Briosco
GALAKONZERTE DER SIEGER DES 1. VIRTUELLEN GESANGSWETTBEWERBS SOI Scuola dell'Opera Italiana Fiorenza Cedolins
Villa Medici Giulini 12.9.
Zunächst eine Erklärung zur Bezeichnung als 1. virtueller Gesangswettbewerb: „Erster“ bezieht sich auf seine virtuelle Eigenschaft und bildet weiterhin den Titel, obwohl der Bewerb heuer schon zum zweiten Mal stattgefunden hat. Ein Wort auch zum Ort des Konzerts. Briosco liegt in der zur Lombardei gehörigen Provinz Brianza, in der Nähe des Comer Sees. In der in Privatbesitz befindlichen Villa Medici Giulini kann das wunderschöne kleine Theater gemietet werden.
Hier war am Vormittag zunächst der Schluss des 4. Akts eines „Re Lear“ des Komponisten und Dozenten Stefano Ranieri zu hören. Mit Ausnahme der für alle Stimmlagen recht hohen Tessitura klang die Musik ziemlich sangbar, wobei allerdings zu bedenken ist, dass das Orchester durch ein Klavier zu vier Händen (Nari Kim, Takahiro Maruyama) ersetzt wurde, man also nicht weiß, wie dick die Orchestrierung gedacht ist. Einige der Finalisten des Bewerbs schlugen sich sehr tapfer; wer hier nicht zum Zug gekommen war, sang als Ergänzung einige Arien.
Die eigentliche Vorstellung von Finalisten und Siegern fand am Nachmittag statt, begleitet von der unermüdlichen Takahiro Maruyama. Hier waren junge Sänger aus zahlreichen Ländern zu hören. Wichtig an diesem Wettbewerb ist, dass es nicht nur die kanonischen drei Sieger gibt, sondern zahlreiche Sonderpreise, die die jungen Leute zum Vorsingen an verschiedene Opernhäuser bringen und manchmal sogar gleich zu einem Vertrag führen.
Gesungen wurden mit zwei Ausnahmen die Nummern, deren Abfilmung eingesandt worden war. Diese wurde hinter dem Sänger/der Sängerin auf eine Leinwand projiziert. Nachstehend in der Reihenfolge ihres Auftretens die Namen der Künstler, das vorgetragene Stück und die eingeheimsten Preise. Am Schluss werde ich beschreiben, wer von ihnen mich am meisten überzeugt hat.
Peter Bodolai (Tenor, Ungarn), „Addio alla mamma“ (Cavalleria rusticana): Vorsingen an den Opernhäusern in Bologna, Sofia, Budapest und Toulouse
Sumiko Kanazawa (Sopran, Japan), Spezialpreis für ein neu komponiertes Lied
Fernando Cisneros (Bariton, Mexiko), „Cortigiani, vil razza dannata“ (Rigoletto): Erster Preis in der Kategorie Zarzuela (man konnte sich in mehreren Kategorien bewerben), Vorsingen in den Häusern von Sevilla, Bologna und Sofia
Stefania Seculin (Sopran, Italien), „Ich gehöre nur mir“ (Elisabeth): Erster Preis in der Kategorie Musical und Preis des Teatro Sistina in Rom
Federica Livi (Sopran, Italien), „Sul fil d'un soffio esteso“ (Falstaff): Preis der Fondazione Victoria de los Angeles in der Kategorie Lied
Lalit Worathepnitinian (Sopran, Thailand), „Mein Her Marquis“ (Die Fledermaus): Erster Preis in der Kategorie Operette, Preis der Attila Glatz Concert Prod. als bester Operettensopran und Vorsingen am Teatro Comunale in Bologna
Juan De Dios Mateos (Tenor, Spanien), „Sì, ritrovarla io giuro“ (La Cenerentola): 3. Preis und Vorsingen in Madrid, Bilbao, Genf, Sevilla, Parma, Spezialpreis in der Kategorie Zarzuela vom Teatro de la Zarzuela in Madrid
Emanuela Sgarlata (Sopran, Italien), „Canzone del salice, Ave Maria“ (Otello), 2. Preis ex aequo: Vorsingen in Florenz, Genf, Beijing, Lüttich, Novara, Bologna, Kosice, Madrid, Parma, Toulouse, Vertrag mit São Paulo
Hélène Walter (Sopran, Frankreich), Lieder von Massenet und Poulenc: Erster Preis in der Kategorie Lied und Spezialpreis der Fondazione Victoria de los Angeles, Schiller Golden Show und Observatoire Québéquois
Laura Esposito (Sopran, Italien), „Je veux vivre“ (Roméo et Juliette), 2. Preis ex aequo: Vorsingen in Sofia und bei DM Artists
Caterina Dellaere (Mezzo, Italien), „Coulez mes larmes“ (Werther): Vorsingen in Bologna, Piacenza und Jesi
Constança De Sousa y Melo (Sopran, Portugal), „Les oiseaux dans la charmille“ (Les contes d'Hoffmann): Vorsingen bei I solisti veneti und in Belgrad
Luciano Rendemin (Tenor, China), „Ah mes amis“ (La fille du régiment): Erster Preis und Vorsingen in Bologna und Beijing
Meine persönliche Vorliebe galt Federica Livi, deren zarter Sopran ein besonders inniges Timbre aufweist; Lalit Worathepnitinian, weil sie mit perfekter Aussprache echten Operettencharme verströmte (sie hat in Wien studiert); Juan De Dios Mateos, der eine starke Ausstrahlung hat und seinen Weg ziemlich sicher machen wird; Caterina Dellaere, die für mein Gefühl die stimmlich und expressiv reifste Leistung bot, und schließlich Constança De Sousa y Melo, weil sie mit ihren 18 Jahren die jüngste Teilnehmerin war und unbändige Spiellust zeigte.
Die Ausgabe 2022 des immer bekannter werdenden Wettbewerbs findet in Zusammenarbeit mit dem Teatro Comunale di Bologna statt, auf dessen Bühne sich die Sieger und Finalisten des nächsten Jahres vorstellen werden.
Eva Pleus 25.9.21