihrer beider Tochter Maria Rosaria, die von Paola Santucci überzeugend trotzig gegeben und schön gesungen wurde; Amalias Liebhaber Errico fiel durch die Stentorstimme des Georgiers Armaz Darashvili etwas aus dem Rahmen; Maria Rosarias amerikanischer Flirt Peter wurde von Stefano Trizzino sehr überzeugend getanzt und gesungen, und ein Extralob verdient Alessandra Masini als Assunta mit ihrer hysterischen Lacharie. Sehr gut hielt sich auch das Vokalensemble des Chors des Nationaltheaters Miskolc.
Eva Pleus 30.6.14
Photos: Bartók Plus Opera Fesztival