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Interview mit dem Chefdirigenten

Das Kölner Gürzenich-Orchester – „ein perfektes Chamäleon“

Als „Gegenstück“ zum Interview mit Torsten Janicke, dem Konzertmeister des Gürzenichorchesters (siehe weiter unten „Der Mann ist ein Vulkan“), über die Orchestersicht auf den neuen Chefdirigenten François-Xavier Roth bot sich die Gelegenheit, auch Roth selbst zu interviewen. Wortwahl und Satzstellung des Franzosen ist bewusst beibehalten worden; wenn man mal hören möchte, wie er „Kapellmeister“ so charmant  auf der ersten Silbe betont, hier der Link auf YouTube  https://www.youtube.com/watch?v=49Iq18NlcmQ

 

MC: Sind Sie in Köln gut angekommen, ist die Stadt inzwischen Ihr Lebensmittelpunkt geworden?

FXR: Jawohl! Ich fühle mich inzwischen als Kölner und bin sehr zufrieden und generell positiv eingestellt mit meinem Beginn hier in Köln. Natürlich hatten wir ein paar anfängliche Probleme mit dem Interim und der Opernsituation. Auch was an Silvester in Köln passiert ist, hat mich schon sehr belastet; das war schon ein Drama für alle. Dennoch: ich fühle mich aber sehr, sehr gut mit dieser Rolle hier in Köln. Ich habe sehr schnell Kontakt zum Publikum aufgenommen, ebenso zum Orchester; ich bin sehr froh, mit diesen Kollegen hier zu musizieren. Und im Opernhaus genauso. Wir arbeiten hier mit der ganzen Mannschaft auf beachtlich hohem Niveau, ich freue mich sehr darüber.

MC: Zentrale Frage: Wie finden Sie das Orchester? Hat es einen besonderen Klang oder Eigenarten? Wir selbst verfolgen es ja schon seit Jahrzehnten.

FXR: Das Gürzenichorchester ist schon etwas Besonderes, wir haben hier quasi einen Januskopf, ein Doppelgesicht, Oper und Konzert. Manche Orchester schaffen das nicht, sie sind entweder gut in der Oper oder gut im Konzert. Aber hier haben wir das totale Gegenteil, ich denke, es macht beide Formen, beide Strukturen optimal. Die Musiker haben eine sehr große Flexibilität, sie sind für ein deutsches Orchester ganz schnell, auch für neue Dinge, die bisher nicht bekannt waren.             

 

Diese Offenheit für alle Musikgenres ist toll. In der vergangenen Saison präsentierten wir sehr viele unterschiedliche Musikrichtungen, und das Orchester hat ganz hervorragend reagiert. Das ist eine sehr große Qualität, auch durch die Mischung im Orchester. Es gibt viele Musiker aus England, Frankreich, Holland, Österreich. Daher hat das Orchester eine sehr europäische Kultur, und die finden wir natürlich auch in der Stadt Köln, die ein Europa-Treffpunkt ist. Das fühle ich, das ist ganz wichtig. Das hört man auch am Klang des Orchesters, es ist wie ein perfektes Chamäleon. Es kann sehr gut neue und moderne Musik machen, obwohl es im Kopf noch Mozart, Haydn und Beethoven hat, es ist wirklich sehr flexibel.

Eine sehr große Freude ist auch die Arbeitsatmosphäre, die Leute lachen gerne zusammen, machen Witze. Wir haben einen großen Spaß bei der Zusammenarbeit.

MC: Wie groß sind denn der Einfluss vom Konzertmeister und der Stimmführer Ihnen gegenüber? Lassen Sie sich von Ihnen etwas sagen? Oder sind Sie da autoritär ?

FXR: Nun, ein Dirigent führt ja generell. Es kann sein, dass die Musiker etwas wissen möchten, oder sie verstehen nicht genau und präzise, was ich ihnen sagen wollte. Aber es gibt keine Situation, wo ein Konzertmeister sagt: so geht es nicht oder ich mache das nicht. Ich sehe die Rolle des Dirigenten so: er muss sehr sehr klar sein mit seiner Konzeption, und mit Arbeit erreichen wir dieses Ziel zusammen. Es kann durchaus sein, dass die Musiker im Orchester etwas anderes fühlen als ich, das ist doch völlig normal. Aber sie sind sehr froh, dass da jemand ist, der eine Vision hat. Der Musiker mag durchaus etwas anderes fühlen, aber er ist nur der ausführende Instrumentalist.

MC: Das Orchester ist also flexibel auch für ganz neue und für sie unbekannte Werke ? Sie haben doch eine ganze Reihe sehr interessanter Werke wie von Manouri, Leger, oder „City Life“ zusammen mit elektronischen Klängen in der Wassermann-Halle aufgeführt. Ich hatte mit Freude gesehen, dass auch viele Orchestermitglieder rein privat unter den Zuhörern waren.

FXR: Aber ja, das war alles toll. Das ist auch ein Ziel von mir, dass wir ab kommender Spielzeit als Orchester ganz unterschiedliche Leute treffen. Und: wir wollen nicht nur innerhalb unserer Philharmonie-Grenzen arbeiten, sondern deutlich mehr in die Breite gehen.

MC: Dirigieren Sie hier in Köln eigentlich anders als zum Beispiel beim SWR? Müssen Sie hier einen anderen Dirigierstil pflegen, brauchen die Kölner mehr Power oder die Knute?

 

 

FXR: Nun, ich bin hier der Kapellmeister, ich bin hier jeweils eine Woche für ein Konzert, aber die Arbeit in meinem Kopf dauert natürlich viel länger. In der letzten Woche habe ich in Amsterdam mit dem Concertgebouworkest gearbeitet. Das war meine Beschäftigung ausschließlich für eine Woche, ich habe alles gegeben, das war vielleicht auch eine interessante Zeit für das Orchester. Hier aber arbeiten wir langfristig. Das bedeutet, ich kann mich zum Beispiel konzentrieren auf einzelnene Aspekte, weil ich weiß, das ist auf Dauer sehr hilfreich für das Orchester. Bei einem anderen Orchester mache ich das natürlich nicht, weil ich weiß, ich habe dort nicht diese Verantwortung. Woanders arbeite natürlich auch so gut wie ich kann, aber hier gibt es ein viel breiteres Spektrum als nur die Konzerte.

MC:  Was hatte Sie gereizt, ausgerechnet nach Köln zu kommen? Ich denke mal, Sie sind ohnehin reichlich beschäftigt.

FXR: Das Orchester bzw. die Musiker haben ja angerufen, ob ich interessiert bin, das ist ein gutes Zeichen. Ich habe mit ihnen ein Jahr zuvor ein Konzert gespielt, um sich gegenseitig kennen zu lernen. Ich war sehr begeistert und habe ein schönes Potenzial gesehen in Sachen Qualität und Atmosphäre, auch hinsichtlich der Historie dieses Orchesters. Ebenso ist der Kontakt zur Stadt Köln ganz hervorragend, eine wichtige Perspektive für die Zukunft dieses Orchesters. Auch hat sich der letzte Oberbürgermeister Jürgen Roters sehr gut und engagiert um mich bemüht, er hat mir Köln und dieses Orchester “gut verkauft“.

MC: Sehen Sie in diesem einen Jahr eine Qualitätssteigerung des Orchesters?

FXR: Aber ja! Ich denke, das Orchester spielt besser und besser.

MC: Ist das Orchester denn inzwischen etwas verwöhnt durch Sie?

FXR: Wir probieren natürlich nicht aus, schlechte Dirigenten zu engagieren (lacht).

MC: In der Oper herrscht dem Vernehmen nach schon mal Unzufriedenheit im Orchester über den aktuellen Dirigenten.

FXR: Das ein bisschen radikal ausgedrückt. In der Oper ist es natürlich eine andere Situation, es gibt immer sehr viele Abende für den Dirigenten. Und die Beständigkeit in diesem letzten Jahr war natürlich unter allen Aspekte schon sehr schwierig. Es war natürlich auch nicht einfach, für die letzte Saison an sehr gute Dirigenten zu kommen; wir wussten nicht, wo wir spielen würden, von daher gesehen war die Synchronisation mit der Oper schon außergewöhnlich kompliziert.

MC: Wer entscheidet denn über die Dirigenten in der Oper?

FXR: Das machen wir zusammen mit Birgit (der Intendantin) und mit dem Orchester. Und wenn das Orchester zufrieden ist mit einem Dirigenten, dann nehmen wir den natürlich gerne wieder.

MC: Eine Frage zu Markus Stenz, Ihrem Vorgänger. Was ist von ihm und seinem Geist im Orchester geblieben?

FXR: Das kann ich nicht sagen, und das ist immer ein bisschen traurig und komisch mit den Dirigenten. Wir treffen uns nie, wir machen keine Kammermusik zusammen. Ich bin natürlich interessiert, mit vielen Kollegen zu arbeiten, aber ich kann nicht wirklich sagen, was von Stenz oder von dessen Vorgänger Conlon in diesem Orchester übriggeblieben ist.

MC: Haben Sie denn regelmäßig Kontakt zu Markus Stenz?

FXR: Nein, gar nicht. Wir hatten eine sehr schöne und nette Übergabe zum Übergang, haben uns getroffen und ausgetauscht. Stenz hat hier seine Zeit absolviert mit sehr viel Erfolg, ich höre seine CDs und bin begeistert, was er gemacht hat. Ich beginne jetzt hier etwas das, ist kein Competition (Wettbewerb), das ist einfach eine andere Phase. Stenz hat viel zustande gebracht mit dem Orchester, und ich hoffe, ich bringe etwas anderes. Und das hat nur etwas zu tun mit der Persönlichkeit.

MC: Sie rufen ihn also nicht an mit Fragen zum Orchester oder Umfeld ?

FXR: Nein, und das auch gut so. Nach diesen vielen Jahren kennt er das Orchester und alle Musiker sehr gut. Aber ich habe eine Neutralität (lacht), und ich kann mit dem Kopf die Probleme auf meine Art lösen. Das ist ein Vorteil für mich.

 

Spaßvögel: Bei der Generalprobe am Tage des EM-Spiels Deutschland-Italien mit dem franzöischen Pianisten Jean-Frédéric Neuburger

 

MC: Wie schlimm ist es für Sie, im Staatenhaus dirigieren zu müssen? Oder kann man das ertragen?

FXR: Ich sehe die Situation natürlich nicht als ideal an, das ist ganz klar. Es ist einfach unbequem. Aber es gibt auch Vorteile in dieser Situation. Das ganze Team, Musiker, Technik, Sänger, wir gehen ganz zurück an den Anfang, in Französisch sagt man: „Le planche et les très tôt“, und fragen uns: Warum machen wir Oper ? Wie ist das Spektakel? Wie ist die Vorstellung, was ist die Wurzel dafür? Warum machen wir das alles? Das ist ganz schön für beide, die Künstler und das Publikum. Sie sind plötzlich nicht mehr in einem angenehmen Theater, sondern in einem neutralen Ort, wo wir über alles nochmal nachdenken sollen. Das ist denke ich sehr hilfreich für die Frage, wie wir unsere Kunst machen.

MC: Die Oper ist ja trotz der schwierigen Verhältnisse mit den Zuschauerzahlen ja recht zufrieden.

FXR: Klar, ich denke, unser Publikum ist auch mit der Qualität sehr zufrieden, es kommen ja viele ins Staatenhaus. Wir können dort auch andere Formen bringen, wirklich etwas Neues vorschlagen.

 

 

MC: Das Ansehen der Stadt Köln lebt ja sehr durch die hier gebotene Kultur, speziell auch durch die Musik. Hat die Präsentation des Orchesters im Internet diesen Effekt noch verstärkt? Wie häufig werden die Konzerte in Internet angesehen?

FXR: Die Klicks auf die Seiten wachsen erheblich. Aber noch wichtiger ist, dass die Internetseiten eine Schaufenster für die Kölner Musik sind. Und nun letzte Frage, dann muss ich in die Generalprobe.

MC: Ich habe alle Ihre Konzerte miterlebt, auch das berühmte Frühstückskonzert mit Croissants. Sie haben damals gesagt, alle Leute dürften Sie duzen; dürfte ich das auch?

FXR: Aber klar, sehr gerne !

MC: Nun denn: lieber François, Danke für das Interview.

 

Das Gespräch führte Michael Cramer                                                                                     Fotos: Privat


 

Ein Vulkan mit unfassbarer Energie

FXR , der neue Musikchef in Köln – ein Interview über ihn mit dem Konzertmeister Torsten Janicke

2. April 2016

 

Der Dirigent François Xavier Roth ist seit September 2015 Gürzenich-Kapellmeister und Generalmusikdirektor der Oper.  Zeit genug für die Musiker, um sich von ihrem neuen Chef ein fundiertes Bild zu machen.

Thorsten Janicke, seit 1991 Erster Konzertmeister des Orchesters und Primarius des Gürzenich-Quartetts, war bereit, freimütig über seinen neuen Chef Auskunft zu geben www.torstenjanicke.de.

Ein Interview mit F.X. Roth über seine Sicht auf das Orchester an dieser Stelle erfolgt in Kürze.

 

MC: Einfache Frage: Herr Janicke, wie finden Sie ihn denn so ?

TJ: Klare Antwort: Einfach gut. Der Mann ist ein Vulkan mit unfassbarer Energie; vieles schwelt bei ihm noch unter der Erde, und das was rauskommt, ist jetzt schon großartig. Es geht nicht nur um die technische Ausführung als Dirigent, nein, es geht ausschließlich nur um die Musik, um das, was das Stück eigentlich bedeutet.

Als Beispiel die vergangenen Proben zum Don Giovanni. Es ging nicht darum, ob ich etwas kurz oder schnell oder laut oder leise spiele, sondern: warum ist das so, warum hat das Mozart so geschrieben. Da entwickelt Roth ein Feuer und eine Begeisterung und bringt das in einer unglaublichen Art und Weise herüber. Er redet natürlich auch viel darüber, und er ist irre schnell in der Probe, wir kommen oft kaum hinterher.

Thorsten Janicke (rechts) und Michael Cramer (Foto privat)

 

MC: Was macht er denn anders?

TJ: Es ist einfach seine völlig neue Art, an die Musik heranzugehen, ganz anders als bei Markus Stenz oder seinem Vorgänger James Conlon. Jeder der beiden war in seiner Art einzigartig, sie waren hilfreich für das Orchester und haben uns immer ein Stück weiter gebracht.

Roth ist hingegen kein Typ, der nur vom Kopf her arbeitet oder nur von Herzen, er kann beides auf eine sehr gute Art verbinden. Sein Dirigat ist durchdacht bis zum „geht nicht mehr“, er weiß sehr genau, was nach seiner Meinung sein und was nicht sein sollte, und kann das auf unglaublich authentische Art mit seiner Gestik und Mimik rüber bringen. Und damit ist er dann absolut überzeugend.

MC: Gibt es Musiker im Orchester, die nicht so sehr mit ihm zufrieden sind? Gibt es Kollegen, denen Roth etwa zu anstrengend ist? Und wird zu hause mehr geübt seitdem?

TJ: Das habe ich bisher nicht gehört und das kann ich nicht einschätzen, weil ich nicht weiß, wie weit zu Hause geübt wird. Aber Roth beflügelt im Orchester jeden einzelnen Musiker, noch mehr aus sich herauszuholen. Das macht einfach Spaß, und es macht auch Spaß, noch besser vorbereitet zu sein. Also spielen wir auch besser.

Technisch ist bei uns ohnehin alles vorhanden, wir müssen uns hinter keinem anderen ganz großen Orchester verstecken. Und mit den neuen Besetzungen der Solostellen z.B. bei den Bläsern schließen wir nach meiner Meinung zu den ganz großen auf. Man kann nicht hören, wer besser oder schlechter ist.

Roth schafft eine andere Art von Intensität, wo eine Farbe mehr entsteht, wo etwas in ein Extrem geht, ins Weiche oder Scharfe – so etwas bringt das Orchester weiter. Ich glaube, das sind Momente, die nach außen wirken, indem ein Stück nicht nur trocken erarbeitet wird, sondern dass die Musik richtig vermittelt wird an uns Musiker, damit ein gemeinsames Gefühl für die selbe Stelle entwickelt wird. Und dass jeder mit der gleichen Intensität und Engagement dabei sein kann. Dadurch entsteht eine neue Dimension im Spiel, und das ist das Faszinierende daran.

Roth kann mit seiner Erscheinung und wie er arbeitet die Leute einfach mitnehmen. Er steht da oben vor uns und gibt auch den Musikern am letzten Pult das Gefühl, daß sie ernst genommen werden und wichtig sind. Roth ist einer von den wenigen, die das können. Und das ist Gold wert für das Orchester.

MC: Kann man so etwas  eigentlich lernen ?

TJ: So etwas das man nicht lernen, man muss schon eine besondere Begabung haben und etwas verrückt dafür sein, aber im positiven Sinne. Seine Besessenheit empfinde ich positiv! Roth kennt alle Kollegen mit Namen, er lässt sich von allen duzen, aber das mindert seine natürliche Autorität nicht im mindesten. Als das Orchester zum ersten Mal zusammenkam, hat er gesagt, es wäre doch viel einfacher, sich mit François und „wie heißt Du“ anzureden.

MC: Das hat er auch so auf seiner ersten Pressekonferenz von sich gegeben: man darf ihn duzen.

TJ: Das ist aber kein Markenzeichen von ihm, sondern bewirkt, dass diese äußerliche Schranke einfach nicht existiert. Roth ist einfach da, er strahlt etwas aus, ich habe mir so etwas nie vorstellen können. Man fragte ihn: François, wie ist es hier oder da? Dennoch es ist trotzdem natürlich nicht die gleiche Ebene. Aber die Kommunikation ist einfach auf Augenhöhe; das macht er wirklich sehr gut. Er ist begeistert von der Sache, hat das Bedürfnis, das mitzuteilen, und ist überzeugt davon, dass alle das gerne annehmen.

MC: Was macht er denn als Chef und im Dirigat anders?

TJ: Er erklärt genau den Weg, damit wir mit der Musik etwas anfangen können. Allerdings: Er dirigiert nicht nach der Hochschul-Dirigiermethode mit Stöckchen und 1, 2, 3, 4, sondern bei ihm dirigiert der ganze Körper. Das reine Handwerk hat er ohnehin gut drauf.

Bei seinem Dirigat sind es nicht nur die Hände und Arme, die etwas zeigen, sondern der ganze Körper. Wenn ein entsprechender Akzent kommt, dann durchzuckt es den ganzen Körper, das ist nicht nur in der Hand drin. Er dirigiert auch häufig ohne Stock, aber es ist völlig unwichtig ob mit oder ohne. Es kommt einfach alles von innen heraus bei ihm, da muss er einfach nur mit der Schulter zucken oder eine bestimmte Kopfbewegung machen. Ihm folgt man immer gerne.

MC: Wird Roth es neben dem fachlichen Weiterkommen des Orchesters auch schaffen, es international noch besser zu positionieren? Und für mehr Einladungen zu sorgen?

TJ: Unser ganzes Konzept der Selbstdarstellung ist neu. Bei YouTube werden die Konzerte von ihm persönlich angekündigt, über Streaming kann man sie verfolgen, und zwar international über das Internet. Die hochgelobte Sofort-CD ist ja eingestellt worden, was viele Kölner natürlich sehr bedauern. Aber so entzückend diese Idee war, sie hilft dem Orchester international nicht weiter, sondern nur dem jeweiligen Konzertbesucher des Abends. Über das Netz kann man nun die Konzerte verfolgen, und zwar weltweit.

Diese Plattform wird jetzt auf eine sehr gute Art beackert in der Hoffnung weiterzukommen. Das geht natürlich nicht über Nacht, aber wir sind auf einem sehr guten Weg. Roth ist ja nun nicht irgendwer, sondern jemand, der im internationalen Geschäft etwas zu sagen hat.


 


MC: Wie sehen Sie das Problem der Oper Köln ?

TJ: Roth hat sich ja im Vorfeld klar gegen die gesichtslosen MCC-Hallen ausgesprochen, in denen sich kein künstlerischer Geist entwickeln könne. Das Staatenhaus ist natürlich sehr viel besser in der Stadt verankert, auch wenn es auf der anderen Rheinseite liegt. Akustisch ist es teilweise recht schwierig, auch mit der Position des Orchesters, aber das weiß man ja, und muss versuchen aus der Situation das Beste zu machen. Es ist halt die Frage, wie man das Publikum besser und schneller und länger an die Oper binden kann.

Roth ist hergekommen, um mit uns hier u.a. große Oper zu machen. Er nimmt es natürlich als Schicksal hin, dass die Oper nicht fertig geworden ist. Aber wenn das so weitergeht, was macht Roth dann ? Der Mann muss uns langfristig erhalten bleiben, von daher gesehen war es mir unbegreiflich, wie man sich so lange um die Spielstätte für die Oper zanken konnte. Es wäre eine Blamage hoch drei, wenn man deswegen einen so renommierten Mann fahrlässig ziehen lassen würde.

MC: Der Chef hat ja schon viele Fans in Köln, er ist jovial und locker im Umgang. So hat er nach seinem Eröffnungskonzert im vergangenen Jahr alle Besucher bei „Frühstück mit Francois“, zu Kaffee und Croissants eingeladen; bei den Einführungen in seine Konzerte nimmt er so oft wie möglich teil. Ebenso hat er bei den öffentliche Proben für die Freude des Gürzenichorchesters http://www.concertgesellschaft.de oft Zeit für einen Handschlag und ein paar persönliche Worte.

TJ: Stimmt, das entspricht genau dem Umgang, den er auch mit uns pflegt.

MC: Sein aktuelles Programm ist hier eher französisch orientiert. Ist das ein Vorteil für das Orchester?

TJ: Natürlich, das ist ein Wechsel, das macht die Sache interessant, aber wir werden sicherlich kein französisches Orchester werden, dazu ist auch die andere Musik viel zu spannend. Wir sind ja auch neugierig auf andere Stücke. Für mich ist die große Bandbreite entscheidend. Wenn wir vom Barock über die Wiener Klassik, Wagner und Strauss alles spielen können, bin ich sehr zufrieden.

MC: Hatte das Orchester eigentlich einen Einfluss auf die Wahl vom Chefdirigenten?

TJ: Glücklicherweise ja. Der Orchestervorstand war mit in der Findungskommission, und es war klar, dass ohne das Votum des Orchesters kein neuer Chef engagiert werden sollte. Das würde keinen Sinn machen. Wenn das Orchester eine Kanditaten eindeutig ablehnt, muss man das respektieren, da kommt sonst nichts bei raus.

MC: Haben Sie für mich noch ein paar nette Worte zum Schluss ?

TJ: Mit Roth zu arbeiten ist extrem faszinierend; ich bin sehr glücklich, ihn als Chef zu haben.

Lieber Herr Janicke, Danke für das Gespräch.

 

Das Interview führte Michael Cramer                                                           Fotos: Mathias Baus und privat

 

 

 

 

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