Theater Plauen Foto: Theater Plauen Zwickau
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Die Zauberflöte
Ein Flugzeugabsturz im „Zauber“-Park
TRAILER
Bericht vom 06.07.2019
Mit Elefant
Beim diesjährigen Open-Air-Spektakel im Parktheater Plauen wurde Wolfgang Amadeus Mozarts Die Zauberflöte zu einem seichten Amusement in lauer Sommerbrise. Unter der Regie von Musiktheaterdirektor Jürgen Pöckel gab es mit schrillen Kostümen und einem glamourösen Aufgebot an Ideen ein umfangreiches Kontrastprogramm, das den Zeitgeist der Wiener Klassik deutlich traf. Die heiter beschwingte Musik, gespielt vom Philharmonischen Orchester Plauen-Zwickau unter der musikalischen Leitung von Vladimir Yaskorski, glänzte und tendierte in perfekter Schattierung streckenweise zu dramatisch-monumentalen Ausbrüchen.
Das Bühnenbild (soweit man es denn sah) zeigte in erster Linie eine trapezförmige begehbare Konstruktion in deren Mitte und unter pyramidenartigen Leuchtröhren das Orchester saß.
Vor der Schrägbühne gab es dann das eigentliche Bühnenbild, das mit seiner bunten Vielfalt an Dschungelbepflanzung an ein Wunderland erinnerte. Allerdings verirrte sich hier dank des weißen Kaninchens nicht Alice, sondern der Prinz Tamino, der in Safarilaune ganz zufällig mit seinem Flugzeug und mit lautem Getöse in das Bild stürzte.
Eine bessere konzertante Aufführung
Was passiert, wenn ein Bühnenbild und die gesamte Abhandlung der Ereignisse vor und nicht auf der eigentlichen Bühne geschehen, konnte an diesem Freitagabend in der Vorstellung beobachtet werden. Die Beschwerden der Gäste, über die Sichtverhältnisse ihrer (Zitat)„doch eigentlich guten und teuren Plätze“, wurden in geselliger Toilettenatmosphäre kund getan. Ich machte mich deshalb in der Pause auf den Weg die vorderen Reihen zu erkunden und den Punkt auszumachen, an dem das Bühnenbild noch klar einzusehen ist. Nach meiner Einschätzung wäre bis Reihe 5 die Sicht in normaler Theatermanier zu ertragen gewesen sowie bis Reihe 10 im Preis-Leitungsverhältnis. Alle Gäste dahinter hätten sich entweder hinstellen, sich die Hälse verrenken oder sich gegenseitig weg schubsen müssen. Oder sie kapitulierten (wie meine Sitznachbarin) und lauschten allein der wunderbaren Musik des Philharmonischen Orchesters, welches dank der Platzierung auf der Bühne auch gut zu sehen war.
Mozart der Dramaturg erster Klasse
Die drei Damen der Königin der Nacht, die von Sarah Kuffner, Nathalie Senf und Johanna Brault gesungen wurden, harmonierten in Spiel und Klang wunderbar miteinander. Ganz im Besonderen zu erwähnen ist dabei auch das zweite Trio. Die drei Knaben, hier von wunderbar leichten Mädchenstimmen gesungen, verzauberten mit ihrem klaren Klang und dem Glanz in ihrer geraden Gesangslinie bis zur Gänsehaut. Als echter Schelm, ohne dabei dümmlich zu wirken, zeigte sich Sebastian Seitz mit seiner warmen Baritonstimme. Ohne ihn und seine verlässliche Stimmtechnik wäre der Abend strapaziöser geworden.
Die Stimme allerdings, mit deren Können das Stück lebt oder untergeht, war bestens ausgewählt und ließ das Parktheater in der Nacht hell erleuchten. Christina Maria Heuel, als Pamina, zeigte eine echte Wärme an Liebe im Ausdruck und eine wandlungsfähige Stimme. In ihrer tiefen Verzweiflung der g-moll Arie bekam sie mit den drei Knaben anerkennendes Lob in Form von Bravo-Rufen.
Während die Königin der Nacht heute öfters mit Soprettenstimmen ausgestattet wird, war in Plauen mit Ani Taniguchi mal wieder ein echter Koloratursporan zu hören. Hallelujah! Mit Schwung in den Koloraturen, aber ebenso Kraft in der Tiefe hauchte sie dieser statischen Rolle Leben ein.
Neben den musikalischen Leistungen, die bei fast allen Solist*innen als wirklich ordentlich bis gar bravourös bezeichnet werden können, fiel leider die schwache Brust des Tamino umso mehr ins Gewicht. Die Höhen von André Gass waren gefährlich gedeckelt und in der musikalischen Linie fehlte die Lockerheit.
Leider gab es ebenso ein paar 'No-Go's', die zu verschweigen einfach nur unehrlich wäre. Der Sklave Momostatos, den Mozart in seiner Partitur selbst als „Mohr“ betitelte, wurde fast 'geblackfaced'. Und auch wenn es einige europäisch priviliegierte Männer noch nicht verstanden haben, ist schon der Verdacht eine Beleidigung.
Die vielen lustigen und unterhaltsamen Momente sind durch Mozarts klarer spielerischer Intension in der Partitur und seinem absolut musikalischen Geschick zu verdanken. Die von der Regie eingeführten kreativen Ideen konnten mich leider nicht erreichen. Die Schwalbe (ein Moped aus der DDR) als netter Aufhänger des ostalgischen Publikums hatte außer Lückenfüller keine Funktion. Der Flugzeugabsturz Taminos ins Land der schwarzen Königin ist ein netter kleiner Auftakt vor der Ouvertüre, wurde aber kaum weitergeführt. Und die Feuershow bot ein spektakuläres Tamtam, war aber außer Affekthascherei leider auch nicht dramaturgisch integriert. Mein weiches Herz ging natürlich beim Anblick des naturgroßen Dickhäuters, der realgetreue Elefantenlaute von sich gab, und der wallenden Schlange, unter der acht Menschen versteckt waren, auf. Der Anblick dieser war ästhetisch ein Augenschmaus. Dennoch fehlte mir leider im Ganzen der Bezug zur Volksoper. War die Intension ein Lob auf die Ideen der Freimaurerei, wie Mozart es mit seiner Ägyptomanie ebenfalls gerne ausdrücken wollte?
Dennoch wurde eins wieder mal bewiesen: mit Mozarts Die Zauberflöte erreicht man Klein und Groß auch ohne, dass das Publikum das Bühnenbild jemals ganz zu Gesicht bekommt oder Affekte gänzlich verstanden werden müssen. Es ist einfach schön.
Dominique Suhr, 13 Juli 2019
© Sermon Fortapelsson
AIDA
Aufführung 10.06.2019
Große Oper im grauen Raum
Vogtland - das Land der Bäder & Musik
Auf dem Weg zu meinen Eltern traf ich am Montag ein lang gehegtes Vorhaben - der Besuch, des Theaters, an dem ich meine eigenen ersten kleinen Schritte Richtung Bühne unternahm, an dem ich mein erstes Lampenfieber überwinden musste und vor allem an dem ich einige monumentale Meilensteine meiner privaten Musikausbildung setzte, im Theater Plauen-Zwickau. Dieses fusionierte Drei-Sparten-Haus war für mich nie nur eine altbackene Aufführungsstätte, viel mehr eine künstlerische Heimat.
Es ist mir daher eine Herzensangelegenheit, im Opernfreund dem schönen kleinem Vogtlandtheater eine Aktualisierung zu geben.
Ganz unvorbereitet am Ticketschalter vorbei, erstaunte mich plötzlich der kleine Zuschauerraum, der in meiner Erinnerung um ein Vielfaches größer schien. Wahrscheinlich war meine Körpergröße oder zumindest meine Sichtweise damals noch viel kleiner. Dennoch strahlt der Raum mit seinem Kronleuchter, der 167 Glühlampen enthält, einen so wunderbar prunkvollen Charme aus, dass sich jeder Zuschauer und jede Zuschauerin als Teil von großer Kunst fühlen kann. Durch die kurze Distanz zum Orchestergraben und der Drehbühne erschien mir die Musik viel unmittelbarer, als ich es mittlerweile gewohnt bin. Die Sänger und Sängerinnen konnten ohne Gebrüll mit angenehmer Dynamik ihre Töne zu uns herüber wehen lassen. Es fühlte sich an, als säßen wir mittendrin!
Verdi - im Kubismus
Vaterland und Paternalismus, Verrat und Treue, Liebe und Tod. Das Ägypten zu Zeiten der Pharaonen wurde in Plauen getragen von einem prächtigen Chor und dem Philharmonischen Orchester. Guiseppe Verdis Oper Aida inszenierte Andreas Rosar unter der musikalischen Leitung von Leo Siberski. Letzterer dirigerte im ersten Teil Schüler und Schülerinnen des Vogtlandkonservatoriums „Clara Wieck“ Plauen, die mit Professionalität dieser pompösen Musik Ausdruck verliehen. Als den zweiten Teil das Philharmonische Orchester übernahm, wurde die starke 'verdische' Atmosphäre gesteigert.
Das Bühnenbild von Fabian Lüdicke: ein kubistisches Rätsel! Nach sowjetischem Vorbild könnten die reliefstarken Quadrate graue Hochhäuser bilden oder als eine Art Massengrab drei übergroße Mausoleen darstellen. Beides hätte ihre eigentümliche Wirkung nicht verfehlt. Denn die Kostüme waren ebenfalls im zeitlos Grau gehalten, als eine Art Arbeitsoverall oder im Business-Jacket. Ebenso im zweiten Bild des zweiten Aktes blieben bei dem feierlichen Empfang Radames die Kostüme grau oder blass-blau und ließen in einer traumverschleierten Wahrheit die Musik und den Triumph von Verdis Komposition Lügen strafen. Allerdings standen hierzu die zum Anlass herbeigeführten Bierbänke und die Fässer mit Zapfhahn im Kontrast. Die äthiopischen Kriegsgefangenen wurden im Saufgelage vorgeführt?
Oktoberfest - auf Kriegskasse
Große kriegerische Kraft im Triumphmarsch, bliesen Schüler des Vogtlandkonservatoriums „Clara Wieck“ Plauen, des Robert-Schumann-Konservatoriums Zwickau und der Musikschule Vogtland e. V. Reichenbach in Verwendung der berühmten thebanischen Trompeten (die von Adolph Sax den altägyptischen Trompeten nachempfunden angefertigt wurden und Aida noch heute berühmt machen) dem Publikum entgegen. Fast hätte man im Zuschauerraum sitzend das Glas erheben und „O zapft is!“ der Bühne entgegen schmettern wollen.
Dabei meisterten die Solisten und Solistinnen während dieses „Oktoberfestes“ die Verdi-Töne mit Bravour. Fast alle Partien wurden aus dem eigenen Haus-Ensemble besetzt, was für ein Theater dieser Größe demnach auch stark für seine Qualität sprechen muss. Die gesanglichen Leistungen der Solisten und Solistinnen in so unmittelbarer Bühnennähe für ein Stimmfach, das die größte Konkurrenz zur sogenannten Wagner-Stimme bildet, war beeindruckend. Der Kern blieb also doch 'verdisch': Kein Fest unter Pyramiden, sondern ein pompöses Drama mit menschlichen Fehlbarkeiten, die – wie so oft bei Verdi – einem unnachgiebigen gesellschaftlichen Machtgefüge unterlagen.
Pieta! - Erbarmen!
Mimik, Gestik und Gefühl bekam der Zuschauer zudem in übergroßen Filmausschnitten, die den inneren Kampf der drei Hauptbeteiligten Radames, Amneris und Aida aufzeigten. Als Sklavin an die ägyptische Pharaonen- und Herscherfamilie entführt, erobert Aida das Herz von Radames (gesungen von Wonjong Lee), den erfolgreichsten Heeresführer unter den Ägyptern.
Marija Mitiċ, als Aida, überzeugte mich mit ihrem warmen Timbre im berauschenden Belcanto. Sie hat eine wunderbar lyrische Mitte, die an ein orientalisches Märchen erinnert. Leider wirkte sie aber stimmlich nicht nur zu Anfang ein wenig abgekämpft. Die wunderbaren hohen langen Belcanto-Töne, die à la Verdi mit Schmackes gesungen werden sollten, gerieten kaum zum Schwingen und so wurde forciert. Auch die inszenatorisch umgesetzte Weichheit der Aida spiegelte im Auge des Betrachters eher wenig die starke und geheimnisvolle äthiopische Prinzessin wider. Wonjong Lee als Radames glänzte stimmlich und bestritt am Ende den Abend. Allerdings muss hier auch die zweite männliche Hauptstimme genannt werden. Aidas Vater, der König von Äthiopien, Amonastro gesungen von Alik Abdukayumov, kam plötzlich nach der Pause aus seiner komponierten Zurückhaltung und zeigte ein großartiges stimmliches Aufgebot. Im zweiten Teil schien auch Verdi nochmal zeigen zu wollen, was Kraft und musikalischer Ausdruck bedeuten, denn es war eindeutig belebter, vielfältiger und farbenfroher orchestriert. Auch die Beteiligten auf der Bühne schienen nun ihre ganze Blüte an Talent zeigen zu wollen. Ein starkes Timbre von Amonastro, gewaltig brillierende Höhen von Radames und ein geschwungener Belcanto-Bogen von Aida rundeten den Abend ab. Aidas Nebenbuhlerin Amneris wurde zwischenzeitlich fast vergessen. Aber auch sie zeigte ganz zu Anfang und wieder am Ende ihre Kraft in einer frischen jungen und gut fokussierten Mezzostimme. Viele Mezzos scheinen die Erotik schon im Stimmfach zu haben und so bewies auch Johanna Brault eine knisternde Sinnlichkeit ihrer Stimme.
Der Entschluss Aidas, sich mit ihrem Geliebten am Ende einmauern zu lassen, ist wohl eine der dramatischsten Szenen der Opernwelt. Dennoch gelang es mir nicht so ganz, dieses Paar als Leidende, die den Freitod aus Liebe entgegen traten, zu betrachten. Vielmehr war Kritik in der gesamten Ambivalenz der Figuren zu sehen. Der Krieg zwischen zwei Völkern bzw. Ländern, unterschiedliche Kulturgüter, Konkurrenzkampf, Druck aus dem Elternhaus und der eigenen Gesellschaft und dabei der ganz und gar unpassend platzierte Amorpfeil im Herzen – Aida und Radames hatten es nicht leicht. Die ägyptische Prunk-Oper schien aber vor allem eins in Plauen zu sein: eine diametrale Kritik. Weg mit all dem kriegerischen großspurigen Getöse und her mit bodenständiger Einfachheit (und wenn es ein Maß Bier ist). Welch ein Getöse!, empfand auch Verdi und würde der Inszenierung vielleicht so Recht geben. Er blieb der Premiere 1871 in Kairo ebenso lieber fern...
Dominique Suhr, 10 Juni 2019
(c) Sermon Fortapelsson
CARMEN
Premiere im Vogtlandtheater Plauen 12.04.2014
Beeindruckendes Drama in dunklen schmutzigen Farben
Wieder einmal war ich im Vogtlandtheater Plauen, diesem wunderschönen Theater, welches am 1. Oktober 1898 eingeweiht, im Jahr 1945 wiedereröffnet und zu Ostern 1981 im neuen Glanz erneut wiedereröffnet wurde. Das beeindruckende Theater, welches im Jahr 2000 mit dem Theater Zwickau zum Theater Plauen-Zwickau vereint wurde, wird im Jahr 2018 sein 120jähriges Bestehen feiern können.
Es stand „Carmen“ auf dem Programm und man war gespannt, wie dieses, nunmehr auch schon 139 Jahre alte Werk dargeboten werden würde. Um es vorwegzunehmen, viel Zwischenbeifall und fast nicht endend wollender Schlussapplaus zeugten davon, dass das Publikum zufrieden war, zufrieden vor allem mit der musikalischen Seite des Werks. Die Regie kam mit Sören Schumacher und die Ausstattung mit Till Kuhnert als Gäste geradewegs aus der Hauptstadt Berlin. Und sie gaben eine andere „Carmen“ als man sie gewöhnt war. Nichts vom strahlend blauen spanischen Himmel, blitzende Uniformen waren nicht angesagt, der Glanz des auftrumpfenden Toreros war blass und die Lagerfeuerromantik der Zigeuner fehlte. Alles ist mehr oder weniger grau in grau, eine öde, graue Fassade, die sich je nach der Situation wandelt, Schmuggler mit Maschinenpistolen, mehr Einzelkämpfern geschuldet und eine auch wieder in tristes schwarz getauchte Menschenmenge, die beim beeindruckenden Finale dem Drama von Carmen und Don Jose nur mit geringer Aufmerksamkeit zuschauen, sich ihre Gesichter lieber mit durchgehend roten Fächern bedecken. Und gerade dies ganze bringt eine Spannung in die Inszenierung, die man so selten sieht. Während vor der Pause noch viel Zwischenapplaus erklingt, ja fast jede Arie bejubelt wird, kann man dies im zweiten Teil nicht mehr erkennen. Ruhig, still, fast atemlos der Szene folgend ist das Publikum und erst nach dem letzten verklungenen Takt brandet der Beifall auf. Man merkt richtig, wie das Schauspiel die Zuschauer mitreißt, aber auch betroffen macht – und ist dies nicht eine ganz tolle Auszeichnung für die Protagonisten.
Das Ganze kann aber nur seinen ganzen Zauber entfalten, wenn auch die Sänger entsprechend auftreten können. Und auch hier kann man in Plauen nur Gutes sagen. Die Mezzosopranistin Nathalie Senf ist eine beeindruckende Carmen. Nicht nur gesanglich weiß sie voll zu überzeugen, auch wenn mir persönlich ein bisschen das Femme fatale fehlt. Die Leidenschaft, das männerverzehrende Gen, auch in der Stimme, also das verführerische Timbre fehlt mir ein bisschen. Sie bietet aber insgesamt, auch schauspielerisch eine überaus überzeugende Leistung und wird vom Publikum zu Recht gefeiert. Ihr zur Seite steht mit dem Gast vom Staatstheater Meiningen, dem jungen Tenor Rodrigo Porras Garulo ein überzeugender Don Jose zur Verfügung. Jugendlich frisch, darstellerisch pointiert und mit einer klaren, klangvollen, auch die Höhen der Partie sicher meisternden Stimme ausgestattet, entspricht er nicht nur voll der Erwartung des Publikums, sondern übertrifft sie mit seinem höhensicheren und packenden Tenor, der auch in den dramatischen Passagen keine Ausfälle zeigt. Ein weiterer Gast von Meiningen, die junge Jule Rosalie Vortisch als Micaela kann mit zartem, dennoch leuchtenden und sicherem Sopran voll und ganz überzeugen. Groß gefeiert auch der baritonal auftrumpfende Shin Taniguchi als feuriger Stierkämpfer Escamillo. Seine volle runde Stimme beeindruckt, wenn gleichen ich mir das Torerolied noch etwas fülliger und feuriger gewünscht hätte. Chrissa Maliamani als Frasquita und Manja Ilgen als Mercedes geben eine ganz besondere Vorstellung. Rein körperlich fast einen Meter auseinander sind sie, vor allem im Zweiklang unheimlich wandlungsfähig und frisch und finden im Duett zu einer exzellenten Leistung. Hinrich Horn als Sergeant Morales, Raphael Wittmer als Schmuggler Remendado und Karsten Schröter als Leutnant Zuniga vervollständigen das Ensemble ohne jeglichen Bruch, ausgezeichnet. Es gibt keinerlei Ausfall und ein begeistertes Publikum belohnt dies mit tosendem Applaus.
Nicht unerwähnt bleiben darf das Philharmonische Orchester Plauen-Zwickau, welches einen ausgezeichneten Tag hatte. Kapellmeister Tobias Engeli führte es mit straffer Hand, ließ es an den richtigen Stellen aufblühen und deckte vor allem seine Sängerdarsteller nicht it Klangwogen zu sondern begleitete sie zurückhaltend und einfühlsam. So macht Oper Spaß und man freut sich, welche schönen Aufführungen an einer vergleichsweise kleinen Bühne dargebracht werden können. Ich jedenfalls freue mich heute schon wieder auf einen Besuch, der nicht zu lange auf sich warten lassen wird, im Vogtlandtheater Plauen-Zwickau.
Manfred Drescher, 27.04.2014
Fotos Peter Awtukowitsch
Das Karl-Marx-Musical
COME BACK
Uraufführung 2.11.2013
Überraschend gut!
Die Überraschung gelang aufs Beste, erwartete ich bei dem Titel doch eher Agitproptheater. Stattdessen zeigte man in Plauen mit dem Marx Musical eine flotte Liebesgeschichte, selbstverständlich mit Happy End, die lustiger als „Das kommunistische Manifest“ und romantischer als „Das Kapital“ ist.
Ein junger Straßenmusiker verliebt sich in die Tochter eines Bankers. Sie hat ihr Prinzessinnenleben satt, ihr Papa Manfred Acreman ist gerade mit seiner Bank pleite gagangen. Sein Finanzberater Rasputin Mammonson behauptet, genau diese Krise des Kapitals sei schon von Karl Marx prophezeit worden. Um die Krise abzuwenden, beschwören die Beiden Karl Marx auf dem Friedhof in Highgate. Preis für die Beschwörung, bei der der wiederauferstandene Marx seine Thesen widerrufen, und damit die Pleite der Bank abwenden soll, ist die Hand des Töchterleins für Mammonson. Hinter dem Marxschen Grabstein schläft eben der Straßenmusiker, Marc S., der dank einer intensiven Gesichtsbehaarung durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Philosophen des 19. Jahrhunderts hat.
Ok, die Story ist nicht gerade tiefschürfend, aber Volker Metzler macht einen höchst amüsanten, leicht frivolen und nur leicht kapitalismuskritischen Abend daraus. Er bedient alle Klischees, der großkotzige Banker, Michael Schramm, steckt sich seine Zigarre mit Pfundnoten an, sein hinterhältiger Berater, teuflisch bis ins Detail Daniel Koch, eine rauschalige aber liebende Gouvernante, Ute Menzel mit Lotte Lenya Qualitäten und enormen „Talenten“. Dann haben wir auch noch das Prinzesschen, Henriette Fee Grützner, und der junge Musikus, der zunächst den Verlockungen des Geldes erliegt, sich aber dann doch richtig entscheidet, Daniel Tille.
Auch Claudia Charlottes Burchards Ausstattung trägt zum Erfolg des Abends bei. Witzig schräge Kostüme in einem spektakulären Bühnenbild passen zur rockig antreibenden Musik des Autorentrios Maximilian Reeg, Steffen Lukas und Tobias Künzel. David Moorbach und Wolfgang Boos sind zwei Komiker vor dem Herrn. Ständig überzogen, sorgen sie für clowneske Brachialkomik, die sich den ganzen Abend über steigert. Höhepunkt und absoluter Publikumsliebling waren die beiden, politisch nicht korrekten, schwulen Bobbys. Die drei Backgroundgirls lieferten als sehr beweglicher „griechischen“ Chor angenehme erotische Momente, kommentierten das Geschehen und trieben die Handlung voran.
Ludger Nowak stand einer 10 köpfigen Band vor und sorgte für den schmissigen Soundtrack des Abends. Am Ende bekommen sich die jungen Leute, der Banker ist geläutert und die Welt war für zweieinhalb Stunden in Ordnung.Ich glaube, ich werde mir das Kapitalismusmärchen noch einmal anschauen. Es war zu schön.
Alexander Hauer / 20.11.13 Bilder von Peter Awtukowitsch