DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
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Wiener Blut trotzt Corona

Besuchte Vorstellung 19.10.2020

 

Herrliche Melodien und leidenschaftliche Darbietungen kämpfen gegen die Pandemie an

Niemand konnte ahnen, dass ein fürchterliches Virus, welches sich praktisch über die ganze Welt erstreckt, das Theaterleben für Monate stoppt, die Kultur zum Stillstand kommen lässt und mit eisiger Hand Ängste schürt, die von manchen Politikern, Virologen noch verstärkt werden. Fast könnte man von einer Massenhysterie sprechen, wenn nicht der Virus so überaus gefährlich wäre. Dennoch, zur Panik ist kein Anlass, wenn man sich entsprechend schützt und sich an die veränderte Situation verantwortungsvoll anpasst, dann werden wir auch diese Prüfung bestehen, so wie wir in unserem Leben schon etliche Prüfungen überstanden haben. Man freute sich richtig, dass das Schweinfurter Theater seine Tore wieder, wenn auch nur für einen kleinen Teil des sonst üblichen Publikums, aufgemacht hat und man freut sich umso mehr, dass der unheimlich bemühte und alles machbare schaffende Intendant Christian Federolf-Kreppel seine Künstler, denen er viele Jahre die Treue hielt, auch in der Not nicht im Stich gelassen hat. Die Operettenbühne Wien startet also ihre Tournee „Wiener Blut“ am Nachmittag in Schweinfurt und hat auch eine zusätzliche Vorstellung für den Abend eingeschoben. Die starke Ausbreitung des Virus bedingt, dass man, trotz riesigem Abstand, exzellenter Hygienevorschriften, trotzdem mit Maske (dies begann mit dieser Vorstellung) vor dem Gesicht der Aufführung folgt. Es ist eine starke Einschränkung, aber die Freude, die Künstler wieder live zu erleben, ist wesentlich größer. Es ist schon sehr eigenartig zu erleben, wie klein eigentlich die Lobby der Kultur in Deutschland ist und wie wenige Fürsprecher die Kunst in der Politik zu besitzen scheint. Es ist für mich erschreckend mitzuerleben, wie wenig sich beispielsweise der Kunstminister in Bayern mit den Möglichkeiten der Theater auseinandergesetzt hat und scheinbar auch kaum über die immensen Anstrengungen der Theater zur Einhaltung der Hygiene informiert zu sein scheint. Den bayerischen Ministerpräsidenten und seinen Kultusminister will ich gar nicht erst erwähnen. Von einem Opernhaus, mit mehr als eingehaltenen Hygieneregeln, geht aus meiner Sicht eine relativ geringe Gefahr der Ansteckung aus. Wir Musikliebhaber im klassischen Bereich, reden nicht, sitzen brav auf unseren Plätzen, denn wir wollen der Musik frönen, wollen die Künstler hören und sehen, und sind in keinster Weise vergleichbar mit teilweise ausufernden Ekstasen wie bei manchen Rockkonzerten und wir verstehen einfach nicht, dass man hier eine Sparte, die mit zum Wichtigsten eines Kulturvolkes zählt, so im Regen stehen lässt. Es ist mehr als traurig mitzuerleben, wie ein Häufchen begeisterter Musikliebhabern, einem Ensemble gegenübersitzt, das alles gibt, welches sein Herzblut auf der Bühne verströmt und bei denen man mit jeder Faser mitbekommt, dass sie unendlich glücklich sind, wieder für ihr geliebtes Publikum zu spielen, auch wenn dieses arg dezimiert ist. Das Ende der „stummen Zeit“, welche leider nur kurz dauerte, wird von allen herbeigesehnt.

Gerhard Karzel, Verena te Best, Alexander Helmer

 

Die Operette „Wiener Blut“ war ein Auftragswerk des damaligen Direktors des Wiener Carl Theaters, Franz Jauner an den damals bereits 73jährigen Johann Strauss. Man entschloss sich für diese Operette diverse Stücke von Strauss zusammenzufügen und mit dem Libretto von Victor Léon und Leo Stein zu verschmelzen. Johann Strauss starb am 3. Juni 1899 und konnte die Uraufführung, die am 25.10.1899 stattfand, nicht mehr miterleben. Neben der unverwüstlichen „Fledermaus“ zählt „Wiener Blut“ zu den Meisteroperetten des großen Meisters und gehört mit zu den beliebtesten Stücken. Der Inhalt ist schnell erzählt und etwas verworren. Gabriele, eine temperamentvolle und lebenslustige Frau, heiratet Balduin Graf Zedlau. Sie zieht sich nach der Hochzeit auf das Schloss ihrer Eltern zurück, weil sie, die lebenslustige Wienerin, ihn, den Prinzgemahl. für zu langweilig, spießig und leidenschaftslos hält, halt ein ausgesprochener trockener Gesandter von Reuß-Schleiz-Greiz. Doch aus dem Langweiler ist ein richtiger Lebemann geworden, der nicht nur seine Geliebte, die Tänzerin Franzi Cagliari, deren Vater von höheren Weihen träumt, in der Villa seiner Frau untergebracht hat, sondern der auch der Pepi, der Freundin seines Kammerdieners, was er aber nicht weiß, nachstellt. Seine Frau Gabriele, die von allem hört, wird eifersüchtig und besucht ihren Schlawiner. Dabei kommt es zu den tollsten Verwechslungen, an denen Fürst Ypsheim-Gindelbach großen Anteil hat. Die Verwirrungen lösen sich natürlich am Schluss alle auf, alles kommt zusammen, was zusammengehört und schuld hat natürlich nur das Wiener Blut.

Steven Fiske, Kerstin Grotrian

 

Die Regie und die Bühnenfassung des heiteren spritzigen Werkes liegt in den bewährten Händen von Prof. Heinz Hellberg. Und wie immer, wenn er etwas in die Hand nimmt, weiß man, dass hier nichts kaputt modernisiert wird, sondern dass die Operette, wie sie geschrieben wurde, ganz leicht angepasst wird, ohne ihren Zauber und ihr Flair zu verlieren. Leider gibt es - aus verständlichen Gründen – diesmal kein Programm, so dass ich nur sagen kann, dass die Kostüme farbenfroh und stimmig sind, das Bühnenbild einfach, aber allen Gegebenheiten toll angepasst ist und für die „abgespeckten Verhältnisse“ mehr als gut.

Das Kammerorchester der Operettenbühne Wien, welches auf der Bühne hinter der Handlung platziert ist, holt erstaunliches aus den geringen Möglichkeiten heraus. Die musikalische Leitung liegt in den bewährten Händen des in Miskolc in Ungarn geborenen Laszlo Gyüker. Er, der die Musik mit der Muttermilch aufgesogen hat, hat nicht nur sein Rumpforchester fest im Griff, er darf diesmal auch am Klavier zeigen, dass er nicht nur dirigieren kann und alle musikalischen Finessen bis ins Kleinste draufhat. Und er macht dies einfach vorzüglich. Fast merkt man nicht, dass nur ein kleines Kammerorchester und nicht das ordentliche Orchester der Operettenbühne Wien zu Gange ist. Auch den wenigen Orchestermusikern ist die Leidenschaft und die riesengroße Freude anzumerken, vor ihrem Publikum wieder zu zeigen, was Musik bewirken kann. Laszlo Gykür, der ja auch seit einiger Zeit Gastdirigent der Wiener Volksoper ist, stellt ein klingendes Wiener Blut auf die Beine, wie man es selten zu hören bekommt. Dies bei diesen Voraussetzungen ist jeden noch so prasselnden Beifall wert.

Viktor Schilkowsky, Verena te Best

 

Sein Tour Debüt gibt an diesem Nachmittag als Balduin Graf Zedlau der junge amerikanische Tenor Steven Fiske. Und dies macht er einfach nur vorzüglich. Mit schönem weichem und warmem Tenor weiß er zu beeindrucken. Auch vom darstellerischen bietet er eine mehr als gute Leistung und besitzt bereits jetzt schon eine tolle Bühnenpräsenz. Sein Pianissimo ist exzellent und im Duett mit seiner Gabriele gibt es einen stimmlichen Zusammenklang, wie ich ihn in dieser Schönheit selten erlebt habe. Zart und fein, fast wie hingehaucht, verschmelzen die Stimmen miteinander. Wenn es ihm noch gelingt, seine Stimme insgesamt etwas voluminöser zu gestalten, ist ihm eine sehr große Operettenzukunft vorauszusagen. Ein mehr als gelungenes Debüt. Als seine Frau Gabriele weis die Koloratursopranistin Kerstin Grotrian mehr als zu gefallen. Mit ihrer hervorragenden und herausragenden Ausstrahlung beherrscht sie die Bühne. Ihr gut geführter, natürlicher und frischer Sopran weiß mehr als zu gefallen. Mit stimmlicher Leidenschaft, wobei die darstellerische Leidenschaft nicht dahinter zurücksteckt, setzt sie ein Ausrufezeichen und im Duett mit ihrem Balduin vergisst man beinahe die misslichen Umstände, unter denen hier gespielt werden muss. Es ist immer wieder schön, diese Ausnahmekünstlerin zu erleben. Als Tänzerin Franzi Cagliari sieht und hört man die Sopranistin Verena te Best, welche aus Wels in Oberösterreich stammt. Bezaubernd und liebreizend, quirlig und leidenschaftlich, spitzbübisch und einnehmend mit ihrem glockenreinen silbrigen Sopran, lässt sie natürlich auch die Herzen der (wenigen) anwesenden Männer im Publikum höherschlagen und den Blutdruck bei ihnen etwas ansteigen. Dazu kommt, dass in der letzten Zeit ihre Stimme wesentlich voller, reifer und voluminöser geworden ist. Es macht immer wieder Spaß und bedeutet eine große Freude, sie auf der Bühne zu erleben. Als ihr Vater ist einer meiner Lieblinge der Operettenbühne zu sehen und zu hören, der gebürtige Wiener Prachtbariton Viktor Schilowsky. Seine samtene, warme, raumfüllende, wohlklingende und noble Stimme nimmt immer wieder für ihn ein. Dass er dazu auch ein begnadeter Darsteller ist, braucht man nicht extra zu erwähnen. Als Kagler, dem Vater der Tänzerin Cagliari, ist der in Kärnten in Oberösterreich geborene und in Salzburg aufgewachsene Gerhard Karzel zu erleben. Und wie immer ist er ein komödiantisches Erlebnis. Er hat schon viele humoristische Paradestückchen auf die Bretter, die die Welt bedeuten, gestellt und auch der Kagler ist ein solcher. Leider hat man ihm seine Arie gestrichen, wie auch einige weitere musikalische Stücke in der Aufführung fehlen. Geschuldet ist dies der Tatsache, dass die Aufführung ohne Pause in 90 Minuten beendet werden muss. Jammerschade, aber man freut sich, dass es überhaupt weitergeht.

Susanne Hellberg

 

Als letztes Pärchen erleben wir dann noch den aus Wien stammenden Alexander Helmer als Josef, den Kammerdiener des Grafen Zedlau. Und was soll ich hier viel sagen. Mit kräftiger, klarer, warmer Stimme, angenehm im Ausdruck und beeindruckend ist der musikalische und darstellerische Tausendsassa auch an diesem Tag wieder zu bewundern. Mit stimmschönem weichen Tenorbariton beherrscht er die Bühne und zeigt, dass der Josef zu einer seiner Spitzenrollen gehört. Und zum guten Schluss Susanne Hellberg als seine Probiermamsell Pepi Pleininger. Es bedeutet schon Eulen nach Athen zu tragen, um dieses Phänomen zu beschreiben. Die Stütze der Operettenbühne Wien brilliert mit klarem, schönem, vollmundigem Sopran, angenehm im Ausdruck und einfach nur voll überzeugend. Dabei ist sie mehr als bühnenbeherrschend, sie ist eine darstellerische Ausnahmeerscheinung, die, so kann man fast glauben, mit den Jahren immer besser wird. Mit Leidenschaft und Humor ist sie, ein Urgestein der Operette, auch heute wieder ein Dreh- und Angelpunkt auf der Operettenbühne. Die 90 Minuten gehen wie im Flug vorbei und nach der Aufführung habe ich noch Gelegenheit mit dem Ensemble einige Worte zu wechseln. Man ist traurig, dass alles nur noch so eingeschränkt möglich ist, man macht sich natürlich auch Sorgen um die berufliche Zukunft, solange der Virus tobt, man ist aber auch unendlich glücklich, endlich wieder vor das Publikum treten zu können und es zu verzaubern. Gerade in der heutigen Zeit ist dies wichtiger denn je. Diese Aufführung und hoffentlich noch viele, die bald wieder folgen werden, ist genau die richtige Medizin für diese kranken Zeiten.

 

Manfred Drescher, 30.10.2020              

Fotos:  Claudius Schutte

 

 

Farbenfrohe Zirkusprinzessin erfreut Schweinfurt

Besuchte Vorstellung 18.02.2020                   

Premiere 21.12.2019

Herrlich altmodische Inszenierung des unverwüstlichen Operettenschlagers

Warum gehe ich so gerne in das Theater nach Schweinfurt. Vor allem, weil dessen Theaterleiter Christian Federolf-Kreppel, und ich kann es bei jedem Besuch nur immer wiederholen, ein ausgesprochenes Händchen für publikumsnahe Aufführungen und Bühnen hat und weil er damit nicht nur für tolle Stimmung, sondern auch für ein volles Haus sorgt. Im Programmheft erläutert Regisseurin Nicole Claudi Weber unter anderem, dass eine besondere Liebe bei ihr zur Operette vorhanden ist und sie sich gerne an die Wochenenden bei ihrer Oma erinnert und im Fernsehen (damals ja noch an der Tagesordnung, heutzutage nur Wüste) herrliche farbenprächtige Operetten sah, bei denen man so richtig eintauchen und die Alltagssorgen ablegen konnte. Und in dieser Erinnerung hat sie die Zirkusprinzessin auf die Bretter, die die Welt bedeuten gestellt. Keine Experimente, keine Neu- und Umdeutungen, nein, die Handlung einfach so wiedergeben, wie sie geschrieben wurde. Und dies ist äußerst erfrischend und belebend und erzählt wird die ganze Geschichte über die allgegenwärtigen Clowns, die vom Ballett ausgezeichnet dargestellt werden. Farbenprächtig und dem Zirkus angepasst auch die Kostüme von Götz Lanzelot Fischer, hier wird nicht nur etwas für die Ohren, sondern auch für die Augen geboten. Alle drei Akte spielen im Zirkusmilieu, selbst der 3. Akt aus dem Hotel „Erzherzog Karl“ in Wien. Das Ballett des Theaters Hof, darf sich in der gekonnten und geglückten Choreographie von Barbara Buser so richtig austoben und man merkt ihnen allen an, welchen Spaß es ihnen macht. Das Zirkusmärchen um den geheimnisvollen im Zirkus auftretenden Mister X, der von Prinz Sergius als vermeintlicher Adliger engagiert wird, um sich an der Fürstin Fedora Palinska zu rächen, die ihn gedemütigt und abgewiesen hat, ist geeignet um schöne Märchen auf die Bühne zu zaubern, vor allem, wenn es dann noch das Buffopaar gibt, und etliche weitere Darsteller, die das ganze so richtig rund machen – und dann natürlich die obligatorischen Clowns. Insgesamt eine bunte abwechslungsreiche mit schönen musikalischen Höhepunkten versehenen Handlung.

Die Hofer Symphoniker werden von dem in Düsseldorf aufgewachsenen Michael Falk geleitet und hier gibt es einige leichte Probleme. Der sehr junge Kapellmeister, der in Hof als 2. Kapellmeister fungiert, stürzt sich voller Eifer und mit aller Leidenschaft, die er zweifelsohne besitzt, in diese Aufgabe. Dabei übersieht er ein bisschen, dass das Orchester vor allem auch auf die Sänger Rücksicht nehmen sollte. Im ersten Teil vor der Pause jedoch lässt er das Orchester mehr als auftrumpfen und überdeckt die Gesangstimmen teilweise gnadenlos. Die armen Sängerdarsteller, die ihr Bestes geben, können einem richtig ein bisschen leidtun. Nach der Pause, als wenn es eine Eingebung gegeben hätte, agiert Michael Falk wesentlich zurückhaltender, sängerdienlicher und damit auch überzeugender. Sein Orchester hat er in jedem Fall voll im Griff, nach der Pause lockert er diesen Griff Gott sei Dank etwas, so dass die Sänger mehr zur Geltung kommen. Überzeugend auch der Opernchor des Theaters Hof, der von Roman David Rothenaicher einstudiert und exzellent auf die Aufgaben vorbereitet worden ist. Chor und Ballett sind gerade in dieser Aufführung ausgesprochene Aktivposten, die viel zum Erfolg der Operettenaufführung beitragen.

Und nun zu dem, was aus meiner Sicht das Wichtigste und auch Eindrucksvollste bei einer guten Operette sein sollte, woran sie aber leider oft scheitert, das sind die Sänger. Und hier auch ein großer Pluspunkt der gesamten Aufführung. Bis auf einige kleine Anmerkungen gibt es keine groben Ausfälle, alles ist stimmig, die Stimmen passen zueinander und alle geben ihr Bestes. Man merkt auch, wie sich die einzelnen Darsteller in die Rollen hineinversetzen und man merkt ihnen auch an, wieviel Spaß ihnen dieser Abend bereitet und wie sie auch aufeinander eingehen und damit eine stimmige Aufführung ermöglichen. Dem Publikum jedenfalls gefällt es, der langandauernde heftige Applaus belegt es eindrucksvoll.

Als Fürstin Fedora Palinska erleben wir die junge in Hamburg geborene Sopranistin Sophie Magdalena Reuter. Es ist ihre erste Spielzeit in Hof und man kann dem Theater zu dieser Verpflichtung nur gratulieren. Sie bringt eine zauber- und mädchenhafte, sehr jugendliche Fürstin auf die Bühne. Ihren hellen klaren höhensicheren Sopran kann sie ausdrucksstark und natürlich zur Geltung bringen. Ein ungezwungenes, lockeres und leichtes Spiel kommt dazu. Sie sieht blendend aus und verdreht sicher auch etlichen Herren im Parkett den Kopf, singt und spielt mit Anmut und Grazie, äußerst charmant und einfach beeindruckend. Ihre silbrig perlend gesetzten Töne, die warm und anschmiegsam sind, verzaubern nicht nur ihren Mister X. Man sollte versuchen, sie so lange wie möglich an der Bühne zu behalten. Eine ganz ausgezeichnete Leistung und in kürzester Zeit haben wir wieder eine Operettendiva, die leider in den letzten Jahren sehr rar geworden sind. Als ihren Mister X können wir den in Südkorea und seit 3 Jahren in Hof engagierten Tenor Minseok Kim erleben und hier bin ich etwas hin- und hergerissen. Vor allem vor der Pause hat er für mich einfach zu wenig Feuer, zu wenig Leidenschaft, die hohen strahlenden Spitzentöne, wie bei den berühmten „Zwei Märchenaugen“ fehlen etwas, man hat den Eindruck, dass er sich ein bisschen zu sehr zurücknimmt. Gut, es kann auch, gerade im ersten Teil, an dem etwas zu dominanten Orchester liegen, denn nach der Pause steigert er sich erheblich, sein heller, geschmeidiger weicher Tenor weiß nun, vor allem auch in den Duetten mit der Fürstin mehr zu punkten und sichert auch ihm den wohlverdienten herzlichen Applaus des Publikums. Er ist ja auch noch relativ jung und kann sich mit Sicherheit weiter steigern, man kann gespannt darauf sein, wie er sich noch weiter entwickeln wird.

 

Thilo Andersson - Minseok Kim und Ensemble

In der Rolle der Jongleurin, Miss Mabel Gibson erleben wir die junge, in Düsseldorf geborene Yvonne Prentki, die erst seit dieser Spielzeit in Hof engagiert ist. Sehr engagiert, quirlig und zu ihrem Toni Schlumberger passend, gestaltet sie die Rolle. Ihr schöner, warmer, ins Ohr gehender Sopran ist gefällig, aber leider noch nicht durchschlagskräftig genug. Ein kleines bisschen zu schwach, aber das ist etwas, was sich mit den Jahren in jedem Fall verbessern kann. In wieweit dies auch dem übermächtigen Orchester geschuldet ist, kann man nicht genau feststellen. Ein liebenswertes und engagiertes Spiel kommt dazu und wenn die Stimme noch etwas stabiler wird, kann sie ihren Weg machen. Toni Schlumberger, der Sohn der Besitzerin des Hotels „Erzherzog Karl“ was auch im Stück zu einigen Verwirrungen führt, wird von dem in Coburg geborenen jungen Tenor Markus Gruber dargeboten. Sein kräftiger, robuster, aber auch stimmschöner und weicher Spieltenor hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Dazu auch eine ausgesprochene Spielfreude und ein teilweise überschäumendes Temperament. Viel Beifall für das Buffopaar, das es sich auch wahrlich verdient hat. Als der rachsüchtige Prinz Sergius Wladimir ist ein wahres Hofer Urgestein zu erleben, der in Frankfurt am Main geborene und seit fast 20 Jahren am Theater Hof engagierte Buffotenor Thilo Andersson. Bei ihm steckt das Theaterblut in jedem Finger und so tritt er auch auf, vollkommen souverän, stimmlich ohne Fehl und Tadel, beweglich, ausdrucksstark, voller Spielfreude und Temperament. Ein Eckpfeiler besonderer Güte am Theater Hof und heute hier auf der Bühne in Schweinfurt. In ihren kleinen Rollen völlig rollendeckend und ohne jeglichen Ausfall Hans Peter Pollmer als Graf Saskusin, Christian Seidel als Leutnant von Petrowitsch, Thomas Harry als Baron Peter Brusowsky, Peter Porzelt als Baron Rasumowsky und Hotelgast und Elias Westerhoff als Piccolo Maxl.

Minseok Kim-Sophie Magdalena Reuter und Ensemble

Sehr gut macht seine Sache auch der Bariton James Tolksdorf, der in Dortmund geboren und seit 5 Jahren in Hof engagiert ist, als Zirkusdirektor Stanislawski. Immer präsent, immer mit vollem Einsatz, engagiert bis in die Haarspitzen. Und dann sind noch zwei zu nennen, die das Salz in der Operettensuppe darstellen. Einmal ein weiteres Hofer Urgestein, 17 Jahre in Hof engagiert, in Kitzingen am Main geboren und als Alt in der Rolle der Carla Schlumberger, der Besitzerin des Hotels „Erzherzog Karl“, eine wahre Gestaltungskünstlerin, Stefanie Rhaue. Sie erfreut nicht nur mit einer überzeugenden spielerischen Darstellung, auch bei ihr ist das Theaterblut zu sehen und zu hören. Sie hat auch zwei berührende musikalische Auftritte, die das Publikum mit großem Beifall honoriert. Und als Oberkellner Pelikan, der seine Chefin seit Jahrzehnten liebt und verehrt ist der in Braunschweig aufgewachsene Schauspieler Thomas Hary in einer Glanzrolle zu erleben. Der Auftritt der beiden gehört zu den Highlights der Operette.

Herzlicher, langanhaltender, teilweise frenetischer Applaus am Ende. Die Operette hat, allen Unkenrufen zum Trotz, wieder einmal gezeigt, dass sie unsterblich ist. Zwei Stunden abschalten vom Alltag, sich hineinversetzen in die Märchenwelt der Operette und in den herrlichsten Melodien zu schwelgen. Was kann man denn mehr verlangen. Aufführungen mit Herzblut und die Freunde auf die kommenden Aufführungen.

 

Manfred Drescher, 22.02.2020              

Fotos (c) Harald Dietz, Hof

 

 

 

Das Schwarzwaldmädel

Besuchte Vorstellung 16.01.2020

 

Wunderschön konventionelle Aufführung des rührenden Volksstückes mit herrlicher Musik

 

Gerne erinnere ich mich an den wunderschönen Farbfilm mit Sonja Ziemann und Rudolf Prack aus den 50er Jahren über das „Schwarzwaldmädel“. War er doch durch seine farbenprächtige Gestaltung, dem rührseligen Geschichterl und den eingängigen und einschmeichelnden Melodien von Léon Jessel damals einer der großen Kassenschlager im Kino. Heute erleben wir eine nostalgische Reise zurück in die gefühlsbetonte Geschichte aus dem Schwarzwald. Der der Jugend längst enteilte Domkapellmeister Blasius Römer glaubt eine neue Liebe zu erleben. Er meint nämlich irrtümlich, dass das Bärbele, eine Art Aschenputtel, auch als „Lumpenprinzessle“ von den Dorfbewohnern bezeichnet und als Außenseiterin behandelt, sich in ihn verliebt hat. Die beiden lustigen Handwerksburschen Hans und Richard, die von Hans verlassene Geliebte Malwine, die den beiden nachreist, der Ochsenwirt Jürgen, der praktisch fast alle Ämter des kleinen Fleckens in sich vereint hat, und der allem, was da auf ihn zukommt „machtlos vis-á-vis“ steht, ein Ausspruch der sich durch das gesamte Stück zieht, der unvermeidliche Berliner Urlauber Schmusheimer, der sich überall einmischt und alles besser weiß, sie alle tragen ihr Scherflein dazu bei, ein abwechslungsreiches, fröhliches Spiel ablaufen zu lassen. Am Schluss, wie es sich für eine zünftige Operette gehört, natürlich mit einem gewaltigen Happy End. Glückliche Menschen am Schluss des Stückes auf der Bühne und glückliche Menschen am Schluss im Zuschauerraum, der bis auf den letzten Platz ausverkauft ist. Hat doch der umtriebige, mit einem feinen Gespür und einem geschickten Händchen ausgestattete Theaterleiter Christian Federolf-Kreppel, wie schon so oft, das richtige Näschen gehabt und vor allem weiß er, wann sich Treue auszahlt. Bereits seit 1996 gastiert die Wiener Operettenbühne Heinz Hellberg in Schweinfurt, hat sich ein äußerst beständiges Publikum erobert und bringt Operette im besten Sinne des Wortes auf die Bühne und sorgt damit immer für restlos ausverkaufte Zuschauersäle. Hier versucht sich kein selbstgefälliger Intendant selbst zu verwirklichen, seinem Affen Zucker zu geben und damit das arme Publikum zu peinigen, nein, mit Heinz Hellberg wird die Operette in ihrer schönsten und ursprünglichsten Form auf die Bühne gebracht, diesmal als modernes Märchen, welches alle verzaubert. Man kann kaum glauben, dass diese reizende Schwarzwaldmär bereits im Jahr 1917 die Bühnenbretter das erste Mal betreten hat. Über die ganzen Jahre hat die Geschichte, vor allem auch durch die eingängige gefällige und mitreißende Musik kein bisschen von ihrem Reiz verloren.

Wie praktisch bei allen seinen Regiearbeiten wird von Hellberg diese einfache ländliche Geschichte unverfälscht, farbenprächtig und ohne größere Änderungen in der Geschichte vorzunehmen, auf die Bretter, die die Welt bedeuten, diesmal in Schweinfurt, gestellt. Eine wohltuende Inszenierung, an der das Publikum seine helle Freude hat, lebendig, fröhlich, humorvoll und verständlich. Das Orchester der Operettenbühne Wien wird diesmal von Dorian Molhov geleitet. Er führt es mit straffer Hand durch die wunderschöne Melodienwelt und lässt es aufbrausen, wo es notwendig ist. Leider übertreibt er es hier die erste halbe Stunde ein bisschen und überdeckt die vorzüglichen Sänger teilweise etwas. Diese singen tapfer und erfolgreich gegen die Wogen an, die sich aber dann Gott sei Dank mit zunehmender Dauer entsprechend glätten. Immer mehr nimmt der Dirigent seine vorzüglich spielenden Musiker etwas zurück, vor allem, wenn die ein oder andere Gesangstimme etwas bedroht erscheint. Schmeichelnd „erklingen zum Tanze die Geigen“ aus dem Orchestergraben, umfließen die Szene und die Sangessolisten und die Musiker spielen kraftvoll, präzise, sauber, zurückhaltend und wo es erforderlich ist auch leidenschaftlich, eine insgesamt gesehen eindrucksvolle Leistung der Musiker und ihres Dompteurs. Auch der Chor weiß voll zu überzeugen und man muss immer wieder die Leidenschaft bewundern, mit welcher sich die Choristen in ihre Aufgaben werfen. Man merkt ihnen richtig an, wieviel Spaß sie an Ihren Auftritten haben und dies überträgt sich natürlich auch auf das Publikum, und all das für ein sicher nicht allzu üppiges Salär. Eine abwechslungsreiche, bunte stimmige Kulisse, ebensolche farbenprächtige Kostüme, die einfach Spaß machen, sind das Tüpfelchen auf dem I und ein ganz großes Lob und Dankeschön an Lucya Kerschbauer, die für die Kostüme verantwortlich ist und an Mioara Dumitrescu, die für die Maske zuständig zeichnet. Alles mehr als gefällig, einfach Hingucker, die das Spiel erst richtig zum Blühen bringen. Hier passt einfach alles, ist stimmig, bunt, farbenprächtig und teilweise beeindruckend. Man muss ja immer dabei denken, dass es sich um eine Tourneebühne handelt, wo es viel schwieriger ist entsprechend zu agieren, als bei einem festen Haus. Ein ganz kräftiges Bravo deshalb an alle Beteiligten und Verantwortlichen.

Doch nun zu dem Wichtigsten bei einer Operettenaufführung, jedenfalls für mich, nämlich zu den Sängern. Manche noch so schöne Aufführung ist am mangelnden Stimmvermögen der jeweiligen Protagonisten gescheitert. Heute und hier ist dies Gott sei Dank nicht der Fall. Wobei man auch sagen muss, dass Heinz Hellberg über die vielen Jahre es immer wieder geschafft hat, ausgezeichnete Sängerdarsteller zu verpflichten, die zu einer Operette wie das Salz in der Suppe gehören. Kein einziger Ausfall ist zu verzeichnen, insgesamt ein überdurchschnittliches homogenes Ensemble, welches in dieser wunderschönen volkstümlichen Operette agiert.

In der Rolle des Domkapellmeisters Blasius Römer, eigentlich der tragenden Rolle der gesamten Operette, können wir den gebürtigen Wiener und Prachtbariton Viktor Schilowsky erleben. Endlich hört man ihn einmal in einer größeren Rolle, die seinem weichen, geschmeidigen, samtenen, warmen und raumfüllenden Bariton entgegenkommt. Es macht richtig Spaß seiner einschmeichelnden, ausdrucksstarken und einfach schön geführten Stimme zuzuhören. Langanhaltenden Applaus kann er zusätzlich völlig zu Recht mit dem melancholisch vorgetragenen etwas wehmütigen Robert Stolz Lied „Auf der Heide blühn die letzten Rosen“ einheimsen. Wunderschön seine Interpretation dieses, ja man kann schon fast sagen, Volksliedes des großen Robert Stolz. Da nimmt man gerne in Kauf, dass es eigentlich nicht ins Dreimäderlhaus gehört. Und man fragt sich, warum eigentlich keine der tollen Operetten von Robert Stolz einmal zur Aufführung kommt.

Den donnernden Applaus hat sich ebenfalls die Sängerin des Bärberle, des Lumpenprinzessles redlich verdient, denn es gibt bei dieser Vorstellung zwei Sänger, die sich die Krone verdient haben und neben Viktor Schilowsky ist es die liebreizende und bezaubernde Verena te Best. Sie, die in Wels in Oberösterreich geboren und in Pasching bei Linz aufgewachsen ist, ist die Rolle wie auf den hübschen Leib geschrieben. Ihr, in den letzten Jahren reifer und voller gewordener silbrig glänzender, stimmschöner und in allen Lagen gleich ansprechender Sopran bezaubert nicht nur den Domkapellmeister und den Burschen Hans, sondern fast noch mehr, die im Publikum sitzenden Herren und da nimmt sich der Rezensent nicht aus. Was Verena te Best aus dieser Rolle macht, ist einfach toll. Quirlig, leidenschaftlich, spitzbübisch, mit einer tollen darstellerischen wie sängerischen Topleistung bekommt sie zu Recht den tosenden Beifall des Publikums. Selten habe ich eine Sängerin erlebt, die so natürlich, frisch, unverstellt, mit einer riesigen Portion Charme und ungekünstelt sowie erfrischend fröhlich diese Rolle meistert. Ein ganz großes Bravo einer außergewöhnlichen Künstlerin. Eine tolle Darstellung des Bärbele. Als Malwine von Hainau, kann die Wiener Sopranistin Ella Tyran ebenfalls ein großes Ausrufungszeichen setzen. Ihr voller, durchschlagskräftiger, klarer und höhensicherer Sopran und ihre sehr gute darstellerische Bewältigung der Rolle werten die Partie sichtlich auf. Ganz bezaubernd auch Anita Tauber, als Hannerle, die Tochter des Domkapellmeisters. Mit brillantem, äußerst beweglichem klarem und hohem Sopran kann sie mehr als überzeugen. Bei ihr wünscht man sich auch einmal eine größere Rolle, bei welcher sie ihr Können umfangreicher einsetzen kann. Ihr zuzuhören macht Spaß, reizend auch das Duett mit Verena te Best. So macht Operette einfach Spaß.

Die beiden Handwerksburschen Hans und Richard sind ebenfalls mehr als rollendeckend besetzt. Als Hans erleben wir den blondgelockten, jungen und feschen oberösterreichischen Tenor Stefan Reichmann, der ebenfalls von Jahr zu Jahr besser wird. Sein heller, schöner vollmundiger Tenor blüht immer mehr auf und auch darstellerisch hat er in der letzten Zeit einiges zugelegt. Strahlend und höhensicher bei Stimme weiß er eindrucksvoll zu punkten, kraftvoll und ausdauernd bietet er eine runde Rollendeutung. Auch er erhält starken Beifall des Publikums. Als Richard sieht und hört man den aus Wien stammenden charmanten Alexander M. Helmer. Bei ihm bin ich mir immer nicht so ganz sicher, ob er ein hoher Bariton, oder ein Tenor ist. Egal wie auch immer, seine Rolle gestaltet er vorzüglich. Mit klarer, voller, runder, durchschlagskräftiger und stimmschöner Stimme weiß er seiner Rolle Kontur zu verleihen, angenehm im Ausdruck und durchaus beeindruckend. Darstellerisch zeigt er eine Partie vom allerfeinsten, immer präsent, immer bühnenbeherrschend. Eine Rolle, für die er wie geschaffen ist, es macht einfach Freude ihm zuzuhören und zuzusehen. Als Jürgen, dem Wirt des Blauen Ochsen, dem Bürgermeister, dem Feuerwehkommandanten, dem Polizeichef und was sonst noch alles, ist Jürgen Reimitz zu erleben. Und auch wenn man ihn im Programmheft schlicht und ergreifend einfach vergessen hat, durchlebt er und gestaltet er seine Rolle exzellent, immer gekrönt von seinem „Da kannscht nix mache, da schtehscht machtlos vis-á-vis“ und hat vor allem das Publikum hinter sich, welches seinen Auftritt mit großem Beifall begleitet. Seine Interpretation der Rolle macht einfach nur Spaß und gute Laune und genau das ist es, was auch Operette ausmachen soll. Für zwei Stunden gute Laune verbreiten, aus- und abschalten der Alltagssorgen und in eine Märchenwelt eintauchen. In zwei ebenfalls mehr als rollendeckend besetzten Partien ist Sylvia Denk als die alte Traudel zu erleben, die ihre kleine Rolle mit großer Wärme und gleichzeitig großer Strenge erfüllt. Auch ihr gebührt der verdiente Applaus des Publikums. Und nicht zuletzt ist ein wahres Urgestein der Operettenbühne als Berliner Urlauber im Schwarzwald zu erleben und zwar der in Kärnten/Österreich geborene und in Salzburg aufgewachsene Gerhard Karzel. Er gibt seinem Gaul reichlich Zucker, macht dadurch aus seinen Auftritten wahre kleine Kabinettstückchen und hat den wohlverdienten Applaus, ebenso wie die Lacher des sich köstlich unterhaltenden Publikums immer auf seiner Seite.

Begeisterter, herzlicher und langanhaltender Applaus am Schluss. Die Zuschauer waren für zwei Stunden in der Märchenwelt der Operette und sie hat ihnen mehr als nur Spaß gemacht. Hoffen wir, dass die Gastspiele der Operettenbühne Wien noch oft in Schweinfurt Station machen und nicht nur viel Spaß und viel Freunde, sondern auch ein immer ausverkauftes Haus mit sich bringen. Lachende und fröhliche Gesichter beim nachhause Gehen, die eine oder andere Melodie vor sich hin pfeifend, was will man eigentlich mehr von einem ausgefüllten wunderschönen und mehr als unterhaltsamen Operettennachmittag verlangen.

 

Manfred Drescher, 22.01.2020                                              

Fotos: Claudius Schutte

 

 

DAS DREIMÄDERLHAUS

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 21.10.2019 / Tourneepremiere

Operettenbühne Wien unter Heinz Hellberg lässt in Schweinfurt alle Alltagssorgen verblassen

Heinz Hellberg mit seiner Operettenbühne Wien ist seit nunmehr 23 Jahren ein immer wieder gern gesehener Gast in Schweinfurt und auch diesmal zeugt ein ausverkauftes Haus von der Liebe seines Publikums zur Operettenbühne. Wenn am Anfang der Vorstellung der Theaterleiter des Theaters Schweinfurt, Christian Kreppel auf die Bühne kommt, ahnt man Schlimmes, denn meist sind es Absagen, Umbesetzungen und ähnliches. Heute kommt er jedoch um dem aus gesundheitlichen Gründen abwesenden Prinzipal Heinz Hellberg zu seinem am Premiertag stattfindenden 75. Geburtstag ganz herzlich zu gratulieren und das Publikum zeigt mit tosendem Applaus, welchen Stellenwert die Bühne hier einnimmt und Frau Susanne Hellberg nimmt die Glückwünsche gerührt mit auf die heute beginnende Tournee und der Opernfreund schließt sich den Glückwünschen natürlich an.

Und auch an diesem Nachmittag zeigt Heinz Hellberg als Regisseur erneut, wie man Operette, oder sagen wir heute lieber Singspiel, inszeniert, authentisch, schnörkellos, der Musik und dem Werk in tiefer Leidenschaft und Liebe zugetan. Keine Pseudoregiearbeit, bei welcher sich der Regisseur nur selbst beweihräuchert, sein Ego in den Vordergrund drängt und die Musik am Rande versickern lässt. Nein, hier und heute wird die Operette so dargeboten, wie sie es verdient und wofür man sie zu Recht nach wie vor liebt.  Heinz Hellberg und seiner Frau Susanne und dem gesamten Team der Operettenbühne Wien ist es ganz stark mit zu verdanken, dass diese Form der Musik wieder eine kleine Renaissance zu bekommen scheint – und sie hat es sich wahrlich mit Fug und Recht verdient. Operette singen und spielen, dass sie beim Publikum und in den Herzen des Publikums ankommt, ist eines der schwersten Aufgaben, die es im musikalischen Bereich gibt. Operettensänger sollen nicht nur ganz toll singen, sie sollen auch ganz toll aussehen, ganz toll spielen können, ganz toll tanzen können und noch vieles mehr. Diese oft als „kleine Schwester“ der Oper bezeichnete Musikgattung ist in den letzten Jahren sträflich unterschätzt, vernachlässigt und auch durch das Musical etwas in den Hintergrund gedrängt worden. Wenn man die musikalischen Qualitäten einer guten Operette mit einem aktuellen Musical vergleicht, merkt jeder Musikkenner, dass die Operette eindeutig triumphiert. Dann jedenfalls, wenn sie so dargeboten wird, in einer Qualität, wie dies die Wiener Operettenbühne Heinz Hellberg seit vielen Jahren immer wieder tut.

Und diesmal steht eine ganz besondere Operette auf dem Spielplan, eine Operette, ja ein Singspiel mit klassischen Schubert-Liedern, die Heinrich Berté in die Handlung eingewoben hat und dadurch ist „Das Dreimäderlhaus“ auch etwas ganz Besonderes.

Stefan Reichmann - Verena te Best

Die Geschichte spielt in Wien, man schreibt das Jahr 1826. Franz Schubert ist mit seinen Freunden beieinander, zu denen Franz Schober, der Dichter zählt. Der Hofglasermeister Tschöll hat drei Töchter und Franz Schubert hat sich unsterblich in eine davon, das Hannerl verguckt. Auch er scheint ihr recht symphytisch zu sein und alles könnte zu einem guten Ende kommen, wenn Franz nicht so fürchterlich schüchtern wäre. Er schafft es nicht „seinem“ Hannerl seine Liebe zu gestehen, sondern sein Freund Schober, der ein Gspusi mit der Hofopernsängerin Grisi hat, muss ihr für ihn sein Liebeslied an sie „Ich schnitt es gern in alle Rinden ein“ vortragen. Es kommt wie es kommen muss, Hannerl verliebt sich in Schober und Franz Schubert bleibt allein mit seiner größten Liebe, der Musik zurück. Wunderschöne Melodien umrahmen diese zu Herzen gehende Geschichte und diese braucht auch die entsprechenden Sänger und ein ebenso gut aufgelegtes Orchester.

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von einem wahren Könner der Materie, dem in Miskolc in Ungarn geborenen László Gyükér, geleitet. Er hat die Musik mit der Muttermilch aufgesogen, ist Dirigent der Volksoper Wien, hat im kleinen Finger mehr Musikalität, als andere im ganzen Arm, ihm liegt die Musik im Blut und man merkt bei ihm etwas ganz genau, die Leidenschaft, mit welcher er die Musik betreibt und die Liebe zu eben dieser Musik. In jeder Sekunde hat er sein Orchester im Griff, lässt es jauchzen, jubilieren, sich emporschwingen und sich wieder zurückziehen, wenn es die Rücksichtnahme auf die Sänger erfordert. Mit welcher Leidenschaft er dabei ist, kann man zu jeder Sekunde fühlen und spüren. Viel Applaus für den Meister des Taktstockes und seine Orchestermitglieder, die wie ihr Chef mit der Musik leben und atmen. Mit dieser Leidenschaft wünsche ich mir mehr Dirigenten, denn damit verhelfen sie der Operette zu ihrem Platz in der Musikwelt, die sie verdient. Eine ganz ausgezeichnete Leistung von Orchester und Dirigent.

Die Kostüme, wunderschön im Biedermeier angesiedelt, sind von Lucya Kerschbaumer gestaltet und versetzten das Publikum in die damalige Zeit, ebenso wie das mit einfachen Mitteln, aber äußerst gekonnt gezauberte Bühnenbild. Auch der Chor der Operettenbühne kann in jeder Sekunde überzeugen.

Tauber-Beck-te Best-Reichmann-Helmer-2 Statisten-Reimitz

Die Gesangspartien sind sehr gut besetzt, es gibt praktisch keinen Ausfall, auch die kleinen Nebenrollen haben exzellente Darsteller und alle können das begeistert mitgehende Publikum in allen Bereichen auf ihre Seite ziehen.

Bei den Gesangssolisten kann das Hannerl den meisten Applaus verbuchen. Die bezaubernde, in Wels in Oberösterreich geborene und in Pasching bei Linz aufgewachsene Verena te Best holt aus ihrer nicht so gewaltigen Rolle alles heraus was möglich ist (ich freue mich heute schon auf den Januar wo sie das Bärbele im „Schwarzwaldmädel“ verkörpern wird). Sie kann mit ihrem leicht ansprechenden silbrigen, leuchtenden und warmen Sopran restlos überzeugen und verdreht nicht nur dem Franz Schubert und dem Baron Schober den Kopf, sondern auch einer ganzen Reihe von Herren im Publikum. Dass sie dabei auch einen ganz natürlichen und ungekünstelten Charme auf die Bühne bringt und darüber hinaus auch noch ganz bezaubernd aussieht, ist noch das I-Tüpferl ihrer Rollengestaltung. Auch von ihrem Spiel her natürlich und ungekünstelt, es macht einfach nur Spaß ihr zuzusehen und -zu hören. Gerne würde man hier mit dem Baron Schober tauschen, der von dem jungen feschen und blondgelockten österreichischen Tenor Stefan Reichmann mit zurückhaltendem gefälligem, geschmeidigem und wohlklingendem Timbre verkörpert wird. Er hat sich in den letzten Jahren immer freier gespielt und das wirkt sich auch sehr stark auf die Stimmgebung aus, ein angenehmer für sich einnehmender Tenor, der auch in den gemeinsamen Duetten punkten kann. Der charmante aus Wien stammende Kavaliersbariton Alexander M. Helmer verkörpert den scheuen schüchternen und zurückhaltenden Schubert. Und hier habe ich ein kleines Problem. Ich schätze Alexander M. Helmer seit vielen Jahren, da er neben einer großen Portion Charme und einer gut geführten Stimme auch eine ausgesprochene Spielfreude, fast könnte man sagen Spielleidenschaft mitbringt, die sich auch auf seine Mitstreiter überträgt und die schon viele Aufführungen positiv geprägt hat. Leider ist er für mich einfach stimmlich kein idealer Schubert. Hier habe ich einen strahlenden schmetternden Tenor im Ohr, der seine Leidenschaften und auch seinen Schmerz heraussingt. Helmer ist ein äußerst guter Schubert, darstellerisch ausgezeichnet, genau den Typus verkörpernd, aber mir persönlich stimmlich einfach zu leichtgewichtig. Das Publikum sieht das ganz anders und feiert ihn mit Ovationen. Ich jedoch freue mich schon auf seinen Richard im „Schwarzwaldmädel“, eine Rolle, die ihm aus meiner Sicht, vor allem stimmlich sicherlich wesentlich besser liegen dürfte.

Ensemble

Der aus Wien stammende Prachtbariton Viktor Schilowsky mit beeindruckendem noblem, wohlklingendem und raumfüllendem Bariton weiß als Hofglasermeister Tschöll zu überzeugen und zu gefallen. Seine kräftige, warme und einschmeichelnde Stimme weiß immer wieder zu beeindrucken. Ganz besonders freue ich mich auf den Januar, wenn er als Domkapellmeister Blasius Römer im „Schwarzwaldmädel“ endlich wieder einmal in einer großen Rolle zu sehen und vor allem zu hören sein wird. Die gebürtige Wienerin Sylvia Denk als seine Frau Marie überzeugt im gemeinsamen Duett und ist vor allem auch darstellerisch „eine Bank" und ihre beiden Töchter Maria Beck als Hederl und Anita Tauber als Haiderl setzen sich in ihren kleinen Partien gut in Szene, ebenso wie Jan Reimitz als Hofopernsänger Johann Michael Vogel, der vor allem auch sein komödiantisches Talent voll ausspielen kann. Als Guiditta Grisi, Hofopernsänger und Gspusi von Baron Schober, die aber gerne auch ein Auge auf den Hofglasermeister wirft, kann die Wienerin Ella Tyran voll überzeugen. Mit ihrem klaren, höhensicheren und durchschlagskräftigen Sopran bezaubert sie nicht nur die beiden Herren auf der Bühne, sondern auch eine ganze Reihe männliche Theaterbesucher. Als Polizeispitzel Nowotny, macht der in Kärnten/Österreich geborene und in Salzburg aufgewachsene Gerhard Karzel aus der kleinen Rolle „passens auf, passens auf“ ein wahres Kabinettstückerl und lockt viele Lacher aus dem Publikum hervor. Ein beeindruckender Auftritt der überzeugt.

Schlussapplaus mit Dirigent Laszlo Gyüker

Mit dieser wunderschönen Operette, oder sagen wir lieber dem Schubertschen Singspiel hat der Intendant wieder ein Stück nach Schweinfurt geholt, welches voll überzeugt hat. Im neuen Jahr geht es mit der „Fledermaus“ und dem „Schwarzwaldmädel“ der Operettenbühne Wien weiter und ich freue mich schon sehr darauf. Schweinfurt hat sich selbst und dem begeistert mitgehenden Publikum einen großen Gefallen getan. Langandauernder herzlicher Beifall des bis auf den letzten Platz ausverkauften Hauses.

 

Manfred Drescher, 25.10.2019  

Fotos Eigenaufnahmen

 

 

DIE LUSTIGE WITWE

Aufführung des Thalia Theaters Wien am 07. März 2019

Zufriedene Mienen nach einer flotten Aufführung mit der unvergesslichen Musik von Franz Lehár

Nach der sensationellen „Fledermaus“ zum 500ten Gastspiel der Bamberger Symphoniker kehrte in Schweinfurt wieder der Alltag ein. Der Alltag in Form einer ausverkauften Vorstellung der unverwüstlichen „Lustigen Witwe“ von Franz Lehár. Das bekannte Thalia Theater Wien hat in einer Koproduktion mit dem Opernhaus Usti nad Labem und der Kammeroper Prag diese schmissige Operette nach Schweinfurt gebracht. Wie sagt Franz Lehár selbst über sein Meisterwerk: „In der lustigen Witwe habe ich versucht, auf die Bretter der Operettenbühne lebendige Menschen zu bringen. Der Held der Operette Danilo, will die reiche Witwe nicht heiraten, weil er sich eben nicht verkaufen möchte. Erst als er von ihr hört, dass sie angeblich arm ist (da ihr Geld ihr neuer Gemahl erhält) gibt er seiner Liebe Ausdruck. Der Triumph der Liebe über den Materialismus, das ist der ethische Sinn der Handlung trotz der Operettenausstattung“ Soweit Franz Lehár und seine herrliche Musik ist weitaus schmissiger und aufregender, als seine fast philosophischen Worte zu dem Stück.

Wieder einmal kann man den rührigen Intendanten Christian Kreppel nur für sein feines Händchen loben. Er hat ein Gespür für den Nerv des Publikums und für das, was bei seinem Publikum besonders ankommt. Auch an diesem Nachmittag ist es wieder so, ein Publikum welches sich in die Märchenwelt der Operette entführen lässt und glücklich am Ende gut gelaunt aus dem Theater geht. Glücklich einige wunderschöne unbeschwerte Stunden voll mit den tollsten Tönen aus Orchester und Solisten in sich aufgesaugt zu haben.

Frauke Schäfer (Hanna Glawari) und Chor

Und wir bekommen heute eine wunderschöne altbackene, und dies ist im wahrsten Sinne nur positiv gemeint, spritzige und authentische Aufführung zu hören und zu sehen. Der in Bulgarien geborene Bassist Ivaylo Guberov, der auch in die Rolle von Baron Mirko Zeta, des pontevedrinischen Gesandten schlüpft, bringt die wunderschöne Geschichte schnörkellos auf die Bühne. Hier merkt man, dass ein Sänger die Inszenierung macht, ein Sänger, der genau weiß, wie seine Sangeskollegen reagieren, was sie brauchen und wie sie sich wohlfühlen. Und das überträgt sich dann natürlich auch auf das Publikum. Er verwirklicht sich nicht dadurch, dass er das Stück verhunzt und vermodernisiert, er stellt nicht sich in den Mittelpunkt, sondern er vertraut auf die schmeichelnde Musik Lehárs, auf den zarten Schmelz der Arien und Melodien und stellt diese in den Vordergrund. Ach, wäre es doch nur bei vielen anderen Bühnen auch nur so, oder auch nur ansatzweise. Die Rolle des mit Hörnern versehenen Gesandten füllt er mit durchschlagskräftigem, warmem und vollem Bass eindrucksvoll aus. Zusammen mit Jiri Pokorny, der für die Choreografie verantwortlich zeichnet und Dana Haklová, die für die Ausstattung zuständig ist, zaubern sie ein buntes, ausdrucksvolles und abwechslungsreiches Stück auf die Bühne. Alles passt zusammen, vor allem dann im dritten Akt, wo das Ballett einen wilden CanCan Ritt auf die Bretter, die die Welt bedeuten, zaubert. Der Chor und das Ballett können sich unter der Einstudierung von Jan Snitil sehen und hören lassen und tragen viel zum Erfolg der Aufführung bei.

Rudolf Pfister (Njegus), Michael Kurz (Danilo)

Das Orchester spielt ohne Fehl und Tadel, ist gut eingespielt und aufeinander eingestimmt. Die musikalische Leitung hat der tschechische, aus Brüna stammende Milan Kanak. Er ist an diesem Nachmittag, wie seine Musiker, sehr gut aufgelegt. Es lässt sie gefühlvoll, aber auch durchschlagskräftig auftrumpfen, lässt sie fast ungezügelt galoppieren um sie dann wieder straff zurückzuholen und zu zurückhaltenderen Tönen zu bewegen, wenn es darum geht, die Stimmen der Sänger nicht zu übertönen. Man merkt, dass es sich hier um ein gut aufeinander eingespieltes Team handelt, welches Höchstleistung bringt und sich völlig zu Recht den Applaus des Publikums erarbeitet.

Der, sagen wir mal sich nicht unbedingt um die Arbeit reißender Schwerenöter, Lebemann und Weiberheld Graf Danilo Danilowitsch, wird von Michael Kurz gegeben. Michael Kurz, der aus Neuwied am Rhein stammende Tenor, ist hier kein Unbekannter, oft glänzte er mit seinem hohen, hellen und durchschlagskräftigen Tenor und ich habe noch seine tolle Leistung als Camille de Rosillon im Ohr. Diesmal ist er überraschend nicht ganz so strahlend in den Höhen wie sonst, die Durchschlagskraft seines robusten Organs etwas gedämpft, alles ein bisschen wie in Watte gelegt. Das wir uns richtig verstehen, es ist immer noch eine überzeugende Leistung, aber alles mit etwas gebremsten Schaum. Ich vermute, dass dies auch ein bisschen damit zusammenhängt, dass er in dieser Rolle debütiert und deshalb an diesem Nachmittag nicht ganz so frei aufsingt, wie ich es von ihm gewöhnt bin. Darstellerisch wie gewohnt eindrucksvoll und überzeugend. Ihm zur Seite die in Frankenthal in der Pfalz zur Welt gekommene Sopranistin Frauke Schäfer als glamouröse und lebenslustige Hanna Glawari. Mit leuchtendem, sicher geführtem, gefühlvollem, strahlendem und höhensicherem Sopran kann sie das Publikum begeistern und zu Beifallsstürmen hinreißen. Ihr Wiljalied singt sie zurückhaltend, mit Zauber und viel Herzblut, anrührend mit vollem beweglichem Ton und man merkt richtig, wie das Publikum den Atem anhält um die letzten flirrenden Töne ja nicht zu verpassen. Beide ergänzen sich auch sehr gut und liefern darstellerisch eine weit über dem Durchschnitt liegende Leistung ab. Wenn Michael Kurz die Rolle ein paar Mal verinnerlicht hat, wird sich mit Sicherheit auch wieder das von mir etwas vermisste Feuer einstellen. Das Publikum feiert die beiden jedenfalls mit stark anhaltendem fast euphorischem Beifall. Sie haben sich dies mit Fug und Recht auch verdient.

Frauke Schäfer (Hanna), Michael Kurz (Danilo)

Die Leistung von Ivaylo Guberov als Baron Mirko Zeta habe ich ja bereits eingangs gewürdigt. Seine Frau Valencienne, die ja, wie wir alle wissen eine anständige Frau ist, wird von der aus Kärnten stammenden Heidi Manser verkörpert. Sie, die darstellerisch überragend ist, besitzt einen warmen, ausdrucksstarken aber an diesem Nachmittag sehr zurückhaltenden Sopran. Scheinbar wird sie doch vom Orchester etwas zu stark zugedeckt und kann manchmal mit ihrer sehr schönen und warmen Stimme kaum durchdringen, sie ist teilweise dadurch auch etwas schwer zu verstehen. Ich jedenfalls habe sie schon wesentlich durchschlagskräftiger und voluminöser erlebt. Das Publikum merkt dies kaum und gibt begeisternden Applaus. Den hat sie sich auch redlich verdient, allein den CanCan im 3. Akt gestaltet sie sehr eindringlich. Ihr tenoraler Liebhaber wird von dem in Horn in Niederösterreich geborenen Martin Mairinger mit hellem, klaren, durchdringenden Tenor mit sicherer Höhe gegeben. Er hat keinerlei Probleme, die Stimme spricht in allen Lagen gut an und besitzt viel Glanz in der Spitze. Da kann man schon verstehen, dass die arme Valencienne etwas schwach wird und sich auf ein kleines unschuldiges Abenteuer einlässt. Erwähnt sei noch Rudolf Pfister in der eigentlich kleinen und unbedeutenden Rolle als Kanzlist Njegus. Diese gestaltet er aber zu einem darstellerischen Kabinettstückchen und kann mit Recht viel Beifall des Publikums auf sich ziehen. In allen weiteren, recht vielen kleinen Nebenrollen gibt es keinerlei Ausfälle, alle wissen zu überzeugen und liefern eine überzeugende Ensembleleistung ab.

Diese Aufführung macht ganz einfach nur Spaß. Sie gefällt, ist herrlich konventionell auf die Bühne gestellt, nimmt das Publikum in jedem Augenblick mit und lässt für eine Weile die pulsierende und hektische Welt außerhalb der Mauern des Theaters vergessen. Wieder einmal, wie so oft in Schweinfurt, ein herrlich abwechslungsreicher Nachmittag, fernab von allem Unbill des Alltags. Man lässt sich für ein paar Stunden verzaubern, taucht ein in eine unwirkliche Märchenwelt und ist zufrieden und begeistert. Man hat aufgetankt, aufgetankt mit einer der herrlichsten Nebensächlichkeiten der Welt, die uns dennoch so viel zu geben im Stande ist, der wunderbaren Musik und der verzauberten und bezaubernden Welt der Operette.

 

Manfred Drescher 10. März 2019    

Bild 1 bis 3 von artandartist, Bild 4 Eigenaufnahme

 

 

 

Konzertante FLEDERMAUS

am 02. März 2019

 

Das 500. Konzert der Bamberger Symphoniker in Schweinfurt wird zum herausragenden, umjubelnden Ereignis, welches man so schnell nicht vergessen wird. Ein Spitzenorchester, tolle Sänger und ein außergewöhnlicher Frosch lassen die Fledermaus in Schweinfurt zu einem einmaligen traumhaften Erlebnis werden

 

Es muss schon etwas Besonderes sein, wenn der Schweinfurter Oberbürgermeister Sebastian Remelé persönlich vor Beginn der Vorstellung auf die Bühne kommt und einen kleinen Abriss gibt. Voller Stolz, und das mit Fug und Recht, verweist er darauf, dass das Weltklasseorchester, nämlich die Bamberger Symphoniker an diesem Spätnachmittag zum 500ten mal in Schweinfurt auftreten. Das Orchester, welches 1946 gegründet wurde, war bereits im Gründungsjahr das erste Mal in Schweinfurt und diese gegenseitige Liebe hat nun zu dem 500ten Konzert geführt, einer konzertanten Aufführung der unsterblichen Operette von Johann Strauss „Die Fledermaus“. Es ist auch dem äußerst rührigen Intendanten Christian Kreppel zu verdanken, dass es zu diesem außergewöhnlichen Jubiläumsgastspiel kam. Nur wenige Plätze sind in dem wunderschönen Schweinfurter Theaterbau leer geblieben und alle die dabei sind, werden noch lange an dieses unbeschreiblich schöne Ereignis zurückdenken.

Der Rezensent muss diesmal lange überlegen, wer die Krone bei dieser tollen Aufführung am ehesten verdient. Sind es die Bamberger Symphoniker, sind es die teilweise überragenden Sänger der Partie oder ist es der Erzkomödiant als Frosch, die den Lorbeer für sich bekommen? Es sind alle gleichermaßen. Die Aufführung ist wie aus einem Guss und alle haben ihr Scherflein dazu beigetragen, es zu einem unvergesslichen Ereignis gemacht zu haben. Doch nun einmal der Reihe nach. Man möge mir verzeihen, dass ich auf den Inhalt der wohl bekanntesten und berühmtesten Operette nicht eingehe, denn sie dürfte jedem Musikliebhaber mehr als bekannt sein.

Rasant, leidenschaftlich, beschwingt, überschäumend geht es mit der wunderbaren Ouvertüre los. Am Pult der in Neuzing in Österreich geborene Dirigent Manfred Honek. Er gilt nicht nur, nein er ist der Fachmann, der den Wiener Walzer und auch ein wenig den Schmäh praktisch verinnerlicht hat. Sein Debüt hatte er an der Volksoper in Wien gegeben und zwar mit genau demselben Stück, der „Fledermaus“. Er führt das Orchester mit leichter lockerer Hand, er lässt es zu dramatischer Wucht anschwellen und nimmt es sängerdienlich, bei den entsprechenden Passagen zurück. Er ist ein exzellenter Dompteur eines der besten Orchester, die ich bisher gehört habe. Als stv. Vorsitzender der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft habe ich „Die Fledermaus“ schon hundert Mal gehört, so leidenschaftlich, mitreißend, klangschön bis in die kleineste Nuance aber fast noch nie. Eine überwältigende wunderschöne Interpretation, die vom Publikum mit wahren Beifallsstürmen honoriert wird. So macht Operette Spaß, so gewinnt man auch junge Menschen, die recht zahlreich bei dieser Vorstellung anwesend waren, dazu, sich dieser von Rundfunk und Fernsehen schmählich vernachlässigten Kunstform der Musik, der Operette zuzuwenden. Die Bamberger Symphoniker, und auch das sollte man erwähnen, feiern mit dieser Aufführung ihr Debüt. Eine halbszenische „Fledermaus“ haben sie in Schweinfurt das erste Mal in ihrer 73jährigen Geschichte auf die Bretter, die die Welt bedeuten gestellt, am darauffolgenden Tag wird der zweite Auftritt in der Konzerthalle in Bamberg sein.

Alles ist an diesem Tag etwas überdimensioniert, der Philharmonische Chor München, der von Prof. Andreas Herrmann auf das trefflichste einstudiert wurde, nimmt mit fast 60 Mitgliedern einen großen Platz auf der hinteren Bühne ein. Diesen stimmgewaltigen und stimmschönen Chor benötigt man im zweiten Akt, dies ist eine Luxusbesetzung für dieses Jubiläum.

Martin Rassau (Frosch)

Doch nun zu den Sängern, wobei erwähnt werden sollte, dass ein Großteil der Protagonisten in der Hamburger Elbphilharmonie in der Silvesternacht ein begeistertes Publikum zum Kochen gebracht haben. Einer war in Hamburg nicht dabei, den ich als erstes erwähnen möchte, weil er sich wie ein roter Faden durch die gesamte Aufführung zieht, es ist der von dem Fürther Komiker und Kabarettisten Martin Rassau verkörperte Gefängnisdiener Frosch. Ich gebe gerne zu, dass ich beim Hören dieser Besetzung leichte Bauchschmerzen bekam, da ich dachte, dass nun mit plattesten Kalauern ein Frosch baden geschickt wird. Man kennt Martin Rassau ja überwiegend aus den Auftritten mit seinem Partner im fränkischen Fasching und aus dem eigenen Theater in Fürth. Ich erwartete nicht viel, was dann aber kam, war einfach sensationell. Rassau tritt nach der Ouvertüre als sich verlaufen habender Gefängnisdiener auf und führt mit witzigen, teilweise köstlichen Bonmots in den Inhalt des ersten Aktes ein. Dabei gelingt es ihm mit fast schlafwandlerischer Improvisationskunst und der Kenntnis Schweinfurter Problemzonen das Publikum auf das trefflichste zu unterhalten. Auch vor dem zweiten Akt das gleiche unnachahmliche Spiel, welches dann seinen Schlusspunkt in dem Auftritt als Frosch im dritten Akt im Gefängnis hat. Ob er sich über bonbonpapierraschelnde Damen hermacht, „komm, jetzt unterbrech ich kurz, dann lutscht Du schön auf und dann mach ich weiter“ oder über die Unsitte Operettenarien mitzusingen und mitzupfeifen, was auf wohlwollende Unterstützung des Rezensenten, der dies schon oft aushalten musste, stößt. Geschliffen, geistreich, witzig und gekonnt bringt Rassau einen Frosch auf die Bühne, wie ich ihn noch nie gesehen und gehört habe, der auch nur in einer konzertanten Aufführung in dieser Form möglich ist und der nicht nur mich tief beeindruckt, sondern auch das Publikum, welches gar nicht mehr aufhören will zu klatschen. Ein Ausrufungszeichen setzt er noch mit dem Satz: „heut bin ich ja so blöd, ich könnt direkt Amerika regieren“.

Doch nun zu den Gesangssolisten und auch hier gibt es nur Gutes zu berichten, keinen einzigen Komplettausfall und dann noch das Problem, dass sowohl die vorgesehene Rosalinde, als auch die Adele wegen Krankheit ausfallen. Zwei der tragenden Figuren zu ersetzen ist schon sehr problematisch. Am heutigen Spätnachmittag jedoch kein Problem, beide „Einspringerinnen“ agieren so, als wenn sie nie etwas anderes getan hätten. Auch im Miteinander ist keinerlei Bruch festzustellen.

Stefanie Irányi (Orlofaky), Bo Skovhus (Eisenstein), Michael Nagy (Falke)

Als Gabriel von Eisenstein brilliert der in Ikast in Dänemark geborene Kammersänger Bo Skovhus, der den Eisenstein in der Jahreswende auch in Hamburg gesungen hatte. Und was für ein Eisenstein ist er. Sein kräftiger Bariton, der bis in tenorale Höhen aufschwingt, ist markant und kraftvoll. Eine gewaltige Röhre mit einer überaus flexiblen Stimmgebung, ausdrucksstark, ausladend, strömend und kraftvoll. Er füllt mit seiner stimmlichen aber auch mit seiner darstellerischen Präsenz den Theaterraum bis in den letzten Winkel aus. Beeindruckend seine Gestaltung des untreuen Lebemanns. Als seine Rosalinde ist die in Buffalo/USA geborene Sopranistin Laura Aikin zu erleben. Sie, die einen Stimmumfang von drei Oktaven besitzt, hat einen äußerst ausdrucksstarken farbenreichen Sopran zu bieten, der glanzvoll alle Höhen meistert mit durchschlagskräftigen Spitzentönen, was vor allem dem Csardas äußerst zu Gute kommt. Ihr Spiel, vor allem im Zusammenklang mit ihrem Gatten gekonnt, immer bezogen auf die Besonderheiten einer konzertanten Aufführung. Als zweite Einspringerin die junge in Recklinghausen geborene und in München aufgewachsene Nikola Hillebrand. Quicklebendig, charmant, spitzbübisch und voll Spiellaune nur so sprühend wird sie zu einem der Publikumslieblinge, von denen es viele an diesem Tag gibt, der heutigen Aufführung. Mit klangschönem, silbrig glänzenden und in der Höhe bombensicherem Sopran voller Leidenschaft und Feuer punktet die Koloratursopranistin und begeistert das Publikum. Als Dr. Falke, dem Freund Eisensteins, agiert der in Stuttgart geborene aber mit ungarischen Wurzeln versehene Bariton Michael Nagy. Mit kräftiger, klangvoller und ausdrucksstarker Stimme gibt er der Figur Format. Das gilt auch für den in Kroatien geborenen Bassbariton Kresimir Strazanac der als Gefängnisdirektor Frank seinen kraftvollen, immer präsenten und wohlklingenden stimmschönen Bass einsetzt. Die im bayerischen Chiemgau aufgewachsene Mezzosopranistin Stefanie Irányi gibt den Prinzen Orlowsky mit geschmeidigem, warmem und ausdrucksstarkem Timbre. Ein bisschen mehr noch hätte der gelangweilte blasierte, des momentanen Lebens überdrüssige Prinz hervorkommen sollen. Dennoch mit dunklem lyrischem und vollem Mezzo eine rollendeckende Leistung. Der österreichische Tenor Bernhard Berchtold hat als Alfred einen stimmschönen, gefälligen weichen Tenor, den er mir nur etwas zu brav einsetzt. Hier hätte ich mir mehr Feuer, mehr Leidenschaft gewünscht, insgesamt gesehen jedoch eine gute Leistung. Als Notar Dr. Blind kann in seiner kleinen Rolle der kroatische Tenor Kresimir Spicer ohne Fehl und Tadel das Ensemble äußerst positiv abrunden. Am Ende der Vorstellung fast nicht endend wollender Applaus, Bravorufe und Standing Ovation. Das habe ich so in Schweinfurt auch noch nicht so oft erlebt. Ein wunderbares Erlebnis mit einem Orchester der Weltklasse, mit Sängern der Spitzenklasse und einem Frosch der Extraklasse. Operettenherz, was willst Du mehr.

 

Manfred Drescher 05.03.19  

Bilder Ronald Rinklef, Bamberg

 

 

 

Paul Abraham begeistert auch heute noch das Publikum

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 06.02.2019         

Premiere in Hof 15.12.2018

VICTORIA UND IHR HUSAR

Auch an diesem Nachmittag hat der rührige Theaterdirektor Christian Kreppel wieder einmal Fingerspitzengefühl bewiesen, wie so oft im Theater Schweinfurt, einem Haus, welches davon lebt tolle Produktionen einzukaufen um sein Publikum im Theater in eine verzauberte Welt zu führen. Diesmal in das Reich der Operette. Mit „Viktoria und ihr Husar“ holt er eines der schönsten Werke von Paul Abraham von Hof nach Schweinfurt. Ein gutgelauntes Publikum lässt sich von dem rührseligen Schmachtfetzen sichtlich beeindrucken. Eines der ganz wenigen Operetten, in welcher das Glück und das Leid sehr eng beieinanderliegen.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Gräfin Viktoria, die durch falsche Informationen glaubt, dass ihr geliebter Husarenrittmeister Stefan Koltay gefallen ist, heiratet den amerikanischen Gesandten John Cunlight. Koltay konnte jedoch mit seinem treuen Burschen Janczy aus der Gefangenschaft fliehen und sich in die Botschaft flüchten. Hier trifft er auf Viktoria und die alte Liebe entflammt aufs Neue. Der Gesandte will ihm über die Botschaft zur Flucht verhelfen, aber er will nur fliehen, wenn Viktoria ihm folgt. Diese kann sich nicht zwischen Liebe und Pflichterfüllung entscheiden und so liefert sich der Rittmeister selbst an die Russen aus. Ein Jahr später soll in Ungarn beim Weinfest, so wie es Sitte ist, drei Paare verheiratet werden. Graf Ferry, der Bruder Viktoria und seine Braut O Lia San sind eines der Paare, der Bursche Janczy und die Kammerzofe Viktoria Riquette das zweite. Ferry hat heimlich John Cunlight eingeladen, damit er Viktoria glücklich machen soll, denn inzwischen haben er und Viktoria sich getrennt. John Cunlight führt auf dem Weinfest Viktoria den Husarenrittmeister vor, der nicht umgekommen ist und die Liebenden fallen sich in die Arme. Der Gesandte verzichtet auf seine Liebe, ihm ist es wichtiger, dass Viktoria glücklich ist. Dies alles ist eingebettet in die spritzige, abwechslungsreiche Musik Paul Abrahams, deren Uraufführung am 21. Februar 1930 war und die bis heute nichts von ihrem Feuer, ihrer Leidenschaft, aber auch ihrer Tragik verloren hat.

Ballett-Inga Lisa Lehr

Die Inszenierung von dem in Tübingen geborenen Tobias Materna ist eine Ausstattungsoperette mit äußerst geringen Mitteln, die dabei eingesetzt werden. Wenig aufwendiges Bühnenwerk, mehr einfach, spartanisch, aber dennoch, oder gerade deswegen wirkungsvoll. Der erste Akt in der sibirischen Gefangenschaft wird durch einen funkelnden Sternenhimmel dargestellt, der zweite in Japan spielende, wo man auf John Cunlight und Viktoria trifft, durch eine Andeutung einer Kirschblüte, mehr abstrakt als natürlich dargestellt. In der Sowjetunion ein mehr oder weniger deformierter Stern und schließlich im Ungarland ein riesengroßer roter besteigbarer Paprika. Mit wenigen Mitteln viel erreicht und der Regisseur hat das rührselige Märchenstück auch recht klar und einfach inszeniert, vor allem hat er es ernst und sich alles zu Herzen genommen und deswegen auch eine stimmige Inszenierung auf die Bretter gezaubert. Die Kostüme, bunt, farbenfroh, mitunter knallig aber immer passend sind von Lorena Ayleen Diaz Stephens und Jan Hendrik Neidert mit viel Freude am Detail hergestellt und recht schön anzusehen. Der Chor, der etliche beeindruckende Auftritte hat ist völlig stimmig und immer an die jeweilige Situation angepasst von Roman David Rothenaicher einstudiert worden und manchmal hat man ihm auch ein bisschen die Sporen gegeben und entsprechende Freiheiten gelassen. Die Choreographie von Barbara Buser passt sich nahtlos dem gesamten Konzept an und man kann sich an eleganten, aber auch feurigen Tänzen satt sehen. Die Hofer Symphoniker spielen schmissig, leidenschaftlich und bringen all die verschiedenen Musikrichtungen wie zB. Walzerseligkeit, Foxtrottschmissigkeit, zigeunerische Leidenschaft und japanische Zurückhaltung ohne Fehl und Tadel aus dem Orchestergraben zu den gebannt lauschenden Zuhörern. Die musikalische Leitung hat Daniel Spaw, und der in Georgia geborene und in Nashville/Tennessee (USA) aufgewachsene Dirigent kann, trotz seiner Jugend, vollauf begeistern. Gefühlvoll, drängend, sich auch sängerdienlich zurücknehmend zeigt er gemeinsam mit dem ausgezeichnet aufspielenden Orchester eine vollkommen deckende musikalische Gestaltung auf. Ein höchst talentierter Dirigent, von dem man sicher noch viel hören wird. Viel Applaus für diese Leistung am heutigen Nachmittag.

Als John Cunlight, den amerikanischen Gesandten, bekommt man ein Urgestein des Theater Hofs zu sehen und zu hören. Der in Homberg/Elze, einem kleinen Städtchen in Hessen geborene Sänger und Schauspieler Karsten Jesgarz, ist seit 24 Jahren in Hof engagiert. Er gibt den Gesandten ruhig, vornehm und zurückhaltend, immer Gentleman, auch in den Momenten des größten Schmerzes, wenn seine Liebe mit Viktoria zerbricht. Das Walzerduett „Pardon, Madame, ich bin verliebt“ gestaltet er zart, zurückhaltend, beeindruckend. Seine Partnerin als Viktoria ist die in Heilbronn geborene Sopranistin Inga Lis Lehr, die ebenfalls schon fast 10 Jahre in Hof engagiert ist. Intonationssicher, mit klarem, weichem, vollem und durchschlagskräftigem Sopran gestaltet sie die Rolle, die sie nicht nur musikalisch voll ausfüllt, sondern sie beeindruckt auch mit einer darstellerisch charmanten und sehr ausdrucksstarken Bühnenpräsenz. Dies umso mehr, als sie gerade erst nach einer einjährigen Babypause auf die Bretter, die die Welt bedeuten, zurückgekehrt ist.

Als ihr Bruder Graf Ferry steht ein weiteres Urgestein aus Hof auf der Bühne. Seit über 18 Jahren ist der aus Frankfurt am Main stammende Buffotenor Thilo Andersson ein Aushängeschild der Bühne. Stimmlich äußerst beweglich, ausdrucksstark und spielfreudig ist er immer auf der Höhe des Geschehens. Immer wieder ist es schön ihn zu sehen und zu hören. Als seine Braut steht die junge deutsche Sopranistin Laura Louisa Lietzmann auf der Bühne. Mit klarem, reinem stimmlich sehr schönem rundem und ausdrucksstarkem Sopran weiß sie nicht nur das Herz von Ferry zu erobern. Erfrischend ist ihr Spiel, gefühlvoll und leidenschaftlich. Die zwei bringen das notwendige Feuer auf die Bühne. Ein Feuer, welches ich anfangs bei dem in Südkorea geborenen Minseok Kim ein bisschen vermisst habe. Etwas sehr zurückhaltend, leicht gebremst vor allem am Anfang. Mit zunehmender Dauer steigert er sich aber auch zu einer guten Leistung mit einem hellen und geschmeidigen Tenor, der weich, warm und stimmschön klingt. Mit seinen 29 Jahren hat er ja noch einiges vor sich und ich bin mir sicher, dass mit der Zeit auch die etwas zu starke Zurückhaltung weichen wird.

Als Bursche Janczy erlebt man den aus Coburg stammenden Spieltenor Markus Gruber. Frisch, stimmkräftig, mit klarem weichem und vielseitigem Tenor kann er ebenso punkten wie mit seinem lebendigen fröhlichen und quirligen Spiel. Der Humor kommt bei seiner Gestaltung auch nicht zu kurz und so ist das Ganze eine äußerst erfreuliche Stellenbesetzung. Ebenso wie die im russischen Krasnodav geborene und erstmals beim Theater Hof auftretende Marina Medvedeva als seine Geliebte Riquette, die Kammerzofe der Gräfin. Sie ist musikalisch wie optisch ein richtiger Hingucker. Mit einer geläufigen Gurgel, ohne jede Höhenangst, einfühlsam, mit weichem silbrigem Organ und mit einem quirligen, ausgelassenen Spiel weiß sie vollstens zu überzeugen. Der Auftritt der beiden, nämlich Janczy und Riquette gehören sicherlich mit zu den Höhepunkten des heutigen Nachmittags. Zu erwähnen ist auch noch der aus dem brandenburgischen Prenzlau stammende Rainer Mesecke. Er macht mit viel körperlichem Einsatz, vor allem beim mehrmaligen Besteigen des Riesenpaprikas, auf welchem er es sich dann genüsslich gut gehen lässt, Furore als Béla Pörkelty, dem Bürgermeister von Doroszman. Eine gute Figur, ebenso wie der auch von ihm gespielte japanische Bonze. Ohne Probleme fügen sich auch in das Ensemble Daniel Milos als russischer Offizier und als Kosak sowie Dong-Joo Kim als O Kiki San ein. Eine besondere Nebenrolle hat Christian Seidel als James. James ist über die gesamte Spielzeit im Bild, als stiller Butler, Diener überall Beteiligter und so weiter. Gut, ein netter Einfall, mich hat er jedoch nicht vom Hocker gerissen, von Christian Seidel aber viel durchgehender toller Einsatz.

Ein sehr unterhaltsamer Nachmittag, der dem Publikum, und dies konnte man am starken herzlichen Applaus abgelesen, sehr gut gefallen hat und wieder einmal für einige Stunden die Alltagssorgen vergessen ließ. Das ist das, was für mich Operette ausmacht, das Loslassen vom Alltag und das Hineintauchen in eine spielerische und musikalisch wundervolle Welt. Ich freue mich auf noch viele solche Erlebnisse.

 

Manfred Drescher, 17.02.2019  

Fotos H. Dietz Fotografie, Hof

 

 

Der Zarewitsch

ein exzellenter musikalischer Genuss mit traurigem Ausgang

 

Aiufführung am 08.01.2019

Eine Aufführung wie aus einem Guss – mit Stimmen, die einfach zu Herzen gehen

Es gibt wenige Operettenbühnen, die das Metier ernst nehmen und nur wenn man die Operette ernst nimmt, kann man ganz große Aufführungen auf die Bretter stellen. Das Operettentheater Salzburg ist eine dieser wenigen Bühnen, in welcher die Operette ohne Schnörkel dargeboten wird. Keine Selbstverwirklichung eines musikalisch total uninteressierten Regisseurs, kein Austoben von Bühnenbild, Kostümen und Choreografie um nachzuweisen, dass die Operette heutzutage niemanden mehr interessiert, keine drittrangigen Stimmchen, die einen erschaudern lassen und die einem die Freunde an einer der herrlichsten Nebensachen der Welt, der Operette vermiesen können. Neu, eine stimmige ausgezeichnet den Stoff der Operette verfolgende Inszenierung, passende und aufwendige Kostüme, ein einfaches, aber für jedem Akt genau passendes Bühnenbild und dann natürlich – und das ist das Herzstück einer guten Operette - herrliche Stimmen, die man in dieser Fülle nur selten zu hören bekommt. Anders ausgedrückt, ein Operettennachmittag, der einfach nur Spaß macht und Lust auf mehr. Eigentlich wäre man gerne sitzengeblieben und hätte noch ein zweites musikalisches Meisterwerk in sich aufgesaugt. Also kurzes Resümee, ein Operettennachmittag, wie man ihn – leider – nicht allzu oft erleben kann.

Die Geschichte des anfänglichen Frauenhassers, des Zarewitsch, der durch eine Intrige des Hofes mit einer Frau zusammengebracht wird, in die er sich unsterblich verliebt, die er aber aus Staatsräson wieder verlässt, weil er den russischen Thron besteigen muss, wird zu Recht sehr oft aufgeführt. Ich glaube, dass ich mehr als 12 bis 13 Aufführungen gesehen habe und gleichviele durchgeweinte Taschentücher meiner Frau beklagen musste, denn hier wird eine Operette geboten, bei der am Ende kein Happyend steht, wie es sonst üblich ist, sondern der großzügige Verzicht auf die Liebe des Lebens, aus Liebe zum Volk. Das ist schon berührend und die herrliche Musik Franz Lehár´s tut ein weiteres dazu. Die Inszenierung von Lucia Meschwitz ist grundsolide und dies ist nicht negativ gemeint, im Gegenteil, sie arbeitet den zu Beginn scheuen, sich dann stürmisch verliebenden und dann wieder schmerzvoll entsagenden Zarenanwärter völlig nachvollziehbar heraus und stellt das große Opfer der Entsagung des Ballettmädels Sonja heraus und in den Vordergrund. Und alles ist nachvollziehbar, alles berührt das Publikum, geht direkt ins Herz.

Doch kommen wir nun zu etwas weiterem Erfreulichem. Das Bühnenbild von Petya Dinova , in erster Linie ein großes Kabinett, welches sich je nach Akt beliebig verändern lässt ist zweckdienlich, leicht umzustellen und gefällt sehr gut, dafür dass man ja hier ein Tourneetheater vor sich hat, welches sich auf jeweils anders geschnittene Bühnen einstellen muss, ist es auffallend großzügig und beeindruckt. Die Kostüme von Gerlinde Höglhammer sind farbenprächtig, gefällig anzusehen, passen genau in die dargestellte Zeit hinein, die Choreographie von Alexandru Fotescu ist phantasievoll, begeisternd, rasant, und stimmig, die Tanzeinlagen ein sehr großer Pluspunkt, der Chor und das Ballett der Staatsoper Rousse ein wahrer Aktivposten. Für eine Wanderbühne alles sehr aufwendig, auf die Situation zugeschnitten und mehr als gefällig. Das Orchester, ebenfalls von der Staatsoper Rousse wird an diesem Nachmittag von Christian Pollack geleitet, und er macht dies äußerst routiniert, wuchtig, jedoch auch äußerst sängerfreundlich, wenn er die Wogen des Orchesters zurücknimmt um den Stimmen den notwendigen Raum zu geben. Klangvoll und sauber bringt das Orchester das Lehársche Meisterwerk eindrucksvoll zu Gehör. Alles ist im Lot, dieses fast „kleinopernhafte“ Werk wird schwungvoll und leidenschaftlich dargeboten.

Christine dell ‘Antonio als Mascha, Camillo dell ‘Antonio als Bardolo

Kommen wir nun zum wichtigsten Teil der Operette, den gesanglichen Leistungen. Leider wird heutzutage viel zu viel über alles andere berichtet und die Sänger, die mit die Hauptlast der Operette zu tragen haben, etwas stiefmütterlich mit wenigen Worten abgespeist. Nein, sie sind das Salz in der Suppe Operette und jede noch so tolle Inszenierung, jede noch so farbenprächtige Kostümierung und jedes noch so eindrucksvoll spielende Orchester wäre ohne die beglückenden Stimmen, die das Werk erst zum Ereignis emporheben, fast Nichts. Deswegen verweile ich immer recht gerne bei den einzelnen Protagonisten im gesanglichen Bereich der Operette und hier gibt es – Gott sei Dank – nur positives zu berichten. Der Zarewitsch des heutigen Nachmittags wird von dem in Tirol geborenen und in Wien aufgewachsenen Tenor Eugene Amesmann gestaltet und seine Interpretation ist einfach nur ein Glücksfall. Das beginnt schon beim darstellerischen, wie herrlich blasiert gibt er das verwöhnte Zarensöhnchen, arrogant und überheblich. Dann die aufkeimende und immer stürmischer werdende Liebe zu Sonja, die Leidenschaft, die ihn den Zurückhaltenden durchdringt und der schmerzliche Moment zum Wohl des Volkes auf seine persönliche Liebe verzichten zu müssen, das bringt er in unnachahmlicher Weise auf die Bühne. Und dann besitzt er einen strahlenden, beeindruckenden Tenor, der jede Nuance der Arien und Duette bis ins Kleinste auskostet. Schmelzend, mit wunderbaren zarten Piani und einem sich anschließenden Crescendo, welches seinesgleichen sucht. Höhenprobleme kennt er nicht und er gestaltet seine Rolle auf eine atemberaubende Weise. Eine der besten Interpretationen, die ich jemals von dieser Rolle erleben durfte. Es ist für mich ein Rätsel, warum dieser sowohl darstellerisch als auch vor allem stimmliche Ausnahmetenor, nicht viel öfter in Erscheinung tritt, auch in der großen Schwester der Operette, der Oper.

Raimund Stangl als Iwan

Seine kongeniale Partnerin als Sonja ist Doris Langara. Die in München geborene Sopranistin hat einen äußerst beweglichen und höhensicheren Sopran, der klar, frisch und leuchtend ist. Mit gefühlvollem wohlklingendem Organ kann sie nicht nur in den Soli glänzen, sondern vereint sich vor allem in den Duetten mit der Stimme Amesmanns zu beifallsumtoster Leistung. Die zwei möchte man öfter hören und sehen. Zwei Ausnahmesänger, die sich wunderbar ergänzen und die leidvolle Geschichte des Zarewitsches gefühlvoll dem Publikum nahebringen. Einem sehr applausfreudigen Publikum an diesem Nachmittag.

Doris Langara als Sonja, Eugene Amesmann als Zarewitsch

Christine dell´Antonio ist Mascha, die Ehefrau des Kammerdieners Iwan. Die Wiener Soubrette, deren Stimmvolumen inzwischen über das einer reinen Soubrette hinausgewachsen ist, ist ein ganz besonderer Hingucker. Einmal von ihrer Ausstrahlung, liebreizend, quirlig, beweglich, mit einer frischen Natürlichkeit und Spielfreudigkeit, weiß sie nicht nur ihren Iwan um die Finger zu wickeln, sondern auch das Publikum und so mancher Herr in den Reihen des Zuschauerraumes würde gerne mit Iwan tauschen. Dazu kommt ein klarer, beweglicher Sopran, der auch in den Duetten mit ihrem Iwan beeindruckt. Es macht einfach Spaß ihr zuzuschauen und auch zuzuhören. Ihr Iwan wird von dem in Südafrika geborenen, in Österreich aufgewachsenen Tenor Raimund Stangl gegeben. Auch er ein spielerisches Schwergewicht, sein weicher, zarter, ausdrucksvoller Tenor braucht keine schmetternden Spitzentöne um beim Publikum zu punkten und er ergänzt sich hervorragend mit seiner Mascha. Vom darstellerischen her geben sich beide nichts nach und sind auch hier mehr als überzeugend. Camillo dell´Antonio, in Natters bei Innsbruck aufgewachsener Tenor ist als Oberhofmeister und als liebestoller Bardolo zu erleben. Er kann in erster Linie darstellerisch punkten, hat aber auch eine kleine Sologesangseinlage, die er ohne Fehl und Tadel einbringt. Als Großfürst kann Manfred Schwaiger seine langjährige Bühnenerfahrung ins Gewicht führen und mit Max Sahliger als Ministerpräsident darstellerische Akzente und kleine versteckte Bonmots einbringen. Dass dabei auch ganz tolle Dialoge zu viel zusätzlichen Erkenntnissen führen, sei ebenfalls lobend am Rande erwähnt. Eine tolle Leistung der beiden Künstler. Brigitte Wegenberger als Lina bzw. Olga, Mariana Lazar als Vera und Wolfgang Stögermayer als Kammerdiener vervollständigen das ausgezeichnete Ensemble ohne Fehl und Tadel.

Dem Publikum hat es gefallen und es applaudiert lange und ausdauernd. Ein Nachmittag, der die Alltagssorgen auf wunderbare Art und Weise für ein paar Stunden vergessen und sein Publikum träumen lies. Und was will man von einem schmissigen Operettennachmittag mehr verlangen. Das Operettentheater Salzburg hat wieder einmal gezeigt, dass es zu den Großen im Lande gehört.

 

Manfred Drescher 15.01.2019          

Bild 2 und 3 von Joachim Schlote

Bild 1 und 4 von Wolfgang Stögermayer

 

 

EIN WALZERTRAUM

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 29.10.2018         

Tourneebeginn 17.10.2018

Die Operettenbühne Wien unter Heinz Hellberg gastiert mit der wunderschönen, leider selten gespielten Operette „Ein Walzertraum“ in zwei ausverkauften Vorstellungen in Schweinfurt

Es ist einfach schön, mitzuerleben, welch gutes Händchen der immens rührige Theaterleiter Christian Kreppel bei der Auswahl seiner Stücke, aber auch bei der Auswahl seiner Tourneetheater hat. Die Operettenbühne Wien, die wieder einmal wie so oft in Schweinfurt gastiert, ist aus diesem Theater einfach nicht mehr wegzudenken, bringt fast ausschließlich ausverkaufte Vorstellungen und Jubel und Beifall des Publikums hierher. Dieses Publikum erfreut sich immer wieder über „seine Lieblinge“ und geht begeistert mit und lässt sich in die Zauberwelt der Operette entführen. Der überaus erfolgreiche Gründer der Operettenbühne Wien, der ehemalige Wiener Sängerknabe Heinz Hellberg ist nun bereits seit 22 Jahren mit seiner Truppe unterwegs und hat in über 2000 Vorstellungen sein treues Publikum überzeugt und begeistert und wird dies hoffentlich noch viele viele Jahre so weiter machen. Die schon so oft für tot erklärte Operette wird, wenn sie so liebevoll und mit Herzblut dargeboten wird wie von Heinz Hellberg und seiner voller Elan sprühenden Mannschaft, noch sehr lange weiterleben und sein treues und begeistertes Publikum hinter sich wissen. Ein Publikum, welches im Theater keine Problemlösungen für die Schrecknisse der realen Welt sucht und erleben möchte, sondern ein Publikum, welches nichts anders will, als sich wundervoll zu unterhalten, die Alltagssorgen zu vergessen, hineinzutauchen in die etwas unwirkliche Atmosphäre der Operette, bei der es trotz vieler Verwicklungen am Ende doch immer wieder gut ausgeht und bei dem die wunderschönen Melodien zu den Herzen der Zuhörer gelangen und ihnen einige Stunden der Freude und der Entspannung liefern. Was will man denn noch mehr als die Menschen zu erfreuen und sie etwas abzulenken von der Realität „da draußen“ und das tut die Operette und das tut die Wiener Operettenbühne insbesondere auf vorzügliche Art und Weise. Und wie schreibt Heinz Hellberg in seinem Programmheft: „Besser gut entstaubt, als schlecht modernisiert:“ Und das ist ihm auch diesmal wieder vorzüglich gelungen, so soll Operette sein und so wird sie auch noch lange Zeit ihr Publikum finden und weiter ausbauen. Für die Regie und die Bühnenfassung des heutigen „Walzertraums“ zeichnet Heinz Hellberg verantwortlich und so weiß man, dass einem Operette im wahrsten Sinne des Wortes geboten wird und dafür auch einmal ein großes Dankeschön an Heinz Hellberg und seine Wiener Operettenbühne.

Stefan Reichmann, Alexander Helmer

Ein paar Worte erlaube ich mir doch zur Geschichte, denn der Walzertraum ist leider nicht so bekannt wie viele anderen Operetten. Er wäre es mit Sicherheit wert, öfter auf die Bühnen der Theater gebracht zu werden. Der Komponist Oscar Strauss, geboren 1870 in Wien und verstorben und begraben 1954 in Bad Ischl hat mit der Strauss Dynastie um Johann & Co und auch mit Richard Strauß nichts zu tun. Aus diesem Grund änderte er auch seinen Nachnamen und nannte sich Straus, mit nur einem S. Er schrieb eine ganze Reihe von teilweise recht schönen Operetten wie „Die lustigen Nibelungen“, „Der letzte Walzer“ und „Die Perlen der Cleopatra“, so richtig bekannt und berühmt wurde aber eigentlich nur sein 1907 erschienenes Meisterwerk „Ein Walzertraum“. Der Wiener Hallodri Leutnant Niki wird ein bisschen gegen seinen Willen mit der etwas steifen Prinzessin Helene von Flausenthurn verheiratet. Er, der lebenslustige der Wiener Walzerseligkeit zugehörende fesche Wiener kommt mit dem Reichtum und den Lasten eines Prinzgemahls gar nicht zurecht. Die Etikette am Hof seiner Gemahlin schnürt ihm den Hals zu und nimmt ihm die Lust zum Leben. Er klagt seinem Freund Leutnant Montschi sein Leid und büxt mit diesem einfach in der Hochzeitsnacht aus, als er erfährt, dass eine Wiener Damenkapelle zu Ehren der Hochzeit im Lande ist. Er besucht das Gartenrestaurant und verdreht der Chefin der Wiener Damenkapelle Franzi Steingruber so richtig den Kopf, während sich sein Freund zu der Schlagzeugerin Fifi hingezogen fühlt. Er wird vom Hofstaat zurückgeholt, die Kapellenchefin Franzi, die ihrer Liebe zu ihm entsagen muss, gibt Prinzessin Helene Tipps, wie man fescher wird um einen Mann an sich zu binden und am Ende finden sich alle in der Walzermusik zusammen. Das Ganze hat Heinz Hellberg in eine träumerische Geschichte eingebunden. Niki schläft zu Beginn der Operette ein, alles was dann kommt ist sein Traum, den das Publikum miterlebt und am Ende der Operette erwacht er und merkt, dass alles nur in seinem Kopf vorgegangen ist. Diese Einführungs- und Schlussszene ist zwar nicht unbedingt erforderlich, fügt sich aber ohne Probleme in das Stück und unterstreicht etwas den Traumcharakter.

Stefan Reichmann, Elisabeth Hillinger

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von dem in Miskolc in Ungarn geborenen László Gyükér, geleitet. Viel über ihn zu sagen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Die Operette liegt ihm im kleinen Finger und er liebt dieses Metier, das spürt man in jedem Moment. Sensibel und einfühlsam geht er auf die Sänger ein, begleitet sie, umschmeichelt sie und lässt ihre Stimmen voll ertönen, um dann, wenn das Orchester keine Zurückhaltung auf die Sänger nehmen muss, dieses voller Temperament und Leidenschaft agieren zu lassen, fast könnte man meinen, dass die Wogen der Musik über den Zuhörern zusammenschlagen. László Gyükér atmet und lebt mit der Musik und diese Leidenschaft springt auf das sehr gute kleine Orchester und auf die Sänger über und schwappt von da auf das Publikum, welches nicht aufhören kann mit tosendem Applaus diese Leistung zu untermauern. Mit dieser Leidenschaft wünsche ich mir mehr Dirigenten, denn damit verhelfen sie der Operette zu ihrem Platz in der Musikwelt, die sie verdient.

Das Bühnenbild ist stimmig, einfach, aber dadurch besonders eindrucksvoll, mit wenigen Umstellungen veränderbar und man muss ja immer bedenken, dass ein Tourneetheater nur begrenzte Möglichkeiten bietet. Dafür eine mehr als gute Arbeit. Ebenso eine eindrucksvolle Arbeit von Lucya Kerschbauer, die zuständig ist für die Kostüme. Farbenprächtig, den Wiener Schmäh auch auf die Kleidung übertragen, für einfach schöne Hingucker gesorgt, farbenprächtig und prachtvoll angepasst. Es macht einfach immer nur wieder Freude sich die herrlichen Roben und Kostüme anzuschauen und zu bewundern. Wie immer bei der Operettenbühne Wien kann auch der Chor und das Ballett mehr als überzeugen und man merkt auch, mit welchem Eifer und Leidenschaft man an diese Aufgabe herangeht. Die Choreographie liegt in den bewährten Händen von Enrico Juriano dessen Arbeit keinerlei Schwachpunkte aufzeigt und dessen recht kleine, aber gerade deswegen sehr feine Tanztruppe sehr viel zum Erfolg dieses operettigen Nachmittags beiträgt. Eine exzellente Leistung vollbringt auch Mioara Dumitrescu, die für die Maske zuständig ist und bei der man die jahrelange Erfahrung richtiggehend sehen kann.

Alexander Helmer, Susanne Hellberg

Den Leutnant Niki verkörpert der junge blondgelockte fesche österreichische Tenor Stefan Reichmann. Er besitzt einen hellen, teilweise strahlenden, weichen und warmen gepflegten Tenor, der sehr gefällig ist und auch in den Duetten gut zum Tragen kommt. Warum, so fragt sich der Rezensent, agiert dieser eigentlich für die Bühne geradezu geschaffene junge elegante Tenor so steif, fast möchte man sagen langweilig, fast ohne Leidenschaft und Feuer. Was könnte für ein toller Tenor mit ihm auf der Bühne stehen, wenn er nur die Handbremse etwas lösen und den frischen lockeren Hallodri auch darstellerisch auf die Bühne bringen würde. Großer Applaus für ihn jedoch vom Publikum, welches meine Einschränkungen nicht ganz so sieht. Seine Prinzessin Helene ist die Wienerin Ella Tyran. Sie hat einen schlanken, schönen, höhensicheren und durchschlagskräftigen Sopran, den sie gekonnt einsetzt und mit dem sie, sowohl in den Soli als auch den Duetten punkten kann. Darstellerisch anfangs etwas zurückhaltend, aber dies ist eindeutig der Rolle geschuldet, die sie als zurückhaltende, ein wenig überhebliche Prinzessin verkörpern muss. Eine sehr gute Leistung und auch im Zusammenspiel mit Stefan Reichmann voll überzeugend.

Susanne Hellberg, Alexander Helmer, Ella Tyran, Stefan Reichmann, Elisabeth Hillinger, Viktor Schilowsky, Elfie Gubitzer, Jan Reimitz

Elisabeth Hillinger weiß als Franzi Steingruber, Chefin der Wiener Damenkapelle, Akzente zu setzen. Die österreichische Sopranistin hat einen schönen warmen Sopran, den sie gefällig einzusetzen weiß und kann auch mit einprägsamem natürlichem Spiel voll überzeugen. Fast muss man sich ja wundern, dass der Leutnant Niki nicht bei ihr bleibt, sondern zu seiner Prinzessin zurückkehrt. Elisabeth Hillinger weiß nicht nur den Staub aus den verkrusteten Räumen des Schlosses heraus zu fegen, sondern auch in ihrer Darstellung in keinem Moment verstaubte Ansätze erkennen zu lassen. Immer wieder freue ich mich, wenn ich den Wiener Bariton Viktor Schilowsky erlebe. Diesmal fügt er seinen beeindruckenden Rollenporträts den regierenden Fürsten von Flausenthurn, Joachim XIII hinzu. Es ist schade, dass sein schönstimmiger, weicher, einschmeichelnder aber dennoch kräftiger und durchschlagender Bariton nicht mehr zu singen hat. Für mich ist es immer eine Freude ihn zu erleben, ihn, der auch darstellerisch keinerlei Probleme hat und alles, was er auf der Bühne zeigt, vollkommen beeindruckend herüberbringt.

Als Freund von Niki weiß Alexander M. Helmer als Leutnant Montschi sich ins rechte Licht zu setzen. Der Wiener Kavaliersbariton kann mit kräftigem, bisweilen etwas rauem, aber dennoch auch sehr schönen warmen und weichen Bariton für den entsprechenden Eindruck sorgen, darstellerisch hat er keinerlei Probleme, ihm kauft man auch den Wiener Hallodri ohne weiteres ab. Angetan hat es ihm die Schlagzeugerin der Wiener Damenkapelle und hier kann Susanne Hellberg als Fifi, alle Register ihres Könnens und auch ihrer Erfahrung ziehen. Es ist beeindruckend, wie sie sowohl darstellerisch als leicht verfressene und immer Hunger habende Freundin von Franzi über die Bühne schleicht und dann auch wieder über die gleiche Bühne hinwegfegt und es ist beeindruckend, welche stimmlichen Fähigkeiten in der zarten Person stecken, die der Rolle gebührend etwas mit Kissen ausgestopft worden ist um dicker zu wirken. Susanne Hellberg ist die gute Seele der Truppe, bei der man den Eindruck hat, dass sie alles kann und alles im Griff hat. Gesanglich besticht sie mit Leidenschaft und wienerischem Feuer und kann mit stimmschönem leichtem klangschönem Sopran diese Soubrettenpartie mit allen Facetten gestalten. Man kann nur bewundern, dass diese einmalige Künstlerin, die seit vielen Jahren die Stütze der Wiener Operettenbühne ist, von Jahr zu Jahr agiler wird und scheinbar nicht altert. Als Graf Lothar setzt der in Wetzlar geborene Jan Reimitz vor allem darstellerische und komödiantische Akzente. Mit seiner großen schlaksigen Gestalt und einem Humor, der direkt bei den Zuschauern landet, weiß er das Publikum für sich einzunehmen und bietet eine ganz tolle Leistung. Wollen wir zuletzt nicht Elfie Gubitzer vergessen, die eine Paradeleistung als Oberhofmeisterin Friederike abliefert. Sie liebt den Likör, den sie ständig aus dem Geheimversteck holt, sie liebt auch das Bier, wo sie beeindruckend unter dem prasselnden Applaus des Publikums einen Liter in Rekordzeit vertilgt und sie ist eine Vollblutkomödiantin, die sich mit dem Fürst und Graf Lothar einen Wettkampf liefert, bei dem es Gleichstand gibt, wer wohl der bessere Komödiant ist.

Schlussapplaus mit László Gyükér im Vordergrund

Langanhaltender äußerst herzlicher und begeisterter Beifall für die Wiener Operettenbühne, die voraussichtlich mit „Das Schwarzwaldmädel“ im nächsten Jahr sein treues Publikum wieder verzaubern wird. Die Wiener Operettenbühne hat ihr Publikum erneut überzeugt, begeistert, mitgerissen und ihm viel Spaß auf das nächste Mal gemacht. So muss Operette sein und so wird sie noch viele Jahrzehnte ihre Daseinsberechtigung haben.

Manfred Drescher, 03.11.2018  

Fotos (c) Der Opernfreund / Drescher

 

Die Grossherzogin von Gerolstein

01.03.2018      

Premiere in Hof 22.12.2017

Heiterer Klamauk mit gewöhnungsbedürftiger Rahmenhandlung

Nun kann man trefflich darüber fabulieren, ob die „Grossherzogin“ eine Opéra-bouffe von Jaques Offenbach ist, oder eine Operette. Viele empfinden Offenbach als Vater der Operette, mir ist das ganze völlig egal, hier ist eine Operette mit gesellschaftskritischen Ansätzen, die eines will und zwar unterhalten – und das tut sie in jedem Fall. Und was will man eigentlich mehr.

Der Regisseur Ansgar Weigner will das Ganze in einen moderneren Rahmen setzen, erfindet eine Rahmenhandlung mit der kleinen Antonia, deren Mutter verstorben ist und die mit der neuen Lebensgefährtin des Vaters nicht zurechtkommt. Kann man machen, muss man und sollte man jedoch nicht tun. Diese Geschichte bringt keinerlei Erleuchtung, modernisiert das Ganze auch nicht, verwirrt nur, also was soll´s.

Ich versuche die Handlung in wenige Worte zu fassen, was nicht ganz einfach ist. Die Grossherzogin von Gerolstein ist den Männern recht zugetan und in dieser Hinsicht auch nicht sonderlich wählerisch. Gefallen muss er ihr halt und dann ist schon mehr oder weniger alles in Ordnung. Prinz Paul, den man der Grossherzogin vom Hof vermitteln möchte, vornedran Baron Puck, der Hofmeister der Grossherzogin, wird von ihr nicht sonderlich geliebt, im Gegenteil, mit ihm kann sie eigentlich so gar nichts anfangen. Der Rekrut Fritz ist da schon eher jemand, der ihr gefallen kann. Im Schnellzugtempo wird er befördert, zum Hauptmann, zum Oberst und schließlich zum General und der wutschnaubende General Bumm muss sogar seinen gewaltigen Federbusch hergeben, der ihn als Heerführer auszeichnet. General Bumm ist auch in die Freundin von Fritz Wanda verliebt. Fritz zieht mit Federbusch in den Kampf und was soll man sagen, er kehrt siegreich zurück. Das reizt die Großherzogin noch mehr, aber Fritz hat nur Augen für seine Wanda. Die Großherzogin schäumt vor Wut und Rache, so verschmäht wurde sie noch nie und tritt dem Mordkomplott gegen Fritz bei. Nun erscheint Baron Grog, auf den die Herzogin sofort ihr Auge wirft, rät ihr zur Heirat mit Prinz Paul und will ihr dann in allen Bereichen zur Verfügung stehen. Fritz wird, nachdem er erst einmal verprügelt wurde, flugs wieder degradiert, er tritt aus dem Militär aus um mit Wanda leben zu können. Die Grossherzogin ist nun beim ungeliebten Prinzen Paul, denn der von ihr verehrte Baron Grog hat Weib und Kind. Eigentlich ist am Schluss nur General Bumm zufrieden, denn er wird mit Federbusch wieder zum Heerführer eingesetzt.

Minseok Kim-Fritz, Stefanie Rhaue-Grossherzogin

Was an diesem Nachmittag auffällt ist die Tatsache, dass sich das Publikum scheinbar nur sehr wenig von dem Geschehen auf der Bühne beeindrucken lässt. Zur Pause gibt es einen so schwachen Applaus, wie ich ihn die letzten Jahre in Schweinfurt noch nicht gehört habe und Zwischenapplaus nach den einzelnen Arien und Ensembles, wie man ihn eigentlich immer gewohnt ist, reine Fehlanzeige. Das Publikum lässt die Operette fast teilnahmslos an sich vorüberziehen, da mögen sich die Akteure auf der Bühne noch so sehr anstrengen. Ein solch desinteressiertes Publikum hat die Grossherzogin wahrlich nicht verdient. Gut, es gibt keine Operettenreißer, es gibt auch keine herausragenden Darsteller und Sänger, aber so leblos kann ich mich nicht erinnern, ein Publikum hier jemals erlebt zu haben. Auch der Schlussapplaus ist höflich und mehr als kurz. Vielleicht ist Offenbach auch hier in Schweinfurt nicht unbedingt der Renner, Operettenschmachter gibt es praktisch keine und die Textverständlichkeit lässt auch ein bisschen zu wünschen übrig. Trotzdem ist die Publikumsreaktion für mich nicht nachvollziehbar, denn das Ensemble hat sich bemüht, alles spritzig über die Rampe gebracht, farbenprächtige Kostüme, nette Inszenierung  – alles hat nichts genutzt an diesem trüben Nachmittag in Schweinfurt.

Über die Inszenierung habe ich ja schon einiges gesagt, Ansgar Weigner hat die Figuren der Handlung bewusst sehr überzeichnet, er hat sie teilweise zu Karikaturen von sich selbst gemacht und die Kostüme von Kristopher Kempf passen sich dem nahtlos an. Grell, bunt, überzeichnet und dadurch einprägsam und nachvollziehbar. Mir gefällt dieser Stil recht gut und auch die Bühne ist dementsprechend aufgebaut. Der bewusst märchenhafte überzogene Charakter kommt gut zum Ausdruck. Auch der Chor trägt seinen Teil zum Gelingen bei, die Einstudierung ist durch Claudio Novati erfolgt.

Rainer Mesecke-General Bumm, Thilo Andersson-Prinz Paul, Karsten Jesgarz-Baron Puck

Die musikalische Leitung hat an diesem Nachmittag Walter E. Gugerbauer im nicht ganz ausverkauften Theater in Schweinfurt und auch das erlebt man recht selten, sonst ist bei Operettenaufführungen kein Sitz unbesetzt. Er hat sein Orchester gut im Griff und lässt es überwiegend schwungvoll agieren, nimmt es sängerdienlich zurück, um die Gesangsleistungen nicht zu übertönen und ist voller Elan dabei, wobei ihm seine Musiker willig folgen. Eine Leistung ohne jegliche Einwendungen. Das Stück wurde ein bisschen gekürzt, kommt auf gut 2 ½ Stunden, doch das ist ausreichend, vor allem bei dem praktisch nicht mitgehenden Publikum. Trotz aller musikalischen Leidenschaft zeigt der Dirigent und sein Orchester, dass sie auch zu feinem differenziertem Spiel fähig sind und können damit entsprechend beeindrucken.

Karsten Jesgarz-Baron Puck, Rainer Mesecke-General Bumm, Stefanie Rhaue-Grossherzogin, Minseok Kim-Fritz, Laura Louisa Lietzmann-Wanda

Die Solisten geben alle ihr Bestes, man merkt ihnen richtig an, wie sehr sie sich in die einzelnen Charaktere hineinversetzen. Umso frustrierender muss das Desinteresse des Publikums gerade auf sie wirken, die alles geben und dafür nur schwach belohnt werden. An der Spitze muss natürlich die in Kitzingen geborene Mezzosopranistin und seit mittlerweile 15 Jahre in Hof engagierte Stefanie Rhaue genannt werden. Sie kostet die Partie der leicht sexbesessenen Grossfürstin in allen Facetten und Nuancen aus. Leidenschaftlich und kraftvoll und mit vollem schauspielerischen Einsatz geht sie in der Rolle auf und man merkt ihr auch richtig den Spaß daran an. Ihr fescher Soldat Fritz, der in halsbrecherischer Schnelligkeit befördert und wieder degradiert wird ist der blutjunge aus Busan in Südkorea stammende Tenor Minseok Kim. Darstellerisch und vom Auftreten her macht er eine exzellente Figur. Sein weicher warmer und stimmschöner Tenor lässt aufhorchen, obwohl mir ein wenig das Feuer, die Leidenschaft fehlt. Diesem gebremsten Schaum ist sicherlich auf der einen Seite seine Jugend gezollt, er ist gerade einmal 28 Jahre alt, zum anderen aber sicher auch der Leidenschaftslosigkeit des Publikums, die ihn keine Unterstützung angedeihen lässt. Es wird spannend sein, seine Entwicklung mit verfolgen zu können. Seine Wanda, die er um keinen Preis hergibt, wird von Laura Louisa Lietzmann verkörpert. Auch sie sicherlich stimmlich noch ausbaufähig, kann jedoch mit klangschönem und gefühlvollem Sopran überzeugen. Sie bringt ihre Rolle auch jeden Fall erfrischend auf die Bühne und weiß wohl zu gefallen. Ein weiteres Hofer Urgestein, der aus Frankfurt am Main stammende Tenor Thilo Andersson, der inzwischen über 17 Jahre Ensemblemitglied in Hof ist, gibt seinem Pferd richtig Zucker. Sein Prinz Paul ist witzig, immer präsent und schauspielerisch über dem Durchschnitt angelegt. Er zeigt, wie man Offenbach auf die Bühne bringen muss. Aus dem brandenburgischen Prenzlau stammt der Bassist Rainer Mesecke, der mit Leidenschaft und stimmlicher Durchschlagsfähigkeit den General Bumm auf die Bühne bringt, überzogen, aber immer präsent. Es macht richtig Spaß ihm zuzuhören und zuzuschauen. Karsten Jesgarz, auch ein Hofer Urgestein, der mittlerweile 23 Jahr in Hof spielt und singt und aus Homberg, einer Kleinstadt in Südhessen stammt, weiß als überdicker und überaufgeblasener Baron Puck zu überzeugen und sogar für ein paar zaghafte Lacher aus dem Publikum zu sorgen. Als Baron Grog fügt sich der aus Dortmund stammende Bariton James Tolkdorf nahtlos in das gute Ensemble ein. Mit kräftigem durchschlagskräftigem Organ und einer sehr guten darstellerischen Präsenz weiß er in der kleinen Rolle Zeichen zu setzen. Im weiteren Ensemble ist kein Ausfall zu verzeichnen.

Insgesamt gesehen ein gelungener Nachmittag, der viele nette Einfälle und eine leidenschaftliche Darstellung brachte. Leider wurde dieser Einsatz vom Publikum, welches wohl mehr seinen Strauss und seinen Lehár liebt, nicht entsprechend gewürdigt. Das ist etwas schade, denn mehr Zuspruch hätte sich das engagierte Team auf jeden Fall mehr als verdient gehabt.

Manfred Drescher, 14.03.2018  

Fotos Harald Dietz Fotografie, Hof

 

GRÄFIN MARITZA

Schwung und Feuer zum Jahresauftakt in Schweinfurt

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 10.01.2018         

Tourneebeginn Herbst 2017

Die Operettenbühne Wien unter Heinz Hellberg gastiert mit der spritzigen Erfolgsoperette „Gräfin Mariza“ in zwei ausverkauften Vorstellungen in Schweinfurt

 

Irgendwie gehört die Operettenbühne Wien nach Schweinfurt, gastiert die Truppe um Heinz Hellberg doch seit vielen Jahren und großem Erfolg am hiesigen Theater. Zweiundzwanzig Jahre lang besteht die Operettenbühne Wien und es ist Gott sei Dank kein Ende abzusehen. Die Operette wird auch weiterhin leben und sein treues Publikum haben, wenn es so in Szene gesetzt wird wie von Heinz Hellberg. Er macht keine Experimente, er will sich nicht selbst verwirklichen, stellt sein Ego nicht über die Musik, sondern er will die Operette den Menschen so herüberbringen, wie sie komponiert wurde und wie sie gedacht ist. Schnörkellos, mitreißend, verspielt und gleichzeitig ernsthaft. Das Publikum merkt, dass hier die Operette mit Leidenschaft gepflegt wird und dass ihr der Stellenwert eingeräumt wird, den sie verdient. Einige jugendliche Operettenfreunde verirren sich im ausverkauften Rund und es ist schade, dass es nicht mehr sind. Es liegt sicher auch daran, dass die Operette in unseren Fernseh- und Rundfunkanstalten praktisch nicht mehr vorkommt. Redakteure, denen diese Musikform nichts sagt, vergessen, dass sie einen Auftrag haben, den Auftrag alle Facetten der musikalischen Unterhaltung dem Publikum nahe zu bringen. Ich vermisse seit Jahren den Aufschrei der Operettenfreunde (aber auch der Opernfreunde), die mit Leserbriefen, Anschreiben, Kommentaren die Musikredaktionen bombardieren, endlich dafür zu sorgen, dass diese Kunstform, die so vielen Menschen Freude Vergnügen und Spaß bringt, nicht verschwindet. Die schon so oft totgesagte Operette lebt nämlich – und wie – und vor allem, wenn sie so dargeboten wird wie von der Operettenbühne Wien und seinem rührigen Chef Prof. Heinz Hellberg, der auch diesmal wieder die Regie führt und für die Bühnenfassung verantwortlich ist.

Ella Tyran-Stefan Reichmann

Die Geschichte des verarmten Grafen Tassilo, der all seine Güter verkauft und sich als Gutsverwalter verdingt, um seiner geliebten Schwester eine standesgemäße Aussteuer zu ermöglichen ist hinreichend bekannt. Er verliebt sich in die Gutsherrin, Gräfin Mariza und seine Schwester Lisa in den Baron Koloman Zsupan, der als Verlobter, den es gar nicht gibt, von Mariza präsentiert wird um Ruhe vor ihren Verehrern zu haben. Wie in einer guten Operette üblich finden sich nach etlichen Verwirrungen die Paare und Graf Tassilo, dessen Tante seine Güter zurückgekauft hat, bekommt seine geliebte Mariza, Baron Koloman Zsupan schließt Lisa, die Schwester des Grafen in seine Arme, Fürst Moriz Dragomir Popelescu kommt wieder mit Fürstin Bozena Cuddenstein zu Chlumetz zusammen und alle sind glücklich und zufrieden. Und dies alles wird dargeboten mit einer mitreißenden Musik, mit wunderbaren Arien und klangvollen Duetten, die direkt das Herz des Publikums findet. Eines Publikums, welches sich für ein paar wenige Stunden verzaubern lässt, das seine Alltagssorgen vergessen kann und einfach nur abschalten und genießen darf. Viele fröhliche und beschwingte Gesichter nach dem Ende der Aufführung, und das ist etwas, was den normalen tristen Alltag versüßt und verschönt. Und auch das ist einer der Gründe, warum die Operette weiterleben muss und wird.

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von Lazlo Gyüker, einem ausgewiesenen Kenner der Materie, mit straffer und gleichzeitig leichter Hand geleitet. Man merkt ihm richtig die Freude an, wenn er mit Feuer und Leidenschaft die orchestralen Wogen über die Zuschauer zusammenschlagen lässt, diese Klangwogen aber sofort sängerdienlich wieder zurücknimmt, wenn die Solisten auf der Bühne etwas Unterstützung brauchen. Er bringt die wunderschöne Musik Emmerich Kálmáns zum Glühen und zum Glänzen, er leitet sein Orchester über alle Klippen hinweg und man hat den Eindruck, dass er eins wird mit seinen Musikern. So und nicht anders muss Operette aufgeführt werden. Ein Bühnenbild, stimmig und den begrenzten Möglichkeiten eines Tourneetheaters mehr als angepasst, wird von Adrian Boboc eindrucksvoll auf die Bretter der Bühne gebracht. Man muss immer berücksichtigen, welche großen Einschränkungen bei Gastspielen von vornherein gegeben sind. Dafür eine tolle Arbeit. Ebenso eine tolle Arbeit von Lucya Kerschbauer, die für die Kostüme zuständig ist und hier ein paar prächtige und schöne Hingucker präsentiert – farbenfroh und stimmig. Auch der Chor und das Ballett der Operettenbühne Wien können voll überzeugen, die Choreographie hat Enrico Juriano ohne Fehl und Tadel übernommen, seine kleine aber feine Tanztruppe trägt viel zum Erfolg des Nachmittags bei.

Den Grafen Tassilo Endrödy-Wittenburg bringt der junge österreichische Tenor Stefan Reichmann auf die Bühne. Er besitzt einen stimmschönen, klaren und weichen samtenen Tenor, der gefällig ist und auch in den Duetten strahlen kann. Man wünscht sich vielleicht, dass er ruhig noch ein bisschen mehr aus sich herausgehen sollte, ein kleines bisschen die Handbremse löst. Dass er auch strahlende Spitzentöne drauf hat, lässt er einige Male hören. Vom Auftreten ist er der Prototyp eines Tenors, schlank, blondgelockt, jung und mit einem frischen und überzeugenden Spiel. Reichlicher Applaus vom beeindruckten Publikum für ihn. Seine Mariza ist die aus Wien stammende Ella Tyran. Sie hat einen kräftigen, klaren, vollmundigen und sicheren Sopran, dessen anfängliche Schärfe bald verschwindet und die immer mehr aufblüht. Sowohl in den Soli als auch in den Duetten weiß sie voll zu überzeugen und ihr Publikum zu beeindrucken.

Viktor Schilowsky-Sylvia Denk-Stefan Reichmann-Ella Tyran-David Hojsak-Anete Liepina

Das zweite Paar ist die junge in Riga in Lettland geborene Anete Liepina und ihr kongenialer Partner der in Ptuj in Slowenien zur Welt gekommene David Hojsak. Und sie sind ein blendend aufeinander abgestimmtes Paar, sie glänzen sowohl in ihren Solis als auch in den Duetten. Dazu kommt bei beiden eine unwahrscheinliche Spielfreude, die sich auf das Publikum überträgt. Anete Liepina hat eine durchschlagskräftigen runden und schönen Sopran, ist auch reizend anzusehen und wirbelt über die Bühne, dass es eine wahre Pracht ist. David Hojsak merkt man in jeder Sekunde an, welche Freude er an seinem Spiel hat, er überträgt seine gute Laune einfach über die Rampe an sein Publikum. Quirlig, ausgelassen, fröhlich beeindruckt er nicht nur seine Lisa sondern vor allem das ihm zujubelnde Publikum. Stimmlich noch ein kleines bisschen zurückhaltend, aber er wird von Aufführung zu Aufführung besser und es ist einfach schön, ihm bei seiner „Arbeit“ zuzusehen. Mit Herzblut und Leidenschaft ist er bei der Sache und gemeinsam mit seiner Partnerin mit der Garant für eine toll über die Bühne laufende Operette. Eine neue Bravourrolle hat sich Viktor Schilowsky erschlossen. Sein Fürst Moritz Dragomir Populescu ist einfach ein Hingucker und Hinhörer auf der Bühne. Der Wiener Bariton hat eine markige, wohltönende Stimme, die er auch entsprechend einsetzt. Vom Darstellerischer her ist er in seiner kleinen Rolle erneut eine Klasse für sich. Voll überzeugen kann auch die Wienerin Sylvia Denk als Fürstin, die alles Machbare aus ihrer Rolle herausholt und auch einiges zum Gesamtgelingen beiträgt. Und dann ist da noch der aus Kärnten in Österreich stammende Gerhard Karzel. Als Penizek, der Kammerdiener der Fürstin, bringt er das Publikum zu wahren Lachstürmen. Er hat im kleinen Finger so viel Theaterblut, dass er auch in einer kleinen Rolle nicht zu übersehen ist. Mit schönen gefälligen Sopran weiß auch Zornitza Gerginia in ihrer Arie zu überzeugen und Iavor Radaovanov fügt sich als Teschekko, der Diener von Mariza nahtlos in die Darstellerriege ein. Langanhaltender herzlicher und begeisterter Beifall für die Truppe aus Wien, die vermutlich im nächsten Jahr mit dem „Walzertraum“ zurückkommen wird. Das Publikum kann sich jetzt schon darauf freuen. Die Wiener Operettenbühne hat ihr Publikum zum wiederholten Male überzeugt, fröhlich gemacht, begeistert und mitgerissen. So macht Operette Spaß, so wollen wir sie weiter erleben.

Schlussapplaus Gerhard Karzel-Denk-Reichmann-Laszlo Gyüker-Tyran-Hojsak-Liepina

Manfred Drescher, 13.01.2018   Fotos Eigenaufnahmen

 

 

GRÄFIN MARITZA

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 25.04.2017         

Premiere in Meiningen 24.06.2016

Das Südthüringische Staatstheater Meiningen reißt mit flottem Auftritt die Schweinfurter mit

Am heutigen Nachmittag hat der rührige Theaterdirektor Christian Kreppel erneut ein gutes Händchen gehabt. Mit der „Gräfin Mariza“ holt er ein Erfolgsstück von einer der renommiertesten Bühnen, nämlich Meiningen nach Schweinfurt. Das Südthüringische Staatstheater, in einer Kleinstadt beheimatet, ist seit vielen Jahren Garant für exzellente Aufführungen und für hervorragende Künstler.

Die Geschichte der Gräfin Mariza ist schnell erzählt. Die äußerst wohlhabende Mariza, holt sich, ohne zu wissen, wer er ist, den verarmten Graf Tassilo als Verwalter. Um sich vor aufdringlichen Verehrern zu schützen, erfindet sie einen Verlobten namens Kolomán Zsupán (aus der Operette „Der Zigeunerbaron“). Dieser, der einzig verbliebene aus seinem Geschlecht, erscheint nun bei ihr und das Verwirrspiel beginnt. Tassilo, der mit seiner Arbeit für seine Schwester Lisa die Mitgift erwirtschaften will, denn diese weiß nichts von der Verarmung Ihrer Familie verliebt sich unsterblich in Mariza. Nach einigem Hin und Her bekommt Mariza, die sich ebenfalls in ihren Verwalter verliebt hat, ihren nunmehr wieder reichen Tassilo, seine Tante Fürstin Bozena hatte alles wieder auf die Reihe gebracht und Kolomán Zsupán wird mit Lisa, der Schwester Tassilos glücklich. Dies alles ist eingebettet in die wunderbare feurige, mitreißende und spritzige Musik von Emmerich Kálmán, deren Uraufführung im Jahr 1924 war und die bis heute nichts von ihrem Zauber verloren hat.

Die Inszenierung von Wolfgang Dosch ist äußert „operettendienlich“, er weiß, was er inszeniert. Er ist nicht nur ein leidenschaftlicher Bewunderer und Kenner der Operette, nein, als langjähriger Sänger und auch Schauspieler, weiß er genau, wo der Schuh drückt, wo er etwas mehr Tempo geben muss und wo er es herausnehmen kann. Man merkt ihm bei jedem Detail die Liebe zur Operette an und das vermittelt sich auch in den Zuschauerraum. Auf der Bühne selbst sind verschiedene verzierte Bilderrahmen aufgebaut, in welchen sich ein Großteil des Geschehens abspielt. Dieses, ja sagen wir ruhig einmal verspieltes und gleichzeitig stimmiges Bühnenbild ist von Helge Ullmann gezaubert worden und regt auch die Phantasie der Zuhörer und Zuschauer an. Da passen sich die prächtigen farbigen und der damaligen Zeit entsprechenden Kostüme von Annette Mey an und nahtlos ein. Man schaut dem Geschehen auf der Bühne gerne zu und fühlt sich in die Puszta versetzt. Alles ist mit viel Humor versetzt, nur im 3. Akt gibt man dem Pferd etwas zu viel Zucker. Das Geplänkel zwischen Fürstin Bozena (gut verkörpert von Sylvia Hofmann) und ihrem Diener Penizek (der humorvoll von Lars Kretzer dargestellt wird) ist zu ausgedehnt, mitunter etwas zu albern, auf jeden Fall zu lang und unterbricht den Fluss der Operette doch schon etwas sehr. Hier wäre weniger mehr gewesen, aber dem Publikum gefällt es, sie nehmen jeden Gag auf und saugen ihn wie ein Schwamm ein.

Am Pult der wie immer ausgezeichneten Meininger Hofkapelle steht an diesem Nachmittag Mario Hartmuth. Er bringt das sehr gut aufgelegt Orchester zur Höchstleistung. Und auch hier merkt man wieder, wie sehr die Musiker mitgehen, wie sie selbst mit dem Stück leben. Und Mario Hartmuth hat alles im Griff. Er lässt das Orchester feurig aufspielen und nimmt es aber auch ganz sängerdienlich zurück. Mit straffer Hand, schwungvoll und voller Elan lässt er es aufblühen und reißt damit das Publikum mit. Alles würde aber nicht so ineinandergreifen, wenn nicht auch die Gesangssolisten Ihren Teil dazu beitragen würden. Und das ist an diesem Nachmittag – wie von Meiningen gewohnt – wieder ein weiterer Aktivposten der Aufführung.

Bild 2 : Carolina Krogius, Ballett Eisenach, Johannes Hupach (Geiger) 

Als Mariza ist am heutigen Nachmittag die aus Garmisch-Partenkirchen stammende Sonja Freitag dabei. Und sie ist eine hervorragende Mariza. Ihr beweglicher warmer Sopran blüht richtig auf, die Höhen bereiten ihr keinerlei Schwierigkeiten und auch vom darstellerischen kann sie punkten. Man kann verstehen, warum sich Graf Tassilo in diese Gräfin verliebt, nein verlieben muss. Ondrej Saling, ein junger aus der Slowakei stammende Tenor macht eine sehr gute Figur. Am Anfang noch etwas zurückhaltend, steigert er sich ständig. Sein klarer hoher und präzise geführter Tenor beeindruckt und sicher wird man von ihm noch mehr hören. Ich habe ihn an diesem Nachmittag zum ersten Mal gehört und es macht richtig Spaß ihm in den Soli, aber auch in den Duetten zuzuhören. Seine Schwester Lisa wird am heutigen Nachmittag von Monika Reinhard gegeben. Ein schöner weicher, gut geführter Sopran, der auch in den Duetten gut zum Ausdruck kommt. Heute ist sie mir jedoch etwas zu zurückhaltend, die Leidenschaft, das Feuer fehlt ein ganz kleines bisschen, ich habe sie von anderen Auftritten wesentlich überzeugender im Ohr. Aber vielleicht lag auch eine kleine Indisposition vor, bei diesem herrlichen Frühlingswetter wahrlich keine Ausnahme. Als Baron Kolemán Zsupán glänzt, der in Meiningen leider überwiegend in recht kleinen Rollen eingesetzte polnische Tenor Stan Meus, der einen Buffo par excellence auf die Bretter, die die Welt bedeuten, hinlegt. Mit beweglichem sicherem und klarem Tenor gestaltet er die Rolle auch durch eine überzeugende Darstellung. Eine sehr schöne Leistung und gerne möchte man ihn in weiteren größeren Rollen erleben. Als die junge Zigeunerin Manja ist Carolina Krogius zu erleben und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Die in Finnland geborene Mezzosopranistin gestaltet die etwas kleinere Rolle mit einem hellen und abwechslungsreichen Mezzo. Klar, lyrisch und durchdringend kommt auch ein feines Spiel dazu. Die Musikalität ist in jedem kleinen Finger von ihr zu spüren.

Als Fürst Popelescu kann Thomas Lüllig doch einiges aus seiner kleinen Rolle herausholen. Sich gut ins Ensemble einfügend und keinerlei Ausfall darstellend sind noch Steffen Körner als Karl Stefan Liebenberg, Kati Rücker als Ilka und Ernst Volker Schwarz als Tschekko zu nennen. Besonders erwähnt sei jedoch noch der junge Geigenspieler Johannes Hupach, der auf die Bühne ungarische Leidenschaft brachte und starken Applaus erhielt. Ein schöner Nachmittag, der dem Publikum, am starken Beifall abgelesen, sehr gut gefallen hat und für einige Stunden alle Alltagssorgen vergessen ließ. Und was soll Operette sonst bringen, sie soll erfreuen, begeistern und alle Sorgen, wenigstens für die Dauer des Nachmittags vergessen lassen. Freuen wir uns auf weitere Schmankerln, die noch auf uns zukommen.

Manfred Drescher, 03.05.2017  

Fotos foto-ed, Meiningen

 

DER VETTER AUS DINGSDA

Operette funktioniert auch ohne großes Orchester

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 31.03.2017      

Premiere in Hof 05.11.2016

Das Theater Hof bringt den „Vetter aus Dingsda“ nach Schweinfurt und sorgt für überwiegend zufriedene Gesichter

Wieder einmal ist das Theater Hof im Theater Schweinfurt zu Gast und sorgt für einen fröhlichen Nachmittag und viele zufriedene Gesichter beim Nachhause gehen.

Die Geschichte, oder wollen wir lieber sagen das Märchen von der endlos liebenden Julia, die ganz fest daran glaubt, dass ihr Roderich, der ihr Treue fürs Leben geschworen hat, bevor er nach Dingsda, sprich Batavia aufgebrochen ist, zu ihr zurückkommt und man gemeinsam durchs Leben geht, ist halt auch gar so schön. Julia, die bei ihren ungeliebten Verwandten, Onkel und Tante aufwächst, verzehrt sich seit sieben Jahren nach ihrem Roderich und die einzige Verbindung, die sie zu ihm hat, ist der Mond, zu dem sie jeden Abend aufschaut, so wie man es sich versprochen hat. Ihre Freundin Hannchen steht ihr die ganzen Jahre treu zur Seite. Und dann erscheint er, der ferngeglaubte Roderich, der in Wahrheit ein gewisser August Kuhbrot ist, der die Situation erkennt und sie ausnutzt, vor allem, weil er sich unsterblich in Julia verliebt hat. Diese ist überglücklich. Dann jedoch wird das Glück von Egon von Wildenhagen, einem hoffnungslosen Verehrer Julias abrupt zerstört. Er kann ihr beweisen, dass ihr Roderich gar nicht ihr Roderich sein kann. Und obwohl sie ihn liebt, stößt sie den nunmehr Fremden fort, denn er ist ja nicht ihr ferner Geliebter. Dieser, nämlich der richtige Roderich, taucht nun auch auf, verliebt sich in Hannchen und ist total erstaunt, dass Julia so lange sich in Liebe verzehrend an ihn gedacht hat, denn für ihn war es eine Liebesspielerei, er hat sie längst vergessen. Er gibt sich als Roderich zu erkennen und nun erst merkt Julia, dass man mit dem Herzen lieben muss und nicht über den Mond. Sie sinkt ihrem Roderich, halt nein, August natürlich in die Arme und Roderich wird glücklich mit Hannchen. Und alle sind zufrieden - hoffen wir wenigstens.

Stefanie Rhaue – Marianne Lang - Benjamin Popson – James Tolksdorf (die zwei Vordergrund nicht gesungen)

Die Inszenierung von Holger Seitz bringt den märchenhaften Charakter der Handlung auf den Punkt. Viel Humor, manchmal sogar ein bisschen zu dick aufgetragen, und eine märchenhafte Handlung. Er führt die Rolle der Erzählerin ein, die Gute muss auch beide Diener spielen, und er kann hier auf ein Urgestein aus Hof zurückgreifen, die sich nach über 35 Jahren mit dieser zauberhaften Rolle von ihrem Theater verabschiedet, der in Bad Tölz geborenen Schauspielerin und Sängerin Marianne Lang. Sie ist immer als ein kleiner Kobold im Zentrum des Geschehens, verknüpft die Handlungsstränge miteinander, erläutert, wo es notwendig ist, führt, wo es erforderlich ist, ist immer präsent und gibt dem Ganzen eine außergewöhnliche Note. Man kann über diesen Kunstgriff verschiedener Meinung sein, auf jeden Fall ist sie ein belebender zentraler Teil im Zentrum des Geschehens. Die herrlich bunten, teilweise überdrehten und immer grell plakativen Kostüme von Ursula Gaisböck tragen einen weiteren Baustein zum Gelingen der Operette bei. Die Bühne selbst ist eigentlich sehr einfach, fast spartanisch ausgestattet. Verschiebbare Holzteile, Würfel, die man beliebig anordnen kann, geben das Geschehen dennoch gut wieder. Im hinteren Teil der Bühne, durch einen Vorhang abgetrennt spielen die Hofer Symphoniker oder das, was bei dieser Aufführung von Ihnen übriggeblieben ist. Ein Salonorchester, welches in kleiner Besetzung dennoch Großes zu leisten imstande ist. Das Dirigat hat an diesem Nachmittag Roland Vieweg und er macht einiges aus den im Verhältnis wenigen Musikern. Er führt sein Kammerorchester mit straffer Hand, schwungvoll, voller Elan, lässt es aufblühen und sich zum größten Teil auch sängerdienlich zurücknehmen, wenn es erforderlich ist. Fast vermisst man die rauschenden Wogen des normalen Symphonieorchesters nicht, oder nur wenig. Alles ist etwas überspitzt, die Bühne, die Kostüme, die Darstellungen. Alles auf einer bunten und spitzigen Fahrt durch die Landschaft des Vetters. Manchmal etwas überzeichnet, aber es passt und der Großteil des Publikums wird zu wahren Beifallsstürmen hingerissen. Ein paar ganz wenige haben in der Pause das Theater verlassen, ihnen ist es wohl etwas zu überzeichnet. Dies macht der guten Stimmung aber keinen Abbruch. Und zu dieser guten Stimmung tragen natürlich vor allem auch die Sängerdarsteller bei. Und da hat Hof an diesem Nachmittag einiges zu bieten.

Marianne Lang – nicht gesungen – nicht gesungen – Benjamin Popson

An erster Stelle zu nennen ist der junge amerikanische Tenor Benjamin Popson aus Port Clinton, Ohio, der als „erster Fremder“ August Kuhbrot, der den vermeintlichen Roderich gibt, eine gute Figur machen kann. Sein junges, unbekümmertes Spiel nimmt für ihn ein, sein geschmeidiger, warmer, lyrischer, zuweilen auch kraftvoller Tenor kann gefallen. Die Spitzentöne vermeidet er noch etwas, kann aber mit warmer fließender Stimme nicht nur seine Julia beeindrucken, sondern auch den größten Teil der anwesenden Damen im Publikum. Der arme Wandergesell erobert die Herzen der Damen im Nu und ist auf jeden Fall ein Glücksgriff für Hof, von dem und dessen Entwicklung man noch einiges erwarten kann. Ihm zur Seite die junge Rebekka Reister, die als Julia nicht nur den Mond besingt, sondern auch ihr Publikum bezaubert. Sie hat einen beweglichen, sehr schlanken und ausdruckstarken Sopran, der in jeder Lage zu leuchten und strahlen in der Lage ist. Sie kann nicht nur in ihren Soli punkten sondern auch in den Duetten mit Benjamin Popson. Mit vollem sonoren ausdrucksstarken, wuchtigen und kräftigen Bariton kann James Tolksdorf als Josef Kuhbrot, dem Vormund von Julia voll überzeugen, auch darstellerisch ist er ein eindrucksvoller Vormund. Als seine Frau Wilhelmine, genannt Wimpel, macht die Mezzosopranistin Stefanie Rhaue eine gute Figur. Präzise und stimmlich überzeugend verkörpert sie die Gattin des Vormunds. Ihr Kostüm ist vielleicht ein bisschen überzeichnet, aber das stört im Publikum niemanden. Karsten Jesgarz gibt den verliebten Intriganten Egon von Wildenhagen, er tut dies mit viel Einsatz, sowohl stimmlich als auch darstellerisch und kann seinen gepflegten Tenor gut zur Geltung bringen.

Stefanie Rhaue – nicht gesungen – Marianne Lang – James Tolksdorf

Als Hannchen muss Patrizia Margagliotta kurzfristig für die erkrankte Julia Spaeth einspringen. Sie stößt erst einen Tag vor der Aufführung zum Ensemble. Unter diesen Umständen, kann man der in Hilden geborenen Sopranistin nur gratulieren. Sie hat es geschafft, sich in kürzester Zeit in die Rolle zu singen. Darstellerisch mit viel Einsatz, sehr intensiv und charmant, nimmt sie für sich ein. Leider kommt sie mit ihrem warmen, aber nicht so durchschlagskräftigen Sopran nicht so über die Rampe. Dennoch eine – unter diesen Umständen – ausgezeichnete Leistung. Dem Einspringen ist dann wohl auch das wunderschöne Duett „Ach heil´ger Nikolaus“ zwischen dem zweiten Fremden und Hannchen zum Opfer gefallen. Dies ist umso bedauerlicher, weil der zweite Fremde von Tenor Thilo Andersson dargestellt wird. Dieser hat deshalb an diesem Nachmittag nur eine Sprechrolle, und dies finde ich deshalb so bedauerlich, weil ich Thilo Andersson in der Vergangenheit als exzellenten Sänger zu schätzen gelernt habe. Das Publikum jedenfalls ist zufrieden, langanhaltender warmer Applaus und fröhliche Gesichter beim Verlassen des Theaters zeigen, dass dieser Nachmittag eines auf jeden Fall gebracht hat, nämlich pure Unterhaltung. Und was will man mehr.

Manfred Drescher, 08.04.2017  

Fotos Harald Dietz Fotografie, Hof

 

CHARLYS TANTE

Auch eine „moderne“ Operette kann entzücken

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt am 26.02.2017      

Premiere in München 09.01.2014

Die Kammeroper München bringt ein weltberühmtes Lustspiel als Neuoperette nach Schweinfurt und kann alle Vorurteile beseitigen

Fast hätte es bei uns einen Ehestreit gegeben, weil ich mich weigern wollte, die 100 km ins Theater der Stadt Schweinfurt zu fahren um dort die Operette „Charleys Tante“ anzuschauen und anzuhören. Ja, Sie haben richtig gelesen, die Operette. Das war es ja. Vor meinen Augen sah ich den exzellenten Film mit Heinz Rühmann als wunderbare Charleys Tante und den nicht minder guten Peter Alexander in einer weiteren Verfilmung. Diese Filme und damit das Lustspiel waren für mich nicht zu toppen und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dies als Operette zu sehen, in keinem Fall jedoch als gute Operette. Wenn ich voreingenommen bin, dann schon richtig und wenn meine Frau nicht so energisch auf der Fahrt bestanden hätte, wäre ich wohl nie in den Genuss eines außergewöhnlichen Nachmittags gekommen. Gut, die Operette wurde an diesem Nachmittag nicht neu erfunden, aber eine tolle Inszenierung mit eingängigen und richtig schön altoperettischen Melodien gaben meiner Frau (wieder einmal) Recht und mir blieb wieder etwas Zeit zu überlegen, ob man nicht sich doch erst vergewissern sollte, bevor man etwas vehement ablehnt.

Der Klassiker des Lustspiels wurde vom Engländer Brandon Thomas geschrieben, der von 1850 bis 1914 lebte und mit der Musik versehen, des für mich völlig unbekannten Komponisten Ernst Fischer, der von 1900 bis 1975 lebte und total vergessen worden war bzw. man hatte ihn eigentlich gar nicht groß zur Kenntnis genommen. Die Unterhaltungsmusik von Fischer, die dieser für Orchester komponiert hatte, wird von Dominik Wilgenbus mit Gesangstexten unterlegt und das ganze so geschickt arrangiert, dass es einfach Spaß macht, nicht nur zuzusehen sondern vor allem auch zuzuhören. Gut, einen richtigen ins Ohr gehenden Operettenschlager wie bei Strauss und Lehár gibt es hier nicht, aber alles ist mehr als gefällig, eingehend, teilweise mitreißend und wunderbar eindrucksvoll gesungen und gespielt. Man merkt die ganze Zeit über, wieviel Spaß es allen Beteiligten macht hier mitzuwirken. Dominik Wilgenbus ist nicht genug für diese Arbeit zu danken, denn er führt nicht nur die Regie (hatte in den ersten Aufführungen auch mitgespielt und gesungen), er übersetzt auch, arrangiert alles und ist eigentlich der Hauptinitiator im gesamten Ensemble, ohne dies herabwürdigen zu wollen. Ohne ihn hätte es diese „Neuoperette“ nie gegeben und er hat sie auch zu diesem für mich eigentlich sensationellen Erfolg geführt. Das Publikum sieht es genauso und applaudiert stürmisch, lacht befreit und geht durchwegs glücklich aus der Vorstellung heraus. Ja, sie hat einfach Spaß gemacht – und das ist mehr, als man von manchen anderen Operettenaufführung heutzutage sagen kann.

Hervorzuheben ist auch noch Alexander Krampe, der für die Bearbeitung und die Arrangements verantwortlich zeichnet. Einfühlsam, behutsam und einfach stimmig hat er die Musik von Fischer für das doch relativ kleine Orchester bearbeitet und arrangiert. Und noch mehr kommt dazu, ein wunderschönes informatives und ausführliches Programmheft, mit viel Gefühl und Stil von Nerina Wilter gestaltet und ein zweites Heft, welches die kompletten Texte der Operette enthält, so etwas findet man nicht oft, wenn ich ehrlich bin, habe ich dies in dieser Form noch nie gefunden. Herrlich stimmige Kostüme von Uschi Haug, ein einfaches aber desto mehr beeindruckendes Bühnenbild, zum großen Teil aus Buchrücken zusammengesetzt von Peter Engels, welches davon zeugt, dass Einfachheit auch wunderschön sein kann. Dazu eine Choreografie, für die Bettina Fritsche verantwortlich zeigt und die einfach gekonnt ist und wo bei allen der Funke überspringt, einfach weil hier ein Team am Werk ist, dass den Namen Team auch zu recht trägt.

Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Nabil Shehata und er lässt sein kleines Orchester strahlen und leuchten. Man merkt ihm die Leidenschaft an, diese Musik dem Publikum näher zu bringen. Er lässt das gut aufgelegte Orchester der Kammeroper München funkeln und sprühen und nimmt es zurück, wo es sängerdienlich erforderlich ist. Die Lachmuskeln werden durch das Erfolgsstück gereizt, die Ohren durch die Sänger verwöhnt und das ganze durch den Klangteppich des Orchesters geadelt. Keine Sekunde habe ich bereut, den Weg nach Schweinfurt auf mich genommen zu haben.

Und dann ein Schreck, noch vor dem Beginn der Aufführung. Von der Bühne aus wird angekündigt, dass gerade einer der Hauptdarsteller, der Darsteller von Charleys Tante, Lord Fancourt Babberley kurzfristig erkrankt ist und mit vielen Medikamenten versehen wird. Er hat sich aber bereit erklärt, die Partie zu singen, da kein Ersatz vorhanden ist. Und eben dieser Maximilian Nowka singt und spielt die Rolle so begeisternd, dass man von seiner Erkrankung überhaupt nichts merkt. Er schont sich nicht im Geringsten und bringt eine außergewöhnliche Leistung als Mann in Frauenkleidern auf die Bühne. Sein klarer und frischer Tenor wirkt in keinem Moment angestrengt oder angegriffen und sein superbes Spiel, bringt das Publikum mehr als einmal zum befreiten Lachen. Bemerkenswert ist auch, dass er Abstand davon nimmt, dem Pferd zu viel Zucker zu geben, er übertreibt also den Humor in keinem Bereich und ist auch zu nachdenklich anregenden Szenen bereit. Eine ausgezeichnete Leistung. Ebenso wie die des jungen lyrischen Tenors Semjon Bulinsky als Charles Wykeham. Er spricht mit seinem hellen, beweglichen lyrischen Tenor die Zuschauer an und auch bei ihm ist eine große Spielfreude zu erkennen. Anne-Katrin Steffens als seine Liebste, hat einen klaren voluminösen durchschlagenden stimmschönen weichen Sopran, den sie gekonnt einsetzt und besitzt vor allem eine natürliche Spielbegabung, auch ihr merkt man in jeder Sekunde an, wie sehr sie bereit ist, alles auszuschöpfen um das Publikum zu unterhalten. Und wenn das Publikum, wie an diesem Nachmittag, begeistert mitgeht, dann ist das auch der schönste Lohn für die Künstler, bei denen alle ihr Herzblut einsetzen um diese Operettenlustspielität auf die Bretter, die die Welt bedeuten, zu bringen. Mit kräftigem klangschönem Bass gibt Burkhard Kosche einen überzeugenden Brassett und der junge Leipziger Bariton Torsten Frisch weiß mit vollmundigem rundem kräftigem klarem und stimmschönem Bariton in der Rolle des Colonel Sir Francis Chesney zu überzeugen. Maximilian Kiener als Lord Stephen Spettigue und Theresa Pilsl als Ela Delahay ergänzen das Ensemble eindrucksvoll und ohne Fehl und Tadel. Bleibt noch die aus der Soko Fernsehreihe bekannte Schauspielerin Katharina Blaschke als resolute Donna Lucia d´Alvadorez, die richtige und echte Tante von Charly. Sie überzeugt in erster Linie mit einem ausgezeichneten differenziertem Spiel und kann auch gesanglich einige Glanzpunkte setzten.

Insgesamt eine moderne schwungvolle und überzeugende Aufführung des altbekannten Lustspiels. Meine Befürchtungen, dass man dies nicht als Operette aufführen kann, vollkommen weggeblasen. Eine wunderschöne und begeisternde Aufführung, die auch vom musikalischen Teil voll zufrieden stellen kann und noch etwas darüber hinaus. Bei Nachhausgehen nur fröhliche und heitere Gesichter – und das soll Theater bewirken. Der Reiz der Bühne ist es, den Besucher für einige Stunden weg zu bringen vom Alltag. Und das ist der jungen Truppe der Kammeroper München mehr als gelungen und es ist zu hoffen, dass wir sie noch öfter zu sehen bekommen.

Manfred Drescher, 11.03.2017  

Fotos 1 und 2 (c) Sabina Tuscany, München, / Bild 3 Der Opernfreund

 

DIE CSARDASFÜRSTIN

reißt das Schweinfurter Publikum mit

Aufführung der Operettenbühne Wien in Schweinfurt

Besuchte Vorstellung: 11. Januar 2017

Theaterdirektor Kreppel gratuliert Heinz Hellberg zum 20jährigen Jubiläum

Nach den letzten Applauswogen, die Heinz Hellberg mit seiner Operettenbühne Wien für 20jährige Treue zum Theater Schweinfurt und für eine überaus gelungenen Vorstellung danken, springt der Schweinfurter Theaterdirektor Christian Kreppel auf die Bühne und gratuliert Heinz Hellberg für sein Jubiläum, 20 Jahre Operettenbühne Wien. Und er verspricht dem Maestro, dass er ihn noch oft verpflichten wird und die beiden ausverkauften Nachmittagsvorstellungen geben ihm Recht. Fast nicht endend wollender Applaus am Ende eines beschwingten, heiteren und erfrischenden Nachmittags. Doch nun der Reihe nach.

Die Operettenbühne Wien kommt mit der „Csárdásfürstin“ nach Schweinfurt, und wer kennt die Geschichte des Sohnes des Fürsten von und zu Lippert-Weylersheim nicht, der sich unsterblich in die reizende Chansonette Sylva Varescu verliebt. Nachdem diese auf eine Tournee gehen will, zwingt er sie mit seinem schriftlichen Heiratsversprechen zum Bleiben. Ihm ist die höfische Etikette egal, er liebt Sylva trotz aller Widerstände. Seine Eltern haben aber schon Verlobungskarten mit Komtesse Stasi gedruckt, die ihm seit Kindheit versprochen ist. Diese Karte kommt Sylva in die Hände und sie fährt überstürzt und total enttäuscht auf die Tournee. Wenige Tage vor Ablauf der schriftlichen Heiratsfrist erscheint sie bei Edwin Roland, dem Sohn des Fürsten und gibt sich als Frau seines Freundes Graf Boni aus. Edwin, der sich schon in sein Schicksal mit Komtesse Stasi abgefunden hat, glaubt nun, seine nach wie vor Geliebte als dann geschiedene Gräfin heiraten und seiner Familie vorstellen zu können. Nachdem sich Boni in Stasi verliebt hat, scheint alles einfach. Doch dann gibt sich Sylva als Chansonette zu erkennen, die um den Standesdünkel aufzuzeigen, sich verstellt hat. Sie verlässt Edwin und reist ab. Dieser jedoch kann nicht von ihr lassen und als sein fürstlicher Vater erfährt, dass seine eigene Frau, die Kupfer-Hilda vom Varieté ist, die sich hochgeheiratet hatte, gibt er seinen Widerstand auf. Sylva und Edwin sowie Boni und Stasi finden für immer zueinander.

Und um es gleich vorweg zu nehmen, das zwanzigjährige Jubiläum von Heinz Hellberg auf der Bühne in Schweinfurt ist in jeder Weise gelungen. Hellberg inszeniert die Operette in der authentischen ungarisch-wienerischen Form – und er tut gut daran. So macht Operette Spaß, so kann sie auch wieder in die Herzen ihres Publikums kommen, trotz aller Widerstände und trotzdem sie in den letzten Jahren einfach totgeschwiegen wird. Im Fernsehen kaum noch Operette, im Rundfunk ebenso, der öffentlich-rechtliche Auftrag alle Formen der musikalischen Unterhaltung anzubieten, wird auf das schmählichste ad absurdum geführt und leider erheben sich auch nicht die Stimmen der nach wie vor vielen Operettenliebhaber und zeigen an, dass man sie so nicht behandeln kann. Ein Aufschrei der Musikliebhaber müsste die Rundfunkanstalten erschüttern, und einer der liebenswürdigsten Formen der Musik, der Operette wieder die ihr gebührende Rolle zurückzugeben. Dies geschieht heute „nur“ auf den Brettern, die die Welt bedeuten, und die Operette begeistert nach wie vor ihr Publikum – natürlich nur, wenn sie so stilsicher aufgeführt wird, wie von Heinz Hellberg und seinen Mannen.

Die Kostüme von Lucia Kerschbaumer sind wunderschön anzusehen, stimmig und prächtig und beleben das Bild auf das trefflichste wie auch das an die Gegebenheiten hervorragend angepasste Bühnenbild, für das Adrian Boboc verantwortlich zeichnet. Man kann sich in die damalige Zeit richtig hineinversetzen und das ist doch schon sehr viel. Der Funken springt über, über auf ein Ensemble, bei welchem es keinen Ausfall gibt.

Dies merkt man zuerst am hervorragend aufgelegten Orchester, welches von Heinz Hellberg straff aber gleichzeitig mit leichter Hand geführt wird. Er lässt es jauchzend galoppieren, nimmt es aber auch stimmschonend zurück, wenn es der Begleitung der Gesangssolisten dient. Melodienreichtum und reine Walzerseligkeit lassen das Publikum dahinschmelzen und es im Walzerrhythmus begeistert applaudieren.

Es ist eine schmissige und schwungvolle Operettenaufführung, an der es praktisch nichts auszusetzen gibt. Sowohl szenisch als auch musikalisch kann man eine Operette erleben, wie sie leider nur noch selten aufgeführt wird. Als Csárdásfürstin Sylva Varescu steht mit der Wienerin Kerstin Grotrian eine lebendige und stimmschöne Sopranistin auf der Bühne. Ein bisschen fehlt ihr zu Anfang gerade beim feurigen Csárdás das leidenschaftliche Feuer. Stimmschön, mit warmem und weichem Sopran, kann sie jedoch weiter entzücken und die ungarische Leidenschaft kommt halt ein bisschen später. Nun wird sie immer besser, fast könnte man sagen, sie singt sich warm, um dann auch in den Duetten mit ihrem Edwin zu glänzen. Insgesamt gesehen eine sehr gute, auch mit viel Beifall versehene Leistung. Als Edwin steht der junge blonde gutaussehende Österreicher Stefan Reichmann auf der Bühne. Er besitzt einen strahlenden, höhensicheren Tenor, den er mühelos einsetzt, vielleicht ihn manchmal etwas zu sehr schont. Aber wo hat man noch einen so blendend aussehenden und auch vorzüglich spielenden sympathischen jungen Tenor. Ich freue mich, dass man wieder einmal einen tenoralen Hingucker und Hinhörer besitzt. Beim Buffopaar bin ich etwas gespalten. Da ist einmal die ewig junge Susanne Hellberg als Komtesse Stasi, die über die Bühne wirbelt, als wäre das ihre eigentliche Berufung. Leidenschaftlich, voller Feuer und Temperament gibt sie alles und auch stimmlich bekommen wir eine überdurchschnittliche Leistung zu sehen und zu hören. Man fragt sich, wo diese kleine, zierliche Person dieses ganze Feuer herholt und freut sich dann doch, dass sie es besitzt und damit ihr Publikum begeistert. Zusammen mit ihrem Bühnenpartner, dem aus Slowenien stammenden David Hojsak als Graf Boni sind sie die eindeutigen Lieblinge des Publikums. Darstellerisch und tänzerisch weiß David Hojsak vollstens zu überzeugen, er bringt eine überaus sympathische Rollengestaltung auf die Bühne. Was mir leider fehlt, ist ein bisschen die Stimme, da ist er für mich einfach zu schwach, zu untergewichtig und selbst bei zurückgenommenem Orchester schwer verständlich. Ich weiß, dass das Publikum dies an diesem heutigen Nachmittag ganz anders sieht, für mich bleibt er ein darstellerisch, gestalterisch und tänzerisch überdurchschnittlicher, stimmlich – momentan – leider etwas untergewichtiger Darsteller. Das Publikum mitreißen kann er jedoch schon vorzüglich. Auf jeden Fall sind beide ein toll aufeinander eingestimmtes Buffopaar, bei dem es einfach Spaß macht zuzuschauen.

Einen tollen, leichtlebigen, aber auch weisen und mahnenden Feri Bácsi brachte der Ungar Csaba Fazekas auf die Operettenbühne. Einige Rezensenten freuten sich, dass er mit ungarischem Akzent spricht – ja, wenn das ein Ungar nicht schafft, wer dann? Jedenfalls verkörperte er den alternden Schwerenöter exzellent. Er lebt alle Facetten dieser Rolle aus und wird zu Recht gefeiert. Gefeiert wie auch das Fürstenpaar, welches von Viktor Schilowsky und Judith Bellai, die beide eine Luxusbesetzung für diese Rollen darstellen, weit über das normale Maß hinaus verkörpert wurden. Beide trumpften toll auf und Judit Bellai zeigte in Spitzenunterwäsche, was sie noch alles so drauf hat. Lang anhaltender Applaus zeugte davon, dass diese Aufführung wieder den Weg zu den Herzen des Publikums gefunden hat. So will man Operette sehen und hören und so macht die gute alte Operette auch weiterhin viel Freude.

Manfred Drescher 20.01.2017      

Bilder (c) Operettenbühne Wien                 

 

HÄNSEL UND GRETEL

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 04.12.2016 

(Premiere in Hof 11.03.2016)

Etwas düstere Aufführung dieser Märchenoper

Das Theater Hof bringt zur Vorweihnachtszeit die Kinderoper, die eigentlich gar keine Kinderoper ist, „Hänsel und Gretel“. Weil diese Märchenoper von Engelbert Humperdinck halt gar so gut in die Weihnachtszeit passt, ist das Theater Hof damit in Schweinfurt zu Gast. An diesem Nachmittag fallen viele Kinder im Publikum auf, neben mir sitzt ein kleines vierjähriges Mädchen, welches mit großen Erwartungen auf ihr Märchen wartet. Die teilweise schwere und knallende Musik ist aus meiner Sicht so gar nichts für so kleine Kinder und die verbrannte Hexe trägt auch nicht so sehr zur Erheiterung meiner kleinen Nachbarin bei. Dazu ist das ganze Stück einfach zu dunkel gehalten, zu schwerblütig auf die Bühne gebracht. Nach der Pause ist meine kleine Märchenfreundin jedenfalls geschafft, Konzentration vorbei, es ist ihr schlicht und ergreifend einfach zu langweilig und die Musik zum Teil zu voluminös. Ich habe nie verstanden, warum man diese Märchenoper zu einer Kinderoper machen will, das ist sie – jedenfalls in dieser Inszenierung in keinem Fall. Überraschend, wie brav und ruhig sich die vielen kleinen Gäste verhalten haben, ob diese Aufführung aber dazu geführt hat, dass sie später verstärkt in die Oper gehen, wage ich sehr zu bezweifeln. So kann man sich keinen Publikumsnachwuchs heranziehen. Einige meiner Rezensionskollegen sprachen davon, dass diese Aufführung uneingeschränkt für kleine Kinder geeignet ist, diese Aussage verstehe ich in keinem Fall. Nein, dies ist keine Oper für kleine Kinder und meine kleine Freundin flüsterte mir beim Abschied noch leise ins Ohr, dass sie so große Angst vor der Hexe gehabt habe und sicher nicht gut schlafen könne.

James Tolksdorf - Vater, Patrizia Häusermann - Hänsel, Inga Lisa Lehr - Gretel, Stefanie Rhaue - Mutter

Die Geschichte der Märchenoper zu erzählen, wäre Eulen nach Athen getragen, sie dürfte jedem bekannt sein. Hinrich Horstkotte ist für die Inszenierung, die Bühne und die Kostüme zuständig. Außer dass es mir persönlich alles etwas zu duster und finster ist, hat er eine stimmige Inszenierung auf die Bühne gestellt. Der märchenhafte Charakter kommt gut zum Ausdruck, auch die Kostüme sind märchenhaft und alles passt und ist teilweise sogar sehr gut gelungen. Auf offener Bühne dürfen vier Lebkuchenmännchen die Kulissen schieben, ich hatte am Anfang etwas Probleme sie als Lebkuchenmännchen zu erkennen, weil sie auch ein bisschen bedrohlich wirkten und durch ihren schlurfenden Gang etwas in Untotennähe gerieten. Die jeweiligen Auftritte, zB. von Sand- und Taumännchen werden mit Bühnennebel, der durch die Reihen wabert, angekündigt, die 14 Engel werden hervorragend vom Kinderchor des Jean-Paul-Gymnasiums Hof verkörpert und man merkt ihnen auch an, dass ihnen der Auftritt großen Spaß macht. Auch der Chor trägt seinen Teil zum Gelingen bei, beide sind von Hsin-Chien Chiu einstudiert, beim Kinderchor tritt ihr noch Maniana Füg zur Seite. Richard Wagner ist ständig im Hintergrund auf der Bühne präsent, sei es als Wandbild in der Besenbinderwohnung oder sei es in der Darstellung des Hexenhäuschens, welches bewusst dem Festspielhaus Wagners in Bayreuth zum Verwechseln ähnelt.

Patrizia Häusermann und Inga Lisa Lehr zusammen mit dem Ensemble

Die musikalische Leitung hat an diesem Nachmittag im ausverkauften Theater in Schweinfurt Roland Vieweg und er hat sein Orchester gut im Griff. Schwungvoll und mit Elan und musikalischem Gespür lässt er das Orchester regelrecht aufblühen, auch die immer wieder angesprochenen Parallelen zu Richards Wagners Musik wird hörbar. Leider auch darin, dass er die musikalischen Wogen bisweilen etwas zu lautstark agieren lässt und damit leider auch die Sänger teilweise einfach etwas zudeckt. In Teilen sind die Stimmen der überwiegend ausgezeichneten Sänger fast nicht zu hören und daran tragen die Solisten die wenigste Schuld. Etwas mehr Rücksichtnahme auf die Sänger und etwas mehr Zurückhaltung hätten der musikalischen Umsetzung mit Sicherheit gut getan. Vor allem hatten Hänsel und Gretel mit den Wogen des Orchesters zu kämpfen. In einzelnen Bereichen, wie zum Beispiel dem Abendsegen zeigte der Dirigent und sein Orchester jedoch, dass sie auch zu feinem differenziertem Spiel fähig sind, plastisch und klangvoll im stimmlichen Bereich ging dies über die Bühne, eindrucksvoll und zurückhaltend und damit auch entsprechend beeindruckend.

Patrizia Häusermann, Stefanie Rhaue als Knusperhexe und Inga Lisa Lehr

Den Solisten merkt man an, dass dieser Ausflug in eine Märchenoper, der ja sicher nicht so oft auf dem Programm steht, ihnen Freude macht und sie sind auch leidenschaftlich mit dabei. Der Hänsel wird an diesem Nachmittag von Frauke Willimczik gesungen, die für Patrizia Häusermann (die auch auf den Fotos zu sehen ist) eingesprungen ist und sie macht dies vorzüglich. Die junge Mezzosopranistin verfügt über ein gutes Stimmvolumen und trumpft auch entsprechend auf, stellt einen frischen vollblütigen Hänsel auf die Bühne und kann sich auch durchaus gegen das Orchester behaupten, obwohl man es ihr leichter hätte machen können. Dies gilt auch für den aufblühenden, anmutigen Sopran von Inga Lisa Lehr, die die Rolle charmant und bezaubernd auf die Bretter legt, so wie es sich bei einer Märchenoper gehört. Mitunter leidet ein bisschen die akustische Verständlichkeit, gerade die vielen Kinder dürften da kaum etwas mitbekommen. Den Besenbindervater Peter sang und spielte James Tolksdorf, und er tat dies souverän mit wuchtigem, kräftigem durchschlagendem Bariton. Er brauchte keine Angst vor den Orchesterfluten zu haben und gab auch darstellerisch einen überzeugenden Part. Als seine Frau agierte die Mezzosopranistin Stefanie Rhaue, die gleichzeitig auch die böse Knusperhexe gab. Und beides voll überzeugend und vor allem auch mit einer stimmlichen aber auch darstellerischen Präzision, die mehr als überzeugte. Wie sagte meine kleine Nachbarin: Heute Abend werde ich wegen der Hexe aber schlecht einschlafen. Als Sand- und Taumännchen in schöner Maskerade konnte Dong-Joo Kim sich präsentieren. Die Sopranistin bot eine rollendeckende Leistung, mit hohem leuchtendem Sopran konnte sie die beiden gegensätzlichen Gestalten gut darstellen. Insgesamt gesehen ein Nachmittag, der viele Hochs bot, aber auch einige kleine Einschränkungen. Die größte war für mich, dass die vielen anwesenden Kinder sicherlich weniger Spaß an der Aufführung hatten wie die Erwachsenen. Man ging mit dem Gefühl nach Hause keinen vergeudeten Nachmittag gehabt zu haben. Und das ist heutzutage doch schon eine ganze Menge.

Manfred Drescher, 14.12.2016  

Fotos Harald Dietz Fotografie, Hof

 

 

LAND DES LÄCHELNS

Schwelgen in herrlichen Melodien mit kleinen Unebenheiten

Aufführung 08.05.2016         

Premiere 18.12.2015

Gastspiel Theater Hof

Wenn eines der Welterfolge von Franz Lehár aufgeführt wird, mit schwelgerischen Melodien, mit großen Tenorarien, die einst Richard Tauber präsentiert hat, für den diese Operette geschrieben wurde, dann ist das Theater in Schweinfurt bis auf den letzten Platz gefüllt. Die herzzerreißende Mär von der Liebe der Wiener Komtess zu dem Prinzen Sou-Chong aus dem fernen China ist aber auch zu schön anzuhören und anzusehen. Das für eine Operette traurige Ende, Lisa verlässt an der Hand ihres früheren Geliebten Ferdinand von Pottenstein, der der Schwester des Prinzen, der kleinen Mi den Kopf verdreht hat, ihren Traumprinzen, der sich für sie zum Tyrannen entpuppt hat und lässt eine tieftraurige Mi und einen noch berührteren Sou-Chong zurück, deren sentimentale „Immer nur Lächeln“ – Philosophie den Gegensatz von Europe und China aufzeigt. Diese vier Personen sind auch das Gerüst der Operette und mit ihnen steht und fällt die Aufführung.

Dorothee Koch als Lisa und Andre Nevans als Sou Chong

Die Hofer Symphoniker haben einen guten Tag erwischt, sie spielen brillant auf, leidenschaftlich geführt von Roland Vieweg, der sie immer sicher „in Griff hat“, viel Feuer, aber auch viele sentimentale Verträumtheit mitbringt. Er nimmt bei den Gesangspassagen seine Orchesterfluten behutsam zurück um den sängerischen Freilauf zu garantieren, was nicht ganz gelingt, vor allem bei den großen Arien des Sou-Chong´s. Der Chor, der von Hsin-Chien Chiu standesgemäß eingestellt wird und das Ballett geben eine ausgezeichnete Vorstellung, sind immer präsent und vor allem der Chor in seiner Choreographie, welche überzeugend von Barbara Buser gestaltet wird, gelangt mit zu einem Höhepunkt der Aufführung. Die Inszenierung von Francois de Carpentries und Karine van Hercke stellt das Werk in seine Anfangsbereiche, Gott sei Dank keine moderne Gestaltungsverhunzung. So wird dem Prinzen auch nicht die Gelbe Jacke verliehen, sondern er bekommt die rote Mao-Bibel überreicht, die auch vom Chor vielfach präsentiert wird. Es ist gewöhnungsbedürftig, aber durchaus stimmig, es gibt keinen Bruch in der Erzählung aus dem fernen Land. Teilweise sind prachtvolle Kostüme zu bewundern und alles ist üppig und schön anzuschauen.

Thilo Andersson als Gustl und Dorothee Koch und Andre Nevans

In die Rolle des Richard Tauber, dem aufgrund einer Erkrankung, durch welche er sich nur mühsam bewegen konnte, die Rolle von Franz Lehár auf den Leib geschneidert wurde, schlüpft Andre Nevans, der sich redlich bemüht. Die großen knallenden Höhen gehen ihm am heutigen Tag jedenfalls etwas ab, er muss auch des Öfteren transponieren und kann so den Schlagern der Operette zwar Leben einhauchen, aber es reicht für mich nicht ganz. Auch wird er vom Orchester öfter zugedeckt, vor allem, wenn er der Rampe abgewandt zur Seite oder gegen das Publikum singen muss. Hier hätte man auf ihn schon ein bisschen mehr eingehen müssen, denn er besitzt eine schöne vollmundige Stimme, für die Partie ist er mir jedoch an diesem Nachmittag etwas untergewichtig. Ebenso wie Lisa, die Tochter von Graf Ferdinand Lichtenfels, der ohne Tadel von Hans-Peter Pollmer dargebracht wird, die mit Dorothee Koch besetzt ist. Darstellerisch bringt sie eine sehr gute Leistung auf die Bühne, gesanglich ist jedoch auch sie mir etwas zu zurückhaltend, ihr schöner aber etwas kleiner zarter Sopran gibt alles, sie hat auch etliche sehr schöne Passagen und gefällt insgesamt in der Rolle. Thilo Andersson als Gustl, Graf von Pottenstein weiß da stimmlich schon mehr zu überzeugen. Er spielt gut, er singt sehr schön mit kräftigem Charaktertenor, der auch als sehr hoher Bariton durchgehen würde. Er ist ein ausgezeichneter Operettentenorbuffo und wirbelt in seinen nicht allzu großen Auftritten über die Bühne, dass es eine wahre Freude ist. Mit Tanja Christine Kuhn hat er aber auch eine adäquate Partnerin gefunden, die für mich eine Luxusbesetzung der Mi, der Schwester Sou-Chong´s darstellt. Quirlig, mit lebendigem glitzerndem Sopran ausgestattet, weiß sie als liebende Chinesin genauso wie als aufopfernd Versagende zu überzeugen. Sie bringt einen Hauch von Tragik in die ansonsten doch sehr kurzweilige Operette.

Dorothee Koch und Tanja Christine Kuhn als Mi

Alle weiteren Darsteller in teilweise sehr kleinen Rollen, machen ihre Sache recht gut und es gibt insgesamt gesehen keinen Ausfall. Marina Schuberth als Lore, die Nichte von Graf Lichtenfels, MacKenzie Gallinger als schottischer Botschafter, Lina Rifqa Kamal als Fini, Karsten Jesgartz als alter Diener und Obereunuch, Daniel Milos als Onkel Tschang und Tae Yil Yoon als Gardeoffizier vervollständigen stimmig das Ensemble.

Insgesamt eine Aufführung, die dem Publikum gefallen hat, teilweise wird sogar – was mich immer sehr stört – mitgesummt und bei „Dein ist mein ganzes Herz“ wird so manches Frauenauge feucht. Das Auge meiner Frau wird feucht, weil man auseinandergeht und der arme Prinz mit seiner noch ärmeren Schwester allein zurückbleibt. Aber so ist es nun einmal bei einer Operette, die nicht nur unbeschwert alle Paare zusammenkommen lässt. Unter dem Strich kann man festhalten, dass man sich sehr gut unterhalten hat, man geht, die eine oder andere Melodie vor sich hin pfeifend aus dem Theater und das ist doch schon sehr viel.

Manfred Drescher, 20.05.2016  

Fotos (c)  SFF Fotodesign Hof

 

 

Jubiläumsoperette bringt Stimmung nach Schweinfurt

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 11.01.2016         

Tourneebeginn Herbst 2015

DER BETTELSTUDENT

Die Operettenbühne Wien unter Heinz Hellberg feiert 20 jähriges Jubiläum mit der Erfolgsoperette „Der Bettelstudent“ in Schweinfurt

Ein gerngesehener Gast in Schweinfurt ist seit vielen Jahren Heinz Hellberg mit der Operettenbühne Wien. Diesmal ist es etwas Besonderes, feiert die Bühne doch ihr 20jähriges Jubiläum. Zwanzig Erfolgsjahre liegen hinter der Wiener Bühne und die treuen Besucher hoffen, dass noch ein paar Jubiläen draufgepackt werden können.  Der große Erfolg von Prof. Heinz Hellberg, der auch heute wieder für die Regie verantwortlich zeichnet,  liegt vor allem darin, dass er die Operette authentisch inszeniert, dass er sie nicht zum Kasperltheater macht, sondern dass er sie ernsthaft und mit Respekt behandelt. In dieser Art wird die schon so oft totgesagte Operette noch ein langes Leben führen, auch wenn sie vom Fernsehen und teilweise auch vom Rundfunk gnadenlos verbannt wird. Wo bleibt der Auftrag der öffentlichen Anstalten auch die Operette einem jungen Publikum näher zu bringen.

Wo bleiben die Leserbriefe, die Schreiben an die Rundfunkhäuser, endlich auch hier der Öffentlichkeit etwas zu bieten und damit auch den Ruf nach der Operette wieder hörbar zu machen. Wie sollen unsere Kinder denn mit dieser Musikgattung Kontakte aufnehmen können, wenn sie gnadenlos von unseren öffentlich rechtlichen Anstalten davon ferngehalten werden. Für mich ist dies einfach nicht nachvollziehbar und für die vielen zigtausend Operettenliebhaber in unserm Land sicherlich auch nicht.

Die Geschichte des tief gekränkten Oberst Ollendorf, der mit einer Ohrfeige durch die schöne Laura, einer Tochter der verarmten Gräfin Nowalska, für seine Zudringlichkeit „belohnt“ wird, daraufhin zwei Bettelstudenten als Fürst und Adjutant auftreten lässt, um nach geschlossener Ehe der schönen Laura den Bettelstudenten zu präsentieren, um sie damit vorzuführen, ist wohlbekannt. Durch seine Überheblichkeit wird er durch einen der Bettelstudenten, der eigentlich ein Herzog ist, abgesetzt und der andere Bettelstudent geadelt. Beide finden in den Töchtern der Gräfin ihr Glück und bei Hellberg bekommt der Oberst Ollendorf zum Schluss noch die Gräfin Nowalska, in sehr gewagter Auslegung des Librettos.

Ella Tyran, Stefan Reichmann

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von Lazlo Gyüker mit straffer und gleichzeitig leichter Hand geleitet. Er atmet mit dem Orchester mit, nimmt es auch behutsam zurück, um die ein oder andere Singstimme besser zur Geltung kommen zu lassen und ist insgesamt feurig und ohne Fehl und Tadel bei der Sache. Ein stimmiges Bühnenbild, einprägsam und immer darauf bedacht, dass es ja bei einem Tourneetheater nur begrenzte Möglichkeiten gibt, wird hier von Adrian Boboc auf die Bretter der Bühne gestellt. Ebenso gute Arbeit geleistet hat auch Lucya Kerschbauer, die für die Kostüme die Verantwortung trägt und diese recht farbenprächtig und stimmig darbietet. Das gefällt auch den Augen des Publikums, welches mit Beifall nicht geizt. Auch der Chor und das Ballett der Operettenbühne können voll überzeugen. Gerade im Bettelstudenten, bei dem die Dialoge wesentlich kürzer geraten sind, als bei anderen Operetten, kommt dies ganz besonders zur Geltung.

Den Studenten Symon Rymanowicz, den Bettelstudenten, gibt Stefan Reichmann mit weichem klarem Tenor. Ein bisschen fehlt für mich am heutigen Nachmittag das Feuer, das Strahlen der Spitzentöne, alles wirkt etwas wie gebremster Schaum. Bei einem seiner Soli, dem „Ich hab kein Geld bin vogelfrei“ merkt man, was eigentlich an stimmlichen Qualitäten in ihm steckt. Hier leuchtet es plötzlich, die Spitzentöne strahlen, hier macht das Zuhören Spaß. Vielleicht war er an diesem Nachmittag auch nicht gesundheitlich in Höchstform. Mit klarem, kernigem Tenor ist Anton Graner sein studentischer Freund Jan Janicki und kann voll überzeugen. Er macht seine Sache gut, vor allem auch in den Duetten. Hier ist ihm Verena te Best als Bronislawa, einer der Töchter der Gräfin Nowalska eine exzellente Partnerin. Mit reiner, glasklarer, nicht übergroßen aber äußerst warmer, hübscher und ausdrucksstarker Stimme weiß sie zu beeindrucken. Dass sie auch reizend anzusehen ist, kommt noch dazu und dann besitzt sie etwas, was leider heutzutage selten geworden ist, eine übersprühende Spiellaune. Bei jeder Geste jedem Ton von ihr merkt man die Leidenschaft, mit welcher sie sich bedingungslos in die Rolle wirft, eine exzellente Leistung.

 

Verena te Best, Anton Graner, Ella Tyran, Stefanb Reichmann, Alexandra Scholik, Viktor Schilowsky. Susanne Hellberg

Ella Tyran setzt als zweite Tochter Laura einen schönen klaren, vollmundigen und sicheren Sopran ein. Leider ist sie von Spiel her etwas zu sehr zurückhaltend, zu eisig, zu unnahbar. Natürlich sind die beiden Töchter etwas eingebildet und arrogant, aber für mich ist das eine kleine Spur zu viel. Sonst aber auch bei ihr eine untadelige Leistung. Alexandra Scholik bringt eine resolute, immer noch stimmschöne Palmartica Gräfin Nowalska auf die Bühne, der es Spaß macht zuzuhören aber auch zuzusehen. Eine weitere Bravourrolle hat Viktor Schilowsky dazubekommen. Er bringt einen mehr als rollendeckenden Oberst Ollendorf auf die Bühne. Verschlagen, intrigant, spielerisch ein Erzkomödiant, gesanglich eine gepflegte, durchsetzungsfähige doch auch warme und einfühlsame, kräftige und vollmundige Baritonröhre. Jeder Zoll ein nur an sich Denkender, der als Gouverneur von Krakau glaubt, sich alles herausnehmen zu können. Viel Zwischenapplaus auch für ihn. Und schließlich Susanne Hellberg in der kleinen Rolle des Offiziers Richthofen. Eine Vollblutkomödiantin, die alles aus dieser Rolle herausholt und bei der man sich mehr als nur ein Couplet gewünscht hätte. Sie ist und bleibt halt, auch in kleinen Rollen, die Stütze des Ensembles. Urs Mühlenthaler als Enterich, der sächsische Gefängniswärter, überzeugt in erster Line in schauspielerischer Hinsicht und auch ihm merkt man an, dass er sich vollkommen mit seiner Rolle identifiziert.

Erneut hat die Wiener Operettenbühne ihr Publikum überzeugt, begeistert und mitgerissen. Auch im zwanzigsten Bühnenjahr präsentiert sie sich frisch und jung wie eh und je. So wollen wir Operette auch weiterhin noch viele Jahre erleben.

Manfred Drescher, 17.01.2016  

Fotos Eigenaufnahmen

 

 

BALL IM SAVOY

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 05.01.2016      

Tourneebeginn Ende Dezember 2015

Temperamentvolle und farbenprächtige Aufführung einer selten gespielten Operette

Das Operettentheater Salzburg lässt die selten aufgeführte Operette „Ball im Savoy“ des ungarisch-deutschen Komponisten Paul Abraham im neuen Glanz und prächtiger Ausstattung erstrahlen. Neben der Operettenbühne Wien ist auch die Operettenbühne Salzburg ein gern gesehener Gast in Schweinfurt. Ist doch bekannt, dass sie farbenprächtige Ausstattungsoperetten mitbringt, die viel dem Auge aber auch dem Ohr bieten. Der Komponist Paul Abraham (1892 – 1960) hat neben etlichen heute vergessenen Operetten „Viktoria und ihr Husar“, „Blume von Hawaii“ und eben „Ball im Savoy“ komponiert und alle drei waren zur damaligen Zeit riesige Erfolge und erleben zur Zeit auf den europäischen Bühnen eine kleine Renaissance. Abraham verstand es das bewährte Gestrige mit dem neuen Zukünftigen zu verbinden, anders ausgedrückt gelang es ihm, traditionelle Elemente der Musik mit jazzigen Rhythmen zu kombinieren und damit sein Publikum zu begeistern. Lucia Meschwitz führt Regie und sie tut etwas, was leider heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist, sie verkitscht die Operette nicht sondern nimmt sie in allen Phasen ernst und sie schafft dadurch auch den Spagat zwischen dem althergebrachtem und der Moderne. Sie inszeniert „Ball im Savoy“ als farbenprächtiges Spektakel und das Publikum geht begeistert mit. Einen großen Anteil am Erfolg hat auch Gerlinde Höglhammer, die für die Kostüme verantwortlich ist. Einfach nur toll, wie bunt, farbenprächtig, ja fast fließen die Augen vor dieser Farbenpracht dahin, die Kostüme und die Ausstattung sind. Dem steht auch das ebenfalls bunte und einprägsame Bühnenbild von Christine Sadjina-Höfer in nichts nach. Man muss ja immer bei allem berücksichtigen, dass es sich hier um ein Tourneetheater handelt, welches es wesentlich schwerer hat, dies alles auf die Beine zu stellen, als ein fest bespieltes Haus. In diesem Zusammenhang muss man auch lobend die Choreografie von Monica Fotescu-Uta erwähnen, die das Ballett zu einem herausragenden Punkt dieser Aufführung führt. Auch dies ist seit vielen Jahren ein Markenzeichen des Operettentheaters Salzburg. Die Mitglieder des Ballettensembles Illo Tempore aus Dortmund wirbeln über die Bühne, dass es eine wahre Freude ist.

Dieter Hörmann, Jasmin Bilek, Stefan Fleischhacker, Michael Kurz, Doris Langara

Die musikalische Leitung hat an diesem Nachmittag im ausverkauften Theater in Schweinfurt Dimitar Panov und er hat sein Orchester gut im Griff. In allen Facetten weiß das Orchester zu überzeugen und lässt es zum Teil auch ordentlich swingen, den Foxtrott, den Stepp und den Blues erklingen. Leider ist das Orchester ab und zu etwas zu euphorisch dabei und überdeckt die ein oder andere etwas schwächere Gesangsstimme. Die Geschichte um das Paar Marquis Aristide und seiner Frau Madeleine, die nach einer einjährigen Hochzeitreise zurückkehren, ein bisschen flirten, was der jeweilige Partner total missversteht und dem eheerprobten Mustafa Bey, der in der Jazzkomponistin Daisy Parker sein endgültiges Glück findet, ist überzeugend auf die Bühne gebracht. Die Spieldauer ist mit knapp drei Stunden (inclusive einer Pause) jedoch schon recht lange und es hätte der Geschichte sicher gut getan, etwas zu kürzen, vor allem in den teilweise doch sehr langen Dialogen. Etliche Ohrwürmer wie „Toujour lámour“, „Es ist so schön am Abend bummeln zu gehen“, „Was hat eine Frau von der Treue“, „Ich hab einen Mann der mich liebt“ oder „Wenn wir Türken küssen“ reißen das Publikum richtig mit, es ist halt eine Revueoperette, die richtig Spaß macht. In der Rolle des Marquise Aristide de Faublas ist Michael Kurz zu hören. Er, den ich in der Vergangenheit immer mit überdurchschnittlichen Leistungen im Ohr habe, ist an diesem Nachmittag für mich etwas gebremst, es fehlt der Glanz in der Stimme, er agiert sehr zurückhaltend, auch die strahlenden Höhen kommen nicht so, wie ich es von ihm gewöhnt bin. Darstellerisch wie immer ausgezeichnet, bietet er eine grundsolide Leistung, das Tüpfelchen auf dem I fehlt für mich jedoch. Doris Langara gibt seine getreue Gemahlin Madeleine und kann mit ihrem sicheren leichten Spiel, aber auch mit ihrem klaren, frischen und sauberen Sopran voll überzeugen. Als Mustafa Bey, dem türkischen Attaché in Paris hat Stefan Fleischhacker eine Paraderolle gefunden. Mit einer tollen Spiellaune verkörpert er den vielvermählten Türken und reißt das Publikum mehr als einmal zu Lachstürmen hin. Gesanglich kann man von ihm nicht so viel vernehmen, zum einen hat er keine so durchschlagende Stimme und zum anderen übertönt ihn das Orchester teilweise gnadenlos. Als Jazzkomponistin Daisy Parker legt Jasmin Bilek einen überzeugenden Auftritt auf die Bühnenbretter. In blendender Spiellaune und sauber geführtem hohem Sopran kann sie nicht nur Mustafa Bey von sich überzeugen sondern auch das Publikum – und den Rezensenten.

Dieter Hörmann, Jasmin Bilek, Stefan Fleischhacker, Doris Langara, Michael Kurz, Mariana Lazar

Da hat es Mariana Lazar als argentinische Tänzerin Tangolita ein bisschen schwerer. Sie, die ja den armen Aristide als Femme fatale verführen soll, hat für mich persönlich nicht diese Ausstrahlung einer männermordenden Verführerin. Die sinnliche Ausstrahlung, die diese Rolle eigentlich erfordert, ist an diesem Nachmittag für mich nicht so zu spüren. Gesanglich ist sie ohne Fehl und Tadel, kann hier wieder entsprechend punkten. Als verliebter, schüchterner, draufgängerisch sein wollender aber hoffnungslos scheitender Anwalt Célestin Formant liefert Dieter Hörmann ein Kabinettstückchen ab. Ein mit viel Beifall – und dies völlig zu Recht – bedachter Auftritt. Insgesamt ein Nachmittag, der ins Blut gegangen ist, der mit seinen schmissigen Melodien, seiner farbenprächtigen Ausstattung voll überzeugen konnte. Die kleinen Anmerkungen, die ich hier etwas beckmesserisch angebracht habe, fallen kaum ins Gewicht. Lediglich der zu viele Text war nicht unbedingt nötig. Hätte man hier etwas gestrafft, wäre die Aufführung noch schmissiger geworden. Unter dem Strich kann man festhalten, dass man hochzufrieden nach Hause gegangen ist. Und das ist in der heutigen Zeit schon sehr viel.

Manfred Drescher, 10.01.2016  

Fotos Eigenaufnahmen MDr

 

FEUERWERK DER OPER

Italienischer Arienzauber verzückt das Schweinfurter Publikum

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 03.11.2015      

Tourneebeginn Herbst 2015

Compagnia d´Opera Italiana di Milano reiht Opernperle an Opernperle

Nach dem geglückten Auftakt mit der Operettengala war nun in Schweinfurt die große Oper an der Reihe. Die Compagnia d´Opera Italiana di Milano kommt mit großem Orchester, einer Sopranistin, zwei Tenören, einem Bariton, einem Bass und einem kleinen aber feinen Chor nach Schweinfurt. Großer Aufwand für den Nachmittag, der unter dem Motto „Feuerwerk der Opernmelodien“ steht. Und es wird ein Highlight an das andere gereiht, leider wird weder das Stück noch der Interpret (denn es gibt alternierende) angekündigt. Bei den Stücken ist es noch zu verschmerzen, vor allem wenn man sich das dazugehörige Programm gekauft hatte, aber bei den Solisten wäre schon ein Hinweis recht schön gewesen – und wenn ihn der Dirigent gegeben hätte. Schade, denn so wirkt alles ein bisschen aneinandergereiht, ohne den berühmten roten Faden.

Maria Tomassi, Sopran

Das Orchester der Staatsoper Rousse ist auf der Bühne verteilt und gut aufgelegt. Vladimir Boshnakov leitet es mit sicherer und fester Hand. Insgesamt gesehen eine gute Leistung, auch wenn das italienische Feuer, die alles verzehrende Leidenschaft vom Orchester nicht immer so über die Rampe gebracht wird. In jedem Fall jedoch wird auf die Sänger eingegangen und die Klangwogen etwas zurückgenommen, wenn es erforderlich ist um den Sänger nicht zu überdecken. Das Orchester selbst stellt sich mit dem Preludio des 1. Aktes der Verdioper „La Traviata“ vor und nach der Pause mit dem Preludio des 4. Aktes fortzufahren. „La Traviata“ ist insgesamt gesehen sehr oft vertreten. Von den Sängern beeindruckt mich bei der heutigen Vorstellung die Sopranistin Maria Tomassi am meisten. Ob mit der Arie der Leonora aus Verdis „Troubadour“, der Arie der „Tosca“ von Puccini, ob mit „Madame Butterfly“, ebenso von Puccini, sie überzeugt in allen Rollen. Strahlend stimmschön ihr heller warmer leuchtender Sopran, der jede Regung auf das vortrefflichste übermittelt. Feurig, locker, leicht und durchschlagskräftig setzt sie an diesem Nachmittag Maßstäbe. Zu Recht erhält sie während und vor allem dann auch nach der Aufführung fast nicht endend wollenden Applaus. Eine ganz tolle Leistung an diesem Nachmittag. Eindrucksvoll auch der Tenor Thomas Yun. Er überzeugt neben Maria Tomassi mit der Arie aus „Das Mädchen aus dem goldenen Westen“ von Puccini und den beiden großen Arien des Cavaradossi aus „Tosca“. Sein strahlender Tenor ist belcantosicher, lyrisch zurückhaltend, aber wenn es erforderlich ist auch leidenschaftlich auftrumpfend. Ihm nimmt man das Feuer der Jugend und die Leidenschaftlichkeit in jedem Moment ab.

 

Luca Bodini, Tenor

Der zweite Tenor an diesem Nachmittag, Luca Bodini, hat die tenoristischen größeren Reißer. Er kann Mit La donna é mobile aus Verdis „Rigoletto“, der Celeste Aida aus „Aida“, ebenfalls von Verdi  und natürlich dem unverwüstlichen Nessun dorma aus Puccinis „Turandot“ punkten. Er singt zwar alles sehr überzeugend, mit auftrumpfender höhensicherer teilweise imponierender Stimme, aber irgendwie hat man ein bisschen das Gefühl von „gebremsten Schaum“, es fehlt – jedenfalls mir – die totale leidenschaftliche Verkörperung ohne jedes wenn und Aber. Das Publikum jubelt jedoch bei jeder seiner Arien und auch am Schluss tosender Applaus.

Andrij Shkurhan, Bariton

Eindrucksvoll wirkt auf mich der Bariton Andrij Shkurhan. Mit einem durchdringenden, urgewaltigen aber dennoch weichem und sehr schönem Bariton füllt er mühelos das Schweinfurter Theater bis in den letzten Winkel aus. Mit der großen Arie des Grafen Luna aus „Troubadour“, dem exzellenten Te Deum aus „Tosca“, bei welchem ihn der ausgezeichnete Chor, der nur aus 8 Personen besteht, aber ein Vielfaches an Stimmvolumen aufweist, vorzüglich begleitet, dem wunderschön gesungenen Qual Voce aus „Troubadour“, gemeinsam mit Maria Tomassi und nicht zuletzt dem beeindruckenden Di Provenza aus „La Traviata“ weiß er nicht nur voll zu überzeugen, sondern auch zu begeistern. Der Bass Slavin Peev ergänzt das Quintett überzeugend mit tiefem voluminösen durchdringenden Bass. Er kann mit der Arie Vi ravviso aus Bellinis „La Sonnambula“ glänzen, Ebenso mit der großen Arie des König Philipp aus Verdis „Don Carlos“.  Der Chor kann all seine Güte, vor allem erstaunlich bei der kleinen Besetzung, eindrucksvoll bei I Mattadori aus „La Traviata“ und Va pensiero aus „Nabucco“, ebenfalls von Verdi,  zeigen. Nicht endend wollender Applaus am Ende des Opernabends lassen als Zugabe dann noch ein weiteres Highlight zu. Spritzig, schwungvoll, das Publikum mitreißend treten alle Solisten nochmals mit „O Sole Mio“ auf und machen aus der Arie ein kleines Kabinettstückchen. Jetzt möchte das Publikum weiteres hören, jetzt ist das italienische Flair übergesprungen, aber auch ein schöner italienischer Abend muss einmal zu Ende gehen und so freut man sich auf das nächste Jahr und die Compagnia d´Opera Italiana di Milano. 

Manfred Drescher, 13.11.2015  

Fotos: Manfred Drescher

 

 

Heitere Operettenschmankerl

zum Saisonbeginn

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 29.09.2015      

Tourneebeginn Herbst 2015

Operettentheater Salzburg mit kleinen Schönheitsfehlern erfreut die Schweinfurter

Die musikalischen Aufführungen in Schweinfurt werden mit der großen Operettengala „Lass rote Rosen blüh´n“ eröffnet. Das hier gut bekannte Operettentheater Salzburg kann vor ausverkauftem Haus in Operettenseligkeit schwelgen und das Publikum geht begeistert mit. Dass die Operette im Fernsehen fast überhaupt keine Rolle mehr spielt und auch im Radio nur noch sporadisch aufgeführt wird (wo bleiben die Schreiben der vielen tausend Operettenbegeisteter an die Funkhäuser mit der Aufforderung, die Operette wieder verstärkt ins Programm zu nehmen?) ist an diesem Nachmittag nicht zu merken. Das Publikum freut sich über die altbekannten Weisen, applaudiert mit Feuereifer und geht mit allem, was es zu bieten hat mit. Leider ist der von mir hochgeschätzte Tenor Eugene Amesmann an diesem Tag nicht auf der Bühne und ich habe ihn schmerzlich vermisst.

Das Orchester ist auf der Bühne verteilt und gut eingerichtet. Katalin Doman leitet es mit fester, leidenschaftlicher Hand. Das Orchester folgt ihr in allen Belangen, zart zurückhaltend, dann wieder aufblühend und leidenschaftlich auftrumpfend, wenn es erforderlich ist. In jedem Fall aber sängerdienlich, denn Katalin Doman nimmt es immer dann etwas zurück, wenn die Sänger Probleme bekommen könnten. Durch das Programm führt mit leichtem Augenzwinkern und immer interessant und hörenswert Franziska Stanner, die auch als Juno im großen Querschnitt von „Orpheus in der Unterwelt“ auftritt. Sie verbindet die einzelnen Stücke und gibt Interessantes aus der Operettenwelt preis. Mit der Ouvertüre aus „Banditenstreiche“ von Suppé kann sich das Orchester gleich zu Beginn eindrucksvoll in Szene zu setzen und erntet zu Recht großen Applaus. Christian Bauer tritt dann als Barinkay aus dem „Zigeunerbaron“ auf und beweist mit „Als flotter Geist“ wieviel Feuer in dieser Bravourarie von Johann Strauss Sohn steckt. Der geborene sympathische Wiener weiß mit sanftem Timbre aber auch strahlenden Spitzentönen sein Publikum zu überzeugen. Er überzeugt auch die charmante Wiener Sopranistin Monika Medek, mit welcher er „Schenkt man sich Rosen aus Tirol“ aus dem Vogelhändler stimmungsvoll darbietet. Monika Medek konnte bereits kurz vorher mit „Es muss was Wunderbares sein“ aus „Im weissen Rössl“ mit ihrem klangschönen durchschlagskräftigen und leuchtenden Sopran voll überzeugen. Die zweite Sopranistin des Abends, die Schwedin Cecilia Berglund brilliert mit dem Auftrittslied der Saffi aus „Der Zigeunerbaron“. Sie erntet mit Recht den meisten Beifall des Abends, ihr reiner zarter lyrischer Sopran kann in allen Belangen überzeugen. Stimmschön mit bravourösen Koloraturen bringt sie das Publikum zum Luft anhalten, um ja keinen Ton der außergewöhnlichen Stimme, gepaart mit einer ebenso großen Spiellust zu verpassen. Auch das Viljalied aus der „lustigen Witwe“ gestaltet sie eindrucksvoll und erntet zu Recht donnernden Applaus. Das Bacchuslied aus „Orpheus in der Unterwelt“ wird durch ihre Interpretation zu einem Erlebnis. Der Wiener Baß-Bariton Manfred Schwaiger gestaltet mit kräftiger, vollmundiger und weicher Stimme einen Zsupán der Sonderklasse, auch in erster Linie deswegen, dass er seine komödiantische Ader voll ausspielen kann. Auch beim Überbringen der dunkelroten Rosen aus „Gasparone“ kann er die Herzen des Publikums und hier in erster Linie der anwesenden Damenwelt im Sturm erobern.

 

Der Tenor Raimund Stangl, ein geborener Österreicher bringt einen sympathischen Danilo aus „Die lustige Witwe“ auf die Bühne, ebenso wie das Operettenschmankerl „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ aus der „Csárdásfürstin“. Sein gepflegter Tenor ist sehr stimmschön, wenngleich die großen Höhen fehlen, die in diesen Arien auch nicht verlangt werden und die bei einem guten Buffo auch nicht von Nöten sind. Zu guter Letzt tritt noch der Schweizer Tenor Daniel Zihlmann auf. Er ist in Schweinfurt ein gefeierter Solist, seit Jahren die Stütze der Operettenfestspiele in Hombrechtikon und mit einem kraftvollen, ausdrucksstarken und höhensicherem Tenor ausgestattet. Seine große Bühnenpräsenz und seine strahlenden Höhen sind ein großes Plus, ebenso wie seine Wortverständlichkeit. Und gerade bei ihm beginnen die kleinen Schönheitsfehler, die vom Großteil des Publikums kaum wahrgenommen worden sein dürften. Zum einen wird er von Franziska Stanner mit der Arie aus Giuditta angekündigt, dies nimmt sie dann auch gleich zurück, erklärt, dass er nicht das Wolgaleid singen wird, um im nächsten Satz das Wolgalied anzukündigen. Und scheinbar ist er davon so durcheinander, dass er eine Textzeile des Wolgaliedes total „vergisst“ und sich nur mit großer Not wieder in die Arie zurückretten kann. Das dann auch noch in einer Orchesterpassage auf der Bühne ein leerer Stuhl des Orchesters lautstark und polternd umfällt, tut ein weiteres hinzu. Gott sei Dank hat er sich dann bei „Freunde das Leben ist lebenswert“ aus „Giuditta“ wieder gefangen und bringt diese Bravourarie aller Tenöre wunderbar mit schmetternden Spitzentönen über die Bretter, die die Welt bedeuten. Mit Recht kann er dazu tosenden Applaus erwarten. Ein großer Querschnitt aus „Orpheus in der Unterwelt“ beendet die rauschende Operettennacht (die in diesem Fall ein Operettennachmittag ist) und lässt das Publikum lange und ausdauernd klatschen. Hat sie doch der Cancan fast von den Sitzen gerissen. Ein wunderschöner Nachmittag mit viel schönen Melodien und vielen lachenden Gesichtern, die nach der Vorstellung das Theater verlassen.

Manfred Drescher, 07.10.2015  

Fotos Eigenaufnahmen

 

 

Moderne Version der altbekannten „Tosca“ erfreut Schweinfurt

TOSCA

Premiere Dessau 17.05.2014

Aufführung am 11.06..2015

Hermus verlässt Dessau und betrübt die Opernfreunde in Schweinfurt

Diesmal gab es im Theater der Stadt Schweinfurt einen Abschied. Abschied vom langjährigen Generalmusikdirektor und Chefdirigent dem Holländer Antony Hermus. Er verlässt das Anhaltische Theater Dessau zum Ablauf der diesjährigen Spielzeit. Doch davon später etwas mehr. Das Anhaltische Theater Dessau ist ein langjähriger, hochverehrter und vielgeliebter Gast in Schweinfurt. Diesmal stand die „Tosca“ von Giacomo Puccini auf dem Programm. Und auch diesmal kann das Anhaltische Theater Dessau Beifallsstürme entgegennehmen. Beifallsstürme in erster Linie für die sängerische Bewältigung der Oper und auch für das Orchester, welches letztmalig unter der Leitung von Antony Hermus steht. Der Regisseur Hans Peter Cloos bietet eine „aktualisierte Inszenierung“ der bekannten Oper, also den Versuch einer Modernisierung. Der werte Leser wird wissen, dass ich nicht unbedingt ein Freund der Aktualisierungen bin und auch nach dieser Inszenierung hat sich an meiner Meinung nicht viel geändert.

Der Maler Cavaradossi, der die Sängerin Flora Tosca unsterblich liebt, die auch der Polizeichef Scarpia begehrt, hilft seinem Freund Angelotti, der aus der Haft entflohen ist. Scarpia benutzt Tosca um den Aufenthalt Angelottis zu erfahren. Er nimmt Cavaradossi fest und foltert ihn, Tosca muss hilflos zusehen. Sie kann Cavaradossi retten, indem sie sich dem Drängen Scarpias hingibt. Nachdem dieser eine Scheinhinrichtung Cavaradossis zugesichert und Passierscheine ausgestellt hat, ersticht sie ihn, während er sie bedrängt. Sie eilt zu Cavaradossi, dessen Scheinhinrichtung wird jedoch real vollzogen und sie stürzt sich, bevor sie die Häscher Scarpias festnehmen können, in den Tod. Mit wenigen Worten ist dies die Geschichte Toscas.

Hans Peter Cloos verlagert dies alles in die Neuzeit, ich frage mich einfach nur warum? Statt Kirche eine Dombauhütte, der zweite Akt verläuft in der Halle eines Hotels, aus der Engelsburg wird ein Hochhausdach. Die Folterung Cavaradossis wird sehr direkt, sogar etwas überzeichnet, dargeboten und so könnte man fortfahren. Also gut, ich werde mich daran gewöhnen müssen, dass man Handlungen, die für mich auch heute noch zeitlos gezeigt werden können, aus welchen Gründen auch immer in die Jetztzeit stellt. Ob man damit jüngere Zuschauer anlockt möchte ich auf jeden Fall bezweifeln. Die Kostüme von Marie Pawlotsky passen sich der „Modernisierung“ an, Straßenkleidung, Lederschlips, rote Roben der 5oer Jahre Welle und etliches mehr. Gut, man kann diese Inszenierung wohlwollend betrachten, warum sie jetzt aber unbedingt sein musste, kann ich persönlich jedoch nicht ganz nachvollziehen.

Die zeitlose Musik Puccinis, die man Gott sei Dank nicht verändern kann (bzw. darf), wird von der Anhaltischen Philharmonie vortrefflich dargeboten. Musikalische Geschlossenheit, das Erarbeiten feinster Nuancen, feuernde Leidenschaft, wo sie machbar ist und feine Zurückhaltung, wo sie zum Wohle der Sänger angebracht ist, zeichnet das Orchester aus. Das liegt auch daran, dass der Generalmusikdirektor und Chefdirigent Antony Hermus die Musik in sich einatmet und leidenschaftlich wiedergibt. Ihn zu erleben ist schon allein ein Erlebnis. Er verausgabt sich bis zum letzten und atmet mit seinen Musikern. Ein leidenschaftlicher Dirigent, der sein Orchester seit nunmehr sechs Jahren in Dessau fest im Griff hat, Der charismatische Holländer verlässt aus persönlichen Gründen im Sommer Dessau, er wird nicht nur dort fehlen, er wird auch uns fehlen. Dieses Orchester und dieser Dirigent haben Maßstäbe gesetzt und dies auch heute in der Tosca.

Kammersängerin Iordanka Derilova gestaltet die Tosca. Und so leidenschaftlich wie ihr Dirigent, verkörpert auch sie die Partie der leidenschaftlichen Frau Tosca. Mit klarem leuchtendem Sopran, der zur Zurückhaltung aber auch zum leidenschaftlichen Forte fähig ist, verzaubert sie nicht nur Cavaradossi sondern auch das Publikum, welches mit stürmischem Applaus die tolle Leistung honoriert. Das sie auch darstellerisch auf höchstem Niveau agiert, braucht man bei ihr, der Primadonna Assoluta nicht extra zu betonen. Ihr durchaus ebenbürtig der Cavaradossi von Charles Kim. Am Anfang noch etwas zurückhaltend, steigert er sich immer mehr und kann mit strahlendem Tenor beeindrucken. Leider hat er nur zwei große Arien, doch die setzt er so, dass man eigentlich noch mehr hören möchte. Auch darstellerisch ist er seiner Tosca ein ebenbürtiger Partner. Und dann, fast hätte ich gesagt das Dessauer Urgestein, Ulf Paulsen als verschlagener, boshafter und lüsterner Scarpia. Wieder eine Rolle, die ihm wie auf den Leib geschneidert vorkommt. Hinterhältig und dämonisch, stimmlich bis an die Grenzen gehend, verkörpert er den machbesessenen Unmenschen, seine durchschlagskräftige Heldenbaritonstimme im Einklang mit einer überdurchschnittlichen darstellerischen Darbietung lassen diese Rollenbesetzung noch lange im Gedächtnis bleiben. Keinerlei Ausfälle in den übrigen Rollen, so Wiard Withold als Cesare Angelotti, André Eckert als Mesner, David Ameln als Spoletta, Cezary Rotkiewicz als Sciarrone und Steven Simon als Hirt. Der Opernchor des Anhaltischen Theaters, einstudiert von Helmut Sonne und der Kinderchor unter der Leitung von Dorislava Kuntscheva machen ihre Sache gut, man merkt ihnen auch die Freude am Spiel an. Insgesamt ein sehr erfreulicher Abend, der durch den Weggang von Antony Hermus ein kleines bisschen getrübt wird.

Manfred Drescher, 19.06.2015  

Fotos Claudia Heysel

 

 

 

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