DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
Dies ist das OPERNFREUND-Archiv
Alle neuen Kritiken erscheinen ab sofort auf unserer neuen Website
Startseite
Unser Team
Impressum/Copyright
---
Alle Premieren 22/23
Kontrapunkt
Die OF-Schnuppe :-(
Der OF-Stern * :-)
OF Filmseite
Silberscheiben
CDs DVDs
OF-Bücherecke
Oper DVDs Vergleich
Musical
Genderschwachsinn
Oper im TV
Nachruf R.i.P.
Et Cetera
-----
Aachen
Aarhus
Abu Dhabi
Bad Aibling
Altenburg Thüringen
Altenburg Österreich
Amsterdam DNO
Amsterdam Th. Carré
Amst. Concertgebouw
Andechs
Annaberg Buchholz
Ansbach
Antwerpen
Arnheim
Aschaffenburg
Athen
Athen Onassis Cultur
Augsburg
Avignon
Bad Hersfeld
Bad Ischl
Bad Kissingen
Bad Lauchstädt
Bad Reichenhall
Bad Staffelstein
Baden bei Wien
Baden-Baden
Badenweiler
Baku
Bamberg
Barcelona
Basel Musiktheater
Basel Sprechtheater
Basel Ballett
Bayreuth Festspiele
Bayreuth Markgräfl.
Pionteks Bayreuth
Belogradchik
Bergamo
Berlin Livestreams
Berlin Deutsche Oper
Berlin DO WA
Berlin Staatsoper
Berlin Staatsoper WA
Berlin Kom. Oper
Berlin Kom. Oper WA
Berlin Neuköllner Op
Berlin Konzerte
Berlin Sonstiges
Berlin Ballett
Bern
Bern Sprechtheater
Biel
Bielefeld
Bochum Ruhrtriennale
Bochum Konzerte
Bochum Sonstiges
Bologna
Bonn
Ära Weise 2003-2013
Bonn Sonstiges
Bordeaux
Bozen
Brasilien
Bratislava
Braunschweig
Braunschweig Konzert
Braunschweig openair
Bregenz Festspiele
Bregenz Sonstiges
Bremen
Bremen Musikfest
Bremerhaven
Breslau
Briosco
Britz Sommeroper
Brixen
Brühl
Brünn Janacek Theate
Brünn Mahen -Theater
Brüssel
Brüssel Sonstige
Budapest
Budap. Erkel Theater
Budapest Sonstiges
Buenos Aires
Bukarest
Burgsteinfurt
Bytom Katovice
Caen
Cagliari
Casciana
Chemnitz
Chicago Lyric Opera
Chicago CIBC Theatre
Coburg
Coburg Joh. Strauss
Coesfeld
Colmar
La Coruna
Cottbus
Crevoladossola
Daegu Südkorea
Darmstadt
Dehnberg
Den Haag
Dessau
Dessau Weill Fest
Detmold
Dijon
Döbeln
Dornach
Dortmund Ballett
Dortm. Konzerthaus
Dortmund Sonstiges
Dresden Semperoper
Dresden Operette
Dresden Sonstiges
Dresden Konzert
Duisburg
Duisburg Sonstiges
MusicalhausMarientor
Düsseldorf Oper
Rheinoper Ballett
Düsseldorf Tonhalle
Düsseldorf Sonstiges
Schumann Hochschule
Ebenthal
Eggenfelden
Ehrenbreitstein
Eisenach
Ekaterinburg
Enschede
Erfurt
Erl
Erlangen
Essen Aalto Oper
Essen Aalto Ballett
Essen Aalto WA
Essen Phil 2
Essen Phil 1
Essen Folkwang
Essen Sonstiges
Eutin
Fano
Fermo
Flensburg
Florenz
Frankfurt
Frankfurt WA
Bockenheimer Depot
Frankfurt Sonstiges
Frankfurt Alte Oper
Frankfurt Oder
Freiberg
Freiburg
Füssen
Fürth
Fulda
Sankt Gallen
Gelsenkirchen MiR
Genova
MiR Ballett
Genf
Gent
Gera
Gießen
Glyndebourne
Görlitz
Göteborg
Gohrisch
Gotha Ekhof-Festsp.
Graz
Graz Styriarte
Graz Konzerte NEU
Graz Sonstiges
Gstaad
Gütersloh
Hagen
Halberstadt
Halle
Halle Händelfestsp.
Hamburg StOp
Hamburg StOp Wa
Hamburg Konzert
Hamburg Sonstige
Hamm
Hanau Congress Park
Hannover
Hannover Sonstiges
Heidelberg
Heidenheim Festsp.
Heilbronn
Heldritt
Helgoland
Helsinki
Hildesheim TfN
Hof
Hohenems
Gut Immling
Ingolstadt
Innsbruck Landesth.
Innsbruck Festwochen
Jekaterinburg
Jennersdorf
Kaiserslautern
Karlsruhe
Karlsruhe Händel
Opera Europa Bericht
Kassel
Kawasaki (Japan)
Kiel
Kiew
Klagenfurt
Klosterneuburg
Koblenz
Köln OperStaatenhaus
Wa Oper Köln
Köln Konzerte
Köln Musical Dome
Köln Sonstiges
Konstanz Kammeroper
Kopenhagen
Kosice
Krummau a.d. Moldau
Krefeld
Krefelder Star Wars
Kriebstein
Landshut
Langenlois
Bad Lauchstädt
Lech
Leipzig Oper
Leipzig Mus. Komödie
Leipzig Ballett
Leipzig Konzert
Leipzig Sonstiges
Lemberg (Ukraine)
Leoben
Leverkusen
Lille
Linz/Donau
Linz Sonstiges
Ljubljana/Laibach
Loeben
London ENO
London ROH
London Holland Park
Lucca
Ludwigshafen
Luisenburg
Lübeck
Lübeck Konzerte
Lübecker Sommer
Lüneburg
Lüttich/Liège
Liege Philharmonie
Luxemburg
Luzern
Luzern Sprechtheater
Luzern Sonstiges
Lyon
Maastricht
Macerata
Madrid
Magdeburg
Mahon (Menorca)
Mailand
Mainz
Malmö
Malta
Mannheim
Mannheim WA
Mannheim Konzert
Maribor/Marburg
Marseille
Martina Franca
Massa Marittima
Meiningen
Melbourne
Meran
Metz
Minden
Mikulov
Minsk
Miskolc
Modena
Mönchengladbach
Mörbisch
Monte Carlo
Montevideo
Montpellier
Montréal
Moritzburg
Moskau Bolschoi N St
Moskau Sonstige
München NT
München Cuvilliés
MünchenPrinzregenten
München Gärtnerplatz
München Ballett
München Sonstige
Münster
Münster Konzerte
Muscat (Oman)
Nancy
Nantes
Neapel
Neapel Sonstiges
Neuburger Kammeroper
Neuburg/Donau
Neustrelitz
Neuss RLT
New York MET
Nizhny Novgorod
Nordhausen
Novara
Nürnberg
Nürnberg Konzerte
Oberammergau
Oberhausen
Odense Dänemark
Oesede
Oldenburg
Ölbronn
Oesede (Kloster)
OperKlosterNeuburg
Oslo
Osnabrück
Ostrau
Palermo
Palma de Mallorca
Paraguay
Paris Bastille
Paris Comique
Paris Garnier
P. Champs-Elysées
Théâtre du Châtelet
Paris Ballett
Paris Philharmonie
Paris Versailles
Paris Sonstiges
Paris Streaming
Parma
Passau
Pesaro
Pfäffikon
Piacenza
Pisa
Pforzheim
Plauen
Posen
Potsdam
Prag Staatsoper
Prag Nationaltheater
Prag Ständetheater
Radebeul
Raiding
Rathen Felsenbühne
Recklinghausen
Regensburg
Reggio Emila
Reichenau
Remscheid
Rendsburg
Rheinsberg
Rheinberg
Riga
Riehen
Rosenheim
Rouen
Rudolstadt
Ruhrtriennale
Saarbrücken
Saint Etienne
Salzburg Festspiele
Salzburg LT
Salzburg Osterfestsp
Salzburg Sonstiges
San Francisco
San Marino
Sankt Margarethen
Sankt Petersburg
Sarzana
Sassari
Savonlinna
Oper Schenkenberg
Schloss Greinberg
Schwarzenberg
Schweinfurt
Schwerin
Schwetzingen
Sevilla
Singapur
Sofia
Solingen
Spielberg
Spoleto
Staatz
Stockholm
Stralsund
Straßburg
Stuttgart
Stuttgart Ballett
Sydney
Szeged (Ungarn)
Tampere (Finnland)
Tecklenburg
Tel Aviv
Teneriffa
Toggenburg
Tokyo
Toulon
Toulouse
Tours
Trapani
Trier
Triest
Tulln
Turin
Ulm
Utting
Valencia
Valle d´Itria
Venedig Malibran
Venedig La Fenice
Verona Arena
teatro filarmonico
Versailles
Waidhofen
Weimar
Wels
Wernigeröder Festsp.
Wexford
Wien Staatsoper
Wien TadW
Wien Volksoper
Wien Kammeroper
Wien Konzerte
Wien Ballett
Wien Sonstiges
Wiesbaden
Wiesbaden Wa
Wiesbaden Konzert
Bad Wildbad
Winterthur
Wolfenbüttel
Wolfsburg
Wunsiedel
Wuppertal
Würzburg
Zürich
Zürich WA
Zürich Ballett
Zürich Konzert
Zwickau
---
INTERVIEWS A - F
INTERVIEWS G - K
INTERVIEWS L - P
INTERVIEWS Q - Y
Christian Räth
Sergey Romanovsky
Rolf Romei
Francois-Xavier Roth
Paolo Rumetz
Matti Salminen
Michael Schade
Andreas Schager
Sigrun Schell
Mario Schröder
Erwin Schrott
Florian Sempey
Tatiana Serjan
Yuval Sharon
Anja Silja
Irina Simmes
María José Siri
Christian Sist
Andreas Spering
Dorothea Spilger
Petra Sprenger
Michael Spyres
Benedikt Stampa
Matthias Störmer
John Storgards
Annalisa Stroppa
Bryn Terfel
Jens Tröster
Irina Tsymbal
Alberto Triola
Constantin Trinks
Christopher Ventris
Rolando Villazon
Klaus Florian Vogt
Michael Volle
Ralf Weikert
Bernd Weikl
Tamara Weimerich
Ibrahim Yesilay
Sonja Yoncheva
Angela Maria Zabrsa
---
DIVERSITA:
YOUTUBE Schatzkiste
HUMOR & Musikerwitze
Opernschlaf
Facebook
Havergal Brian
Korngold
Verbrannte Noten
Walter Felsenstein
Unbekannte Oper
Nationalhymnen
Unsere Nationalhymne
Essays diverse
P. Bilsing Diverse
Bil´s Memoiren
Bilsing in Gefahr

 

MICHAEL SCHADE

Ich möchte als Mozart-Tenor begraben werden

Staatspüer_Idomeneo_Schade 2 x~1

 Wiener Staatsoper / Pöhn

 

Die „Königsklasse“ nennt Michael Schade die Rolle des Idomeneo, die er für die neue Inszenierung der Wiener Staatsoper mit Regisseur Kasper Holten neu erarbeitet hat. Dem Online Merker gab er nach der Generalprobe ein  Gespräch, in dem es um Rollen, sein Engagement für die „Internationalen Barocktage Stift Melk“ sowie um die Situation an der Wiener Staatsoper geht, die ihm sehr am Herzen liegt

Herr Kammersänger, Sie haben die Rolle des „Idomeneo“ als die „Königsklasse“ bezeichnet. Nun haben Sie ihn in Wien ja schon vielfach 2007 in der alten Decker-Inszenierung gesungen. Jetzt bei Kasper Holten ist ja schon konzeptionell, was die Figur betrifft, alles anders?

Bei Decker – das war die Inszenierung mit der Treppe – ging es vor allem um das Vater-Sohn-Problem. Bei Kasper Holten ist für uns beide ein Stücke über die Macht daraus geworden, mehr, das Festkrallen an der Macht durch einen hochmütigen Monarchen, der sein eigenes Ende nicht denken kann und will…

… und dafür am Ende zu den Toten geschmissen wird. Kasper Holten hat sich in einem Interview hymnisch über die Zusammenarbeit mit Ihnen geäußert. Sind Ihre Eindrücke auch so positiv?

Ja wirklich, ich habe selten so fein gearbeitet. Ich liebe es mit kompetenten Menschen zu arbeiten, ob das Dirigenten sind wie Harnoncourt oder Muti oder Regisseure wie Kusej, Loy oder eben Kasper Holten. Ein wirklich großer Regisseur lässt Ideen zu, und das war hier der Fall. Abgesehen von seinen besonderen Qualitäten der Exaktheit, Pünktlichkeit (ich bin einmal vier Minuten zu spät gekommen, das kam nie wieder vor…), Genauigkeit, es ist unglaublich, wie organisiert er ist. Abgesehen davon, dass er jeden Choristen per Namen kennt und auch auf meine privaten Probleme während der Proben (ich musste mich um die Kinder kümmern, weil meine Frau nicht da war) Rücksicht genommen hat. Wir haben uns in kürzester Zeit darüber verständigt, dass wir diese verheerende Parabel der Macht ganz schonungslos erzählen wollten – man soll glauben, dass der Idomeneo, den ich hier spielte, seinen Sohn für den eigenen Machterhalt wirklich getötet hätte, wenn er nicht davon abgehalten worden wäre….

Holten lobt auch, Sie seien ein sehr „mutiger“ Sänger, womit er wohl auch uneitel meint. Wenn Sie in der großen Arie im 2. Akt die Koloraturen nicht als Virtuosenstück anlegen, sondern als…

… Ertrinken. Luft holen. Verzweiflung, weil man überleben will. Das ist ja kein Rossini, da haben die Koloraturen wirklich eine Funktion. Die sollen nicht in erster Linie schön klingen, sondern etwas über die seelische Situation aussagen.

Also, eine großartige Arbeit für Sie als Sänger an dieser Wiener „Idomeneo“-Produktion. Nun zeigt 3sat die Aufzeichnung ihrer letzten großen Arbeit, den „Fierrabras“ in Salzburg. Auch ein berühmter Regisseur, aber offenbar weniger Begeisterung für das Werk als bei Holten… wenn Peter Stein wissen ließ, man habe sich über die Dummheit der Geschichte totgelacht, dann ist das vielleicht nicht die Attitüde, mit der man eine Inszenierung angehen sollte?

Es war sicherlich sehr undiplomatisch von Peter Stein zu sagen, wir hätten die ganze Zeit über die Dummheit des Librettos gelacht – wie auch? Was sollte denn ein armer Textdichter in Zeiten der Zensur tun, wenn er faktisch nichts  schreiben durfte? Aber die Medien haben sich auf die Bemerkung, die wahrscheinlich geblödelt war, geradezu gestürzt. Ich habe Stein geliebt, und warum sollte man nicht einmal versuchen, auf der Bühne zu rekonstruieren, „wie es damals war“.

Aber eine historisierende Inszenierung ist ja heutzutage verpönt, und die Kritik hat entsprechend reagiert.

Es gibt keine „richtige“ Inszenierung. Es gibt gut oder schlecht, und eine gute sollte in sich schlüssig und  konzentriert sein und Sinn machen. Es gibt nie nur eine Antwort auf die Frage, wie man sich einem Werk nähert. Ich kann da zu allem Beispiele zu erzählen. Wien hatte den alten „Don Giovanni“ von Zeffirelli, der eigentlich hauptsächlich darin bestand, dass Jalousien aus einer Art Bambus verschiedenartig herunter gelassen wurde. Als die Dekoration schon so zerschlissen war, dass man sie kaum mehr brauchen konnte, hat man sie nach Tokio verkauft. Dort haben wir – Thomas Hampson, Edita Gruberova, ich und andere – Vorstellungen gesungen, die ein solcher Triumph waren, dass man in Wien die Dekoration wieder hergestellt hat, weil sie einen so idealen Rahmen bot. Wenn ich etwas gelernt habe, dann dass auch „alte“ Inszenierungen stimmen können, von Schenk natürlich, von Zeffirelli, von Rennert: Wenn es gut gemacht ist, funktioniert es, egal, ob alt oder neu. Aber ich weiß auch, dass es große Aufregung um den Kusej-„Don Giovanni“ in Salzburg gab, mit den Palmers-Models, aber auch das hat vollkommen Sinn gemacht, um für unsere Zeit zu zeigen, wie dieser Giovanni einfach alle Tabus bricht.

Idomeneo – sind Sie mit dieser „Königsklasse“ jetzt mit „Ihrem“ Mozart durch?

Wenn Sie mich fragen, ob ich alle für mich möglichen Rollen gesungen habe, dann sage ich: Außer dem Mitridate, den ich nur irgendwann konzertant gemacht habe, ja. Wenn Sie mich fragen, ob ich mit Mozart fertig bin: Nie! Ich möchte als Mozart-Tenor begraben werden. So dramatisch kann der Idomeneo nicht sein, dass ich nicht noch den Ottavio mit seiner enormen Stimmbeherrschung singen möchte.

Sie haben zuletzt mit Peter Grimes und dem Aschenbach geradezu Triumphe in Hamburg gefeiert. Sprechen Sie über diese Rollen mit der Wiener Staatsoper?

Den Grimes würde ich leidenschaftlich gern hier singen, aber ich verstehe natürlich, dass die Staatsoper auch die nächste Serie mit Herbert Lippert besetzt, der sich hier im Haus mit dieser Rolle so bewährt hat. Aber eines Tages würde ich sie sehr gerne hier singen, ebenso wie den Aschenbach. Aber ich denke, man muss einem kontinentaleuropäischen Publikum so etwas wie die „Furcht vor Britten“ nehmen, er wird hier einfach noch nicht ausreichend angenommen. An der Staatsoper wird für mich demnächst wieder der Matteo in der „Arabella“ und dann einmal erstmals hier der Eisenstein kommen.

Wieso denn Matteo? Sind Sie darüber nicht längst hinaus?

Ich liebe ihn ganz einfach. Er gehört zu den Rollen, die ich behalte, obwohl es so viel Neues gibt, dass ich mein Repertoire richtig als „Baustelle“ bezeichnen würde – und das meine ich nicht negativ. Das ist die Neugierde auf immer etwas Neues – und das in alle Richtungen.

Das bedeutet?

Ich habe in Kanada einen Des Grieux gesungen und würde ganz gerne dies und jenes vom französischen Repertoire machen. Nach dem „Rusalka“-Prinzen warten noch viele Slawen, „Jenufa“ habe ich mir längst gewünscht. Wieder singen werde ich den Florestan, fest eingeplant ist als neue Rolle der Max im „Freischütz“. Und dann ist da auch noch Wagner…

Nach dem „David“, der ja noch ein „Spieltenor“ ist, wenn man diese alten Rollenklassifzierungen bemühen will, wollten Sie einst den Loge angehen…

Und man hat ihn mir auch angeboten und zwar in Bayreuth, wo ich aber aus Termingründen nicht kann, weil ich in diesem Sommer 2016 in Glyndebourne ein ganz neue Rolle singen werde, von der ich noch nicht spreche… Irgendwann wird es auch einen Erik geben und dann vermutlich doch die „großen“ Wagner-Rollen.

Sie sind als Sänger so gefragt, dass man sich wundert, wie Sie Termine und neue Rollen unter einen Hut bekommen. Dennoch betätigen Sie sich immer wieder gewissermaßen organisatorisch, als Intendant, was bekanntlich unendlich viel Zeit und Gehirnschmalz kostet. Sie haben in Salzburg das „Young Singers Project“ geleitet, engagieren sich bei der „Stella Maris Internation Vocal Competition“ und haben heuer ihren ersten Sommer als künstlerischer Leiter der „Internationalen Barocktage Stift Melk“ hinter sich. Warum tut man sich das an?

Weil ich in meinem Leben so viel an Unterstützung und Hilfe bekommen habe, angefangen mit meinen Eltern, die nun leider verstorben sind, dem Staat Kanada, weitere Stipendien von Institutionen, Hilfe von Künstlern, dass ich meine, dass man das auch zurückgeben und weitergeben soll. Wenn man es in diesem Beruf zu etwas gebracht hat, dann sollte man auch anderen jungen Künstlern helfen. Die sind ja oft wie junge Pferde – die einen muss man zügeln, weil sie sich vor gar nichts fürchten und einfach davon brausen, die anderen muss man antreiben und ihnen die Angst nehmen. Ich mache auch Meisterkurse, aber ich denke, Kulturveranstaltungen sind der beste Weg, sich selbst auch als „Kultur-Mitdenkender“ einzubringen.

Noch mehr Kultur in Zeiten wie diesen, wo jeder nur vom Geld spricht – vielmehr vom Geld, das man nicht hat?

In Melk ist es mir gelungen, den Anteil der Sponsoren um 65 Prozent zu erhöhen, und ich konnte auch beim Heinrich Schmelzer-Wettbewerb für Barockensembles & Solisten, den wir heuer durchgeführt haben, das Preisgeld von ursprünglich 1000 Euro verfünffachen. Es wäre schon Geld da und auch die Bereitwilligkeit der Wirtschaft, es an Kultur zu geben, nicht nur an Fußballclubs, wenn die Politik da nicht durch zusätzliche Steuerforderungen hier, Restriktionen wie lächerlichen Bestechungsklauseln dort gewaltig bremste. Wenn man als Firma seine Kunden dann nicht mehr zu Festivals einladen darf, die man subventioniert, obwohl dies ja auch ein „kultureller“ Nebeneffekt wäre, erzeugt das begreifliche Unlust, Geld zu geben. Ich wünsche mir wirklich, zu diesem Thema einen „Think-Tank“ zu veranstalten, Wirtschaftsleute, Politiker und Künstler um einen Tisch zu versammeln und zu diskutieren, wie man diese Frage zum Besten der Kultur lösen kann.

Wie sind die ersten von Ihnen verantworteten Barocktage in Melk heuer im Juni gelaufen?

Sehr gut, wir hatten mehr Interessenten als Karten. Ich finde es gerade bei Barockprogrammen sehr gut, sie unter ein Motto zu stellen, und die „Vier Elemente“ haben sich da sehr gut geeignet, wir haben tolle Dinge zu Händels Wasser- und Feuerwerks-Musik zustande gebracht. Eine große Freude für mich es auch, dass die meisten Künstler, die ich anrufe und einlade, begeistert zusagen. Und Harnoncourt gibt ja seinen Concentus Musicus gewissermaßen als Orchestra in Residence für diese Melker Tage – und nächstes Jahr wird kein Geringerer als Daniel Harding Händels „Israel in Egypt“ dirigieren, weil wir da die Barocktage unter das Motto „Reisen“ stellen.

Think-Tank, Konzepte für Festivals – das klingt nach enorm viel Arbeit.

Ich bin in erster Linie Sänger, aber eben nicht nur: Ich liebe es einfach, Projekte zu erfinden, derzeit konzipiere ich einen Liederabend zum Ersten Weltkrieg. Und im übrigen möchte ich noch ein Thema anschneiden, das mir sehr am Herzen liegt, und das ist die kulturelle Situation in Wien. Das ist an sich eine wunderbare Kulturstadt, wo das Publikum abends in Staatsoper, Volksoper, Theater an der Wien, Musikverein, Konzerthaus und die Theater strömt, und das ist in diesem Ausmaß nirgends sonst in der Welt der Fall. Aber man hat am Burgtheater gesehen, wie schnell ein Koloß ins Wanken geraten kann. Und man ist hier in einer gefährlichen Phase. Die Staatsoper hat die „Scheidung“ Meyer / Welser-Möst überstanden, man kann Welser-Möst nur das Allerbeste für seine Weltkarriere wünschen, aber man muss auch aufpassen, dass die Staatsoper keinen Schaden nimmt. Ich sehe, dass hier wirklich Außerordentliches geleistet wird, das vom Publikum als einigermaßen selbstverständlich genommen wird, und jeder Mitarbeiter ist hier mit vollstem Einsatz bei der Sache. Aber es gibt Attacken in der Presse, es gibt Intrigen, und ich möchte warnend den Finger heben, dass hier nicht mutwillig etwas kaputt gemacht wird. Man hat am Beispiel Burgtheater gesehen, wie schnell und scheinbar leicht das gehen kann. Ich bin in Sorge, dass – auch im Zusammenhang mit Geld, Subventionen, Kosten – hier ein Haus Schaden nehmen könnte, wo mit so viel Elan gearbeitet wird und ich wohl sagen kann, weil ich ja auch ein positiv Betroffener bin, wo der Direktor für jeden seiner Künstler „brennt“.

Wenn Sie das, lieber Herr Kammersänger, wie ich meine indirekt auch den Forums-Schreibern des Online Merkers gesagt haben wollten, sollte das vielleicht die „Positiven“, die eher stumm bleiben, auch einmal zu Kommentaren veranlassen. Herzlichen Dank für dieses Gespräch. 

Renate Wagner 12.11.14

DER OPERNFREUND  | opera@e.mail.de