Einfach brillant
JOCHEN KUPFER
im Nürnberger Presseclub

Ob auf den Brettern renommierter Opernhäuser oder internationaler Konzertpodien - Jochen Kupfer genießt beim Publikum große Sympathien. Am Donnerstag war der aus Grimma stammende, seit 2005 am Staatstheater engagierte Bariton Gast im Nürnberger Presseclub. Jens Voskamp moderierte kenntnisreich. Thematisiert wurden Aspekte der künstlerischen Arbeit, des Repertoires, Auftritte im Konzertsaal sowie zukünftige Pläne. An Beschäftigung mangelt es Kupfer fürwahr nicht. Doch müsse man seiner Meinung nach dem Verschleiß im hektischen Getriebe rechtzeitig entgegenwirken. Umtriebig sei er zwar einige Zeit auch gewesen, als er am Teatro Colon in Buenos Aires gastierte, viele Häuser kennen lernte, wie das New National Theatre Tokyo, wo er den Wolfram sang - eine Paraderolle des lyrischen Baritonfachs. Doch man dürfe den Bogen keinesfalls überspannen und die Bodenhaftung verlieren. Dass ein Kollege von ihm auf vielen Hochzeiten tanze, dass er nur mal für eine Spritztour für einen halben Tag nach Hause komme, um sich von seiner Frau die nächsten Termine geben zu lassen und sofort wieder abzudüsen, so was mache doch keinen Sinn. Da müsse auch Zeit sein für Privates.
Gibt es eine Lieblingspartie für ihn? Er schwärmt vom Kurwenal in Wagners Tristan. „Da geht es nicht nur mit derben Gesten zur Sache. Ich entdecke auch die vielen Zwischentöne. Und der Beckmesser? Prächtige Rolle. Einfach sei es nicht, gegen gesetzte falsche Töne anzusingen. Die Zeitschrift „Opernwelt“ urteilt über sein Debüt als Beckmesser „Einfach brillant“. Nach dieser Glanzleistung und der substanzvoll dargebotenen Rolle des Kurwenal im „Tristan“ beschreitet Kupfer nun den Weg vom lyrischen Bariton in Richtung zu Heldenbariton. Das könnte ihn zum Wagnerianer machen. Begeistert ist er auch von der Rolle des slawonischen Gutbesitzers Mandryka in der „Arabella“ von Richard Strauss, die ihm eine facettenreiche Gestaltung abverlangt, um all den stimmlichen Farben und den vielen Parlandi gerecht zu werden.
Da liegt auch die Frage in der Luft, warum er nach einem achtjährigen Engagement die Semperoper in Dresden mit dem Nürnberger Haus tauschte? „In Dresden bin ich immer auf das gleiche Repertoire fixiert gewesen: Cosi, Figaro, Don Giovanni, und dies mit schöner Regelmäßigkeit. Nürnberg lockte jedoch mit einem viel abwechslungsreicheren Repertoire, dem konnte ich nicht widerstehen.“ Und er fühle sich hier auch künstlerisch gut untergebracht. Eine Spezialisierung auf ganz bestimmte Gattungen lehnt er ab. „Ich will doch kein eingleisiger Opernfan sein. Ein Anteil 50 Prozent Oper ist genau richtig. Dann bleibt Zeit für den Liedgesang - eine ideale Plattform, wo man sein eigener Chef ist. An Textverständlichkeit liegt mir viel“. Besonders ins Herz geschlossen hat Kupfer das spätromantisch durchpulste Liedschaffen von Hans Friedrich August Sommer, der als Physiker, Mathematiker, hochprofessioneller Komponist und Reformator des musikalischen Urheberrechts neben Opern rund dreihundert von Schumann, Richard Strauss und Wagner beeinflusste Lieder kreierte.
Jochen Kupfer hat im Lauf seiner künstlerischen Laufbahn viele Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit international renommierten Opern- Regisseuren gesammelt. Welchen Typ schätzt er am meisten? Wie aus der Pistole geschossen nennt er Peter Konwitschny und Harry Kupfer. Da bekäme man immer genügend Raum für die musikalische Entfaltung. „Zwei Sätze von Harry Kupfer genügen, und man ist auf dem rechten Weg.“
Egon Bezold 19.4.15
Bild: Ludwig Ola