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Ballettdirektor Ben Van Cauwenbergh

 

 

 

DORNRÖSCHEN

Aufführung vom 24.11.2019 - Dauer: ca. 2 h 30' - eine Pause

(Premiere am 9. November 2019)

Ein romantischer Traum der Fantasie

Bitte schauen Sie sich den herrlichen Trailer  an, denn der sagt mehr als Worte.

Ganz im Gegenteil zum Konkurrenzhaus der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg dürfen die Ballettfreunde in Essen tolle Handlungsballette erleben. Dafür gibt es zwar nicht das Bundesverdienstkreuz, aber alle lieben diesen Ben van Cauwenbergh, der uns soviel Schönes gebracht hat. Auch mit dieser fabelhaften Choreografie. Regelrecht verzaubert wird das Publikum und auch die zahlreichen jüngeren Eleven sind begeistert und versuchen tanzend in der Pause das Stück nachzuspielen.

Die Inszenierung ist ein Familienerlebnis ersten Grades; gestern auch zu wunderbarer Zeit  -16 30 h. Darüber hinaus hat Cauwenbergh das Stück dankenswerter Weise auf zwei Stunden reine Spielzeit - Pause nach dem ersten Akt nach 75 Minuten - verkürzt. Die Zeit vergeht wie im Flug. Ich zitiere ausnahmsweise unsere Freunde vom Online Musik Magazin, denn besser könnte ich es wirklich nicht ausdrücken:

Ben Van Cauwenbergh schafft es einerseits den jüngeren Zuschauern die märchenhafte Magie des Spitzentanzes zu vermitteln und andererseits die Herzen der Anhänger des klassischen Balletts höher schlagen zu lassen.

Dem ist nichts hinzu zu fügen. Ich persönlich finde, daß der Ballettdirektor hier eines seiner schönstes Produktionen abgeliefert hat und auch die Leistung der Essener Philharmoniker unter Andrea Sanguineti ist vortrefflich.

Dorin Gal hat ein großes halbrundes Bühnenbild entworfen, in dessen großformatigen Fenstern Valeria Lampadova eindrucksvolle und stimmige Fantasy-Landschafts-Filmbilder projiziert, die an den Herrn der Ringe oder die Entwürfe eines Ul de Rico zu Wagners Ring des Nibelungen erinnern. So schön und stimmungsvoll, daß man gelegentlich vom superben Tanzensemble etwas abgelenkt wird. Ich muß sagen, daß ich selten ein so begnadet passendes romantisch bezauberndes Bühnenbild in einem Tschaikowsky Ballett erlebt habe. Ich denke, daß plastische Projektionen dieser Art überhaupt die Zukunft von  Theaterproduktionen sein könnten, obwohl wir diese Technik schon in den 60er Jahren an der Rheinoper im legendären Ring von Reinhardt/Wendel erlebt haben.

Besonders eindrucksvoll im Bühnenambiente seien noch die drei prachtvollen Lüster erwähnt, die nicht nur aus tausenden von Kristallen bestanden, sondern die durch raffiniert eingebaute LEDs sich jeder Stimmung farblich beeindruckend anpassen ließen.

Überhaupt sind es oft witzige Details, so u.a. die kleinen Prinzessin Aurora, die als Baby in einer Wiege liegt und aus dem Schnürboden herabgelassen wird. Oder später die noch junge Prinzessin als trotziger Rotzlöffel, die ihr Essgeschirr wegwirft und sich nach drohenden Elterngesten plötzlich - Zauber der Theaterbühne - in einen Teenager verwandelt.

Ich habe auch Kritikpunkte: Die Platzierung realer Tiere ist bei Jagdhunden, die ja schussfest erzogen sind, vielleicht noch akzeptabel, aber muß es wirklich ein echtes Pferd sein? Zwar gibt es dafür den erwarteten billigen Sonderbeifall und es fand bei den meisten meiner Kollegen sogar die Aufnahme in die Titelzeile der Tageszeitungen ("Dornrösschen mit echtem Pferd - Wow"). Ich empfinde so etwas, mit Verlaub, als überflüssige Tierquälerei.

Aus dem großartigen bis ins kleinste Glied herausragend tanzendem Ensemble möchte ich einige Solisten hervorheben. Als Carabosse ist Adeline Pastor wieder das Maß der Dinge, besonders in ihrem schwarzen Kleid mit düsteren Gefolge - Benjamin Balazs, Martin Carlos Nudo und Take Okuda verschmolzen oft zu einem tollen Standbild. Sie tritt schon gleich zu Anfang auf - dämonisch, sprunggewaltig und faszinierend. Bestechend tanzen auch Yanelis Rodriguez als Prinzessin Aurora und Mika Yonejama als Fliederfee. Auch hier muß ich noch einmal auf die traumschönen Kostüme von Dorin Gal hingewiesen werden, der es auch gelingt, Bühnennebel endlich einmal überzeugend und wirklich sinngebend einzusetzen.

Völlig überflüssig und blöd ist leider der Übergang zum dritten Akt gestaltet. Kann man nicht den Vorhang einfach schließen? Warum müssen zwei livrierte Diener, die an Dick-und-Doof erinnern, herumhampeln. Während dann der eine in Manier des Pausenclowns erst versucht zunächst, einen Niesanfall zu unterdrücken und sich anschließend dilettantisch krümmt, weil er dringend austreten muss. Was soll solch kindischer Quatsch in einer ansonsten intelligenten, bis ins kleinste ausziselierten Choreographie. Oder sollte es gar eine Anspielung auf die geniale Dornröschen-Choreographie von Mats Ek sein, wo ein dänische Smörrebröd-Koch fünf Minuten lang erklärt, wie man eine Forelle zubereitet?

Erwähnenswert im letzten Aktes ist der Auftritt des gestiefelten Katers von Wataru Shimizu und seiner angebeteten Katze Amari Saotome, die mit humorvollem Tanz eine köstliche auch ironische Tanzperformance liefern. Daß Maunzen zur Musik störte nicht.

Fazit: es war wunderwunderschöööööööööööööööööööööööön ;-)

Allein dafür, wenn auch nicht ausschließlich, würde Ben van Cauwenbergh von mir das Bundesverdienstkreuz bekommen. Wieviel Tausende von Theaterbesuchern hat er eigentlich durch seine Inszenierungen/ Choreographien glücklich gemacht. Also ums nicht-esoterische Tanztheater hat er sich wirklich verdient gemacht.

P.S. Viel Spaß mit der ganzen Familie. Leider nur noch sieben Termine. Aber wenn Sie keine Karten mehr bekommen, einen kleinen Trost: Der zuckersüße Nußknacker vom selben Choreographen läuft auch wieder im Dezember.

 

Peter Bilsing 25.11.2019

Fotos: © Hans Gerritsen

 

Weitere Credits

Einstudierung Kinder: Yulia Tsoi

Dramaturgie: Christian Schröder

Solovioline: Florian Geldsetzer

Schülerinnen des Gymnasiums Essen-Werden

Statisterie des Aalto-Theaters

Prinz Désiré: Artem Sorochan

Erste Fee: Mariya Tyurina

Zweite Fee: Yulia Tikka

Dritte Fee: Yuki Kishimoto

Vierte Fee: Yusleimy Herrera León

Kavaliere: Ige Cornelis, Yegor Hordiyenko, Take Okuda,Dale Rhodes

Pas de deux "Blauer Vogel": Yuki Kishimoto, Davit Jeyranyan

Frosch: Denis Untila

Liebespaare: Larissa Machado, Dale Rhodes, Marie Van Cauwenbergh, Benjamin Balazs

Königin, Mutter von Aurora: Maria Lucia Segalin

König, Vater von Aurora: Armen Gevorgyan

Koch: Nwarin Gad

Dienerin: Amari Satome

Herzogin: Yulia Tsoi

Jagdmeister: Ige Cornelis

Aurora als Kind: Katharina Masch

Ensemble:

Karina Campos Sabas

Juliette Fehrenbach

Elisa Fraschetti

Ekaterina Mamrenko

Anna Maria Papaiacovou

Julia Schalitz

Sena Shirae

William Castro Hechavarria

Harry Simmons

 

 

 

SCHWANENSEE mit Happy End

Premiere am 27.1.2018 im Aalto Theater

Eine Love-Affair, die durch Rotbart zerstört wird *

TRAILER 1

TRAILER 2 (Making of)

 

Im Jahr 2018 feiern wir den 200 Geburtstag des großen Choreographen Marius Petipa. Nicht nur deshalb, sondern auch weil "SCHWANENSEE einfach in jedes Repertoire gehört" (so Ballettdirektor Ben Van Cauwenbergh), war eine neue Produktion fürs Aalto Theater überfällig. Immerhin stammte die letzte Version des wunderbaren Werkes noch aus der Vor-Cauwenbergh-Zeit. Stephan Toss hatte das Ballett 2006, meiner damaligen Meinung nach, ausgesprochen verhunzt. ("Verdrießliches zwischen Mitternacht und Morgen")

Modernisierungen von Schwanensee gelingen selten. Ich kenne eigentlich nur eine richtig tolle, nämliche die legendäre von Matthew Bourne mit seiner grandiosen West-End-Produktion (London 1996) - immerhin noch auf DVD erhältlich.

So ist es richtig, was Cauwenbergh stets in Gesprächen betont, nämlich, daß ihm als gesamtverantwortlichem Ballettchef ein volles Haus immer wichtiges Primärziel sei: "Ich bin hier angestellt, um mein Publikum zu pflegen - dabei muss ich das Gleichgewicht halten und es in viele Richtungen bedienen - zeitgenössisch und auch klassisch". Genau! Ist das etwas ein Memento Mori an die Nachbarn in der NRW-Landeshauptstadt - Stichwort "Martin Schläpfer"? Wenn ja, würde ich dem hundertprozentig zustimmen.

Heuer in Essen nun geht es sehr publikumsfreundlich zu. Überhaupt erscheint dieser SCHWANENSEE als eine Produktion, mit der man nicht unbedingt die teilweise schwermütig depressiven Ballett-Kritiker des modernen Tanzes begeistern will, sondern eher das normale Volk der Abos, Volksbühnen und Theatergemeinden unterhalten. Das sollte gelingen, denn spätestens alle fünf Minuten im Schnitt wird den Zuschauern ausgiebig Zeit und Raum für herzliche Akklamationen gegeben. Nicht nur die großen Solisten genießen das stetige Baden im Beifall vorne an der Rampe. Entsprechend verlängert sich natürlich die Aufführungsdauer auf über drei Stunden.

Ben Van Cauwenbergh orientiert sich an der Choreographie Petipas, entwickelt aber seine eigene Interpretation. Durch den Einbau von Traumbildern (tolle Videos von Valeria Lampadova) wird der Geschichte etwas mehr Realismus verliehen.

Der Prinz schläft ein und träumt eigentlich die ganze Story. Zwar geht er am Ende in den Fluten des Sees unter, während die 18 Schwäne im Hintergrund kühn in die Obermaschinerie hochgefahren werden - das tollste Bild des Abends ! - aber Cauwenbergh liebt das Happy End und so erscheint dann wieder das Ambiente des Parks am See und erlöst uns Trauernde. Fazit: alles ist nur geträumt. Das Leben kann doch soooo (!) schön sein ;-)... im Märchen.

Die Kostüme von Dorin Gal sind prachtvoll. Die Teller-Tutus der 18 Schwäne sind ein weißer Traum! Wie verlautet, benötigte allein das Outfit Rotbarts, wo nicht nur echte Hahnenfedern verwendet wurden, sondern auch unzählige Schwanenfedern aus Stoff nachgefertigt wurden, über 100 Stunden Handarbeit; für jedes Tutu brauchte man mindestens 40. Was für ein gigantischer Aufwand. Großes Lob an die fleißigen Schneiderwerkstätten.

Ein Fest für die Sinne ist auch das Bühnenbild - ebenfalls Dorin Gal. In den Akten zwei und vier arbeitet man mit viel kontrolliertem Nebel. Die riesigen, mit Luft bewegten Stoffbahnen des Sees sind ein augenzwinkerndes Apercu an die Entstehungszeit. Herrlich...

Aus dem insgesamt künstlerisch passabel lobenswerten Ensemble seien die überragenden Solisten benannt und besonders hervorgehoben, auch weil sie ästhetisch so wunderbar zusammenpassten: Odette / Odile (Mika Yoneyama) mit ihrem Traumprinzen Siegfried (Liam Blair) tanzen wie aus einer anderen Welt kommend. Pas de Deuxs von hinreißender Schönheit, Hebefiguren von schwerkraftloser Eleganz und Pirouetten von unglaublicher Präsenz - da jubelt das Publikum. Das möchte man sehen.

Besonders erwähnen möchte ich Moisés León Noriega (Rotbart). Mit ihm hat man in Essen einen Tänzer von absolutem Weltklasseformat. Er fiel mir schon als der überragende Tänzer im NUSSKNACKER auf. Er wird sicherlich seinen Weg in die ganz großen Balletthäuser dieser Welt finden. Was für ein überragender Künstler!

Last but not least gibt es ein Sonderlob des Kritikers (welches am Ende auch durch schlagartige Standings Ovations des Publikums bestätigt wurde) für den hochtalentierten Mann am Pult der Essener Philharmoniker, nämlich Johannes Witt, der uns wie schon im "Nussknacker", mit bestens schwelgendem und rubatoreichen Tschaikowsky superb unterhielt. Ein Ausnahmedirigent, den man im Auge behalten sollte, denn es ist ja gerade die Livemusik, die einen traumschönen Ballettabend so zum großen Erlebnis macht.

 

Alviano Salvago 28.2.2018

Wunderbare Bilder von Bettina Stöss

 * Zitat im Subtitle von Ballettchef Cauwenbergh

 

Credits

Musikalische Leitung: Johannes Witt

Choreographie: Ben Van Cauwenbergh

Bühnenbild und Kostüme: Dorin Gal

Videoprojektion: Valeria Lampadova

Licht: Bernd Hagemeyer

Dramaturgie: Svenja Gottsmann

Essener Philharmoniker/Solovioline: Florian Geldsetzer

 

Odette / Odile - Mika Yoneyama

Siegfried - Liam Blair

Benno - Davit Jeyranyan

Rotbart - Moisés León Noriega

Königin -Annette El-Leisy

Diener / Hofmeister - Harry Simmons / Raphael Baronner

Pas de trois - Yanelis Rodriguez, Yurie Matsuura, Davit Jeyranyan

Walzer - Carla Colonna, Yuki Kishimoto, Ekaterina Mamrenko, Julia Schalitz, Yulia Tikka, Ana Carolina Reis, Ige Cornelis, Nwarin Gad, Yehor Hordiyenko, Qingbin Meng, Take Okuda, Alexander Saveliev

Damen -Vivian de Britto Schiller, Larissa Machado, Anna Maria Papaiacovou, Amari Saotome, Sena Shirae, Arina Varentseva

Große Schwäne -Maria Lucia Segalin, Mariya Tyurina

Kleine Schwäne - Yusleimy Herrera León, Yuki Kishimoto, Yurie Matsuura, Yulia Tikka

Schwäne - Corps de ballet

Ungarischer Tanz - Maria Lucia Segalin, Yehor Hordiyenko, Vivian de Britto Schiller, Larissa Machado, Anna Maria Papaiacovou, Amari Saotome, Sena Shirae, Arina Varentseva

Spanischer Tanz - Adeline Pastor, Aidos Zakan

Italienischer Tanz -Yuki Kishimoto, Yulia Tikka, Denis Untila

Polnischer Tanz - Yurie Matsuura, Alexander Saveliev, Carla Colonna, Julia Schalitz, Ige Cornelis

Russischer Tanz - Yanelis Rodriguez, Armen Hakoby

 

 

 

DON QUICHOTTE

Premiere 5.11.16

Realität und Wahnvorstellung im fröhlichen Tanz

Ballett unter Ben van Cauwenbergh macht einfach Spass, was man bereits bei den Proben zu sehen bekam, die teilweise für die Mitglieder des Freundeskreises frei zugänglich sind.

"Diese Musik macht viel Spass und ist sehr lustig und auch die Proben-Atmosphäre ist dementsprechend sehr fröhlich" was der Rezensent aus vollem Herzen bestätigen kann; gibt es doch kaum eine trefflichere Ballettmusik, welche dem Können guter Solisten und Ensembles eine so perfekte Grundlage und Untermalung bietet, wie diese von Ludwig Minkus.

Charaktertanz und spanischer Tanz sind wesentliche Elemente dieses großartigen Handlungsballetts, in dem die Essener Compagnie zum wiederholten Male zeigen konnte, welch hohes Leistungsvermögen sie inne hat; und man sie unbedingt zu den besten Deutschlands zählen muss. Die technische Perfektion in Kongruenz der Sprünge und Drehungen sind eine wahre Freude, ebenso wie ein perfektes Tanzen an der Linie und schon fast akrobatische, sowie originelle Tanzeinlagen.

Pars pro toto das Pferd Rosinante, welches von Raphael Baronner und Benjamin Heil nicht nur für große Erheiterung beim normalen Publikum sorgt, sondern auch durch eine hochoriginelle sehr anspruchsvolle Choreografie die Tanzprofis im Auditorium begeisterte. Was dieses "Pferd" an tänzerischen Bewegungen, bis hin zum anspruchsvoll auschoreographierten Slapstick humorvoll darbietet, wäre alleine schon einen preiswürdigen Kurzfilm wert.

Cauwenbergh versucht die bekannte Geschichte so komisch wie möglich zu erzählen und hält dabei doch stets gekonnt die Balance zwischen allzu derbem Schwank und augenzwinkernder Ironie ein. Man merkt von Anfang bis zum Ende, gerade zwischen den üblichen allzu bekannten Ballett-Gesten, daß ihm auch das Schauspielerische neben dem hohen Tanzstandarts sehr wichtig ist: "Es soll unterhaltsam sein, sich gleichzeitig aber auf hohem tänzerischen Level bewegen."

Eine solche Choreografie braucht ausreichend Platz zum Tanzen, wobei natürlich die riesige tiefe Aalto-Bühne hier einen perfekten Theaterraum offeriert. Sicherlich eine Freude für Dorin Gal (Bühnenbild/Kostüme), der den Rahmen in beinah cinemascopisch farbenprächtigen Film-Dimensionen - besonders schön gelungen im zweiten Akt mit realem Feuerhintergrund - kreieren durfte.

 

Vor vielen

Jahren in Wiesbaden wirkte das alles doch noch durch die sehr kleine Bühne recht eingeengt. Das Bühnenbild erinnert an kitschig schöne Postkartenidylle, die Wärme Spaniens ist permanent spürbar. Auch die sehr traditionellen ausgesprochen liebevoll und detailreich gefertigten Kostüme harmonieren mit der Szene.

 

Die animierten Projektionen von Liewe Vanderschaeve sind perfekt und eindrucksvoll phantasiereich kreiertes Bühnenbild-Apercu am Ende des ersten und zweiten Aktes; Windmühlen werden zu Drachen bzw. seltsamen Sci-Fi Märchenfiguren.

Bemerkenswert ist an diesem Abend auch, daß eben nicht nur die großen Solopartien (Herausragend Yanelis Rodriguez als Kitri und Aidos Zakan als Basile) im Mittelpunkt stehen, sondern Cauwenbergh ausdrücklichen Wert darauf legt, daß auch die gesamte Compagnie glänzen kann.

Herrlich Tomas Ottych als Don Quichotte mit seinem sich schon in zirzensischen Dimensionen bewegenden Sancho Pansa (Denis Untila).

 

Besonders erwähnenswert in Ausdruck, Perfektion und Sprungkraft Armen Hakobyan (Espada) und Mariya Tyurina (Mercedes). Bejubelter Publikumsliebling

Liam Blair als tuntiger Gamache.

 

Die musikalische Leitung lag bei Yannis Pouspourikas in sicheren Händen und die Essener Philharmoniker spielten nicht nur ausgesprochen engagiert, sondern auch mit beinah perfekter rhythmischer Prägnanz und Leuchtkraft - eine hervorragende Leistung für einen "Nur"-Ballettabend, welcher aber wieder einmal die große beständige Qualität am Haus widerspiegelt, wo Ballett genau so ernst genommen wird, wie große Oper.

Natürlich großer Jubel beim enthusiasmisierten Publikum. Auch wenn es kein "Nussknacker" ist, kann dieser schöne Ballettabend als ausgesprochen gelungene Unterhaltung für die ganze Familie - gerade jetzt zur anstehenden Weihnachtszeit - nur herzlich empfohlen werden. Ebenso allen Freunden des großen klassischen Balletts, die sich an schönen Bilder, Kostümen und Petipa noch erfreuen können.

Wieder sah man, neben dem treuen und fachkundigen Essener Ballettpublikum, viele bekannte und strahlende Gesichter von Ballettliebhabern aus dem Raum der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg, denen ja Handlungsballette jeder Art von der Direktion Schläpfer versagt sind.

Peter Bilsing 6.11.16

Bilder (c) Aalto

 

 

 

 

TANZHOMMAGE AN QUEEN

Wiederaufnahme 9.10.2016

Premiere 2009

For eternity...

TRAILER 1

TRAILER 2

Man möchte erst gar nicht in die Pause nach knapp 45 Minuten; und wenn dieser tolle Ballettabend nach zwei Stunden zuende gegangen ist, stände wahrscheinlich bei fast allen jubilierenden Besuchern dieser Wiederaufnahme sogar ein sofortiges "dacapo" auf der Wunschliste.

Mit seiner Tanzhommage an Queen am Theater Essen begeisterte Aalto Ballettintendant Ben van Cauwenbergh schon 2009 nicht nur das Publikum, sondern auch die Presse einstimmig. Sieben Jahre später sorgt das Stück noch immer für großen Andrang an der Theaterkasse.

So zeitlos wie die Musik der Rockgruppe um den charismatischen Frontmann Freddie Mercury - music for eternity - ist auch Cauwenberghs Choreografie. Moderne Elemente mischen sich in klassisches Ballett, in absoluter Präzision getanzt von der fabelhaften Essener-Ballett-Compagnie. Dazu das teils gewaltige, teils schlicht elegant einfallsreiche Bühnenbild von Dmitrij Simkin, das bis ins kleinste Detail durchdacht ist und ebenso stimmig in die Choreografie eingebunden wird. Von großen Emotionen, über ironische Krimi-Elemente bis hin zu pfiffigem Rock n’ Roll.

Auf wunderbare Art und Weise skizziert Cauwenbergh die Lebenslinie Freddie Mercurys, in Liebe, Leid, Trauer, Aufbegehren, Verrücktheit, Groteske und musikalischer Genialität. Absolut hinreissendes Tanztheater. Hat man doch begeistert gestaunt, gelacht und auch die eine oder andere Träne verdrückt. Wie schön, dass das Stück bisher als Dauerbrenner immer wieder in Essen getanzt wird. Hoffen wir, dass es noch eine ganze Weile so bleibt!

Arabella Bilsing 11.10.2016

Bilder (c) Aalto Ballett Essen

 

 

 

 

 

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