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LA FORZA DEL DESTINO
Besuchte Aufführung 13.10.2013 (Premiere 11.10.2013)
Teatro Verdi Pisa – hält sich tapfer
Das Teatro Verdi der Stadt, die es verdient, nicht nur wegen des schiefen Turms Ruhm zu genießen, wurde 1867 mit Rossinis „Guglielmo Tell“ eröffnet. Seine 900 Sitzplätze sind auf Parkett, 3 Ränge mit Logen und 2 Galerien verteilt, und die Fassade sieht – wie bei vielen kleineren italienischen Häusern – nicht auf einen Platz, sondern gehört zu einer Häuserflucht. Mit 26x32 Metern ist die Bühne für ein Haus dieser Größenordnung ausnehmend geräumig. Eines der Foyers ist dem großen Bariton Titta Ruffo gewidmet, der aus Pisa stammte.
Das Dreispartenhaus ächzt wie seine anderen italienischen Geschwister unter schweren finanziellen Problemen – dennoch kommen in dieser Saison wieder 5 Opern heraus. Den Auftakt machte Giuseppe Verdis großes Freskogemälde, dessen Realisierung als durchaus aufwendig einzustufen wäre. Trotz eines geradezu lächerlichen Budgets gelang es dem leading team, eine über weite Strecken überzeugende Produktion auf die Beine zu stellen. Elena Bianchini und Maria Rossi Franchi, die für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich waren, gelang es, mit wenigen Versatzstücken wie einem großen Kreuz oder der Silhouette eines Kanonenkarrens Atmosphäre zu erzeugen und mit den Kostümen die Zeit der Napoleonischen Kriege anzudeuten, wobei die ausgezeichnete Beleuchtung durch Michele della Mea nicht vergessen werden darf. Regisseur Renato Bonajuto erwies sich als sehr geschickter Beweger der Massen (vor allem die Szene der vor Melitones Wutausbruch flüchtenden Armen gelang ganz köstlich) und arrangierte, wo nötig, stimmungsvolle Tableaux (etwa in der Einleitung zur großen Arie des Alvaro). Entbehrlich schien die ziemlich abgeschmackte Choreographie von Walter Matteini.
Höhen und Tiefen gab es bei der Besetzung, wobei ich mich zu dem Wortspiel gezwungen sehe, dass die tieferen Stimmen die größeren künstlerischen Höhen erklommen: Dario Russo war ein respekteinflössender, balsamisch klingender Padre Guardiano, der in dem entfesselten (aber nie outrierenden) Melitone des Carlo Lepore den richtigen kauzigen Widerpart hatte. Für Don Carlo erwies sich der Bariton von Luca Grassi in diesem mittelgroß dimensionierten Haus als mehr als ausreichend, und der Künstler sang schön auf Linie. Der Calatrava des jungen Emanuele Cordaro ließ einen vielversprchenden Bass hören; nur die schrille Preziosilla von Claudia Marchi störte die Homogenität der tieferen Register.
Am Liebespaar gab es leider einiges auszusetzen: Marina Shevchenko hat das für einen russischen Sopran typische große Material, das aber ungeschliffen eingesetzt wurde und unter Ausdrucksarmut litt. Ihr Alvaro Zoran Todorovich hat entschieden schon bessere Zeiten gesehen und knallte seine Spitzentöne ohne Rücksicht auf Verluste in den Raum, ohne der Phrasierung oder Intonation Beachtung zu schenken. Von den Nebenrollen sei der Trabuco des Giorgio Trucco erwähnt. Als kompakt und spielfreudig erwies sich der Coro Lirico Conca d’Oro unter der Leitung von Domenico Guzzardo. Sehr Gutes kam aus dem Orchestergraben, wo Valerio Galli mit dem Orchestra della Toscana eine äußerst lebendige Wiedergabe gelang, in der die Volksszenen gleichberechtigt mit den dramatischen Momenten aufblühten. Schade, dass aus Rücksicht auf den Tenor das mittlere der drei Duette Alvaro/Don Carlo nicht gegeben wurde.
Das beifallsfreudige Publikum war zu allen Mitwirkenden überaus großzügig.
Eva Pleus / 19.11.13 Bilder-Copyright: Massimo D'Amato, Florenz