DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
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AIDA

Premiere am 10. 07. 2015

Ergreifender Liebestod

Die Eutiner Festspiele können in diesem Jahr ihre 65. Spielzeit feiern und gleichzeitig auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Was 1951 mit dem „Freischütz“ begann, hat sich über Jahrzehnte zu einer vom Publikum geliebten Attraktion entwickelt und bewährt, auch wenn es 2010 eine die Existenz der Festspiele bedrohende Krise gab. Und so gab es bei der offiziellen Eröffnung der Spielzeit durch Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold auch zunächst einen Dank an das Publikum und seine Treue.

Bevor der erste Ton des filigranen Vorspiels zu Verdis „Aida“ erklang, war eine weitere Stimme, diesmal aus dem Off, zu hören: „Ewiges Ägypten“ hieß es in bedeutungsschwangerem Tonfall. Es war keine Inhaltsangabe, eher ein Blick auf die emotionalen Verflechtungen der Hauptpersonen. Und hier beging die inszenierende Intendantin Dominique Caron eine Regie- „Todsünde“ - das Vorspiel wurde zunächst für diesen eher entbehrlichen Text unterbrochen und dann sogar zur Untermalung degradiert. Schade, denn was das Eutiner Festspielorchester unter der Leitung von Urs-Michael Theus zu bieten hatte, war unbedingt hörenswert. Allein was er in der Gerichtsszene (4. Akt) an bedrohlichen oder eruptiven Klängen entfesselte, war Dramatik pur. Und der ergreifende Liebestod von Aida und Radames wurde von zartem und subtilem Orchesterspiel begleitet. Schade, dass der Orchestergraben von der Plane abgedeckt war. Die Wirkung und die Qualität von Theus’ Dirigat wäre vielleicht noch größer gewesen. Es drohte zwar kein Regen, aber die beträchtliche Abendkühle machte das wohl erforderlich.

Die Regie von Caron beschränkte sich zunächst fast nur auf die Regelung der Auf- und Abtritte und häufiges Stehen an der Rampe. Etwas albern waren das Gekicher und die Kissenschlacht der Hofdamen zu Beginn des zweiten Akts. Immerhin entwickelte sich das Duett zwischen Aida und Amneris, das wie ein Kaffeestündchen auf dem Sofa begann, zu einem hitzigen „Duell“. Der Chor zog mit gemessenen Schritten über die Bühne und die gefangenen Äthiopier waren nur ein trauriges Häuflein. Es waren vor allem statische Tableaus, die hier angeboten wurden - schön anzusehen, aber auch etwas beliebig. Das änderte sich nach der Pause. Da wurde Carons Personenführung spannender. Die einbrechende Dunkelheit erlaubte auch ein verstärktes Arbeiten mit Lichteffekten, was Caron durchaus zu nutzen wusste. Am Ende neigt sich eine Grabplatte über die beiden Liebenden und Amneris begeht durch einen Schlangenbiss Selbstmord. Der Chor hat sich bei dieser gelungenen und berührenden Szene zwischen Publikum und Orchestergraben postiert. Bei der vorigen „Aida“-Inszenierung 2007 stand der Chor bei dieser Szene ganz oben hinter den Zuschauern. Wirkungsvoll war beides.

Das Einheitsbühnenbild von Ursula Wandaress bot mit ein paar rechteckigen Säulen auf der einen und einer Art Tempel mit Treppeneingang auf der anderen Seite, alles in Sandfarben, einen funktionalen Spielraum, der durch seine akustischen Eigenschaften zudem die Sänger gut unterstützte. Die Kostüme von Martina Feldmann sorgten für zwar etwas klischeehaftes, aber angemessenes „ägyptisches“ Kolorit. Der sechzigköpfige (!) Chor fand in der Einstudierung von Carsten Bowien nicht nur in den eindrucksvollen „Guerra“-Rufen zu einer guten, sehr ansprechenden Leistung.

Besonders die Sängerinnen der Aida und der Amneris prägten die musikalische Qualität der Aufführung. Susanne Braunsteffer überzeugte in der Titelpartie ohne jede Einschränkung. Ihr intonationssicherer Sopran hatte Glanz und Strahl. Die Nilarie versah sie mit innigem Piano und kunstvollen Crescendi. Milana Butaeva war schon im letzten Jahr im „Trovatore“ eine herausragende Azucena. Und auch als Amneris zog sie alle Register ihres gesanglichen und darstellerischen Könnens. Eine attraktive Prinzessin voller Stolz und Leidenschaft, aber in ihren Gefühlen auch verletzlich. Ihr schlanker Mezzo wurde dabei stets kultiviert geführt. Eduardo Aladrén brauchte eine Weile, um zu seiner Form zu finden. Anfangs klang sein Tenor noch etwas kehlig-ungeschliffen und in der Höhe nicht ohne Probleme. Aber spätestens bei dem sehr emotional gestalteten Finale zeigte er, dass er mit differenzierteren Tönen und warm timbriertem Timbre aufwarten konnte. Johannes Schwärsky war trotz seiner wilden Frisur ein eindringlicher Amonasro, der mit markantem und ausdrucksvollem Bariton im Duett mit Aida schöne Kantilenen formen konnte. Christoph Woo als König und Christian Sist als Ramphis erfüllten ihre Partien zuverlässig, letzterer allerdings mit etwas flackernder Tongebung. Nachdrücklich aufhorchen ließ Caroline Nkwe als Priesterin. Fazit: Auch in der 65. Spielzeit sind die Eutiner Festspiele noch weit vom Rentenalter entfernt.

Wolfgang Denker, 11..07.2015

Bilder Thorben Junge

 

 

 
 

 

IL TROVATORE

besuchte Aufführung: 06.08.2014          (Premiere 06.08.2014)

Ein „Troubadour“ ohne Leonore 

Trotz herrlichstem Sommerwetter stand die Eutiner Aufführung von Verdis „Il Trovatore“ am 6.8. unter keinem guten Stern. Denn wenn jemand mit einem Mikrofon vor der Aufführung die Bühne betritt, bedeutet das meistens nichts Gutes. Intendantin Dominique Caron hatte gleich zwei Meldungen: Für die erkrankte Sängerin der Inez konnte mit Sarah Davidovic (vom Landestheater Detmold) kurzfristig Ersatz gefunden werden. Für die ebenfalls erkrankte Romelia Lichtenstein hingegen nicht. Die hatte sich zwar bereit erklärt, die Partie der Leonora trotzdem zu singen. Aber es blieb nur bei dem Versuch. Nach wenigen Minuten konnte sie nur noch markieren bis schließlich fast nur noch Lippenbewegungen übrig blieben. Die Arie „D'amor sull'ali rosee“ fiel denn auch komplett unter den Tisch. Bei aller Anerkennung, dass Romelia Lichtenstein mit ihrem Einsatz die Aufführung retten wollte, muss doch die Frage gestattet sein, ob eine renommierte Sängerin sich mit solch einer Aktion einen Gefallen tut und sich der Gefahr aussetzt, ihre Stimme zu beschädigen. Konnte man wirklich, auch sehr kurzfristig, keine Sängerin finden, die die Partie zur Not auch aus den Noten hätte singen können? Nach der Pause entschuldigte sich Caron für die Unbill und dankte dem Publikum, dass es trotzdem ausharrte und die Vorstellung weiter verfolgte. Aber ein „Trovatore“ quasi ohne Leonora ist immerhin auch ein denkwürdiges Ereignis…

Die Regie lag in den Händen der Intendantin. Zu Beginn gibt es bedrohliche Paukenschläge, Käuzchenschreie und das Heulen eines Höllenwindes. Eine düstere Gestalt spukt über die Bühne - es ist der Geist von Azucenas verbrannter Mutter, die den Grafen Luna verflucht und ihre Tochter zur Rache drängt. Dieser Beginn gut geeignet, in die düstere Stimmung einzuführen. Das Bühnenbild von Ursula Wandaress zeigt mit ihren Balkenkonstruktionen in gefährlicher Schräglage den Palast Lunas oder vielmehr, was die Flammen davon übrig gelassen haben. Feuer spielt im „Trovatore“ eine große Rolle: Wenn Azucena aus dem Bühnenboden fontänenartige Flammen schießen lässt, macht das durchaus Effekt. Und auch die Beleuchtungsstimmungen, vor allem in der zweiten Hälfte, sind durchaus gelungen (Lichtdesign Klaus Emil Zimmermann). Aber ansonsten beschränkt sich Caron in ihrer Regie nur auf das Allernötigste. Vieles in ihrer Personenführung bleibt an der Oberfläche. Wenn die Zigeuner beim Chor in gebückter Haltung mit ihren Waffen auf den Boden stampfen, wirkt das eher befremdlich. Und auch die Kostüme (Lunas Mannen in schwarz, die Zigeuner waldgrün) sind nicht unbedingt charakteristisch. In der Kerkerszene setzt sie mit der langsam dem Wahnsinn verfallenden Azucena aber doch stimmige Akzente.

Musikalisch hatte die Aufführung, mit einer Ausnahme, nur Durchschnittliches zu bieten. Diese Ausnahme war Milana Butaeva als Azucena, die in jeder Phase ihrer Partie persönlichkeitsstark die Bühne beherrschte und neben der alle anderen verblassten. Ihre geradezu wilde, hemmungslose Darstellung und ihr tragfähiger, glutvoller Gesang waren die reinste Freude. Mit ihrem ausdrucksvollen Mezzo überzeugte sie ohne Einschränkung. Charles Kim hatte als Manrico lange Anlaufschrwierigkeiten und klang streckenweise überfordert und angestrengt. Erst bei „Ah si ben mio“ zeigte er, dass er auch kultiviert phrasieren kann. Und die Stretta bewältigte er zwar nicht unbedingt überwältigend, aber doch sehr achtbar. Seine besten Momente hatte er in der letzten Szene, bei der sein Tenor mit warmem Klang strömte. James Tolksdorf hatte mit schlankem Bariton etwas wenig Biss und Charisma für den Conte di Luna, den er (trotz kleiner Probleme in der Höhe) insgesamt nicht mehr als routiniert über die Runden brachte. Sarah Davidovic als Inez und Christoph Woo als Ferrando erfüllten ihre Partien angemessen.

Der neue Chordirektor Carsten Bowien hat den Chor zu kraftvollem Singen angehalten - ein paar Unsicherheiten bei den Einsätzen wurden schnell ausgeglichen.

Vielleicht war es den besonderen Umständen dieses Abends geschuldet, dass Urs-Michael Theuss am Pult des aus norddeutschen Theatern und Studenten zusammengestellten Orchesters aus Verdis glutvoller Musik nicht so recht Funken schlagen konnte. Sein Dirigat konzentrierte sich vor allem auf einen geordneten Ablauf. Leidenschaft und Italianita blieben dabei etwas auf der Strecke.

Wolfgang Denker, 07.08.2014                      Fotos: Pressedienst Ostholstein

 

 

 

 

63. Eutiner Festspiele

ZAUBERFLÖTE

27.07.13

Mozart beliebte Oper „Die Zauberflöte“ ist in Eutin in den zurückliegenden 63 Spielzeiten an ein dutzend Mal inszeniert worden. Aber sicher waren die äußeren Voraussetzungen bei der Premiere kaum je günstiger als an diesem Freitagabend. Nach einem heißen Tag bleibt  es bis zum Schluss warm, fast windstill und trocken. Endlich einmal kann es Generalmusikdirektor Urs-Michael Theus wagen, sein Festspielorchester bis zum Ende nach drei Stunden ohne die lästige Plane spielen zu lassen. Den Musikfreund hat es erfreut. Die Musiker spielen sauber und prononciert Vor allem die hier wichtigen Bläser wissen zu gefallen.

Festspiel-Prinzipalin Dominique Caron inszeniert Mozarts Meisterwerk auf deutsch so, wie ,am es sehen will: Als reine Märchenoper. Sie hinterfragt nichts. Keine Anspielungen auf einen Feimaurerhintergrund. Die beiden Reiche, die hier aufeinander treffen, werden nicht weiter hinterfragt. Die Regisseurin will nur zeigen, dass niemand ganz böse oder ganz gut ist. Ungewöhnlich: Am Ende versöhnen sich die Königin der Nacht und Sarastro.

Bei dieser Inszenierung kommt die ausgefeilte Lichtregie – die in der letzten Prüfung geradezu atemberaubend wird – von Klaus Emil Zimmermann voll zur Wirkung. Ursula Wandaress hat ein eindrucksvolles Bühnenbild geschaffen, das diesmal auch der Natur Raum gibt, und verantwortet die farbenprächtigen Kostüme. Wer genau hinsiecht, bemerkt gegenseitige Bezüge der verschiedenen Welten.

Zum Liebling des Premieren- Publikums auf der fast voll besetzten Tribüne wird schnell der Papageno des Miljenko Turk. Spielfreudig, mit schöner Stimme und sauberer Aussprache bestimmt er weitgehend das Geschehen. Sein Kostüm zeigt, dass die Figur der commedia dell’arte entsprungen ist. Ihm gegenüber fällt der Tamino des  Hyojong Kim arg ab. Er bleibt über weite Strecken steif. Vieles singt er statuarisch, die erste große Arie gar an der Rampe. Großartig die Königin der Nacht der Romelia Lichtenstein. Sie wirkt ausreichend herrisch und glänzt mit den gefürchteten Koloraturen. Ihre Stimme klingt scharf, aber nie schrill. Evgenia Grekova als ihre Tochter Pamina ist sehr zurückhaltend im Spiel, aber singt eindrucksvoll. Theresa Grabner meistert gut die Tücken der Rolle der Papagena.

Fred Hofmann als Monostatos ist von der Maske fast zur lächerlichen Figur verunstaltet worden Das hindert ihn auch im Spiel. Die drei Damen der Königin Anne Preuß, Svitlana Styvia und Eun-Kyong Lim tragen sängerisch und darstellerisch viel zum Gelingen des Abends bei. Reizend die Knaben Na Li, Misato Mochizuki und Milena Juhl. Der von Gabriele Pott einstudierte Chor gestaltet seine Aufgaben eindrucksvoll.

Das Premierenpublikum geizt nicht mit Szenenbeifall und feiert nach drei Stunden die Produktion jubelnd. Ein großer Erfolg in einer bislang sehr gelungenen Spielzeit.

Horst Schinzel

 

 

 

21. Juli 2013

Junge Lübecker Sänger begeistern in Eutin

Das Kunstlied hat es schwer auf den Konzertpodien unserer Tage. Um so mehr ist es zu begrüßen, dass die Eutiner Festspiele im Rahmen der Weber-Tage zu einem Liederabend in den Rittersaal des Eutiner Schlosses gebeten haben.  Unter dem Leitwort „Walzerkonzert“ vor allem mit Liebesliedern von Komponisten des 19. Jahrhunderts – von Brahms bis Gustav Mahler. Eine Veranstaltung allerdings, die weit besseren Besuch verdient gehabt hätte.

Nicht nur, weil sie dem Kennenlernen heute weitgehend vergessener Lied-Literatur vorwiegend  romantischen Genres diente. Musik, die zu unserem großen Erbe zählt und weit mehr gepflegt werden müsste. Vor allem aber, weil diese zwei Stunden am späten Sonntagnachmittag zur Begegnung mit herausragenden jungen Lübecker Künstlern führen. Sönke Tams Freier, Julia Hallmann, Henrike Henken und Florian Sievers – die von Oliver Bunnenberg und Pietro Cresini mehr als nur kongenial begleitet werden. - - beenden gerade ihre Studien an der Lübecker Musikhochschule unter anderem bei den Professoren Konstanze Eickhorst und Martin Hundelt. Aus gutem Grund sind fast alle Stipendiaten namhafter Stiftungen wie etwa der Oskar- und Vera-Ritter-Stiftung oder der Possehl-Stiftung. Denen manchen sie mehr als nur Ehre, wie das Quartett mit dem Liebesliederwalzer op 52 von Johannes Brahms zeigt. Ohne Zweifel,: Die attraktive Ukrainerin Julia Hallmann – die in diesem Jahr auch bei der Lübecker Sommeroperette zu erleben ist – überragt alle. Insbesondere hätte man den Herren empfehlen sollen, an diesem heißen Nachmittag die Krawatten weg zu lassen. Dann hätte zumal Sönke Tams Freier nicht so unter Zwang gestanden. Auch so hat er eine mehr als nur lobenswerte Leistung abgerufen.

Die Zuhörer sind begeistert und entlassen die Künstler nicht ohne Zugabe. Schade, dass man denen in Eutin nicht so schnell wieder begegnen wird.

Horst Schinzel

 

 

 

CARMEN

Premiere:   12.7.2013      in frz. Sprache       2. Kritik

Sevilla wie im Bilderbuch

Man nehme einen strahlend schönen Sommerabend, eine stimmungsvolle, romantische Freilichtbühne und die meistgespielte Oper der Welt - und der Erfolg ist gesichert. Die Vorzeichen für die erste Premiere der 63. Eutiner Festspiele konnten besser nicht sein. Mit Carmen von Georges Bizet landete die eigenhändig Regie führende Intendantin DOMINIQUE CARON vor (bis auf nur wenige Plätze) ausverkauftem Haus einen respektablen Erfolg.

Da macht es fast nichts, dass sich die Inszenierung überwiegend darauf beschränkte, ein idyllisches Postkarten-Sevilla zu entwerfen. Das üppige Bühnenbild von URSULA WANDARESS mit rötlich-braunen Häuserfronten und einer Freitreppe, vor der Carmen sehr dekorativ ihr Leben aushauchen konnte, war geschickt aufgebaut und ließ viel Freiraum für Chor und Solisten. Auch die farbenfrohen Kostüme (ebenfalls von Wandaress) waren hübsch anzuschauen, vermittelten aber einen etwas „operettigen“ Eindruck. Die zunächst eher beliebige Personenführung gewann im Laufe der Aufführung dann doch etwas mehr an Kontur, und rückte vor allem das Spannungsverhältnis zwischen Carmen und Don José in den Mittelpunkt. Die letzte Szene spitzte sich zu einem spannenden Duell zu.

Caron verdeutlichte die Handlung der in französischer Sprache gesungenen Oper mit einem Kunstgriff. Aus dem Off erklang vor jedem Akt die Stimme Don Josés, der sich kurz vor seiner (nicht gezeigten) Hinrichtung einem Pater anvertraut und sein Schicksal aus seiner Sicht schildert. So konnten die deutsch und etwas hölzern gesprochenen Dialoge auf ein Minimum reduziert werden.

Die Hauptpartien konnte Eutin weitgehend angemessen besetzen. Vor allem die bildhübsche Mezzosopranistin MILANA BUTAEVA war schon allein optisch eine Idealbesetzung der Carmen. Zudem sang sie mit girrenden, verführerischen Tönen, ohne je ins Vulgäre abzugleiten. Die Habanera bezog ihre besondere Wirkung durch einen chansonhaften Ton.  Ihre Tanznummer im 2. Akt war in erotischer Sicht absolut jugendfrei.  Als Don José überzeugte MIROSLAV CHRISTOFF, dem die lyrischen Teile der Partie etwas besser lagen als die dramatischen, mit lyrischem Tenor Vor allem die Blumenarie gestaltete er sehr innig, ebenso das Duett mit Micaëla. Für diese war PEGGY STEINER eine stimmige Besetzung, silbrig im Stimmklang und beherzt in der Darstellung. Nicht ganz auf gleicher Höhe stand der Escamillo von JAMES TOLKSDORF, der zwar seinen schlanken Kavaliersbariton gut führte, dem es aber für diese Partie etwas an mitreißender Wucht fehlte. Die kleineren Partien waren homogen besetzt und überzeugten durchgängig mit viel Spielfreude.

Bis zur Pause konnte auf die Orchesterabdeckung verzichtet werden (in Eutin leider eher die Ausnahme), was für den schlanken Orchesterklang, wie ihn URS-MICHAEL THEUS mit dem Eutiner Festspielorchester pflegte, sehr positive Wirkung hatte. Die von GABRIELE POTT einstudierten Chöre sangen und agierten zuverlässig, wenn auch beim Kinderchor vielleicht noch etwas nachgebessert werden könnte. Insgesamt war diese „Carmen“ ein gelungener Auftakt der 63. Eutiner Festspiele und wird sicher viele Zuschauer anlocken. (12.7.2013)

Wolfgang Denker                    Fotos: Thomas Jauk und Pressedienst Ostholstein

 

 

CARMEN

wirbelt hinreißend über die Freilichtbühne

12.7.13

Das war ein Auftakt zur neuen Spielzeit der Eutiner Festspiele ganz nach dem Herzen deren Verantwortlichen. Einem warmen Tag folgte ein warmer Abend – der freilich mit zunehmender Länge vom See her arg kühl wurde. Eine fast ausverkaufte Tribüne. Mitten drin ein gut gelaunter Ministerpräsident Torsten Albig, der es sich nicht nehmen lässt, am Schloss allen Solisten und dem Leitungsteam persönlich zu danken. Und zumindest im ersten Teil kann das gut aufgestellte Festspielorchester unter dem Generalmusikdirektor Urs-Michael Theus ohne die lästige Plane spielen. Welch Unterschied im Klang! Nach der Pause muss diese Plane der feuchten Kühle halber zum Schutz der Instrumente dann doch aufgezogen werden.

Intendantin Dominique Caron hat ein Ensemble zusammengestellt, das den Herauforderungen von Bizets Oper mühelos gerecht wird. Und ein Regiekonzept entwickelt, das die Möglichkeiten der Freilichtbühne in der stimmigen – aber leider erneut die Natur vernachlässigenden – Kulisse von Ursula Wandaress – die auch für die bunten Kostüme verantwortlich ist -trefflich nutzt. Welch reizende Idee, die Wachablösung durch den Kinder- und Jugendchor- in der Einstudierung von Gabriele Pott - karikieren zu lassen. Wobei die Kinder dann bei den Soldaten Trinkgelder sammeln.

Gesungen wird auf Französisch. Die knapp gehaltenen Dialoge sind deutsch. Zur Einführung kommt vor jedem Bild Don Josés Stimme aus dem Off. Mit kurzen Worten schildert der zum Tode Verurteilte sein Geschick. Das hat etwas Unheimliches an sich. Wie überhaupt das Spiel von Liebe und Leidenschaft mehrbödig ist. Dies nicht zuletzt dank er beiden großartigen Protagonisten Milana Butaeva als Carmen und Miroslav Christoff als Don José. Die rassige Russin ist geradezu die Idealbesetzung dieser Rolle- bildschön mit bezaubernder Figur spielt, singt und tanzt sie hinreißend. Ihre kräftige schön geführte Stimme füllt mühelos das weite Rund der Freilichtbühne. Der Bulgare Miroslav Christoff ist ihr kongenialer Partner – auch er spielfreudig und mit schöner Stimme begabt.

Aber auch die übrigen Mitwirkenden tragen das Ihre zum Gelingen des Abends bei.

Peggy Steiner gibt die Micaela als bescheiden und etwas schüchtern, doch voller Leidenschaft. James Tolksdorf als Escamillo beeindruckt neben seiner glutvollen Stimme vor allem in der realistischen Duellszene mit Don José. Die übrigen Rollen sind mit  Theresa Grabner, Eun Kyong Lim, Titus Witt, Fred Hoffmann, Arthur Piru und Changhiu Tan gut besetzt.

Bedeutenden Anteil am Geschehen hat der ebenfalls von Gabriele Pott einstudierte Festspielchor Im Orchester gefallen vor allem die exakt spielenden Bläser. Eindrucksvoll das Lichtdesign von Klaus Emil Zimmermann, das allerdings erst im zweiten Teil voll zur Wirkung kommt. Der Abend wird nach vielem Szenebeifall stürmisch mit vielen Bravo-Rufen gefeiert. Un wird sicherlich dazu beitragen, das Vertrauen in die Eutiner Festspiele zurückzugewinnen.   

Horst Schinzel                                          Fotos:  Fotopressedienst OH

 

 
 

 

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